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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: 5 U 581/06
Rechtsgebiete: BGB, VVG, öVVG


Vorschriften:

BGB § 119
BGB § 138
BGB § 142
BGB § 1922
BGB § 1924
BGB § 1931
BGB § 1933
BGB § 2087 Abs. 2
BGB § 2089
BGB § 2094 Abs. 1
BGB § 2158
VVG § 1 Abs. 1 S. 2
VVG § 133 Abs. 1
VVG § 167
VVG § 167 Abs. 1
VVG § 167 Abs. 1 1. HS
VVG § 167 Abs. 1 S. 1 1. HS
VVG § 167 Abs. 1 S. 1 2. HS
VVG § 167 Abs. 1 2. HS
VVG § 168
öVVG § 133
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

5 U 581/06

verkündet am 7.2.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 17.1.2007 unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Groß und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Knerr

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerinnen zu 2. und 3. gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14.9.2006, 14 O 476/05, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerinnen zu 2. und 3. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten des Streithelfers, zu je 1/2.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen zu 2. und 3. dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 127.822,98 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Ehemann der Klägerin zu 1. und Vater der Klägerinnen zu 2. (geb. am 16.9.1994) und 3. (geb. am 2.10.1998) (im Folgenden: der Versicherungsnehmer) hatte bei der Beklagten unter der Versicherungsschein-Nr. AAAAA eine Risikolebensversicherung unter Einschluss der der besonderen Hinweise zum Vertrag und der Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung über eine Versicherungssumme im Todesfall in Höhe von 500.000 DM abgeschlossen. Als Begünstigte war im Versicherungsvertrag vom 3.2.2001 die Klägerin zu 1. benannt (Bl. 36/37 d.A.). Der Versicherungsnehmer trennte sich im November 2002 von der Klägerin zu 1. und wandte sich einer neuen Lebenspartnerin zu. Scheidungsantrag wurde von ihm im April 2004 gestellt (Bl. 41 d.A.). Mit Schreiben vom 25.10.2004, bei der Beklagten eingegangen am 28.10.2004, teilte der Versicherungsnehmer der Beklagten mit, dass ab sofort Begünstigte des Risikolebensversicherungsvertrages bei seinem Ableben Ax. S. (Bruder des Versicherungsnehmers) und D. R. (Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers) zu gleichen Teilen sein sollen (Bl. 106 d.A.). Mit Schreiben vom 3.11.2004 bestätigte die Beklagte die Änderung des Bezugsrechtes (Bl. 107 d.A.).

Der Versicherungsnehmer und seine Lebensgefährtin kamen am 26.12.2004 bei der Tsunami- Katastrophe in Thailand ums Leben.

Die Beklagte zahlte die Versicherungssumme an den Bruder des Versicherungsnehmers, den Streithelfer, aus und wies die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 21.1.2005 darauf hin, dass im Hinblick auf die Änderung des Bezugsrechtes kein Anspruch auf Versicherungsleistungen bestehe.

Die Klägerinnen haben die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren auf Auszahlung der Versicherungsleistung in Anspruch genommen, und zwar auf Zahlung der gesamten Versicherungssumme in Höhe von 255.645,94 € an die Klägerin zu 1. (Klageantrag zu 1.), hilfsweise auf Zahlung von je 127.822,97 € an die Klägerinnen zu 2. und 3. (Klageantrag zu 2.), weiter hilfsweise von je 63.911,49 € an die Klägerinnen zu 2. und 3. (Klageantrag zu 3.), jeweils nebst Zinsen. Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Änderung des Bezugsrechtes unwirksam sei, weil der Klägerin zu 1., wie die Auslegung des Versicherungsvertrages ergebe, ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei (Absicherung des für den Erwerb des Eigenheims notwendigen Darlehens), hierin ein Verstoß gegen § 138 BGB liege und im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 142, 119 BGB gegeben seien. Hilfsweise sei der Klageantrag zu 2. gemäß §§ 1 Abs. 1 S. 2VVG, 1922, 1924, 1931, 1933 BGB begründet, weil das an die Bezugsberechtigten Ax. S. und D. R. gerichtete Schenkungsangebot vor Annahme widerrufen worden sei, und zwar bereits mit Schreiben vom 12.1.2005. Hilfsweise stünden den Klägerinnen zu 2. und 3. Ansprüche auf Versicherungsleistungen gemäß dem Klageantrag zu 3. zu, weil eine Anwachsung des von der verstorbenen Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers nicht erworbenen Anteils durch den Streithelfer ausscheide; § 167 Abs. 1 2. HS VVG finde keine Anwendung mit der Folge, dass der nicht erworbene Anteil in den Nachlass gefallen sei.

Die Klägerinnen haben beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. 255.645,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen,

2.

hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 2. und 3. jeweils 127.822,97 EUR zu Händen der Klägerin zu 1. nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen,

3.

hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit der Anträge zu 1. und 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 2. und 3. jeweils 63.911,49 EUR zu Händen der Klägerin zu 1. nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Änderung des Bezugsrechtes insgesamt wirksam habe erfolgen können, weil der Klägerin nach dem gesetzlichen Leitbild und der vertraglichen Konzeption kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei und im Übrigen die Voraussetzungen des § 138 BGB bzw. der §§ 142, 119 BGB nicht vorlägen. Auch könnten die Klägerinnen zu 2. und 3. aus einem vermeintlichen Widerruf der Schenkung, für die ohnehin keine Anhaltspunkte vorlägen, im Verhältnis zur Beklagten nichts für sich herleiten. Letztlich scheitere ein Anspruch der Klägerinnen zu 2. und 3. auch daran, dass der von der Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers nicht erworbene Anteil nicht in den Nachlass gefallen, sondern dem Streithelfer als dem weiteren Bezugsberechtigten zugewachsen sei. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus § 167 Abs. 1 2. HS VVG, der von seinem Anwendungsbereich her nicht auf § 167 Abs. 1 1. HS VVG beschränkt sei. Letztere Vorschrift enthalte lediglich eine Auslegungsregel und führe nicht dazu, dass im Falle der Bestimmung gleicher Anteile eine Anwachsung ausscheide. Seien mehrere Bezugsberechtigte zu gleichen Teilen bestimmt, wachse der Anteil des weggefallenen Bezugsberechtigten den verbleibenden zu.

Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen zu 2. und 3. Berufung eingelegt, mit der sie den Klageantrag zu 3. weiterverfolgen. Sie vertreten die Auffassung, dass eine Anwachsung nicht in Betracht komme. Soweit § 167 Abs. 1 1. HS VVG ausdrücklich nur den Fall regele, dass eine Bezugsberechtigung mehrerer Personen zu gleichen Teilen nur dann in Betracht komme, wenn eine Bestimmung ihrer Anteile nicht erfolgt sei, komme auch § 167 Abs. 1 2.HS VVG und damit eine Anwachsung auch nur in diesem Fall zur Anwendung. § 167 Abs. 1 2. HS VVG beinhalte keine eigenständige Regelung, so dass die Vorschrift dann, wenn der Versicherungsnehmer eine Bestimmung der Anteile vorgenommen habe, nicht eingreife. Die gegenteilige Auffassung führe dazu, dass die Regelung des § 168 VVG leer laufe. Dessen Bedeutung habe das Landgericht, das im Übrigen eine willkürliche- Reduktion der Anwendung des § 167 Abs. 1 2. HS VVG auf die Bestimmung gleicher Anteile vornehme, verkannt.

Die Klägerinnen zu 2. und 3. beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 14.9.2006, 14 O 476/05, die Beklagte zu verurteilen, an sie jeweils 63.911,49 € zu Händen der Klägerin zu 1. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Beklagte und der Streithelfer verweist zudem darauf, dass der Klageantrag zu 3. bereits unzulässig sei, weil eine eventuelle subjektive Klagehäufung vorliege.

II.

1.

Die Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg. Denn ihre Klage ist, soweit sie den Gegenstand des Berufungsrechtsstreits bildet, bereits unzulässig.

Die Fassung der Klageanträge sowie deren Begründung lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Zahlung an die Klägerinnen zu 2. und 3. (Klageantrag zu 2. und 3.) nur für den Fall begehrt wird, dass das mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte Begehren, nämlich Zahlung eines Betrages in Höhe von 255.645,94 EUR nebst Zinsen an die Klägerin zu 1., keinen Erfolg hat. Dies hat zur Folge, dass ein Prozessrechtverhältnis zwischen den Klägerinnen zu 2. und 3. und der Beklagten nicht begründet worden ist.

Bereits dem Wortlaut des Klageantrages zu 2. ("hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit des Antrags zu 1.") und 3. ("hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit der Anträge zu 1. und 2.") lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass nur für den Fall der Erfolglosigkeit der von der Klägerin zu 1. unbedingt erhobenen Klage Ansprüche der Klägerinnen zu 2. und 3. erhoben werden sollen. Aber auch die Klagebegründung lässt keinen Spielraum für eine andere Auslegung des mit der Klage bzw. den einzelnen Klageanträgen verfolgten Ziels zu. Denn die Klägerinnen haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass lediglich hilfsweise Ansprüche der Klägerinnen zu 2. und 3. auf Auszahlung der Versicherungsleistung geltend gemacht werden (S. 10 der Klageschrift, Bl. 32 d.A.). Eine Deutung dahingehend, dass mit dem Klageantrag zu 2. und 3. eine Zahlung an die Klägerin zu 1. - ungeachtet der materiellen Begründetheit einer solchen Klage - verlangt wird, ist im Hinblick auf die Eindeutigkeit des Vorbringens nicht möglich.

Hieraus folgt, dass eine unbedingte Klage der Klägerinnen zu 2. und 3. nicht erhoben worden ist. Es treten mit den drei Klägerinnen verschiedene Parteien auf, auch wenn die Klägerinnen zu 2. und 3., da sie minderjährig sind, von der Klägerin zu 1. vertreten werden. Eine solche subjektive Klagehäufung kann nicht bedingt erfolgen, auch nicht unter der - prozessualen- Bedingung, dass der Anspruch der in erster Linie angeführten Partei für unbegründet befunden wird. Denn es geht dabei nicht, wie bei gewöhnlichen Hilfsanträgen, darum, ob demselben Kläger der eine oder der andere Anspruch zuzubilligen ist. Vielmehr geht es um die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses mit weiteren Parteien, die, schon wegen der Möglichkeit unterschiedlicher Beurteilung in den einzelnen Instanzen, aus Gründen der Rechtsklarheit nicht bis zum Ende des Rechtsstreits in der Schwebe bleiben und deshalb nicht an eine Bedingung geknüpft sein darf.

Ein solchermaßen bedingt erklärter Parteibeitritt ist unzulässig. Prozesshandlungen, mit denen ein Verfahren erst eröffnet werden soll, vertragen keine Bedingung. Die Rechtsfolge einer unzulässigen Bedingung führt zur Unzulässigkeit der Prozesshandlung. Deshalb sind die geltend gemachten Hilfsansprüche abzuweisen, unabhängig davon, ob die mit dem Hauptantrag verfolgte Klage der in erster Linie angeführten Partei Erfolg hat oder nicht (h. M., vgl. BGH, Urt. v. 25.9.1972, II ZR 28/69, WM 1972, 1315; BGH, Urt. v. 17.10.1973, IV ZR 68/73, VersR 1974, 194; BAG, Urt. v. 31.3.1993, 2 AZR 467/92, NJW 1994, 1084, m.z.w.N.; Baumbach/ Lauterbach/ Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 59, Rdnr. 3; Hüßtege in: Thomas/Putzo, 27. Aufl., § 60, Rdnr. 5, 7; Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 253, Rdnr. 1; Zöller-Vollkommer, aaO, § 60, Rdnr. 10, m.w.N.; ders. § 33, Rdnr. 27 zur Unzulässigkeit der Hilfswiderklage gegen einen Dritten aus den genannten Erwägungen).

Die Unzulässigkeit der Klageerhebung kann im Berufungsrechtszug nicht mehr geheilt werden. Mangels Bestehens eines Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Klägerinnen zu 2. und 3. und der Beklagten kann der Abweisung der Klage weder durch eine Prozesstrennung (§ 145 ZPO) noch durch eine Umstellung des Klageantrages zu 3., der allein den Gegenstand des Berufungsrechtszuges bildet, begegnet werden.

2.

Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet. Denn den Klägerinnen zu 2. und 3. steht der mit dem Klageantrag zu 3. verfolgte Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

Denn der der Bezugsberechtigten D. R. zugedachte Anteil ist dem weiteren Bezugsberechtigten, dem Streithelfer, zugewachsen (§ 167 Abs. 1 2. HS VVG) und nicht den Nachlass des Versicherungsnehmers gefallen ist (§168 VVG).

a.

Dass der der Bezugsberechtigten D. R. zugedachte Anteil überhaupt dem weiteren Bezugsberechtigten zuwachsen bzw. in den Nachlass des Versicherungsnehmers fallen kann, ist darin begründet, dass die Begünstigte als widerruflich eingesetzte Bezugsberechtigte das Recht auf die Leistung aus der Kapitallebensversicherung nicht erworben hat. Denn es ist, da der genaue Todeszeitpunkt nicht mehr ermittelbar ist, davon auszugehen, dass der Versicherungsnehmer und seine Lebensgefährtin gleichzeitig verstorben sind (§ 11 VerschG). In einem solchen Fall ist ein Erwerb von Rechten aus der Kapitallebensversicherung durch den widerruflich eingesetzten Bezugsberechtigten jedoch ausgeschlossen, was zur Folge hat, dass dessen Anteil auch nicht in seinen Nachlass fällt (vgl. Schwintowski in Berliner Kommentar zum VVG, 1998, § 168, Rdnr. 5).

b.

§ 167 Abs. 1 S. 1 1.HS VVG bestimmt, dass mehrere Personen, die in einer Kapitallebensversicherung ohne Bestimmung ihrer Anteile als Bezugsberechtigte bezeichnet sind, zu gleichen Teilen bezugsberechtigt sind. § 167 Abs. 1 S. 1 2. HS VVG bestimmt, dass der von einem Bezugsberechtigten nicht erworbene Anteil den übrigen Bezugsberechtigten zuwächst.

Die Parteien streiten darum, ob in dem Fall, in dem der Versicherungsnehmer zwei oder mehrere Bezugsberechtigte "zu gleichen Teilen" benannt hat, die Anwachsungsregel des § 167 Abs. 1 S. 1. 2. HS VVG eingreift.

Die Klägerinnen meinen, § 167 Abs. 1 2. HS VVG beziehe sich nur auf § 167 Abs. 1 Satz 1 1. HS VVG und finde deshalb dann keine Anwendung, wenn der Versicherungsnehmer eine ausdrückliche Bestimmung hinsichtlich der Anteile getroffen habe. Um eine ausdrückliche Bestimmung handele es sich, wenn der Versicherungsnehmer Bezugsberechtigte "zu gleichen Teilen" benannt habe. Eine Bezugsberechtigung zu "gleichen Teilen" sei eben keine Begünstigung "ohne Bestimmung der Anteile". Ein allgemeiner Rechtsgedanke, dass bei einer Begünstigung zu gleichen Teilen eine Anwachsung erfolgen müsse, wenn der Bezugsberechtigte seinen Anteil nicht erwerbe, sei nicht zwingend. Die Schaffung einer insoweit eigenständigen Regelung ergebe sich insbesondere nicht aus der sprachlichen Fassung des § 167 Abs. 1 VVG, weil der Gesetzgeber, wenn er dies gewollt hätte, einen klarstellenden eigenen Satz oder Absatz hätte schaffen können. Von daher falle der von dem Bezugsberechtigten nicht erworbene Anteil dem Versicherungsnehmer bzw. dessen Nachlass zu (§ 168 VVG).

Die Beklagte und der Streithelfer hingegen vertreten die Auffassung, dass § 167 Abs. 1 2. HS VVG auch dann Anwendung finde, wenn der Versicherungsnehmer mehrere Personen zu gleichen Teilen begünstigt habe. Eine Auslegung der in § 167 Abs. 1 VVG und § 168 VVG getroffenen Regelungen rechtfertigten die Annahme, dass auch in diesem Fall eine Anwachsung stattfinde. Dies entspreche jedenfalls dem hypothetischen Willen des Versicherungsnehmers, der sowohl in dem Fall, dass eine Bestimmung der Anteile nicht stattgefunden habe als auch in dem Fall, dass eine Bestimmung der Anteile zu gleichen Teilen erfolgt sei, der selbe sei.

Die von der Beklagten und dem Streithelfer vertretene Auffassung ist vorzugswürdig.

Zum einen sprechen die Gesetzesmaterialien für ein Verständnis der Vorschrift des § 167 Abs. 1 VVG in dem Sinn, dass eine Anwachsung auch dann stattfindet, wenn der Versicherungsnehmer Bezugsberechtigte bestimmt und eine Begünstigung zu gleichen Teilen angeordnet hat.

§ 167 Abs. 1 VVG ist durch Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 (RGBl I 2443) aus dem österreichischen VVG -hier aus § 133 Abs. 1 VVG des alten österreichischen VVG vom 23.12.1917- übernommen worden, wobei lediglich statt des Wortes "Begünstigte" das Wort "Bezugsberechtigte" verwendet wurde. Die amtliche Begründung hierzu lautet:

"Die Verordnung übernimmt zur Vermeidung von Zweifeln aus dem österreichischen Recht (§ 133 Abs. 1 öVVG) die Vermutung, dass bei einer Kapitalversicherung mehrere als bezugsberechtigt bezeichnete Personen zu gleichen Teilen bezugsberechtigt sind."

Weiter heißt es:

" Ferner ist in Abänderung des in § 168 enthaltenen Grundsatzes bestimmt, dass bei Nichterwerb des bezugsberechtigten Dritten das Recht auf Leistung dann nicht dem VN zusteht, wenn mehrere Bezugsberechtigte vorhanden sind und einer oder mehrere von ihnen ihren Anteil nicht erwerben. In diesem Falle tritt Anwachsung zugunsten der verbleibenden Bezugsberechtigten ein. Auch diese Vorschrift ist aus dem österreichischen Recht entnommen."

Dies spricht dafür, dass § 167 Abs. 1 2. HS VVG immer dann zur Anwendung gelangt bzw. gelangen soll, wenn ein Bezugsberechtigter seinen Anteil nicht erwirbt, unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer eine Begünstigung zu gleichen Teilen angeordnet hat oder die Vermutung des § 167 Abs. 1 1. HS VVG eingreift.

Aufschluss gibt insoweit auch die Auslegung des § 133 öVVG. Diese lehnt sich an Bestimmungen des österreichischen AGBG an, nämlich an § 560 und 689. Beides sind Bestimmungen aus dem Erbrecht, die vorsehen, dass dann, wenn alle Erben ohne Bestimmung der Teile oder in dem allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Teilung zur Erbschaft berufen werden, bzw. wenn das Vermächtnis mehreren Personen ungeteilt oder ausdrücklich zu gleichen Teilen zugedacht ist, und einer der Bedachten von seinem Erbrecht keinen Gebrauch macht bzw. den Anteil nicht erhält, dessen Anteil den übrigen zuwächst.

Die Orientierung des § 133 öVVG an den Bestimmungen des Erbrechts lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber, der diese Vorschrift in § 167 VVG adaptiert hat, die Regelung so verstanden wissen wollte, dass dann, wenn bei einer Kapitallebensversicherung mehrere Personen als Bezugsberechtigte bezeichnet sind, ohne dass dabei ihre Anteile bestimmt werden, sie zu gleichen Teilen bezugsberechtigt sind, bzw. immer dann, wenn mehrere Personen zu gleichen Teilen bezugsberechtigt sind -gleichgültig, ob auf Grund gesetzlicher Auslegungsregel oder auf Grund ausdrücklicher Bestimmung "zu gleichen Teilen" durch den Versicherungsnehmer - Anwachsung stattfindet, wenn ein Bezugsberechtigter seinen Anteil nicht erwirbt (vgl. hierzu weitergehend Frels, VersR 1968, 524 ff).

Ob dies auch dann gilt, wenn der Versicherungsnehmer mehrere Bezugsberechtigte mit verschieden hohen Anteilen begünstigt hat, weil dahinter die Motivation bzw. der erklärte Wille des Versicherungsnehmers stehen kann, tatsächlich eine Beschränkung auf die zugedachten Anteile vorzunehmen, wofür dann allerdings besondere Anhaltspunkte vorliegen müssen, kann dahinstehen (vgl. Frels, aaO). Eine solche Fallkonstellation liegt offensichtlich nicht vor.

In Fortführung dieses Rechtsgedankens sprechen auch Regelungen im deutschen Erbrecht dafür, eine Anwachsung dann anzunehmen, wenn ein Bezugsberechtigter, der neben anderen zu gleichen Teilen begünstigt ist, seinen Anteil nicht erwirbt.

So bestimmt § 2094 Abs. 1 BGB , dass dann, wenn mehrere Erben in der Weise eingesetzt sind, dass sie die gesetzliche Erbfolge ausschließen, und einer der Erben vor oder nach dem Eintritt des Erbfalles wegfällt, dessen Erbteil den übrigen Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile anwächst. Denn nach dem erklärten Willen des Erblassers sollen die eingesetzten Erben die alleinigen Erben sein - sei es, dass ihre Erbteile den Nachlass ausschöpfen, dass ein Fall des § 2089 BGB vorliegt oder dass bei Zuwendung einzelner Nachlassgegenstände an mehrere Erben diese den gesamten Nachlass ausmachen und die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB nicht durchgreift- , so dass - sofern nicht der Erblasser etwas anderes gewollt hat (vgl. § 2094 Abs. 3 BGB) -vermutet wird, dass bei Wegfall eines Eingesetzten die übrigen Testamentserben den frei werdenden Anteil erhalten sollen und nicht die gesetzlichen Erben (vgl. Palandt- Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2094, Rdnr. 1).

Ebenso bestimmt § 2158 BGB, dass dann, wenn mehreren derselbe Gegenstand vermacht ist und einer von ihnen vor oder nach dem Erbfall wegfällt, dessen Anteil den übrigen Bedachten nach dem Verhältnis ihrer Anteile anwächst, und zwar auch dann, wenn der Erblasser die Anteile der Bedachten bestimmt hat.

Die Interessenlage unterscheidet sich, entgegen der von Frels (aaO) vertretenen Auffassung, nicht wesentlich von der Benennung mehrerer Bezugsberechtigter in der Kapitalversicherung. Denn in dem einen wie dem anderen Fall will der Erblasser bzw. Versicherungsnehmer, dass nur die von ihm benannten Begünstigten unter Ausschluss der Erben berechtigt sein sollen, sofern nicht ein anderer erklärter Wille erkennbar ist.

Die Vorschrift des § 168 VVG wird hierdurch auch nicht obsolet. Denn immer dann, wenn der Erblasser/ Versicherungsnehmer nur einen Bezugsberechtigte benannt hat, der den Anteil nicht erwirbt, oder mehrerer Bezugsberechtigte benannt hat, die alle ihren Anteil nicht erwerben, greift die Regelung des § 168 VVG ein und steht der nicht erworbene Anteil dem Versicherungsnehmer zu bzw. fällt dieser in seinen Nachlass (vgl. hierzu auch Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 168, Rdnr. 3). Erwirbt hingegen von mehreren nur einer nicht, wächst dessen Anteil den übrigen zu (Römer, aaO).

3.

Von daher hat die Berufung der Klägerinnen zu 2. und 3. insgesamt keinen Erfolg und ist diese mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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