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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 02.12.2008
Aktenzeichen: 4 U 64/08
Rechtsgebiete: ZPO, UmStG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 286
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
UmStG § 4 Nr. 1 lit. b
UmStG § 8a
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
Weist eine kaufvertragliche Preisabsprache die Zahlung der gesetzlichen Umsatzsteuer gesondert aus, so schuldet der Käufer die Umsatzsteuer nur dann, wenn die Steuer tatsächlich anfällt.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

4 U 64/08

Verkündet am 2.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler sowie die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 10. Januar 2008 - 11 O 62/06 - mit der Maßgabe abgeändert, dass der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.726,47 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2005 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.726,47 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung eines in Rechnung gestellten und von der Klägerin gezahlten Umsatzsteuerbetrages in Anspruch, den der Beklagte mangels bestehender Steuerpflicht nicht an das Finanzamt weiterleitete. Die Klägerin beauftragte unter ihrer vormaligen Firmierung C. S. ~maschinentechnik GmbH mit Sitz in <Ort> in Österreich am 6.12.2000 den Beklagten mit Arbeiten an einer sog. Power and Free Anlage. Die Arbeiten umfassten die Demontage, den Umbau und den Einbau von 13 Laufwagen sowie die Verstärkung der Anlage mit insgesamt 84 Flanschblechen, die vom Beklagten zu liefern und einzuschweißen waren. Der Inhalt der Absprache wird auf dem als Anlage K 2 (Bl. 21 d. A.) vorgelegten Bestellformular zusammengefasst. Die Leistungen des Beklagten sollten mit einer Summe von "140.000 DM exklusive Mehrwertsteuer" vergütet werden. Die Zahlungsbedingungen sahen vor, dass 50% dieser Summe zuzüglich 16% Mehrwertsteuer bei Auftragserteilung zu zahlen seien. Weitere 40% waren bei Lieferung und Montagebeginn sowie die letzten 10% bei Fertigstellung und Abnahme der Leistungen zur Zahlung fällig. Sodann beauftragte der Beklagte die Firma I. S.A.R.L. mit Sitz in <Ort>, Frankreich (im Folgenden: I.), damit, die erforderlichen Maschinenteile herzustellen und an die Klägerin auszuliefern. Diese Lieferung wurde der Klägerin am 29.12.2000 inklusive eines Mehrwertsteueranteils von 16 % (11.200 DM) mit 81.200 DM in Rechnung gestellt. Der Rechnungstext nahm auf die Fälligkeitsregelung der Bestellung vom 6.12.2000 (Bl. 23 d. A.) Bezug. Die Klägerin leistete über die Rechnungssumme unter Einschluss des Mehrwertsteueranteils an den Beklagten Zahlung. Am 28.1.2001 rechnete I. gegenüber dem Beklagten die Leistung zum identischen Preis von 81.200 DM inklusive 16% Mehrwertsteuer ab. Die Rechnung (Bl. 43 d. A.) enthält den handschriftlichen Quittungsvermerk, wonach I. den Betrag am 1.2.2001 erhalten habe. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Beklagte den in der Rechnung vom 29.12.2000 ausgewiesenen Mehrwertsteueranteil nicht an das Finanzamt abführte. Im Rahmen einer am 11.10.2002 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung hat das Finanzamt M. II am 4.12.2002 einen Bericht erstellt und hierin ausgeführt, dass die vom Beklagten unter dem 29.12.2000 erstellte Rechnung Werklieferungen bzw. Werkleistungen zum Gegenstand habe, die in Österreich erbracht worden seien. Diese Lieferungen bzw. Leistungen seien in Deutschland nicht steuerbar, weshalb ein Vorsteuerabzug nicht gewährt werden könne. Die Klägerin begehrt die Rückerstattung des gezahlten Mehrwertsteuerbetrages (5.726,47 EUR) und behauptet, die Parteien seien anlässlich des Vertragsschlusses davon ausgegangen, dass hinsichtlich 50% des Leistungsumfangs eine Umsatzsteuerpflicht bestanden habe. Diese Einschätzung sei fehlerhaft gewesen. Da es der Klägerin nicht gelungen sei, die von ihr verauslagte Steuer im Wege des Vorsteuerabzugs zurückzuerhalten, sei der Beklagte nach den Rechtsgrundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet. Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Der Beklagte hat vorgetragen, es sei vereinbart worden, dass die Klägerin für den ersten Leistungsteil, die Lieferung der Maschinenteile, insgesamt 81.200 DM zahlen solle. Dieser Betrag sollte in jedem Falle an den Beklagten fließen, wobei nicht "unbedingt ein Betrag von 70.000 DM zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer gewollt gewesen sei" (Bl. 39 d. A.). Der Beklagte habe seinerseits 81.200 DM direkt an I. bezahlt. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Mit Blick auf die geänderte Abrechnung, die den Umsatzsteuerbetrag nicht mehr ausweise (Anlage BK 2; Bl. 211 d. A.), "geht die Klägerin davon aus", dass der Beklagte die Steuer vom Finanzamt erstattet bekommen habe. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass die von dem Beklagten behaupteten Kosten für die Fertigstellung der Maschinenteile entstanden seien und im sachlichen Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Verträgen stünden. Nach Auffassung der Klägerin beruht die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler. Hätten die Parteien irrtümlich angenommen, dass das zwischen ihnen vereinbarte Geschäft generell nicht der Umsatzsteuer unterliege, so ergebe die ergänzende Vertragsauslegung, dass die Umsatzsteuer nicht zu zahlen sei. Dasselbe müsse gelten, wenn die Parteien irrtümlich von einer Steuerbarkeit in Deutschland ausgegangen seien. Die Zusammenschau der Anlagen K 1 und K 2 zeige, dass beide Parteien, nicht nur die Klägerin allein, explizit von einer Steuerbarkeit eines Teils des Umsatzes in Deutschland ausgegangen seien. Die vertragliche Vereinbarung enthalte keine Regelung für den Fall, dass die Umsatzsteuerpflicht aufgrund § 4 Nr. 1 lit. b, § 8a UmStG entfalle. Diese Regelungslücke sei unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien dahingehend zu schließen, dass bei fehlender Steuerbarkeit in Deutschland vom Beklagten nur der Nettobetrag hätte abgerechnet werden dürfen. Der Beklagte hätte bei bestehender Steuerbarkeit keinen Nutzen von der Steuer gehabt, die er an das Finanzamt hätte abführen müssen. Auch für die Klägerin wäre die Steuerzahlung im Wege des Vorsteuerabzugs ein durchlaufender Posten gewesen. Demgegenüber führe die Auslegung des Landgerichts dazu, dass die Klägerin statt mit 70.000 DM nunmehr mit 81.200 DM belastet bliebe. Wenn der Beklagte aus dem Geschäft in jedem Falle hätte einen Betrag von 81.200 DM erhalten wollen, um Kosten aus anderen Geschäften zu decken, so hätte er mit der Klägerin die Zahlung eines Nettobetrages von 81.200 DM vereinbaren müssen. Die Klägerin zweifelt an, dass die I. die Umsatzsteuer zu Recht ausgewiesen habe.

Das Landgericht habe sein Urteil zu Unrecht auf die Aussage des Zeugen C. gestützt. Es sei nicht glaubwürdig, dass sich der Zeuge nach über sieben Jahren noch an ein Telefongespräch erinnert habe, welches er nicht einmal selbst geführt, sondern nur mitgehört haben wolle. Auch besitze der Zeuge ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Es erschließe sich aus der Aussage des Zeugen nicht, wie der Zeuge einerseits von einer Besteuerung in Deutschland ausgegangen sei, andererseits dennoch gemeint habe, der Beklagte würde in jedem Falle die 81.200 DM erhalten. Auch entbehre es jeder Lebenserfahrung, dass es dem Zeugen M. egal gewesen sei, ob die Mehrwertsteuer ausgewiesen worden sei oder nicht. Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 10.1.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 11 O 62/06 - den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.726,47 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2003 zu zahlen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ausweislich des Nachtragsangebots vom 19.11.2000 sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Maschinenteile in Deutschland von der Firma I. erstellt werden. Hierfür sollten 81.200 DM anfallen. Genau diesen Betrag habe die Klägerin zahlen sollen. Da I. nicht nur einen Firmensitz in Frankreich, sondern auch einen Firmensitz in Deutschland besitze, sei von einer deutschen Firma an die deutsche Firma des Beklagten geleistet worden. Im Übrigen sei der Beklagte ab dem Jahr 2000 von der Umsatzsteuerpflicht befreit gewesen und habe weder Umsatzsteuer abgeführt, noch sei er zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen. Dies sei der eigentliche Grund dafür gewesen, dass zwischen den Parteien vereinbart worden sei, in jedem Fall einen Betrag von 81.200 DM zu zahlen. Für den Beklagten sei auch klar gewesen, dass er keinen Verdienst bei der Herstellung der Maschinenteile hätte erzielen können, da für ihn die 81.200 DM eine reine Durchgangsposition gewesen seien. II. A. Die zulässige Berufung hat bis auf eine Korrektur hinsichtlich des geltend gemachten Zinszeitraums Erfolg, da die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler beruht (§ 513 Abs. 1 ZPO). Der Klägerin steht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) ein Anspruch auf Rückzahlung des Umsatzsteueranteils zu, da die Klägerin nach richtigem Verständnis der zwischen den Parteien getroffenen Absprache nur beim Bestehen einer Steuerschuld zur Zahlung des Umsatzsteueranteils verpflichtet war. 1. Der Rechtsstreit ist nach deutschem Recht zu entscheiden: Das deutsche Kollisionsrecht ist zu beachten, da die Klägerin ihren Sitz in einem anderen Staat der Europäischen Gemeinschaft hat. Hiermit liegt der für die Anwendung des deutschen Kollisionsrechts erforderliche Auslandsbezug vor (Art. 3 Abs. 1 EGBGB). Für grenzüberschreitende Vertragsverhältnisse bestimmen die Art. 27 ff. EGBGB das auf den Vertrag anwendbare Recht. Im vorliegenden Fall führt bereits Art. 28 Abs. 1 EGBGB zur Anwendbarkeit des deutschen Vertragsrechts, da sich die Parteien konkludent auf die Anwendbarkeit des deutschen Rechts verständigt haben: Zum einen haben die Parteien die steuerliche Behandlung der deutschen Rechtsordnung unterstellt. Mit der Festlegung auf die Zahlung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen deutschen Steuersatzes haben die Parteien die Vorstellung verbunden, dass die steuerliche Abwicklung des Vertrages dem deutschen Steuerrecht unterliegt. Zum andern sind die Parteien während des gesamten Rechtsstreits übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen und haben mit Nachdruck unter Bezugnahme auf das deutsche materielle Zivilrecht zur Rechtslage argumentiert. Dieses Prozessverhalten ist zumindest ein deutliches, aussagekräftiges Indiz für eine auf das deutsche Vertragsrecht bezogene Rechtswahl (vgl. BGH, Urt. vom 16.12.2003 - X ZR 6/02, BGHR 2004, 679; Urt. v. 24.11.1999 - V ZR 240/88, NJW-RR 1990, 248; Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Aufl., Art. 27 Rdnr. 14). Letztlich führte selbst bei fehlender Rechtswahl Art. 28 Abs. 1 EGBGB zur Anwendung deutschen Rechts, da bei Werkverträgen regelmäßig der Werkunternehmer die charakteristische Leistung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB erbringt. Dies gilt auch dann, wenn die Werkleistung - wie im Fall des Bauvertrags - nicht am Ort der Niederlassung des Werkunternehmers ausgeführt wird (BGH, Urt. v. 25.2.1999 - VII ZR 408/97, NJW 1999, 2443; Erman/Hohloch, BGB, 12. Auflage, Art. 28 EGBGB Rdnr. 39). Schließlich haben beide Prozessparteien - vom Senat über die Problematik der Rechtswahl befragt - übereinstimmend die Sichtweise des Senats bestätigt, wonach von einer Wahl des deutschen Rechts auszugehen sei. Dem Vertragsstatut folgt auch die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung: Gemäß Art. 38 Abs. 1 EGBGB unterliegen Bereicherungsansprüche wegen erbrachter Leistungen dem Recht, das auf das Rechtverhältnis anzuwenden ist, auf das die Leistung bezogen ist.

2. Die Klägerin hat den Mehrwertsteueranteil i.S. des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB ohne Rechtsgrund geleistet. Denn nach dem richtig verstandenen Inhalt der vertraglichen Absprache sollte die Klägerin nur dann zur Zahlung der Umsatzsteuer verpflichtet sein, wenn das Umsatzgeschäft auch tatsächlich der deutschen Steuer unterliegt. Nur unter dieser Prämisse bildete die vertragliche Absprache einen wirksamen Rechtsgrund für die Leistung der Mehrwertsteuer. Erst recht stellt die vertragliche Absprache keinen Rechtsgrund dafür dar, dass der Beklagte den Steueranteil endgültig behalten darf: Bei bestimmungsgemäßer Verwendung war der Steueranteil mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs an die Finanzverwaltung weiterzureichen. Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten hat, die Klägerin sei nach dem Inhalt der vertraglichen Absprache unabhängig davon zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet, ob die Steuerschuld in Deutschland bestehe, ist dem nicht zu folgen. Die Auslegung hält einer Rechtskontrolle am Maßstab der §§ 133, 157 BGB nicht stand. a) Verträge sind gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es ist nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Nach anerkannten Rechtsgrundsätzen muss die Auslegung für beide Seiten zu interessengerechten Ergebnissen führen, die den jeweiligen Zwecken der Vertragsparteien entsprechen (BGHZ 152, 153, 156; 149, 337, 353; 137, 69, 72; Urt. v. 13.3.2003 - IX ZR 199/00, NJW 2003, 2235; Urt. v. 9.7.2001 - II ZR 228/99, NJW 2002, 747; Prütting/Wegen/Weinreich, aaO., § 133 Rdnr. 38). Diesem Maßstab wird das erstinstanzliche Auslegungsergebnis nicht gerecht: b) Nach dem Wortlaut der Bestellung schuldete die Klägerin 50% der Auftragssumme zuzüglich eines 16-prozentigen "Mehrwertsteuer"-anteils. Diese Absprache ist vernünftigerweise nur so zu verstehen, dass die Steueranteile nur dann geschuldet sind, wenn sie tatsächlich anfallen. Jedes andere Ergebnis liefe den Interessen der Parteien zuwider: Da der Steueranteil an das Finanzamt abzuführen gewesen wäre, mithin unter keinen Umständen endgültig im Vermögen des Beklagten verblieben wäre, konnte der Beklagte allenfalls damit rechnen, aus dem Geschäft steuerbereinigt 70.000 DM zu erzielen. Das Interesse, den nicht abzuführenden Steueranteil endgültig zu behalten und auf diese Weise die Rentabilität des Geschäfts zu erhöhen, ist nicht schutzwürdig. Umgekehrt durfte die Klägerin damit rechnen, die Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs wieder auszugleichen. Um diese Möglichkeit, die nach dem Wortlaut der Bestellung auf der Hand lag, war die Klägerin im Fall der fehlenden Steuerbarkeit des Umsatzes beraubt. Es liefe dem berechtigten Interesse der Klägerin zuwider, sie auch bei fehlender Steuerbarkeit des Umsatzes an der Zahlung der Steuerbeträge festzuhalten, um sie auf diese Weise letztendlich steuerbereinigt zur Zahlung eines um 16% höheren Gegenwertes verpflichtet zu sehen.

c) Auch die Erwägung des Landgerichts, es könne möglich sein, dass die Umsätze in Österreich zu versteuern seien, führt zu keinem anderen Ergebnis: Im Berufungsrechtszug trägt der Beklagte vor, dass er im fraglichen Zeitraum überhaupt nicht zur Umsatzsteuerzahlung verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte hat den Steueranteil weder an den deutschen Fiskus, noch an die österreichischen Finanzbehörden abgeführt, sondern ihn nach eigener Darstellung inklusive des Steueranteils komplett an I. weitergeleitet. Mehr als 8 Jahre nach dem Leistungsaustausch liegt eine Heranziehung des Beklagten zur Erfüllung einer in Österreich zu zahlenden Steuerschuld mehr als fern. Dessen ungeachtet würde eine in Österreich zu erfüllende Steuerpflicht an der Auslegung des Vertrages nichts ändern: Durch die Wahl des im fraglichen Zeitraum in Deutschland zu zahlenden Steuersatzes gingen die Vertragsparteien ersichtlich davon aus, dass der Steueranteil die in Deutschland zu zahlende Umsatzsteuer betreffen sollte. Nur zur Zahlung dieser Steuerschuld hat sich die Klägerin verpflichtet. Die Frage, ob die Klägerin im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung verpflichtet wäre, auch einen österreichischen Steuersatz zu zahlen, stellt sich nicht, da der Beklagte nicht geltend macht, der österreichischen Steuer zu unterliegen, erst recht nicht eine solche Steuer bereits gezahlt zu haben. d) Umgekehrt rechtfertigt es der Irrtum über die Steuerbarkeit des Umsatzgeschäftes nicht, die Klägerin im Wege der Vertragsanpassung unabhängig vom Bestehen einer Steuerschuld zur Zahlung des Steueranteils zu verpflichten. Eine Vertragsanpassung kommt weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage noch nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung wegen lückenhafter Regelung in Betracht: Aus den oben genannten Gründen ist der vom Beklagten erstrebte Regelungsinhalt nicht interessengerecht. e) Schließlich hat der Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsgrundsätze des § 286 ZPO den ihm obliegenden Beweis dafür nicht erbracht, dass sich die Klägerin außerhalb der schriftlichen Vertragserklärungen in einer Individualvereinbarung mit dem Beklagten darauf einließ, den Steueranteil unabhängig vom Bestehen einer Steuerpflicht zahlen. Der Zeuge C. hat ausgesagt, er selbst und auch der Zeuge M. seien davon ausgegangen, dass zumindest für den ersten, den streitgegenständlichen Teil, Mehrwertsteuer anfalle. Unter diesem Vorverständnis kann der Aussage des Zeugen, Herr M. habe gesagt, es sei ihm egal, ob die Rechnung mit oder ohne Mehrwertsteuer ausgewiesen werde, nicht der Sinn unterlegt werden, dass Herr M. im Bewusstsein der bestehenden Steuerpflicht und der hieraus resultierenden Möglichkeit zum Vorsteuerabzug bereit gewesen wäre, statt 70.000 EUR letztlich auch 81.200 EUR zu zahlen. 3. Dem der Höhe nach unstreitigen Bereicherungsanspruchs kann der Beklagte nicht die Einrede der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegenhalten: Nach der Rechtsauffassung des Beklagten diente die Weiterleitung des Geldes an I. der Befreiung einer Verbindlichkeit. Dies führte nicht zum Bereicherungswegfall, weil die Befreiung von einer Verbindlichkeit eine fortbestehende Bereicherung darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 18.4.1985 - VII ZR 309/84, NJW 1985, 2700; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 818 Rdnr. 38). 4. Die im Termin vom 3.12.2007 erklärte Hilfsaufrechnung wird auf Hinweis des Senats nicht aufrechterhalten; sie ist mithin nicht in die Erkenntnis des Senats gestellt. 5. Die Verjährungseinrede führt nicht zum Erfolg: Der Bereicherungsanspruch entsteht mit der Zahlung, die jedenfalls noch vor dem 1.1.2002 erfolgte. Damit unterlag der Bereicherungsanspruch zunächst gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB dem vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Recht. Die dreißigjährige Verjährung des § 195 BGB a.F. war am 1.1.2002 noch nicht abgelaufen. Ab dem 1.1.2002 unterlag der Anspruch der kurzen Verjährung des § 195 BGB. Jedoch begann die Verjährung erst unter den subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Es bestehen keine Bedenken, die Kenntnis der Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners mit Zugang der Umsatzsteuerprüfung entstehen zu lassen, die der Klägerin nicht vor dem 13.12.2002 zugegangen sein konnte. Damit war die dreijährige Verjährungsfrist beim Erlass des Mahnbescheids (am 9.12.2005) noch nicht abgelaufen. Die Hemmung wirkt bis heute fort, da die Streitsache innerhalb von 6 Monaten ab Einlegung des Widerspruchs am 3.4.2006 an das zuständige Gericht abgegeben wurde (zum Ende der Hemmung nach Zustellung eines Mahnbescheids: Palandt/Heinrichs, aaO., § 204 Rdnr. 36).

6. Die Zinsforderung ist im erkannten Umfang begründet. Da die Klägerin zu den Verzugsvoraussetzungen nicht vorgetragen hat, war die Hauptforderung erst ab Zustellung des Mahnbescheids (am 9.12.2005) zu verzinsen (§ 288 Abs. 2, § 291 BGB, § 696 Abs. 3 ZPO). B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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