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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.04.2005
Aktenzeichen: 5 U 842/01
Rechtsgebiete: BGB, VVG, BUZ-BB


Vorschriften:

BGB § 1273
BGB § 1279
BGB § 1282 Abs. 1
BGB § 1228 Abs. 2
VVG § 74 Abs. 1
VVG § 75 Abs. 2
BUZ-BB § 4 Nr. 3
1. Ist erstinstanzlich festgestellt, dass ein Versicherter einen Herzinfarkt erlitten hat, stellt sich aber im Rahmen der zweitinstanzlichen Prüfung der Auswirkungen auf den Grad der Berufsunfähigkeit heraus, dass das nicht der Fall ist, darf die erneute Feststellung nicht künstlich auf das medizinische Gewicht der Koronar-Erkrankung und das Maß der dadurch bewirkten Behinderung der Berufsunfähigkeit beschränkt werden.

2. Zu dem "Beruf" eines Selbständigen gehört, seinen Tagesablauf so organisieren zu können, dass eine "autonome somatoforme Funktionsstörung" bewirkende "Stressoren" vermieden werden.


SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

5 U 842/01

verkündet am 13.4.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Fries sowie der Richterin am Landgericht Jung

auf die mündliche Verhandlung vom 2.3.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22.10.2001 - 12 O 26/99 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 163.613,33 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der C. GmbH (Gesellschaftsvertrag vom 9.10.1981, Bl. 235ff.) (im Folgenden: GmbH), die Komplementärin der mit Wirkung vom 30.4.1997 aufgelösten (Gesellschafterbeschluss vom 7.5.1997, Bl. 266) C. GmbH & Co KG (im Folgenden: KG) war. Die KG betrieb ein Unternehmen des Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagenbaus. Der Kläger macht Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu einer Lebensversicherung geltend, die die KG als Versicherungsnehmerin zur Rückdeckung einer dem Kläger als Versichertem erteilten Pensionszusage der GmbH (Pensionsvertrag vom 6.1.1984, Bl. 139ff.) abgeschlossen hatte. Zu diesen Versicherungen liegen lediglich eine "Vario Dynamik Police" vom 3.10.1990 (Bl. 234) mit Nachträgen 1 und 2 (Bl. 116, 117) sowie ein früherer Versicherungsschein vom 25.12.1985 (Bl. 246) vor. Versicherungsbeginn ist der 1.1.1984 gewesen, die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung endete mit dem 31.12.2004. Die Parteien legen ihrem Streit übereinstimmend "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung" (Bl. 18 Rs., 19) (im Folgenden: BUZ-BB) zugrunde. Die BUZ-BB bestimmen unter anderem:

§ 1 Nr.1

"Wird der Versicherte während der Versicherungsdauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 % berufsunfähig, so erbringen wir folgende Versicherungsleistungen:

a) volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung ...

b) Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, wenn diese mitversichert ist ...

§ 2 Nr.1

Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

Die "Vario Dynamik Police" sieht eine Berufsunfähigkeitsrente von 5000 DM monatlich vor.

Unter dem 17.12.1986 verpfändete die durch die GmbH (und diese durch den Kläger) vertretene KG die Ansprüche "aus der Rückdeckungsversicherung" an den Kläger zur Sicherung der im Pensionsvertrag bezeichneten Versorgungsansprüche.

Im Mai 1997 wurde das von der KG betriebene Unternehmen an zwei bisherige Angestellte, die Zeugen Co. und W., die zugleich zu Liquidatoren der KG bestellt wurden, veräußert. Das Schicksal des Versicherungsvertrages wurde dabei nicht näher geregelt. Der Zeuge Co. hat erklärt (Bl. 316), dass dem Kläger sämtliche Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zustehen und ihm gegenüber erfüllt werden können. Der Zeuge W. hat erklärt (Bl. 319), im Rahmen der Unternehmensveräußerung sei er davon ausgegangen, dass alles, was der Kläger (in Bezug auf die Pensionszusage und die Versicherung) gehabt habe, von ihm mitgenommen werden solle, die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung daher seine, des Klägers, Sache sei.

Der Kläger, der den Beruf eines Kachelofenheizungsbaumeisters erlernt hat, leitete das Unternehmen der KG bis zu dessen Veräußerung. Nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen zog er sich aus dem Unternehmen mehr und mehr zurück und siedelte nach Ungarn über. Unter dem 2.7.1997 zeigte er der Beklagten an, berufsunfähig zu sein.

Der Kläger hat - gestützt auf ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Z. vom 16.4.1998, das eine Herzerkrankung nach transmuralem Posterolateralinfarkt feststellt und eine Herabsetzung der Berufsfähigkeit "um 30 %" annimmt - behauptet, er leide an einer Erkrankung des Herzens nach einem Infarkt. Seine berufliche Tätigkeit, die mit sehr stressbehafteten Belastungen in Aquisition, Ausschreibung, Kalkulation, Werkentwürfen, der Beaufsichtigung der Fertigung und der Baustellen und der Verhandlungen mit Kunden bestanden habe, könne er wegen seines koronaren Leidens überhaupt nicht mehr fortführen und auch nicht umorganisieren.

Die Beklagte hat bezweifelt, dass der Kläger Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend machen dürfe und bestritten, dass der Kläger an einer Krankheit leide, die seine Berufsfähigkeit den Bedingungen entsprechend beeinträchtige.

Das Landgericht hat der Klage nach Anhörung des Klägers und der Zeugen F., des Steuerberaters der KG, und Co. durch Urteil vom 22.10.2001 (12 O 26/99), zugestellt am 2.11.2001, im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt,

an den Kläger 105.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4.2.1999 zu zahlen,

an den Kläger 150.000 DM nebst 4 % Zinsen

aus 15.000 DM vom 1.4. bis 30.6.1999

aus 30.000 DM vom 1.7. bis 30.9.1999

aus 45.000 DM vom 1.10. bis 31.12.1999

aus 60.000 DM vom 1.1. bis 31.3.2000

aus 75.000 DM vom 1.4. bis 30.6.2000

aus 90.000 DM vom 1.7. bis 30.9.2000

aus 105.000 DM vom 1.10. bis 31.12.2000

aus 120.000 DM; vom 1.1. bis 31.3.2001

aus 135.000 DM vom 1.4. bis 30.6.2001 und

aus 150.000 DM seit dem 1.7.2001

zu zahlen,

beginnend mit dem 1.10.2001 bis 31.12.2004 quartalsmäßig im Voraus eine Rente in Höhe von 15.000 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen ab dem 1. eines Quartals für den jeweils für dieses Quartal zu zahlenden Betrag,

und im übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es - unter anderem - ausgeführt, der Kläger könne die konkrete berufliche Tätigkeit, die er zuletzt in gesunden Tagen wahrgenommen habe, nicht fortführen, weil er an einer Herzerkrankung nach einem Infarkt leide, die es medizinisch geboten erscheinen lasse, Termindruck und Stress zu vermeiden; solche Belastungen seien für den Kläger aber unumgänglich.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 3.12.2001 eingelegten und nach Verlängerung am 4.2.2002 fristgemäß begründeten Berufung. Sie rügt, die angefochtene Entscheidung habe nicht ohne nähere Feststellungen zur tatsächlichen Arbeitsbelastung des Klägers und ohne Anhörung des Sachverständigen von dessen Einschätzung des Grades der Berufsunfähigkeit abweichen dürfen. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und meint - unter anderem - , von einer koronaren Erkrankung des Klägers nach einem Herzinfarkt sei in der Berufungsinstanz auszugehen.

Der Senat hat den Kläger erneut angehört, die Zeugen W. und Co. vernommen und Gutachten der Sachverständigen Dr. He. und Dr. Bi. eingeholt und die Sachverständigen angehört.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente zu.

A.

Der Kläger ist allerdings - wie die angefochtene Entscheidung im Ergebnis richtig angenommen hat - befugt, einen Anspruch auf Leistungen aus der von der KG als Versicherungsnehmerin abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gerichtlich geltend zu machen.

Die "Vario Dynamik Police" verbrieft eine seit 1984 bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung, die als so genannte Rückdeckungsversicherung von der KG als Versicherungsnehmerin zur Absicherung von Versorgungsansprüchen des Klägers abgeschlossen worden ist. Sinn einer solchen Rückdeckungsversicherung ist es, dem Versicherungsnehmer - der KG - bei Eintritt der Fälligkeit der Pensionsverpflichtung die erforderliche Liquidität zu deren Erfüllung zu verschaffen; zur Sicherung des Versorgungsberechtigten vor dem Insolvenzrisiko des Versicherungsnehmers werden ihm - wie hier - die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag regelmäßig verpfändet (vgl. Terbille/Höra/Müller-Stein, Versicherungsrecht, § 24 Rdn. 300 ff.; Benkel/Hirschberg, Einleitung, Rdn. 177 ff.).

Die Befugnis des Klägers, Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung im eigenen Namen geltend zu machen, folgt nicht aus §§ 1273, 1279, 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 BGB aufgrund der Verpfändung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag an ihn. Das gilt unabhängig von der Wirksamkeit der Verpfändung. Denn der Kläger hat schon nicht dargelegt, dass er einen fälligen Versorgungsanspruch - oder einen von der pfandrechtlichen Sicherung erfassten anderen Anspruch - hat. Dass die Voraussetzungen eines fälligen Versorgungsanspruchs gegen die GmbH - sie hat die Pensionszusage erteilt - vorlägen steht nicht fest.

Ob der Kläger als Versicherter im Sinne des § 74 Abs.1 VVG zu betrachten ist, weil - auch - sein Interesse an der Erfüllbarkeit der Pensionsverpflichtung der GmbH gesichert werden sollte, und ob er damit Inhaber der Rechte aus dem Vertrag war, die er unter den Bedingungen des § 75 Abs.2 VVG als möglicher Besitzer des (offenbar letzten) Versicherungsscheins vom 3.9.1990, von dem er allerdings lediglich eine "Abschrift" vorlegen konnte, gerichtlich geltend machen dürfte, oder ob er lediglich als Gefahrperson zu betrachten ist, auf deren Leben und Berufsfähigkeit die Versicherung von der KG genommen worden ist, kann dahinstehen.

Die Zeugen Co. und W. haben als Liquidatoren der KG nämlich ausdrücklich dargelegt, dass sämtliche Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung dem Kläger zustehen und die KG sich insoweit keiner Rechte der Beklagten gegenüber berühmt. Diese auch der Beklagten im Verlauf des Rechtsstreits bekannt gewordenen Erklärungen können vernünftigerweise nur dahin gedeutet werden, dass die KG Rechte aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zulässigerweise (§ 9 Nr. 10 BUZ-BB i.V.m. § 13 Nr.3,4 ALB) an den Kläger abgetreten hat.

B.

Der Kläger leidet nicht nachweislich an einer Erkrankung des Herzens nach einem Infarkt, die seine Berufsfähigkeit beeinträchtigen würde.

1.

Die entsprechende Feststellung der angefochtenen Entscheidung ist - anders als es der Kläger meint - der Berufungsentscheidung nicht zugrunde zu legen.

Allerdings war zwischen den Parteien bis zu der sachverständigen Begutachtung des Klägers im Berufungsverfahren unstreitig, dass der Kläger einen posterolateralen Infarkt erlitten hatte, nach dem eine koronare Erkrankung mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion verblieben war. Die Beklagte hat jedoch die erstinstanzlichen Feststellungen zum Grad der daraus folgenden Beeinträchtigung der beruflichen Einsatzfähigkeit zu Recht mit der Verfahrensrüge (§ 529 Abs.2 Satz 1, § 520 Abs.3 Satz 2 Nr. 3 ZPO) angegriffen. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft für sich in Anspruch genommen, den Grad der Berufsfähigkeit des Klägers - abweichend von den Feststellungen des von der Beklagten eingeholten privaten medizinischen Gutachtens, das immerhin "eine weitere Präzisierung und eine bessere Abschätzung der Prognose" nicht ausschloss und lediglich anführte, "Termindruck und Streßsituationen" seien zu vermeiden - selbst zu beurteilen. Allein aufgrund der Aussagen von Zeugen, die die Tätigkeit des Klägers als aufreibend und immer wieder unter hohem Druck stehend beschrieben haben, durfte es das nicht, ohne den Sachverständigen, dem der Kläger seine Belastungen immerhin in Umrissen geschildert hatte, zu befragen, welcher "Termindruck" und welche "Streßsituationen" in welchem Maße zu vermeiden seien und welche Einsatzmöglichkeiten dem Kläger, zu dessen "Beruf" als Geschäftsführer der GmbH und faktischem Inhaber des Unternehmens der KG die Befugnis der autonomen Organisation seines Arbeitseinsatzes zählte, seiner Einschätzung nach ohne gesundheitliche Risiken verblieben.

Die danach gebotene erneute Feststellung (§ 529 Abs.1 Nr.1 ZPO) darf aber nicht künstlich auf das medizinische Gewicht der gesundheitlichen Beeinträchtigung und das daraus folgende "Maß" des Hindernisses an beruflichem Tätigwerden beschränkt werden. Voraussetzung eines Anspruchs auf Leistungen aus dem Vertrag ist der Eintritt des Versicherungsfalls Berufsunfähigkeit. Versicherungsfall ist nicht die Krankheit einer versicherten Person selbst, sondern die auf ihr beruhende, ein den Bedingungen entsprechendes Maß erreichende dauerhafte Beeinträchtigung der Ausübung eines bestimmten Berufs. Das gesundheitliche Leiden und seine beruflichen Auswirkungen sind sachlich und vertraglich daher miteinander verwoben und können nicht - allein aus prozessualen, formalen Gründen - unabhängig voneinander betrachtet werden. Es wäre auch widersinnig, wenn eine prozessrechtlich gebotene Prüfung des Gewichts einer Krankheit und ihres quantitativen oder qualitativen Einflusses auf die Berufsfähigkeit dazu führen sollte, dass die Ergebnisse der medizinischen Nachschau nur selektiv zur Kenntnis genommen werden dürften und die rechtliche Würdigung von einer tatsächlich gar nicht vorliegenden Erkrankung auszugehen hätte. Anschaulich gemacht: Es kann nicht sein, dass ein Berufungsgericht, das gehalten gewesen ist, sachverständigen Rat über die Schwere einer Herzkrankheit einzuholen, trotz sachverständiger Feststellung, eine Herzerkrankung liege gar nicht vor, annehmen müsste, eine versicherte Person leide dennoch (zivilprozessual) an ihr. Das würde der versicherten Person auch nichts nutzen, weil in einem solchen Fall notwendigerweise kein messbarer Grad der Berufsunfähigkeit festzustellen wäre. 2.

Nach den auf einer eingehenden Untersuchung beruhenden Feststellungen des kardiologischen Sachverständigen Dr. He., deren Grundlage klinische Befunde aus Ungarn und das Gutachten des Prof. Dr. Z. sowie neben unauffälligen Laborwerten drei EKG-Untersuchungen und eine Echokardiografie ohne Beobachtung einer relevant eingeschränkten linksventrikulären Funktion waren , kann nicht von einer relevanten koronaren Erkrankung des Klägers ausgegangen werden. Dabei hat der Sachverständige einen abgelaufenen Infarkt und eine frühere vorübergehende koronare Einschränkung nicht ganz ausgeschlossen, ihnen jedoch angesichts der aktuell erhobenen Befunde einen von Anfang an zu erwartenden gutartigen Verlauf ohne dauerhafte Einschränkung der Herzfunktion zugesprochen. Die objektiven Befunde des gerichtlichen Sachverständigen weichen bei genauer Betrachtung nicht erheblich von jenen des privaten Gutachters der Beklagten ab. Auch der Arzt Prof. Dr. Z. hat im Belastungs-EKG bei einer hohen Belastungsstufe keine pektanginösen Beschwerden, keine koronaren Ischaemiehinweise und keine höhergradigen Herzrhythmusstörungen festgestellt. Lediglich die echokardio-grafischen Untersuchungen haben unterschiedliche Ergebnisse erbracht; dabei sind allerdings die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, zum Zeitpunkt seiner Untersuchung sei die "Pumpfunktion" nicht nennenswert reduziert gewesen, nicht angegriffen worden und nicht offenkundig fehlerhaft. Auch der Arzt Prof. Dr. Z. legt offen, dass er die von ihm zum damaligen Zeitpunkt festgestellte Einschränkung der Pumpleistung des Herzens nicht mit der "relativ kleinen Infarktnarbe" zu erklären vermochte; ihre Feststellung kann also ohne weiteres zufälliger oder temporärer Natur gewesen sein. Auf die Abweichungen in der Ursachenbewertung und - geringfügig - in der Einschätzung des Maßes der körperlichen Belastbarkeit hat der gerichtliche Sachverständige aufmerksam gemacht. Vor allem hat er nachvollziehbar ausgeführt, er ordne die von dem Kläger geschilderten Beschwerden angesichts der minimalen koronaren Befunde keiner Herzerkrankung, sondern einer kardialen Fixierung im Verlauf einer psycho-vegetativen Labilität aufgrund von Belastungssituationen zu. Das überzeugt, stimmt mit den Ergebnissen der psychiatrischen Untersuchung des Klägers überein und weicht im Kern von den Wertungen des Arztes Prof. Dr. Z. - der von einer "leichten" Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers ausgegangen ist - auch gar nicht wesentlich ab.

C.

Der Kläger leidet allerdings nach den überzeugenden Feststellungen der psychiatrischen Sachverständigen Dr. Bi. und den Simulation und Aggravation ausschließenden Feststellungen des psychologischen Zusatzgutachtens an einer somatoformen autonomen Funktionsstörung mit Betroffenheit des kardio-vaskulären Systems, die - temporär - Krankheitswert besessen habe. Ihr Kennzeichen sind die von dem Kläger geschilderten körperlichen Beschwerden, für die eine objektivierbare organische Ursache nicht zu finden ist.

Der Kläger hat aber nicht nachgewiesen, dass diese Krankheit ihn dauernd außerstande gesetzt hat oder setzt, seinen Beruf als geschäftsführender Gesellschafter seines Unternehmens weiter auszuüben.

1.

Die medizinische Prognose der Dauerhaftigkeit einer die berufliche Tätigkeit beeinträchtigenden Krankheit setzt einen gesundheitlichen Zustand voraus, der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Aussicht mehr auf eine Besserung rechtfertigt (BGH VersR 1984, 630; VersR 1989, 903,904; 1990, 729, 730).

Insoweit kann dem Kläger zwar nicht entgegengehalten werden, dass er sich einer seinem wahren - psychischen - Leiden adäquaten Therapie nicht unterzogen hat. Das folgt schon daraus, dass es von den Ärzten, die er in Anspruch genommen hat, gar nicht als solches erkannt worden ist. Die Prognose der Dauerhaftigkeit einer die berufliche Tätigkeit belastenden, behandelbaren Krankheit kann im übrigen ohnehin nur dann noch offen sein, wenn sich eine versicherte Person einer Erfolg versprechenden Heilmaßnahme oder Rehabilitation bereits unterzieht oder sie fest geplant hat; eine Obliegenheit zur Aufnahme einer Therapie trifft - abgesehen von der hier nicht einschlägigen Regelung des § 4 Nr. 3 BUZ-BB - die versicherte Person grundsätzlich nicht; sie wäre angesichts der früheren ärztlichen Diagnosen auch nicht verletzt.

Die Prognose der Dauerhaftigkeit setzt allerdings voraus, dass das die berufliche Tätigkeit - quantitativ in bedingungsgemäßem Anteil oder qualitativ ihre prägenden Verrichtungen beeinträchtigende - Leiden selbst ununterbrochen vorhanden ist oder sich jedenfalls bei Ausübung des Berufs notwendigerweise in diesem Maße aktualisiert (Voit, Berufsunfähigkeitsverssicherung, Rdn. 295 a.E.). Die Symptome der Krankheit der versicherten Person müssen also nach medizinischer Beurteilung auftreten, sobald die versicherte Person beruflich - in der leidensrelevanten Art - tätig wird.

Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass das bei ihm so ist. Zwar hat die Sachverständige Dr. Bi. die in ihrem schriftlichen Gutachten enthaltene Annahme, die Berufsfähigkeit des Klägers sei "zu einem Prozentsatz von maximal 20 %" eingeschränkt, in ihrer Anhörung dahin erläutert, bestimmte unternehmerische Tätigkeiten des Klägers seien an den Tagen des Auftretens von Symptomen nicht möglich gewesen und hätten verschoben werden müssen; von dieser vornehmlich zeitlich - quantitativen "Berechnung" darf indessen nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Sachverständige hat jedoch - ohne dass dem andere Feststellungen aus der Anhörung des Klägers oder der Vernehmung von Zeugen entgegenstünden - bestätigt, dass die Beschwerden des Klägers passagerer Natur waren und ihn nur während ihrer Manifestationsphasen gesundheitlich beeinträchtigt haben. Es wäre "schwer vorauszusagen" gewesen, ob auch ohne richtige Therapie die autonome somatoforme Funktionsstörung, also die vornehmlich kardialen Beschwerden, bei Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit ununterbrochen oder jedenfalls bei bestimmten mit ihr zwingend verbundenen Verrichtungen gewissermaßen vorhersehbar immer wieder aufgetreten wäre. Vereinfacht gesagt: Der Kläger war immer wieder einmal "krank". Wann, wie erheblich und wie lange er immer wieder krank sein würde, war nicht vorauszusagen. Das gilt vor allem, weil, wie die Sachverständige ausgeführt hat, das Auftreten des Leidens vom Auftreten unklarer "Stressoren" - privater und beruflicher Natur - abhängt und durch eine vernünftige Organisation des Arbeitstages unter Umständen ganz vermieden werden kann.

2.

Das macht zugleich deutlich, dass der Kläger nicht bewiesen hat, seine Krankheit beeinträchtige seine Berufsfähigkeit überhaupt. Der Kläger war geschäftsführender Gesellschafter seines Unternehmens. Damit war es ihm - nicht anders als einem Selbständigen - rechtlich und in gewissen Grenzen auch tatsächlich möglich, seinen beruflichen Einsatz zu steuern. Diese Möglichkeit der täglichen Organisation seiner Arbeit prägt seinen "Beruf". Er hat nicht dargelegt, dass "dieser" Beruf es ausgeschlossen hätte, seine persönliche Tätigkeit so zu gestalten, dass sein Leiden nicht mehr in relevantem Maße aufgetreten wäre. Die Sachverständige Dr. Bi. hat insoweit ausgeführt, es sei zwar typisch, dass viele (wie der Kläger unternehmerisch tätige) Personen dazu neigten, alle Belastungen "zusammenzuballen"; Veränderungen des Tagesablaufs und Verschiebungen von besonderen Belastungen auf Zeiten einer sonst geringeren Inanspruchnahme könnten das Auftreten der Symptome indessen verhindern. Dass der Kläger - objektiv - nicht imstande gewesen wäre, seinen beruflichen Einsatz so zu organisieren, hat er nicht dargelegt und ist auch nicht erkennbar.

Der Kläger hat zwar vorgetragen, er habe - 1986, also längere Zeit vor dem von ihm behaupteten Eintritt des Versicherungsfalls - versucht, "es ruhiger laufen zu lassen". Das habe indessen zu einem (von ihm nicht näher erläuterten) "katastrophalen" Ergebnis geführt. Zugleich hat er indessen eingeräumt, er hätte vielleicht früher die Zeugen Co. und W. zu Geschäftsführern bestellen müssen, aber "die Dinge wären dann doch an ihn herangetragen worden" oder er hätte "sie eben gesucht". Teile seiner Aufgaben hätten gewiss auch Andere übernehmen können, aber es hätte (nicht näher konkretisierte) Belastungen gegeben, denen er nicht hätte ausweichen können. Sein Umzug nach Ungarn und die in der Tat radikale Reduzierung seines Einsatzes - die die Sachverständige dann auch als geradezu kontraproduktiv bezeichnet hat - habe sein Befinden auch deshalb jedenfalls nicht verbessert, weil er nicht nur die Mühen der monatlichen Rückkehr zusätzlich auf sich genommen habe, sondern sich auch von Ungarn aus "Gedanken über den Betrieb" gemacht habe. Dass es ihm ohne ins Gewicht fallende wirtschaftliche Risiken nicht möglich gewesen wäre, durch eine vernünftige Planung seines Arbeitstages und Delegation von nicht zwingend mit seiner Person verbundenen Aufgaben seinen gesundheitlichen Dispositionen gerecht zu werden, ist damit nicht vorgetragen. Damit stimmt ohne weiteres überein, dass auch der Zeuge Co. in erster Instanz beiläufig bekundet hat, es sei "generell so gewesen, dass (der Kläger) relativ viel auf seinen Schultern gelassen und nicht übertragen" habe. Dass das Wohl und Wehe seines Unternehmens gerade von der höchstpersönlichen Wahrnehmung der eben auch zeitlich und emotional belastenden Tätigkeiten abgehangen hätte, die der Zeuge Co. als vom Kläger wahrgenommen beschrieben hat, den "Finanzen" und der Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern, liegt zumindest bei einer Größenordnung eines Unternehmens wie jenem "des Klägers" nicht auf der Hand.

Vor nicht durch eine Krankheit bedingten subjektiven Fehleinschätzungen seiner jeweiligen konkreten Belastbarkeit und seiner fall- und aufgabenbezogenen Ersetzbarkeit schützt den Kläger die Berufsunfähigkeitsversicherung aber nicht: Sie deckt die beruflichen Folgen des Leidens an der Gesundheit, nicht aber die gesundheitlichen Folgen des Leidens an dem Beruf.

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3, 9 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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