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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.09.2009
Aktenzeichen: 4 U 564/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 580 Nr. 7b
Urkunden über Erklärungen bereits vernommener Zeugen, insbesondere ein in einer Parallelsache gefertigtes Protokoll, welches eine neue, von der ersten Vernehmung abweichende Bekundung des Zeugen enthält, stellen keine Urkunden i.S. des § 580 Nr. 7b ZPO dar.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

4 U 564/08

Verkündet am 8.9.2009

In dem Restitutionsverfahren

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Schmidt als Vorsitzenden, die Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2008

für Recht erkannt

Tenor:

1. Die Klage wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Restitutionsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit der vorliegenden Restitutionsklage begehrt der Kläger die Abänderung des im Verfahren 4 O 83/06-24- vor dem erkennenden Senat ergangenen Berufungsurteils vom 20.3.2007 (BA Bl. 431 ff.). Diesem Verfahren lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger war einer der beiden Geschäftsführer der Verlagsgesellschaft, über deren Vermögen der Beklagte als Insolvenzverwalter eingesetzt ist. Im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vereinbarten die Vertragsparteien eine Vertragslaufzeit bis Ende 2000 mit einer Verlängerung um jeweils ein Jahr, wenn der Vertrag nicht sechs Monate vor Ablauf gekündigt werde. Für eine Kündigung verabredeten die Parteien die Schriftform durch Einschreiben mit Rückschein. Der Anstellungsvertrag enthielt weiter eine zweistufige Ausschlussfrist, wonach fällige Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zunächst innerhalb von drei Monaten gegenüber dem anderen Vertragspartner und gegebenenfalls binnen weiterer drei Monate bei Gericht geltend zu machen waren. Unter der Datumsangabe 1.8.1997 unterzeichneten die Parteien eine Gehalts- und Vergütungsvereinbarung, welche die dem Kläger zustehende Vergütung auf jährlich 177.775 DM, zahlbar in 12 gleichen Raten zum jeweiligen Monatsende, regelte.

Der Kläger erhielt sein monatliches Gehalt bis Ende des Jahres 2004 und wurde zum 31.12.2004 unter Löschung der Handelsregistereintragung als Geschäftsführer abberufen. Ab Januar 2005 stellte die Verlagsgesellschaft die Gehaltszahlungen ein und kündigte mit Schreiben vom 27.6.2005 den Anstellungsvertrag "höchstvorsorglich erneut und fristgerecht zum 31.12.2005". Das Kündigungsschreiben wurde mittels eines Einwurfeinschreibens zugestellt. Der Kläger widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 12.7.2005 und bot seine weitere Arbeitskraft an. Der Kläger hat vorgetragen, er habe von der Kündigung erst am 2.7.2005 Kenntnis erlangt und mit seiner Klage über zuletzt insgesamt 187.691,94 EUR die vereinbarte Geschäftsführervergütung für die Jahre 2005 und 2006 verlangt. Der Senat hat im Urteil vom 20.3.2007 die Gehaltsansprüche des Klägers für die Monate April bis Dezember 2005 zugesprochen und hierbei die Auffassung vertreten, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien unter Einhaltung der maßgeblichen 6-Monatsfrist mit der Kündigung der dortigen Beklagten vom 27.6.2005 zum 31.12.2005 geendet habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Kündigungsschreiben am 28.6.2005 in den Hausbriefkasten des Klägers eingelegt worden sei, so dass spätestens mit der zu erwartenden Leerung am 29.6.2005 die Kündigung zum 31.12.2005 zugegangen sei. Mit der vorliegenden Restitutionsklage erstrebt der Kläger eine Titulierung seiner Geschäftsführervergütung für das Jahr 2006. Er stützt sein Restitutionsbegehren auf die Behauptung, der vom Zusteller, dem im Vorprozess vernommenen Zeugen H., gefertigte Einlieferungsbeleg vom 28.6.2005 sei fälschlich ausgestellt worden. Die tatsächliche Zustellung der Kündigung sei vielmehr erst am 2.7.2005 erfolgt. Im Einzelnen trägt der Kläger folgendes vor: Am 3.11.2008 sei dem Kläger von der Postzustellerin S. B. mit Postzustellungsurkunde ein Bußgeldbescheid förmlich zugestellt worden. Nach einer am 12.11.2008 eingeholten Akteneinsicht in das korrespondierende Bußgeldverfahren habe der Kläger festgestellt, dass die in der Akte befindliche Zustellungsurkunde vom 3.11.2008 als Zusteller nicht die Zustellerin B., sondern den Zusteller P. J. benannt habe. Darüber hinaus habe die Zustellungsurkunde beurkundet, dass die Zustellung nicht durch Übergabe an den Kläger persönlich, sondern durch Niederlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten zugestellt worden sei. Persönlich vom Kläger zur Rede gestellt, habe die Zustellerin B. am 13.11.2008 bestätigt, dass der Zusteller J. entgegen dem Vermerk auf der Zustellungsurkunde die Zustellung nicht vollzogen habe und die Postzustellungsurkunde vorschriftswidrig ausgefüllt worden sei. Derartige Verstöße gegen die postinternen Zustellungsvorschriften seien kein Einzelfall. Ferner habe die Zustellerin angegeben, dass der Zeuge H. seit Jahren - und zwar schon vor dem 28.6.2005 - psychisch krank gewesen sei, sich über längere Zeiten in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe, aufgrund seiner Krankheit lange Zeit dienstunfähig sei und infolgedessen nicht mehr im Zustellungsdienst eingesetzt werde. Infolge dieser Krankheiten sei es bei dem Zeugen H. permanent zu Fehlern und Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung gekommen. Auf weitere Nachfrage bei der D. P. AG, Niederlassung <Ort>, habe der Zeuge L. zugestanden, dass es bei dem Zeugen H. wiederholt zu erheblichen Problemen bei Zustellungen gekommen sei. Weiterhin stützt der Kläger sein Restitutionsbegehren auf den Restitutionsgrund des § 580 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und behauptet, der Zeuge H. habe bei seiner Vernehmung am 5.12.2006 nicht die Wahrheit gesagt. Er habe verschwiegen, dass er psychisch erkrankt sei und dass es bei ihm krankheitsbedingt zu erheblichen Unregelmäßigkeiten bei der Ausführung seiner Tätigkeit als Briefzusteller gekommen sei. Er habe wahrheitswidrig angegeben, dass er das Einschreiben stets am Tage des auf dem Einlieferungsbeleg eingedruckten Datums zustelle und stets in die richtigen Briefkästen einwerfe. Schließlich erfüllten - so die Rechtsauffassung des Klägers - die mit der Klageschrift und mit dem weiteren Schriftsatz vom 15.8.2008 vorgelegten Urkunden die Voraussetzungen des § 580 Nr. 7b ZPO. Der Kläger beantragt (zuletzt),

die Forderung des Klägers in Höhe 105.207,84 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem EZB-Basiszinssatz zur Insolvenztabelle festzustellen. Der Beklagte beantragt,

die Restitutionsklage abzuweisen. Nach Auffassung des Beklagten sind die Voraussetzungen der § 580 Nr. 2, 3, 7b ZPO nicht erfüllt. Der Beklagte bestreitet den Sachvortrag des Klägers zu den Umständen seiner eigenen Ordnungswidrigkeit mit Nichtwissen. Bei den vorgelegten Urkunden handele sich um Urkunden in einem Parallelverfahren, die auf den vorliegenden Sachverhalt gerade nicht zutreffen beziehungsweise im vorliegenden Sachverhalt keine andere Entscheidung zulassen würden. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt im Verfahren gewechselten Schriftsätze, insbesondere auf die Schriftsätze des Klägers vom 15.8.2009 (GA 118 ff.) und 18.8.2009 (GA Bl. 153 ff. und die Sitzungsniederschrift vom 18.8.2009 (GA Bl. 150 bis 152) Bezug genommen. II. A. Die Restitutionsklage ist nicht zulässig, da der Kläger sein Restitutionsbegehren nicht auf einen in § 580 ZPO normierten Zulassungsgrund stützt. Die Prozessvoraussetzungen, die Rechtskraft des angegriffenen Urteils und die Beschwer des Restitutionsklägers stehen außer Streit. Der Senat legt den Antrag im Lichte des § 588 I Nr. 3 ZPO dahingehend aus, dass der Kläger unter teilweiser Beseitigung des Urteils des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 20.3.2007 - 4 O 83/06-24- seine in diesem Urteil abgewiesene Geschäftsführervergütung für das Jahr 2006 weiterverfolgt. Daneben setzt die Zulässigkeitsprüfung nach § 589 ZPO voraus, dass der Kläger das Vorliegen eines Restitutionsgrundes schlüssig vorgetragen hat (vgl. BGHZ 57, 213). Daran fehlt es: 1. Im vorliegenden Rechtsstreit leitet der Kläger die Statthaftigkeit der Restitutionsklage zunächst aus § 580 Nr. 2 ZPO her. Nach dieser Vorschrift findet eine Restitutionsklage statt, wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war. a) Soweit der Kläger den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 2 ZPO aus dem Einlieferungsbeleg vom 28.6.2008 herleitet, liegen bereits die Voraussetzungen des § 580 Nr. 2 ZPO nicht vor: aa) Der Kläger hat den Klagegrund in seinem Schriftsatz vom 18.8.2009 dahingehend konkretisiert, der Auslieferungsbeleg sei durch den Zeugen H. falsch ausgefüllt worden. Nach der postinternen Anweisung dürfe das Datum der Auslieferung auf dem Beleg erst nach vollzogener Zustellung, d.h. an Ort und Stelle der Zustellung, handschriftlich eingetragen werden. Im vorliegenden Fall sei das Datum des Auslieferungsbeleges maschinell bereits vor Beginn der Tour eingedruckt worden. Ob dies durch den Zeugen H. oder durch einen anderen Postmitarbeiter geschehen sei, sei nicht bekannt. Schon deshalb verbiete sich ein diesbezüglicher Vorwurf an den Zeugen H.. Jedenfalls gebe das dort eingedruckte Datum den tatsächlichen Zustellungsvorgang nicht korrekt wider. Zum Zeitpunkt, als die Zustellung auf dem Beleg als bewirkt eingetragen worden sei, sei diese in Wahrheit noch nicht erfolgt gewesen. Der Urkundeninhalt entspreche nicht den Tatsachen. bb) Zwar stellt der Einlieferungsbeleg vom 28.6.2005 (BA Bd. I Bl. 219) eine Urkunde im Sinne von § 580 Nr. 2 ZPO dar: Der Senat hat die Entscheidung im Vorprozess auf den Auslieferungsbeleg der D. Bundespost gestützt und im Urteil die Auffassung vertreten, dass dieser Auslieferungsbeleg des Postzustellers zwar noch keinen Vollbeweis für den fristgerechten Zugang des Kündigungsschreibens erbringe, allerdings nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises für den Beweis des rechtzeitigen Zugangs genüge, sofern das ordnungsgemäße Zustellverfahren eingehalten worden sei. Nach der Vernehmung des Zeugen H. war der Senat von der Einhaltung des ordnungsgemäßen Zustellungsverfahren überzeugt, weshalb der Anscheinsbeweis für den rechtzeitigen Zugang stritt, den der Kläger nicht widerlegen konnte. Mithin bildete die Echtheit und Richtigkeit des Einlieferungsbelegs ein essentielles Element für die Beweiswürdigung des Senats. cc) Allerdings setzt der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 2 ZPO weiterhin voraus, dass die Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war. Daran fehlt es: Der Fälschungsvorwurf des § 580 Nr. 2 ZPO verweist auf die strafrechtlichen Urkundsdelikte der §§ 267 ff. StGB (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 580 Rdnr. 9). In strafrechtlicher Hinsicht wäre die Urkunde i.S. des § 267 Abs. 1 StGB dann gefälscht, wenn sie nicht vom ausgewiesenen Aussteller stammen würde. Demgegenüber ist die schriftliche Lüge - wie auch der Kläger zutreffend erkennt (Schriftsatz vom 18.8.2009, S. 2; GA Bl. 154) - jedenfalls unter dem rechtlichen Blickwinkel des § 267 StGB nicht strafbar. Auch eine Strafbarkeit nach §§ 271, 348 StGB erscheint zweifelhaft, da beachtliche Argumente dafür streiten, dass die im Rahmen eines privatrechtlichen Postdienstleistungsvertrags errichtete Zustellungsurkunde nach der Privatisierung der Post keine öffentliche Urkunde i.S. des § 271 Abs. 1 StGB und der Zusteller kein Amtsträger i.S.v. § 348 StGB ist (dagegen: Gribbohm, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl., § 271 Rdnr. 61 ff.). dd) In jedem Fall fehlt es an den Voraussetzungen des § 581 ZPO: Gem. § 581 ZPO findet in den Fällen des § 580 Nr. 1 - 5 ZPO die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen kann. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt: Weder der Zeuge H. noch irgendeine andere Person sind wegen eines Urkundsdelikte bezüglich der im Vorprozess maßgeblichen Urkunde verurteilt worden. Selbst der Kläger legt sich nicht fest, welche Person als Täter eines Urkundsdelikts in Frage kommen mag, indem er in seinem Schriftsatz vom 18.8.2009 ausdrücklich formuliert, dass sich ein Vorwurf der Urkundenfälschung "an den Zeugen H." verbiete. Soweit der Kläger die Rechtsauffassung vertritt, der Inhalt der Postzustellungsurkunde sei deshalb falsch, weil das Zustellungsdatum entgegen der postinternen Dienstanweisung nicht am Zustellungsort, sondern an einem anderen Ort und zu anderer Zeit eingetragen worden sei, verkennt der Kläger den Regelungsgehalt des § 580 Nr. 2 ZPO: Der Restitutionsgrund ist nicht schon dann eröffnet, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die beurkundete Tatsache fehlerhaft beurkundet wurde. Dessen ungeachtet lassen sich aus einem eventuellen Abweichen von der Postroutine keine zwingenden Rückschlüsse auf das tatsächliche Zustellungsdatum ziehen: Der Zeuge H. wurde in seiner Vernehmung ausdrücklich darüber gefragt, wie es zur maschinellen Datumseintragung gekommen sei (BA Bl. 347 f.). Seine Aussage, wonach er den maschinellen Eintrag am Zustelltag durch den Einsatz eines Scanners bewirke, weshalb das maschinell aufgedruckte Datum dem tatsächlichen Zustellungsdatum entspreche, wird durch den bloßen Hinweis auf die abweichende Postroutine nicht widerlegt. 2. Weiterhin rekurriert der Kläger auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 3 ZPO, indem er behauptet, der Zeuge H. habe in seiner Vernehmung vom 5.12.2006 nicht die Wahrheit gesagt. Bereits die sprachliche Formulierung des Restitutionsgrundes füllt den gesetzlichen Tatbestand nicht aus. Denn gemäß § 580 Nr. 3 ZPO ist die Restitutionsklage nicht bereits dann statthaft, wenn ein Zeuge nicht die Wahrheit gesagt hat. Vielmehr setzt der Restitutionsgrund voraus, dass der Zeuge sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat. Auch dieser Restitutionsgrund ist nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 581 ZPO statthaft. Diese sind nicht erfüllt: Unstreitig wurde der Zeuge H. nicht wegen eines Aussagedelikts verurteilt.

Der Senat erachtet eine Aussetzung des Verfahrens nach § 149 ZPO mit Blick auf die am 14.8.2009 gegen den Zeugen H. erhobene Strafanzeige nicht für sachgerecht: Bereits der Wortlaut steht einer Aussetzung entgegen: Die Vorschrift ermöglicht eine Aussetzung des Zivilprozesses, wenn sich während des Rechtsstreits ("im Laufe eines Rechtsstreits") der Verdacht einer Straftat ergibt. Mithin regelt die Vorschrift nicht den Fall, in dem die strafrechtliche Verurteilung eine spezifische Zulässigkeitsvoraussetzung des eingeleiteten Verfahrens ist. Die Aussetzungsmöglichkeit des § 149 ZPO dient nicht dem Zweck, einer zur Unzeit erhobenen Klage zum Erfolg zu verhelfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet im Fall der Restitutionsklage die Aussetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens aus (BGHZ 50, 115, 122; zustimmend: Zöller/Greger, aaO., § 581 Rdnr. 5). Überdies erschiene eine Aussetzung deshalb nicht als sachgerecht, weil nach der derzeitigen Sicht der zeitliche Abschluss des erst kurz vor der mündlichen Verhandlung eingeleiteten Strafverfahrens nicht abgesehen werden kann. Schließlich ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt zweifelhaft, ob der vom Kläger erhobene Vorwurf der Falschaussage im Strafverfahren zu einer Verurteilung des Zeugen führen wird: Der Senat vermag die vom Kläger behauptete Formulierung, der Zeuge habe ausgesagt, dass die Zustellung stets und ausnahmslos immer an dem im Auslieferungsbeleg eingedruckten Datum an den richtigen Empfänger erfolge, aus der Protokollierung nicht nachzuvollziehen. Vielmehr hat der Zeuge ausgesagt, er könne sich nicht an Fälle erinnern, "wo aus irgendwelchen Gründen ein Einwurf in den Briefkasten an dem von mir eingescannten Datum unmöglich war" (BA Bl. 348). Die weitere Prüfung der strafrechtlichen Tatbestände, insbesondere das Vorliegen des erforderlichen Vorsatzes, bleibt dem Strafverfahren vorbehalten. 3. Weiterhin stellen die mit der Klageschrift vorgelegten Urkunden im Zusammenhang mit der Zustellung eines gegen den Kläger gerichteten Bußgeldbescheides keine Urkunden im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO dar. Denn die eine Wiederaufnahme begründenden Urkunden müssen schon zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess vorhanden gewesen sein (BGHZ 30, 60, 64 f.; Musielak/Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 580 Rdnr. 21). Denknotwendig hätten Urkunden, die später errichtet wurden, unter keinen Umständen im Vorprozess Berücksichtigung finden können und i.S. des Wortlauts der Vorschrift keine günstigere Entscheidung herbeiführen können. Zwar gilt dieser Rechtsgrundsatz nicht ausnahmslos. So sind später errichtete Urkunden als Restitutionsgrund zuzulassen, die zurückliegende Tatsachen bezeugen (Zöller/Greger, aaO., § 580 Rdnr. 17; Musielak/Musielak, aaO., Rdnr. 21; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 580 Rdnr. 17). Um solche Urkunden handelt es jedenfalls bei den mit der Klageschrift vorgelegten Urkunden nicht. 4. Auch soweit der Kläger das Restitutionsverfahren auf das berichtigte Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der 15. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 16.6.2009 und auf das Schreiben des Zeugen vom 16.6.2009 (GA Bl. 136) stützt, ist dem Kläger die Berufung auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO verwehrt. a) Zwar wird in der Lit. die Auffassung vertreten, dass Urkunden über Erklärungen bereits vernommener Zeugen den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO ausfüllen können, soweit die Zeugen von ihrer früheren Aussage im Vorprozess abweichen und zur Erschütterung ihrer Glaubhaftigkeit beitragen (Zöller/Greger, aaO., § 580 Rdnr. 19). Indessen steht die Rechtsauffassung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang: Im Bereich des Zeugen- und Sachverständigenbeweises rechtfertigt nicht bereits die objektive Unrichtigkeit der früheren Bekundungen die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Vielmehr belegt § 580 Nr. 3 ZPO mit Klarheit, dass nur die nachgewiesene strafbare Verletzung der Wahrheitspflicht den Weg zur Wiedereröffnung ebnet. Dieses aus der Systematik des Gesetzes gewonnene Argument überzeugt und schließt selbst dann Urkunden als Wiederaufnahmegrund aus, die neue Bekundungen von Zeugen enthalten, die einer im früheren Verfahrnen gemachten Aussage entgegenstehen (BGHZ 89, 114, 119; ebenso Musielak/Musielak, aaO., § 580 Rdnr. 18). b) Darüber hinaus müsste die Wiederaufnahme selbst bei Zulassung des im Schriftsatz vom 15.8.2009 vorgelegten Protokolls am Kausalitätserfordernis scheitern: Eine Urkunde i.S. des § 580 Nr. 7b ZPO eröffnet im Restitutionsverfahren die neue Verhandlung über die Hauptsache erst dann, wenn die Urkunde geeignet ist, ein der Partei günstigeres Prozessergebnis herbeizuführen (eingehend zur Kausalitätsproblematik: MünchKomm(ZPO)/Braun, 3. Aufl., § 580 Rdnr. 51). Dies setzt voraus, dass nach der freien tatrichterlichen Überzeugung des über den Restitutionsgrund entscheidenden Gerichts der Vorprozess vom Rechtsstandpunkt des früheren Gerichts anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn dem Gericht zusätzlich zu dem gesamten damaligen Prozessstoff auch die betreffende Urkunde vorgelegen hätte (Zöller/Greger, aaO, § 580 Rdnr. 26). Für den vorliegenden Rechtsstreit wären die Voraussetzungen für eine im zweiten Verfahrensabschnitt des Restitutionsverfahrens erfolgreiche Restitution erst dann erfüllt, wenn der Senat in seiner damaligen Besetzung der Klage bei Kenntnis der Aussage des Zeugen H., die dieser vor der 15. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken getroffen hat, stattgegeben hätte. Diese Überzeugung kann der Senat nicht gewinnen. aa) Hierbei ist von wesentlicher Bedeutung, dass das Prozessergebnis des Vorprozesses im Kern nicht darauf beruht, dass das Vordergericht aufgrund der Aussage des Zeugen positiv von der rechtzeitigen Zustellung des Kündigungsschreibens überzeugt war. Vielmehr hat das Gericht die Tatsachenfeststellung im Vorprozess auf den rechtlichen Beweisgrundsatz gestützt, dass der Beweis des ersten Anscheins für den fristgerechten Zugang des Kündigungsschreibens streite. Der Beleg genüge - so dass Vordergericht - den Grundsätzen des Anscheinsbeweises dann, wenn die Zustellung erst nach dem Einwurf von dem betreffenden Mitarbeiter des Zustelldienstes unter zutreffender Datumsangabe bestätigt worden sei. Aufgrund der Vernehmung des Zeugen H. sei der Senat von der Einhaltung eines ordnungsgemäßen Zustellungsverfahrens überzeugt. Wenngleich der Zeuge H. keine Erinnerung an den konkreten Vorgang besessen habe, so habe er glaubhaft geschildert, dass das im Beleg angegebene Datum in Regelfalle auch den Tag des Einwurfs belege. bb) Demnach hat sich das Gericht der Hauptsache im Vorprozess auf die Überzeugung gestützt, dass der Zeuge H. das von ihm geschilderte Verfahren regelmäßig eingehalten hatte und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, dass es im konkreten Fall zu Abweichungen gekommen war. Auf der Grundlage dieses Rechtsverständnis, welches der Kläger im vorliegenden Verfahren mit Vehemenz kritisiert, an das der Senat jedoch auf der zweiten Stufe des Restitutionsverfahrens gebunden ist, wäre ein anderer Prozessausgang im Vorprozess nur dann zu erwarten gewesen, wenn das Gericht Anhaltspunkte dafür besessen hätte, dass der Zeuge H. seine Arbeit unzuverlässig zu verrichten pflegte. aaa) Dazu hätte es - was dem Kläger freilich nicht gelungen ist - nicht genügt, einen einzelnen konkreten Zustellfehler des Zeugen zu belegen. Die Lebenserfahrung zeigt, dass Fehler auch bei Einhaltung einer gesteigerten Sorgfalt nicht immer vermieden werden können; sie sind in angemessenen Umfange der menschlichen Natur gewissermaßen immanent. Dass es bei der Arbeit des Zeugen H. im für den vorliegenden Rechtsstreit relevanten Zeitraum (Mitte 2005) zu vermehrten Fehlern gekommen sei, lässt sich aus einer Aussage vor der 15. Zivilkammer nicht ernehmen. Der Zeuge hat nicht bestätigt, dass es vermehrt zu Zustellungsfehlern gekommen sei, sondern ausgesagt, aus seiner Erinnerung könne er die Frage verneinen. bbb) Auch die in der Aussage angesprochene nervliche Erkrankung des Zeugen zieht die Glaubhaftigkeit der Aussage nicht nachgewiesenermaßen in Zweifel. Der Beginn der Erkrankung ist nicht urkundlich belegt. Es wird nicht vorgetragen, erst recht nicht mit den zulässigen Beweismitteln des § 580 ZPO belegt, dass die Erkrankung im relevanten Zeitraum Auswirkungen auf die Arbeitszuverlässigkeit des Zeugen besaß. Soweit der Zeuge ausweislich des Protokolls auf die bedrängende Frage des Klägers (das Protokoll enthält den Vermerk "auf Frage des Klägers unter Moderation des Gerichts") ausgesagt hat, es könne sein, dass er den Brief in den falschen Briefkasten eingeworfen habe, hätte diese Aussage in einer vergleichbaren Aussagesituation den Ausgang des Vorprozesses ersichtlich nicht beeinflusst. Die Angaben des Zeugen korreliern unmittelbar aus der im ersten Rechtszug freimütigen Aussage, er könne sich an die konkrete Zustellung nicht erinnern. Legt man diese Aussage zu Grunde, konnte der Zeuge denknotwendig auch nicht ausschließen, dass er den Brief entgegen der von ihm beachteten üblichen Sorgfalt aus Gründen, die ihm nicht erinnerlich waren, falsch eingeworfen hatte. Da es dem Kläger nicht gelungen ist, die tatsächlichen Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes schlüssig zu behaupten, war die Wiederaufnahmeklage als unzulässig zu verwerfen. B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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