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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 4 U 669/05
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, ZPO, AGBG, EGBGB
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
BGB § 198 | |
BGB § 203 | |
BGB § 478 a.F. | |
BGB § 478 Abs. 1 Satz 1 a.F. | |
BGB § 633 Abs. 3 | |
BGB § 638 a.F. | |
BGB § 638 Abs. 1 S. 1 letzte Alternative a.F. | |
BGB § 638 Abs. 2 a.F. | |
BGB § 639 Abs. 1 | |
BGB § 768 Abs. 1 | |
VOB/B § 13 Nr. 5 | |
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 | |
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 | |
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 | |
VOB/B § 13 Nr. 5 S. 1 | |
ZPO § 529 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
AGBG § 5 | |
EGBGB Art. 229 § 5 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 |
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 19.12.2006
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler sowie die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 3.11.2005 - 14 O 212/03 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leisten.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 65.069 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagten aus einem Bauvertrag auf Gewährleistung in Anspruch.
Die Klägerin beauftragte mit Vertrag vom 29.5.1995 (GA I Bl. 6 ff.) die beklagte Arbeitsgemeinschaft mit der Errichtung einer Produktionshalle im Industriegebiet in <Ortsbezeichnung>. Die vorläufige Auftragssumme betrug 4,2 Mio. DM. Dem Vertrag liegen "Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführungen von Bauleistungen" zu Grunde (GA I Bl. 13 ff.), die von einem Architekten der Klägerin ausgearbeitet wurden.
Dort heißt es unter Nummer 1.08:
Gewährleistung
1) Die Gewährleistungsfrist beträgt für alle Leistungen fünf Jahre gemäß BGB vom Tage der gebrauchsfähigen Abnahme an.
2) Der Auftragnehmer beseitigt kostenlos alle innerhalb der Gewährleistungsfrist hervortretenden und schriftlich angemeldeten Mängel, die auf vertragswidrige Leistung und versteckte Mängel zurückzuführen sind, einschließlich der Übernahme der hierdurch entstehenden Folgekosten.
Unter Nr. 1.14 haben die Parteien einen Sicherheitseinbehalt von 5% der Schlussabrechnungssumme vereinbart, der vertragsgemäß durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgelöst wurde. Der Sicherungseinbehalt sollte nur dann ausgezahlt werden, wenn sich während der Gewährleistungszeit keine Mängel gezeigt haben.
Die Abnahme erfolgte am 9.7.1996. Mit Schreiben vom 19.1.2001 (GA I Bl. 30) rügte der Architekt der Klägerin eine Rissbildung im Sichtmauerwerk und Brüstungsmauerwerk und forderte die Beklagten mit Fristsetzung zum 2.2.2001 zur Mängelbeseitigung auf. Mit Schreiben vom 31.1.2001 (GA I Bl. 31) lehnten die Beklagten eine Beseitigung der Mängel mit der Begründung ab, dass ein Mangel in der Bauausführung nicht vorliege. Mit Schriftsatz vom 18.2.2002 beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. In diesem Verfahren erstattete der Sachverständige S. am 11.11.2002 ein Gutachten und stellte Mängel fest, deren Mängelbeseitigungskosten er auf insgesamt 65.069 EUR schätzte. Diese Summe bildet den Gegenstand der Leistungsklage.
Mit Schreiben vom 13.2.2002 verlangten die Beklagten durch ihren Prozessbevollmächtigten die Rückgabe des Bürgenscheins.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien gemäß § 633 Abs. 3 BGB zur Zahlung der Mängelbeseitigungskosten verpflichtet, die auch als Vorschuss geltend gemacht werden könnten. Die vereinbarte Verjährungsfrist habe durch die schriftliche Rüge innerhalb der fünfjährigen Gewährleistungsfrist erneut zu laufen begonnen. Zumindest habe die schriftliche Rüge die zweijährige Verjährungsfrist der VOB/B in Lauf gesetzt. Dies folge daraus, dass Nr. 1.08 der Vertragsbedingungen an die in § 13 Nr. 5 S. 1 VOB/B enthaltene Regel angelehnt sei. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass das Ende der Gewährleistungsfrist durch bloße schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung hinausgeschoben würde. Allerdings könne die Klägerin den Nachweis dafür, dass die Klausel mit dem von ihr behaupteten Inhalt verhandelt worden sei, nicht mehr führen. Jedenfalls seien die Beklagten nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf Verjährung zu berufen.
Weiterhin hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des AGBG handele, da die einzelnen Klauseln der Leistungsbeschreibung mit sämtlichen Anbietern besprochen und verhandelt worden seien. Der Auftrag vom 29.5.1995 enthalte unter Ziff. 2 den Hinweis auf Änderungen und Ergänzungen dieser Ausschreibung. Diese Änderungen und Ergänzungen der Ausschreibung seien als Anlage dem Auftrag beigefügt worden. Durch diese Vertragsinhalt gewordenen Änderungen und Ergänzungen sei die von den Architekten vorgelegte Ausschreibung auf Wunsch der Beklagten nach eingehender Diskussion des gesamten Leistungsverzeichnisses und der Allgemeinen Vertragsbedingungen abgeändert worden.
Die Ursache für die Rissbildung ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen S.. Demnach sei davon auszugehen, dass eine vertragswidrige Leistung der Beklagten vorliege.
Die Bürgschaftsforderung sei nicht verjährt, da die Verhandlungen mit der V.-Versicherung nicht abgeschlossen gewesen seien. Hierdurch sei eine Hemmung der Verjährung eingetreten. Dessen ungeachtet könne die gestellte Bürgschaft auch dann einbehalten werden, wenn der Gewährleistungsausschluss verjährt wäre.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 65.069 EUR nebst 8% Zinsen über den Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen;
hilfsweise: festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, den von den Beklagten gestellten Bürgenschein vom 13.2.1997 über 245.909 DM an die Beklagten herauszugeben.
Dem sind die Beklagten entgegengetreten.
Sie haben die Einrede der Verjährung erhoben. Sie haben die Auffassung vertreten, die Verjährung sei nach allgemeinen Regeln zu beurteilen, da in der Klausel nicht geregelt sei, welche Auswirkungen eine Mängelanzeige auf den Verlauf der Verjährungsfrist haben solle. Zu dem Zeitpunkt, als der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens eingereicht worden sei, seien die Ansprüche bereits verjährt gewesen. In der Sache bestehe kein Nachbesserungsanspruch der Klägerin. Die Decke sei unzulässigerweise überlastet worden. Nur deshalb seien in der Konstruktion, auf der die Deckenkonstruktion aufliege, Haarrisse entstanden. Auch die Risse im Mauerwerk seien auf diesen Umstand zurückzuführen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfange weiter. Sie vertieft ihre Rechtsauffassung zur Verjährungsfrage und vertritt die Auffassung, die angesprochene Klausel stelle eine vertraglich vereinbarte Verlängerung der Verjährungsfrist des § 638 BGB a.F. dar. Von der Verjährung sollten Mängel ausgenommen sein, die innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Abnahme auftraten und schriftlich angezeigt wurden. Damit sollte erreicht werden, dass beim Auftreten von Mängeln vor Ablauf der Gewährleistungsfrist kein Zwang entstehe, noch innerhalb der Fünfjahresfrist zu klagen. Insoweit entspreche die Vertragsklausel dem Inhalt der Regelung des § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B. Weiterhin rügt die Berufung, dass das Landgericht keinen Beweis darüber erhoben habe, ob es sich bei den Vertragsbestimmungen in tatsächlicher Hinsicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 5 AGBG handele. Schließlich habe das Gericht nicht geprüft, ob die Erhebung der Verjährungseinrede deshalb rechtsmissbräuchlich sei, weil eine Gewährleistungsbürgschaft vorliege, die nicht verjährt sei. Das Landgericht habe übersehen, dass der Bürge gemäß Schreiben vom 21.2.2005 (GA II Bl. 256) für den Fall auf die Verjährungseinrede verzichtet habe, dass die Hauptforderung und die Bürgschaftsforderung nicht zuvor verjährt seien. Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde durch das Schreiben der V. vom 24.2.2003 nicht das Ende der Verhandlungen über den Bürgschaftsanspruch erklärt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 13.10.2005 - 14 O 212/03 - nach Maßgabe der erstinstanzlichen Anträge zu erkennen (der abweichende Zahlungsantrag der Berufungsbegründung beruht auf einem offenkundigen Schreibversehen).
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung. Auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 15.3.2006 (GA II Bl. 263 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2006 Bezug genommen.
Gründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung weder auf einem Rechtsfehler beruht, noch die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).
A. Zum Hauptantrag:
Der Klägerin steht der geltend gemachte Gewährleistungsanspruch nicht zu, da die Beklagten mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben. Die Gewährleistungsansprüche unterliegen der 5-jährigen Verjährung, die mit der Abnahme der Werkleistung, folglich am 9.7.1996, zu laufen begann. Mithin war am 9.7.2001 Verjährung eingetreten. Denn die Anzeige der Mängel mit Schreiben vom 19.1.2001 führte aus den vom Landgericht dargelegten Gründen keine Unterbrechung der Verjährung herbei.
1. Die materielle Rechtslage beurteilt sich nach dem vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Recht, da das Schuldverhältnis vor dem 1.1.2002 entstand (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Es gibt keine gesetzliche Regelung, die der Anzeige von Mängeln verjährungsunterbrechende Wirkung beimisst. Jedoch stand es den Parteien gem. § 638 Abs. 2 BGB a.F. im Grundsatz frei, die Verjährung vertraglich zu erschweren (zu dem eingeschränkten vertraglichen Gestaltungsspielraum, im Gesetz nicht vorgesehene Unterbrechungstatbestände zu schaffen, vgl. MünchKomm(BGB)/Grothe, 4. Aufl., § 225 Rdnr. 2). Allerdings haben die Vertragsparteien von dieser Gestaltungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht.
2. Zunächst kann die Klägerin die verjährungsunterbrechende Wirkung der Mängelanzeige nicht aus der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B herleiten. Nach dieser Regelung ist der Auftragnehmer verpflichtet, alle während der Verjährungsfristen hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in zwei Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an. Diese Regelung ist im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht anwendbar, weil die VOB/B nicht Vertragsbestandteil wurde.
3. Entgegen der Auffassung der Berufung haben die Parteien in der Vertragsklausel Nr. 1.08 der Mängelanzeige keine verjährungsunterbrechende Wirkung zuerkannt. Bereits die Auslegung der Klausel steht dem von der Klägerin vorgetragenen Rechtsverständnis entgegen, weshalb es dahinstehen kann, ob ein entsprechender Regelungsinhalt einer ABG-rechtlichen Kontrolle standhält.
a) Verträge sind gemäß § 157 BGB so auszulegen wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Hierbei ist nach § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern der mutmaßliche Wille zu erforschen.
b) Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass sich die von der Klägerin vertretene Auffassung von den Rechtswirkungen der Mängelanzeige aus dem Wortlaut der Klausel nicht erschließt. Es findet sich kein Hinweis darauf, dass sich die schriftliche Mängelanzeige verjährungsunterbrechend auswirkt. Ein Bezug zwischen der Mängelanzeige und der Verjährung der Gewährleistungsansprüche wird nicht hergestellt. Hierin unterscheidet sich der Wortlaut der Vertragsbestimmung vom Wortlaut der VOB/B, die seit dem Jahre 1973 in § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B unmissverständlich anordnet, dass der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel vom Zugang des schriftlichen Beseitigungsverlangens an verjährt. Mithin wird dem Unternehmer in einem VOB/B-Vertrag klar vor Augen geführt, dass das Mängelbeseitigungsverlangen seine Rechtsstellung hinsichtlich der Verjährung nachteilig verändert. Diese Funktion wird in der hier zu beurteilenden Vertragsklausel nicht deutlich. Eher darf der unbefangene Adressat den gegenteiligen Eindruck gewinnen: In der Formulierung der Klausel scheint die schriftliche Mängelanzeige die Rechtsstellung des Auftragnehmers zu stärken, da sie in der sprachlichen Fassung als materielle Voraussetzung für die Gewährleistungspflicht formuliert wird. Der Schluss, dass der Auftragnehmer nur dann Gewähr für die innerhalb der Gewährleistungsfrist hervorgetretenen Mängel leisten muss, wenn diese zugleich innerhalb der Frist schriftlich angemeldet wurden, liegt nicht fern.
c) Die fehlende Klarheit im Wortlaut der Vertragsklausel kann nicht mit dem Hinweis überwunden werden, dass eine schriftliche Mängelanzeige nach dem branchenüblichen Rechtsverständnis stets verjährungsunterbrechende Wirkung besitzen muss.
aa) Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer früheren Fassung der VOB/B entsprach, die schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung zumindest in ihrer Wirkung einer die Verjährung unterbrechenden Handlung gleichzusetzen (BGHZ 53, 122, 126; 58, 7, 10; 59, 323, 324; 62, 293; 66, 142, 144). Die Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dem Auftraggeber für die in der damaligen Fassung der VOB/B enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist gewissermaßen einen Ausgleich zu schaffen. Dieser Zweck rechtfertige es - so BGHZ 58, 332, 335 - die verjährungsunterbrechende Wirkung der Beseitigungsaufforderung selbst dann anzuerkennen, wenn die kurze Verjährungsfrist der VOB/B im Einzelfall tatsächlich nicht zur Anwendung gelange.
bb) Gleichwohl verhelfen diese Erwägungen zur Auslegung der VOB/B der Klage nicht zum Erfolg: Es ist nicht ersichtlich, dass diese Rechtsgrundsätze gewissermaßen über die Auslegung der damals zur Entscheidung stehenden Fassung der VOB/B-Klauseln hinaus ein allgemeines Verkehrsverständnis schufen, wonach mit der Anspruchsanmeldung stets eine verjährungsunterbrechende Wirkung einhergehe.
Dagegen spricht zum einen die spätere Rechtsgestaltung der VOB/B. Trotz der klaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sahen die Verkehrskreise bei späteren Fassungen der VOB/B Veranlassung, die verjährungsunterbrechende Funktion des Mängelbeseitigungsverlangens in § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ausdrücklich zu regeln. Dafür hätte kein Anlass bestanden, wenn der Regelungsinhalt mit den Argumenten der Klägerin gewissermaßen Allgemeingut gewesen wäre.
Weiterhin scheitert die Übertragung des in § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B enthaltenen Regelungsinhalts auf die Auslegung des vorliegend zu beurteilenden Vertrages daran, dass die VOB/B die verjährungsunterbrechende Wirkung nicht an die bloße Anzeige der Mängel, sondern an ein konkretes Beseitigungsverlangen knüpft. Dieses geht im Regelfall über die schlichte Mängelanzeige hinaus (Köhler, in: Beck'scher Kommentar zur VOB/B, § 13 Nr. 5 Rndr. 83). Diese Diskrepanz zieht die Stichhaltigkeit des von der Klägerin behaupteten Gleichklangs zwischen dem Regelungsinhalt der VOB/B und dem Regelungsinhalt der vertraglichen Klausel in Zweifel: Selbst wenn der Erklärungsempfänger der Vertragsklausel bei normativer Betrachtung wissen muss, dass nach dem Inhalt der VOB/B ein Mangelbeseitigungsverlangen unter den dort ausdrücklich genannten Voraussetzungen zur Verjährungsunterbrechung führt, bedeutet dies nicht zwingend, dass dieselben - unausgesprochenen - Wirkungen nach dem Vertragsverständnis seines Vertragspartners bereits dann eintreten sollen, wenn der Besteller die Mängel nur anmeldet.
Auch außerhalb der VOB/B ist die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Mängelanzeige nicht nachgewiesen. Vielmehr besitzt die Mängelanzeige nur dort rechtsrelevante Wirkungen, wo das Gesetz diese Rechtswirkungen ausdrücklich anordnet (so § 478, § 639 Abs. 1 BGB a.F.; § 536c BGB). Im Umkehrschluss muss der Verkehr also dort, wo Gesetz und Vertrag schweigen, nicht mit Rechtswirkungen rechnen.
d) Schließlich fordern Sinn und Zweck der Klausel keine verjährungsunterbrechende Funktion:
aa) Mit Recht hat das Landgericht herausgestellt, dass die Schutzfunktion, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung der VOB/B eine Verjährungsunterbrechung verlangt, im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommt. Denn die Parteien haben sich für die gesetzliche Verjährungsfrist von fünf Jahren entschieden. Mithin stellt sich nicht die Notwendigkeit, einer unangemessenen Verkürzung dieser Verjährungsfrist entgegenzuwirken. Auch hier liegt die gegenteilige Schlussfolgerung näher: Folgt man der Rechtsauffassung der Klägerin, so müssten die Beklagten für die innerhalb der ersten fünf Jahre angezeigten Mängel im ungünstigen Fall 10 Jahre lang nach Abnahme der Werkleistung Gewährleistung erbringen. Dies wäre nicht angemessen.
Dem steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung BGHZ 58, 335 die bereits zuvor entwickelte Rechtsprechung zur Auslegung von § 13 Nr. 5 VOB/B in seiner damals geltenden Fassung auch in einem Fall bestätigte, in dem die individualvertraglich vereinbarten Fristen den gesetzlichen Gewährleistungsfristen entsprachen. Denn die Auslegung der VOB/B muss der Tatsache Rechnung tragen, dass die VOB/B eine unter weitgehender Anerkennung der beteiligten Verkehrskreise zustande gekommene, typisierte Regelung enthält, die gewissermaßen als bereitstehendes Regelungsregime allen Branchenzugehörigen zur Verfügung steht. Es widerspräche den Geboten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, die Auslegung dieses Regelwerks nach der individuellen Interessenlage des einzelnen Vertrages auszurichten. Vielmehr ist die einer Verallgemeinerung zugängliche Rechtsfrage nach den Rechtswirkungen eines Beseitigungsverlangens im Rahmen der Auslegung des § 13 Nr. 5 VOB/B unabhängig davon zu beantworten, ob die Schutzwürdigkeit des Bestellers in dem konkreten Einzelfall tatsächlich nachgewiesen ist.
Dieser Blickwinkel ist auf die Auslegung des hier zu untersuchenden Individualvertrages nicht zu übertragen: Es ist nicht ersichtlich, dass die von den Prozessparteien geschaffene Klausel branchenweit Verwendung gefunden hat. Mithin wirkt das Auslegungsergebnis nicht über die Rechtssphäre der Vertragsparteien hinaus, weshalb es nicht gerechtfertigt erscheint, die Individualinteressen der Parteien im Dienste einer nicht nachgewiesenen Breitenwirkung zurücktreten zu lassen. Letztlich hat die Wertung Bestand, dass die Zwecküberlegungen, durch die Auslegung der Klausel einer unangemessenen Verkürzung der Verjährungsfrist entgegenzuwirken, im zur Entscheidung stehenden Fall gerade nicht anzustellen sind.
bb) Ohne Erfolg stützt sich die Berufung auf die Überlegung, dass der Klausel nur auf der Grundlage des klägerischen Rechtsverständnisses ein eigenständiger, sinnvoller Regelungsgehalt beigemessen werden könne. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragene Argumentation, dass es typischerweise dem Wesen jeder schriftlich formulierten Vertragsbestimmung entspreche, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen, da es ansonsten sinnlos sei, den gesetzlichen Regelungsgehalt zu wiederholen, vermag nicht zu überzeugen: Schriftliche Formulierungen zum Vertragsinhalt werden nicht vordringlich von dem Wunsch nach eigenständiger Rechtsetzung, sondern vor allem von dem Willen getragen, alle vertragsrelevanten Aspekte in einer für die Vertragsparteien verständlichen Weise anschaulich zusammenzutragen. Diesem Verständnis entspricht es, mitunter auch den Inhalt des dispositiven Gesetzes in einer Vertragsurkunde zu verkörpern. Letztlich hat sich die Rechtsauffassung der Klägerin von der gesetzesergänzenden Rechtsnatur schriftlicher Vertragsabsprachen auch im vorliegend zu beurteilenden Vertragswerk nicht niedergeschlagen. Das dem Streitgegenstand des Rechtsstreits zugrunde liegende Vertragswerk enthält Bestimmungen, die das dispositive Gesetzesrecht schlicht wiederholen: Nach Klausel 1.07 Abs. 1 trägt der Auftragnehmer die volle Haftung für Schäden, die bei oder infolge der Bauausführung entstehen, insbesondere auch Dritten gegenüber. Diese Vertragsbestimmung enthält erkennbar keinen über das dispositive Gesetzesrecht hinausgehenden Regelungsinhalt. Weiterhin formuliert die Klausel 1.09 Abs. 1 Voraussetzungen der Abnahme, die anerkannten Rechtsgrundsätzen entsprechen. Am gewichtigsten erscheint der Hinweis auf die in Klausel 1.08 Abs. 1 enthaltene Gewährleistungsfrist. Denn die dort geregelte Gewährleistungsfrist von fünf Jahren entspricht der Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S. 1 letzte Alternative BGB a.F.. Ein eigenständiger Regelungsinhalt ist nicht erkennbar.
Überdies erscheint folgende Überlegung geboten: Die Klägerin kann ihre Rechtsposition nicht dadurch stärken, dass sich dem Leser der Klausel der konturlose, diffuse Eindruck aufdrängt, der Mängelanzeige müsse nur irgendeine Rechtswirkung beizumessen sein. Rechtsverbindlich wird die Vorstellung der Vertragspartner vielmehr erst dann, wenn sich das Verständnis der Vertragsparteien auf einen hinreichend definierten Regelungsinhalt konkretisiert. Dieser Schluss kann allein in Anbetracht dessen, dass die verjährungsrelevante Rechtswirkung einer Mängelanzeige nicht zwingend in einer Verjährungsunterbrechung, sondern auch in einer Hemmung der laufenden Verjährungsfrist bestehen mag, nicht gezogen werden.
cc) Schließlich verhilft die Erwägung der Berufung nicht zum Erfolg, die Klausel habe aus Sicht der Klägerin dem Zweck gedient, einen Zwang zur sofortigen Klage zu verhindern, falls sich ein Mangel erst gegen Ende der Gewährleistungsfrist zeige: Eine solche Zweckbestimmung kann die Beklagte nicht binden, da sie im Wortlaut der Klausel keinen Anklang gefunden hat.
B. Zum Hilfsantrag
Auch dem Hilfsantrag ist kein Erfolg beschieden. Die Berufung bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags bestehen keine Bedenken.
2. Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet, da die Klägerin zur Herausgabe des Bürgenscheins verpflichtet ist. Die Klägerin ist nach dem Inhalt der Sicherungsabrede zur Herausgabe des Bürgenscheins verpflichtet, wenn der Sicherungszweck endgültig entfallen ist. Davon ist auszugehen.
a) Zwar weist die Berufung mit Recht darauf hin, dass der Sicherungszweck der Bürgschaft nicht bereits deshalb entfallen ist, weil die zu sichernden Gewährleistungsansprüche ihrerseits verjährt sind. Aus § 639 Abs. 1, 478 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. folgt, dass der Besteller auch nach Verjährung des Gewährleistungsanspruches die Zahlung des Werklohns verweigern darf, wenn er vor Eintritt der Verjährung dem Unternehmer den Mangel angezeigt oder die Anzeige an ihn abgesendet hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile v. 21.1.1993 - VII ZR 127/91, NJW 1993, 1131; VII ZR 221/91, NJW 1991, 1132) ist der Unternehmer, der Sicherheiten geleistet hat, nur in gleicher Weise schützenswert, wie wenn er den Werklohn noch nicht vollständig erhalten hätte. Im Ergebnis steht der Empfänger einer Gewährleistungsbürgschaft wirtschaftlich demjenigen gleich, der einen Sicherheitseinbehalt ausbedungen hat. Daraus folgt, dass der Besteller unter den Voraussetzungen des § 478 BGB a.F. nicht nur die Herausgabe der Sicherheiten verweigern darf, sondern auch zur Verwertung der Sicherheiten berechtigt ist, obwohl die zu sichernden Hauptforderungen der Verjährung unterliegen. Der Umstand, dass diese Rechtsprechung anhand solcher Fälle entwickelt wurde, denen ein VOB/B-Vertrag zugrunde lag, steht der Anwendung der Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall nicht entgegen: Die Rechtsprechung bezweckte geradezu, für den Bereich des VOB-Vertrags einen Gleichklang mit der Regelung des BGB-Werkvertrags zu erzielen.
b) Dennoch hat der weitere Einwand der Beklagten Erfolg. Der Sicherungszweck ist deshalb nicht mehr zu realisieren, weil die Bürgin mit Erfolg die ihr originär - nicht also die gem. § 768 Abs. 1 BGB dem Hauptschuldner - zustehende Einrede der Verjährung erhebt.
aa) Auch die Bürgenschuld unterliegt der Verjährung. Die Bürgschaft wurde vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes begeben. Demnach beurteilt sich die Rechtslage gem. Art. 229 § 5 EGBGB zunächst nach dem vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform geltenden, alten Recht. Vor Inkrafttreten der Reform unterlag der Bürgschaftsanspruch der 30-jährigen Regelverjährung (Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 195 Rdnr. 3), die gem. § 198 BGB mit der Fälligkeit des Anspruchs, d.h. zu dem Zeitpunkt begann, sobald der Anspruch klageweise geltend gemacht werden konnte. Dieser Zeitpunkt fällt mit dem Entstehen des zu sichernden Hauptanspruchs zusammen. Verpflichtet sich der Bürge wie im vorliegenden Fall dazu, über einen bestimmten Zeitraum Gewähr zu leisten, ist die Verjährung des Bürgenanspruchs in Bezug auf die einzelnen Gewährleistungsansprüche differenziert zu betrachten. Allerdings kommt dieser Differenzierung im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Alle streitgegenständlichen Mängel waren spätestens am 19.1.2001 - dem Zeitpunkt der Mängelanzeige - aufgetreten. Mithin begann auch die dreißigjährige Verjährungsfrist in diesem Zeitpunkt zu laufen.
bb) Da die Verjährungsfrist am 1.1.2002 noch nicht abgelaufen war, unterlag der Bürgenanspruch gem. Artikel 229 § 6 Abs. 4 EGBGB ab dem 1.1.2002 nunmehr der dreijährigen Regelverjährung (§ 195 BGB). Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB kann die Verjährung ab dem 1.1.2002 gem. § 203 BGB durch Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt worden sein. Nach allgemeinen Grundsätzen obliegt dem Gläubiger, hier also der Klägerin, die Darlegungslast für die Hemmungstatbestände. Dem Berufungsvortrag ist zu entnehmen, dass die Ansprüche gegenüber der Bürgin mit Schreiben vom 3.12.2002 (GA II Bl. 258) geltend gemacht wurden. Dies ist erkennbar der früheste Zeitpunkt für den Beginn der Verhandlungen. Ob das Schreiben vom 24.2.2003 (GA I Bl. 194) mit der Argumentation des Landgerichts tatsächlich bereits die hinreichend bestimmte Verweigerung enthielt, die Verhandlungen fortzusetzen, kann im Ergebnis dahinstehen. In dem Schreiben brachte die Bürgin zumindest deutlich zum Ausdruck, dass sie nicht gewillt war, Zahlungen an die Klägerin zu leisten. Die konziliante Ankündigung, auf der Grundlage künftiger Erkenntnisse erneut in eine Prüfung eintreten zu wollen, ist nicht gleichbedeutend mit der Absicht, die Verhandlungen fortsetzen zu wollen. In einer solchen Situation hätte die Klägerin zeitnah reagieren müssen, um die Hemmungswirkung des § 203 BGB fortzusetzen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 203 Rdnr. 4). Dies hat die Klägerin offensichtlich nicht getan, weshalb die Verjährung spätestens vier Wochen später wieder zu laufen begann. Da weitere Hemmungstatbestände gegenüber der Bürgin nicht ersichtlich sind, ist die Verjährung zwischenzeitlich eingetreten.
cc) Schließlich verstößt die Erhebung der Verjährungseinrede entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gegen Treu und Glauben. Aus dem Schreiben vom 21.2.2005 (GA II Bl. 256) kann die Klägerin nichts herleiten, weil der dort erklärte Verjährungsverzicht ausdrücklich unter der Prämisse erklärt wurde, dass die zu sichernden Gewährleistungsansprüche ihrerseits nicht verjährt sind. Gerade das ist nachgewiesen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Eine Erhöhung des Streitwerts mit Blick auf den Hilfsantrag kommt nicht in Betracht, da Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die von der Berufung aufgeworfene Rechtsfrage zur richtigen Auslegung der Vertragsklausel wirkt nicht über den zur Entscheidung stehenden Einzelfall hinaus.
Ende der Entscheidung
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