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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.09.2004
Aktenzeichen: 5 U 90/03
Rechtsgebiete: MB/KT 94, AVB, ZPO, GVG, BGB


Vorschriften:

MB/KT 94 § 15
MB/KT 94 § 15 Abs. 1 b
MB/KT 94 § 15 Teil I Abs. b
AVB § 15
AVB § 15 Teil I Abs. b
AVB § 15 Teil I Abs. b S. 2
AVB § 15 Teil I Abschnitt b
AVB § 15 Teil II Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 b
BGB § 305 c Abs. 2
§ 15 I lit. b MB/KT erlaubt keine rückschauende Annahme von Berufsunfähigkeit (als Voraussetzung des Wegfalls der Versicherungsfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung).
Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.1.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken, Az. 5 C 643/02 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die bei der Beklagten abgeschlossene Krankentagegeldversicherung, Tarif KT 3 des Klägers bezüglich des Versicherungsscheins Nr. ... weiterhin besteht.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 627,90 Euro festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

A. Der Kläger begehrt die Feststellung des Fortbestehens einer bei der Beklagten abgeschlossenen Krankentagegeldversicherung.

Der Kläger schloss bei der Beklagten mit Versicherungsschein Nr. ... unter Einbeziehung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94 und Tarifbedingungen der Beklagten, Bl. 49 ff d.A.) eine Krankentagegeldversicherung, Tarif KT3, ab. In § 15 der Musterbedingungen MB/KT 94 / Tarifbedingungen der Beklagten ist in Teil I Absatz b geregelt, dass das Versicherungsvertragsverhältnis mit Eintritt der Berufsunfähigkeit endet. Wörtlich heißt es weiter wie folgt: " Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit." In Teil II Absatz 1 ist geregelt, dass dann, wenn das Versicherungsverhältnis wegen Aufgabe einer Erwerbstätigkeit, wegen Eintritts der Berufsunfähigkeit oder wegen Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente beendet ist, der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis für die Dauer der Unterbrechung, die Dauer der Berufsunfähigkeit oder die Dauer des Bezugs von Berufsunfähigkeitsrente hinsichtlich der betroffenen versicherten Person im Rahmen einer Anwartschaft fortsetzen kann, wobei der Antrag auf Umwandlung des Versicherungsverhältnisses innerhalb von zwei Monaten seit der Aufgabe einer Erwerbstätigkeit, seit Eintritt der Berufsunfähigkeit oder seit Bezug der Berufsunfähigkeitsrente, bei erst späterem Bekanntwerden des Ereignisses gerechnet ab diesem Zeitpunkt zu stellen ist.

Der Kläger, der als selbständiger Bauleiter und Ingenieur arbeitet, ist seit 1974 im Fachgebiet Transporttechnik/Großgeräte in der Schwerindustrie, Zementfabriken, Kraftwerken und Bergwerken tätig; die Tätigkeit umfasst die Förderung und den Transport schwerer Schüttgüter über Bandanlagen, Absetzer und Reclaimer sowie Brecheranlagen incl. Bunker und Silo. Die Tätigkeit als Bauleiter beinhaltet des weiteren die Überwachung der kompletten Montage der Transportanlage vom Bergwerk bis ins Kraftwerk, wofür Arbeiten sowohl im Bergwerk bis 700 m Tiefe als auch solche bis in Höhe von 150 m und mehr erforderlich sind. Der Tätigkeitsbereich Bauleitung umfasst 10 % Büroarbeit und 90 % Montageüberwachung vor Ort; für die Montageüberwachung muss der Kläger in der Lage sein, auch in großer Höhe innerhalb der Konstruktion über einen Träger zu laufen, um die erforderlichen Arbeiten anzuweisen bzw. die Durchführung zu überwachen (vgl. Berufsbeschreibung Bl. 44 ff d.A.).

Auf Grund eines Unfalles am 6.2.2001 wurde der Kläger arbeitsunfähig. Er litt unter einem Vestibularisausfall (Ausfall des Gleichgewichtsorgans im Ohr) und einem cervikocephalen Syndrom, die Schwindelattacken zur Folge hatten. Die Beklagte leistete zunächst das vereinbarte Krankentagegeld und holte in der Folgezeit Berichte des behandelnden Arztes Dr. B. u. a. vom 12.6.2001 (Bl. 54 ff. d. A. = Ausdruck vom 2.7.2001, Bl. 18 ff. d. A.) und vom 4.10.2001 (Bl. 57 ff. d. A. = Ausdrucke vom 29.10.01, Bl. 20 ff. d. A., und 22.4.02, Bl. 16 ff. d. A.) ein. In dem Bericht vom 12.6.2001 heißt es:

4.) a. Wie beurteilen Sie prognostisch die Erkrankung und wie lange ist noch mit einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zu rechnen?

Dauer unbestimmt, zumindest mittelfristig, rehabilitativer Erfolg fraglich

Allenfalls erzielbar: Stabilisierung auf niedrigem Niveau hinsichtlich Tätigkeiten mit Anforderung an das gleichgewichtserhaltende System

b. Kann noch von vorübergehender Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden und kann Ihr Patient in absehbarer Zeit seinen ausgeübten Beruf wieder ausführen?

Eher nicht, siehe obige Ausführungen

Unklar ob Wiederaufnahme möglich ...

6.) Liegt eventuell Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor?

Gegenwärtig noch nicht abschließend beantwortbar, da laufende Behandlungsmaßnahmen

7.) Sofern zum jetzigen Zeitpunkt keine definitive Aussage getroffen werden kann, wann ist dies möglich?

Gegenwärtig noch nicht möglich, meines Erachtens sichere Abschätzung bzw. definitive Beantwortung der Frage in etwa sechs Monaten möglich ...

11.) Wann ist voraussichtlich wieder mit einer Arbeitsfähigkeit zu rechnen?

Unsicher, siehe obige Ausführung

12.) Ist dem Patienten angeraten worden, seine bisherige selbständige Tätigkeit weiter auszuüben?

bislang keine Beratung hinsichtlich beruflicher Zukunft erfolgt, da Prognose noch offen - siehe obige Ausführungen

In dem Bericht vom 4.10.2001 sind dieselben Fragen wie folgt beantwortet:

4.) a. Wie beurteilen Sie prognostisch die Erkrankung und wie lange ist noch mit einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zu rechnen ?

Dauer unbestimmt, rehabilitativer Erfolg fraglich, zumal zwischenzeitlich keine Verbesserung

Allenfalls erzielbar: Stabilisierung auf niedrigem Niveau hinsichtlich Tätigkeiten mit Anforderung an das gleichgewichtserhaltende System

b. Kann noch von vorübergehender Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden und kann Ihr Patient in absehbarer Zeit seinen ausgeübten Beruf wieder ausführen?

Eher nicht, siehe obige Ausführungen

Mit Wiederaufnahme nicht zu rechnen, jedenfalls nicht im früher üblichen bzw. notwendigen Umfang ...

6.) Liegt eventuell Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor?

Gegenwärtig noch nicht abschließend beantwortbar, da laufende Behandlungsmaßnahmen

7.) Sofern zum jetzigen Zeitpunkt keine definitive Aussage getroffen werden kann, wann ist dies möglich?

Ca. 1 Jahr nach verursachender Verunfallung (Durchschnittswert unabhängig vom konkreten Versicherungsfall) ...

11.) Wann ist voraussichtlich wieder mit einer Arbeitsfähigkeit zu rechnen?

Unsicher, siehe obige Ausführung bzw. Erstbericht

12.) Ist dem Patienten angeraten worden, seine bisherige selbständige Tätigkeit weiter auszuüben?

Wegen noch nicht abgeschlossener Behandlung (zentral: orthopädisch erzielbarer Erfolg bzw. Ergebnisse einer Übungsbehandlung) und resultierend offener Prognose bislang noch keine abschließende Beratung hinsichtlich beruflicher Zukunft erfolgt.

Soweit gegenwärtig beurteilbar (Herrn Br. mitgeteilt): Arbeiten in großer Höhe auch langfristig wohl nicht zumutbar.

Mit Schreiben vom 23.10.2001 (Bl. 8 f. d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass aufgrund des Berichtes vom 4.10.2001 nicht mehr von einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei und deshalb die Krankentagegeldversicherung gemäß § 15 Teil I Absatz b der AVB am 4.1.2002 (drei Monate nach dem 4.10.2001) ende. Sie werde die Versicherung zum 5.1.2002 im Rahmen einer großen Anwartschaftsversicherung fortsetzen. Des weiteren bestehe auch die Möglichkeit einer kleinen Anwartschaftsversicherung. Falls sich der Kläger gegen die große Anwartschaftsversicherung entscheiden bzw. die kleine Anwartschaftsversicherung wünschen sollte, bitte sie, dies innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen.

Unter dem 30.11.2001 erteilte Dr. B. dem Kläger eine Schlussbescheinigung, nach der die Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 1.12.2001 wieder hergestellt war. In einem Attest vom 2.5.2002 (Bl. 78 d. A.) bestätigte Dr. B. diese Einschätzung mit dem Zusatz "wenn auch die zuvor zur Arbeitsunfähigkeit führenden Beschwerden in deutlich abgemilderter Form fortbestehen".

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass 1. die Krankentagegeldversicherung, Tarif KT 3 des Klägers bzgl. des Versicherungsscheins Nr. ... weiterhin bestehe, und dass 2. die Krankentagegeldversicherung nicht zum 1.2.2002 in eine große Anwartschaftsversicherung umgewandelt worden sei. Hinsichtlich des Antrags zu 2. haben die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte unstreitig gestellt hatte, dass der Kläger den Abschluss einer Anwartschaftsversicherung nicht beantragt habe.

Der Kläger hat behauptet, seit dem 1.12.2001 sei er wieder arbeitsfähig und tatsächlich voll in seinem Beruf tätig. Auch zuvor sei er zu keinem Zeitpunkt berufs- oder erwerbsunfähig gewesen. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus den Gutachten des Dr. B., in denen ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass ein derartiger Sachverhalt nicht abschließend beurteilt werden könne. Insoweit sei in den Gutachten nie die Rede davon, dass nicht mit einer Wiederaufnahme des bisher ausgeübten Berufes zu rechnen sei, sondern lediglich, dass der Zeitpunkt der Wiederaufnahme unsicher sei. Auch aus dem Umstand, dass der Beruf innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit von einem dreiviertel Jahr nicht ausgeübt worden sei, könne nicht geschlossen werden, dass von einer Berufs- oder Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Krankentagegeldversicherung, Tarif KT 3 des Klägers bezüglich des Versicherungsscheins Nr. ... weiterhin besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, der Eintritt der Berufsunfähigkeit ergebe sich aus dem Bericht von Dr. B. vom 4.10.2001.

Das Amtsgericht Saarbrücken hat die Klage durch Urteil vom 14.1.2003 abgewiesen und dem Kläger auch die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, soweit die Parteien diesen für erledigt erklärt haben. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass das Versicherungsverhältnis der Parteien nach § 15 Abs. 1 b MBKT am 4.10.2001 geendet habe. Soweit danach Voraussetzung für die Beendigung die Prognose sei, dass bei objektiver Betrachtungsweise der Versicherte nach medizinischer Befunderhebung in dem bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig ist, sei diese nach dem Bericht von Dr. B. vom 4.10.2001 erfüllt. Dr. B. habe ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers nach wie vor vorliege, ohne dass ein Ende absehbar sei. Damit habe er eine ungünstige Prognose gestellt. Von daher habe der Versicherungsvertrag seine Beendigung gefunden, ohne dass es einer Kündigung seitens der Beklagten bedurft habe. Die Kosten für den erledigten Teil des Rechtsstreits habe der Kläger zu tragen, weil sein ursprünglicher Klageantrag zu 2 mangels Feststellungsinteresses unzulässig gewesen sei. In der Sache sei es ihm ausschließlich um die Feststellung gegangen, dass der Versicherungsvertrag unverändert fortbestehe. Deshalb habe ein eigenständiges Interesse an der Feststellung, dass die Versicherung nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt worden sei, neben der Feststellung des Fortbestehens der Krankentagegeldversicherung nicht bestanden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit dem er sowohl seine Klage in vollem Umfang weiterverfolgt als auch die Kostenentscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits angreift. Der Kläger macht geltend, das Amtsgericht habe bei Feststellung der Berufsunfähigkeit des Klägers den Bericht von Dr. B. vom 4.10.2001 unzutreffend bzw. nicht umfassend ausgewertet; dieser habe in seinen Gutachten an keiner Stelle, auch nicht in dem Bericht vom 4.10.2001, eine Prognose dahingehend getroffen, dass aus seiner Sicht beim Kläger eine "nicht absehbare Erwerbsunfähigkeit" vorliege. In diesem Zusammenhang habe das Amtsgericht insbesondere die Antworten von Dr. B. auf die Fragen 6, 7 und 11 unberücksichtigt gelassen, nach denen eine abschließende Beurteilung der Berufsfähigkeit im Oktober 2001 noch nicht möglich gewesen sei. Unter Berücksichtigung dessen sei die Anfrage des Versicherers an den Arzt zu früh erfolgt, was sich auch daran zeige, dass der Kläger bereits zwei Monate nach dem vorgenannten Bericht wieder erwerbsfähig gewesen sei und seine Arbeit wieder habe aufnehmen können. Außerdem habe das Amtsgericht die durch Zeugnis von Dr. B. unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers übergangen, Dr. B. habe mit seinem Bericht vom 4.10.2001 - selbst wenn dieser objektiv anders zu verstehen sein sollte - nur ausführen wollen, dass er eine endgültige Beurteilung noch nicht habe abgeben können. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass die Versicherung nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt worden sei, sei falsch, weil sich die Beklagte des Bestehens einer Anwartschaftsversicherung berühmt habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Saarbrücken vom 14.1.2003 festzustellen, dass die Krankentagegeldversicherung Tarif KT 3 des Klägers bezüglich des Versicherungsscheins Nr. ... weiterhin besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und stellt den Eintritt der Berufsunfähigkeit des Klägers am 4.10.2001 wie schon in erster Instanz zusätzlich unter Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschriften vom 4.6.2003 (Bl. 185 ff d.A.) und vom 7.7.2004 (Bl. 320 ff d.A.) Bezug genommen. Weiterhin wird auf den Beweisbeschluss des Senats vom 11.6.2003 (Bl. 189 ff d.A.) und vom 14.1.2004 (Bl. 286 ff d.A.), das Gutachten des Sachverständigen Dr. J. vom 28.10.2003 (Bl. 255 ff d.A.) sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 8.3.2004 (Bl. 291 ff d.A.) und auf den Hinweis des Senats vom 29.4.2004 (Bl. 306 RS d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

B. 1. Die Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel ist fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 Abs. 2 ZPO. Die Begründung entspricht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 513, 520 Abs. 3 ZPO. Danach kann das Rechtsmittel der Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, wobei diese Umstände in der Berufungsbegründung dargelegt werden müssen (§ 520 Abs. 3 ZPO).Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers, der sich im Wesentlichen darauf stützt, dass das Amtsgericht eine unzutreffende bzw. nicht umfassende Auswertung des Berichtes des Dr. B. vom 4.10.2001 vorgenommen habe und deshalb zu Unrecht zu dem Schluss gelangt sei, der Arzt habe eine "nicht absehbare Erwerbsunfähigkeit" prognostiziert; zumindest sei das Amtsgericht gehalten gewesen, den als Zeugen benannten Arzt dazu zu vernehmen, dass sein Gutachten gerade nicht dahin zu verstehen sei, dass mit einer Wiederaufnahme des bisher ausgeübten Berufes nicht mehr zu rechnen sei.

Die Zulässigkeit der Berufung zum Oberlandesgericht folgt aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG, weil der Kläger seinen allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Klageerhebung in Frankreich hatte.

2. Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Denn auf der Grundlage des sich nunmehr im Berufungsrechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses gemäß § 15 Teil I Abschnitt b der Musterbedingungen MB/KT 94 / Tarifbedingungen der Beklagten ( im Folgenden: AVB) erfüllt sind.

§ 15 der AVB lautet in Teil I Abschnitt b wie folgt:

"Das Versicherungsvertragsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit."

Soweit in § 15 Teil II Absatz 1 AVB für den Fall des Eintritts der Berufsunfähigkeit oder wegen des Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit eröffnet ist, das Versicherungsvertragsverhältnis im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung fortzusetzen, begegnet die Klausel im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 22.1.1992 -IV ZR 59/91- (VersR 1992, 477) insoweit keinen Bedenken.

a. Voraussetzung für eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses, das im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung fortgesetzt werden kann, ist, dass Berufsunfähigkeit eingetreten ist.

Soweit Berufsunfähigkeit nach § 15 Teil I Absatz b AVB dann vorliegt, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig ist, setzt dies voraus, dass die Berufsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit feststeht. Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Versicherer, der sich auf die Beendigung beruft. Der Versicherer muss sowohl einen medizinischen Befund vorlegen, aus dem sich die Berufsunfähigkeit ergibt, als auch die Richtigkeit dieses Befundes beweisen (vgl. OLG Hamm, RuS 1992, S. 245 ff).

Dieser Darlegungs- und Beweislast hat die Beklagte nicht genügt. Denn auf der Grundlage der Berichte des behandelnden Arztes Dr. B., so des Berichtes vom 12.6.2001 (Bl. 54 ff. d. A. = Ausdruck vom 2.7.2001, Bl. 18 ff. d. A.) und insbesondere des Berichtes vom 4.10.2001 (Bl. 57 ff. d. A. = Ausdrucke vom 29.10.01, Bl. 20 ff. d. A., und 22.4.02, Bl. 16 ff. d. A.), liegt ein Befund, aus dem sich die Feststellung des Eintritts einer Berufsunfähigkeit des Klägers im Sinne der Definition in § 15 Teil I Absatz b S. 2 AVB ergibt (vgl. hierzu auch Bach/Moser, Private Krankenversicherung, MB/KK und MB/KT-Kommentar 2. Aufl. 1993, MB/KT § 15, Rdnr.15 ff, m.w.N.), nicht vor.

Zwar hat der behandelnde Arzt sowohl in dem Bericht vom 12.6.2001 als auch in dem Bericht vom 4.10.2001 bei der Beantwortung der Frage, wie er prognostisch die Erkrankung beurteilt und wie lange noch mit einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zu rechnen ist, darauf hingewiesen, dass die Dauer unbestimmt sei, zumindest mittelfristig, ein rehabilitativer Erfolg fraglich sei und allenfalls eine Stabilisierung auf niederigem Niveau hinsichtlich Tätigkeiten mit Anforderungen an das gleichgewichtserhaltende System erzielbar sei (Frage 4 a). Auch bei der Frage ob noch von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden kann und ob der Patient in absehbarer Zeit seinen ausgeübten Beruf wieder ausführen kann (Frage 4 b), hat er darauf verwiesen, dass ersteres "eher nicht" der Fall sei und im Übrigen unklar sei, ob eine Wiederaufnahme möglich sei (12.6.2001) bzw. dass mit einer Wiederaufnahme nicht zu rechnen sei, jedenfalls nicht im früher üblichen und notwendigen Umfang (4.10.2001). Auf die unter Ziffer 6 gestellte Frage, ob eventuell Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorliegt, hat Dr. B. jedoch ausgeführt: "Gegenwärtig noch nicht abschließend beantwortbar, da laufende Behandlungsmaßnahmen"; soweit hieran anknüpfend unter Ziffer 7 erfragt worden ist, wann, sofern zum jetzigen Zeitpunkt keine definitive Aussage getroffen werden kann, dies möglich ist, hat Dr. B. außerdem ausgeführt: "Gegenwärtig noch nicht möglich, meines Erachtens sichere Abschätzung bzw. definitive Beantwortung der Frage in etwa sechs Monaten möglich" (12.6.2001) bzw. "ca. 1 Jahr nach verursachender Verunfallung Durchschnittswert unabhängig vom konkreten Versicherungsfall" (4.10.2001). Zu Frage 11, wann voraussichtlich wieder mit einer Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist, hat der behandelnde Arzt erklärt: "Unsicher, siehe obige Ausführungen", und zu Frage 12, ob dem Patienten angeraten worden ist, seine bisherige selbständige Tätigkeit weiter auszuüben: "Bislang keine Beratung hinsichtlich beruflicher Zukunft, da Prognose offen -siehe obige Ausführungen" (12.6.2001), bzw. "wegen noch nicht abgeschlossener Behandlung ...und resultierend offener Prognose bislang noch keine abschließende Beratung hinsichtlich beruflicher Zukunft erfolgt; soweit gegenwärtig beurteilbar...:Arbeiten in großer Höhe langfristig wohl nicht zumutbar" (4.10.2001). Diese Ausführungen des behandelnden Arztes hat das Amtsgericht bei der von ihm vorgenommenen Verwertung der Berichte und insbesondere des Berichtes vom 4.10.2001 im Einzelnen nicht berücksichtigt und sich insbesondere auch nicht mit den Antworten zu den im einzelnen differenzierten Fragen auseinandergesetzt; dies hat zur Folge, dass die von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen fehler- bzw. lückenhaft sind, so dass Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet sind und die Bindung an die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen entfällt, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers, ZPO, 60. Aufl., § 529, Rdnr. 2,3, m.w.N.; Zöller- Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 529, Rdnr. 2 ff sowie Rdnr. 10). Von daher ist eine erneute Feststellung durch den Senat auf der Grundlage der Berichte des behandelnden Arztes geboten.

Auf der Grundlage der Berichte des behandelnden Arztes Dr. B., so des Berichtes vom 12.6.2001 (Bl. 54 ff. d. A. = Ausdruck vom 2.7.2001, Bl. 18 ff. d. A.) und insbesondere des Berichtes vom 4.10.2001 (Bl. 57 ff. d. A. = Ausdrucke vom 29.10.01, Bl. 20 ff. d. A., und 22.4.02, Bl. 16 ff. d. A.), liegt ein Befund, aus dem sich die Feststellung des Eintritts einer Berufsunfähigkeit des Klägers im Sinne des § 15 Teil I Absatz b S. 2 AVB ergibt, nicht vor. Die Stellungnahmen des behandelnden Arztes Dr. B. zu den von der Beklagten gestellten Fragen bestätigen nicht die Berufsunfähigkeit des Klägers in dem streitentscheidenden Zeitraum (6.2.2001 bis 4.10.2001). Sämtliche Fragen, die auf eine prognostische Beurteilung der Berufs- oder Erwerbfähigkeit des Klägers abzielen (Frage 4 a, 6, 7, 11, 12), hat Dr. B. letztlich für noch nicht abschließend beantwortbar erachtet und darauf verwiesen, dass eine definitive Aussage erst ein Jahr nach dem Unfallereignis (hier: 6.2.2002) möglich sei. Auch wenn er an anderer Stelle erklärt hat, dass mit einer Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit nicht zu rechnen sei (Frage 4 b, Bericht vom 4.10.2001), kann den übrigen Ausführungen eine derartige Prognose nicht entnommen werden. Im Gegenteil ist dem Gesamtzusammenhang der ärztlichen Stellungnahmen zu entnehmen, dass eine Prognose im Sinne der von der Beklagten gestellten Fragen noch nicht möglich ist, sondern im Hinblick auf die noch andauernde Behandlung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann, und dass der Arzt im Oktober 2001 jedenfalls noch eine gewisse, wenn auch möglicherweise keine hohe Erfolgsaussicht der noch laufenden therapeutischen Maßnahmen gesehen hat. Dafür spricht auch seine Antwort auf die Frage 12, nach der noch keine Beratung des Klägers hinsichtlich seiner beruflichen Zukunft erfolgt sei, weil wegen noch nicht abgeschlossener Behandlung die Prognose offen sei.

Von daher liegt ein medizinischer Befund, der eine Berufsunfähigkeit des Klägers feststellt, nicht vor.

Hat die Beklagte demnach keinen medizinischen Befund vorlegen können, der Berufsunfähigkeit für den hier interessierenden Zeitraum (6.2.2001 bis 4.10.2001) bestätigt, hat sie den erforderlichen Nachweis der Berufsunfähigkeit des Klägers nicht erbracht hat.

b. Eine rückwirkende Befundung, also eine rückschauende Bewertung der Berufsunfähigkeit, kommt nach § 15 MBKT 94 -anders als in der privaten Berufsunfähigkeits-(Zusatz-) Versicherung - nicht in Betracht. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urteil vom 13.11.1003, Az. 12 U 73/03, abgedruckt in ZfS 2004, S. 79/80), wonach die Klausel eine rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit zu Lasten des Versicherungsnehmers nicht zulässt. Denn die Wendung "nach medizinischem Befund" in § 15 Teil I Abs. b MB/KT 94 ist unklar im Sinne von § 305 c Abs. 2 BGB (früher § 5 AGBG) mit der Folge, dass diese Zweifel bei der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zu denen auch Allgemeine Versicherungsbedingungen gehören, zu Lasten des Verwenders, hier also der Beklagten als Versicherer, gehen.

Voraussetzung der Anwendung der Unklarheitenregelung ist, dass die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinns und Zwecks objektiv mehrdeutig ist, dass also mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 9.7.2003, Az. IV ZR 74/02; BGHZ 123, S. 83 ff; BGH Z 112, S. 65 ff; OLG Karslruhe, aaO; Palandt-Heinrichs, BGB, 63 Aufl., § 305 c, Rdnr. 18, m.w.N.) davon ist auszugehen.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine Klausel mehrdeutig in vorstehendem Sinn ist, ist nämlich, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit -auch- auf seine Interessen an (vgl. BGH, aaO; OLG Karslruhe, aaO). Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ist die Klausel jedoch mehrdeutig. Denn auch bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges ist sowohl ein Verständnis der Klausel in dem Sinn, dass eine rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht erfolgen kann, als auch -unter Berücksichtigung der Eingangsformulierung "Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn...nach medizinischem Befund..." - ein Verständnis dahingehend möglich, dass die Wendung "nach medizinischem Befund" nicht im Sinne einer zeitlichen Festlegung zu verstehen ist, sondern gleichbedeutend mit dem Ausdruck "gemäß" medizinischem Befund und somit im Sinne einer Rückwirkung aufzufassen ist (vgl. OLG Karlsruhe, aaO).

Diese aufgezeigte Mehrdeutigkeit der Klausel lässt sich durch Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden nicht beseitigen. Dass in der privaten Berufsunfähigkeits-(Zusatz-)Versicherung die Möglichkeit einer rückwirkenden medizinischen Befundung besteht, vermag im Hinblick auf die im Streit stehende Klausel, die Regelungen für die Krankentagegeldversicherung und damit eine andere Art von Versicherungsvertragsverhältnis trifft, gerade für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtlichen Spezialkenntnisse jedenfalls nicht zu dem zwingenden und insbesondere eindeutigen Verständnis zu führen, die Klausel lasse eine rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit zu. An der Mehrdeutigkeit des Wortlauts ändern Allgemeine Vertragsbedingungen, die für andere Versicherungsvertragsverhältnisse Geltung beanspruchen, nichts.

Soweit in früheren Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf (vom 13.1.1998, Az. 4 U 207/96) und Hamm (vom 11.12.1991, Az. 20 U 175/91) eine rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit der in Rede stehenden Klausel deshalb als unzulässig angesehen worden ist, weil dies mit dem Wesen der zu treffenden Prognoseentscheidung nicht zu vereinbaren sei (OLG Düsseldorf, aaO, OLG Hamm, aaO) bzw. ein lückenloser Versicherungsschutz (bei verspäteter Feststellung der Berufsunfähigkeit) nicht gewährleistet sei (OLG Düsseldorf, aaO), sind diese Umstände nicht geeignet, die Auslegung der hier streitgegenständlichen Klausel zu beeinflussen und zu einem eindeutigen Auslegungsergebnis zu führen. Zum einen ist die Möglichkeit der Feststellung der Berufsunfähigkeit als Prognoseentscheidung und der Festlegung des Zeitpunktes ihres Beginns nicht nur in der privaten Berufsunfähigkeits-(Zusatz-)Versicherung (s.o.), sondern auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt. Zum anderen sichert die Krankentagegeldversicherung nicht das Berufsunfähigkeitsrisiko ab (vgl. OLG Karlsruhe, aaO).

Lassen sich demnach die aus der mehrdeutigen Formulierung "nach medizinischem Befund" ergebenden Zweifel aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht überwinden, gehen sie gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin. Folglich ist von der für den Kläger günstigsten Auslegung auszugehen, die eine rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit für den streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 5.10.2001 verbietet.

Von daher kommt, entgegen der Auffassung der Beklagten, die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zwecke der Feststellung der Berufsunfähigkeit des Klägers in dem streitentscheidenden Zeitraum und damit eine Verwertung der eingeholten Gutachten nicht in Betracht. Denn der gerichtlich bestellte Sachverständige kann eine derartige Prognose nur hypothetisch nachträglich erstellen. Denn Gutachter können lediglich beurteilen, ob damals nach medizinischem Befund die Prognose 50%-iger Erwerbsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit gerechtfertigt gewesen wäre. Dass die Beklagte ihre Leistungspflicht auch in dem Fall hat einschränken wollen, in dem nachträglich rückschauend Berufsunfähigkeit festgestellt wird, hat in ihren Bedingungen jedoch nicht hinreichend klar Ausdruck gefunden (s.o.).

Demzufolge ist der Antrag des Klägers festzustellen, dass die bei der Beklagten abgeschlossene Krankentagegeldversicherung, Tarif KT 3 des Klägers bezüglich des Versicherungsscheins Nr. ... weiterhin besteht, begründet und hat die Berufung des Klägers Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91 a ZPO.

Soweit sich die Berufung auch gegen die auf § 91 a ZPO beruhende Kostenentscheidung hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits richtet, ist das Rechtsmittel zulässig. Die im Regelfall durch Beschluss zu treffende Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist zwar grundsätzlich nur mit der sofortigen Beschwerde angreifbar (§ 91 a Abs. 2 ZPO). Ergeht jedoch die Entscheidung nach § 91 a ZPO im Rahmen einer gemischten Kostenentscheidung durch Urteil, weil der Rechtsstreit nur teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist auch gegen die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO die Berufung zulässig, jedenfalls wenn das Urteil wie hier insgesamt - und nicht nur die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO - angefochten wird (Zöller/Vollkommer, ZPO 21. Aufl., §91 a Rn. 56; vgl. auch BGHZ 113, 362, 365).

Die Berufung des Klägers ist auch insoweit begründet. Denn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes sind die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich des für übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrages zu 2. nach billigem Ermessen der Beklagten aufzuerlegen. Denn der Klageantrag zu 2. war zulässig und begründet. Insbesondere fehlte dem Kläger nicht das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Ein Interesse des Klägers an der Feststellung, dass die Krankentagegeldversicherung nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt worden ist, lässt sich zunächst -entgegen der Auffassung des Amtsgerichts- nicht schon deshalb verneinen, weil darüber durch den nach Erledigterklärung noch anhängigen Feststellungsantrag in jedem Fall mitentschieden ist. Denn wenn der Antrag abgewiesen wird, ist immer noch offen, ob das Versicherungsverhältnis gänzlich beendet ist oder als Anwartschaftsversicherung fortgesetzt wird. Darüber hinaus hat sich die Beklagte auch des Bestehens einer Anwartschaftsversicherung berühmt. In dem vorprozessualen Schreiben vom 23.10.2001 an den Kläger (Bl. 8, 9 d.A.) weist die Beklagte darauf hin, dass die Krankentagegeldversicherung nach Tarif KT3 zum 5.1.2002 im Rahmen einer großen Anwartschaftsversicherung (AWV) fortgesetzt werde. Weiter heißt es wörtlich wie folgt: "Des weiteren besteht die Möglichkeit einer kleinen AWV. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der Anlage. ...Falls Sie sich gegen die große AWV entscheiden sollten bzw. die kleine AWV wünschen, bitten wir Sie, uns dies innerhalb der nächsten zwei Wochen mitzuteilen." Damit hat die Beklagte nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass die im Streit stehende Versicherung zu einem bestimmten Termin unabhängig von einer Willenserklärung des Klägers im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung fortgeführt wird und nur die Wahl zwischen großer und kleiner AWV besteht. Diese Auffassung der Beklagten von einer automatischen Umwandlung der Krankentagegeldversicherung in eine Anwartschaftsversicherung wird, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankäme, für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer im Übrigen auch dadurch dokumentiert, dass sie dem Kläger -unstreitig- nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, nämlich am 28.1.2003 mit Wirkung zum 1.3.2003, eine Beitragsanpassung übersandt hat, in dem der Beitrag für die Anwartschaftsversicherung unter der Rubrik "Krankentagegeld 2,24 Euro (monatlich) " ausgewiesen ist. Ohne korrespondierende Willenserklärungen und insbesondere ohne eine solche des Klägers konnte das Vertragsverhältnis jedoch nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt werden. Von daher hatte der Kläger insgesamt ein Interesse an der Feststellung, dass die Krankentagegeldversicherung nicht zum 1.2.2002 in eine große Anwartschaftsversicherung umgewandelt worden ist, so dass nach dem bisherigen Sach- und Streitstand die Kosten nach billigem Ermessen auch insoweit der Beklagten aufzuerlegen sind.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3, 9 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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