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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.08.2004
Aktenzeichen: 5 W 218/04
Rechtsgebiete: AsylVfG, AuslG


Vorschriften:

AsylVfG § 71 Abs. 5
AuslG § 57 Abs. 2 Nr. 1
AuslG § 57 Abs. 2 Nr. 5
AuslG § 57 Abs. 2 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 218/04

In dem Abschiebehaftverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts

am 23. 08. 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 30. 07. 2004 - 5 T 295/04- wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene reiste nach eigenen Angaben am 26. 10. 2001 erstmals illegal in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am gleichen Tag seine Anerkennung als Asylberechtigter. Der Antrag wurde abgelehnt. Das Asylverfahren ist seit dem 12. 06. 2002 nach erfolgloser Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges abgeschlossen.

Er hat behauptet, nach Ablehnung seines Asylantrages nach Italien ausgereist zu sein, um von dort weiter nach Kanada zu reisen. Da auf dem Flughafen erkannt worden sei, dass seine Papiere gefälscht waren, sei er statt dessen von Italien aus nach Sri Lanka abgeschoben worden. Er sei dann über Moskau mit Hilfe einer Schleuserorganisation erneut in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, um hier einen weiteren Asylantrag zu stellen.

Der Betroffene wurde am 28. 06. 2004 in den Räumen des Bundesamtes in in Gewahrsam genommen, als er dort einen Asylfolgeantrag gestellt hat. Mit Beschluss vom gleichen Tag - Az 5 XIV 1583 B - hat das Amtsgericht Lebach Sicherungshaft bis zu 3 Monaten angeordnet. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht Saarbrücken mit der angefochtenen und am 13. 07. 2004 zugestellten Entscheidung nach Anhörung des Betroffenen und seiner Verlobten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner am 16. 07. 2004 eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde. Er trägt vor, es widerspreche den Gesetzen der juristischen Logik, wenn das Landgericht davon ausgehe, dass jemand der in die Bundesrepublik einreise um hier Asyl zu bekommen, die Absicht habe, sich dem Verfahren der Abschiebung zu entziehen und unterzutauchen. Dass das Landgericht angenommen habe, der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig, sei unverständlich, da er einen Asylfolgeantrag gestellt habe und deshalb unter die Voraussetzungen der Bestimmung des § 71 Abs. 5 des Asylverfahrensgesetzes falle. Ein Haftgrund liege offensichtlich nicht vor. Der Betroffene habe nach Ablehnung seines ersten Asylantrages seiner Ausreisepflicht genügt. Das Landgericht habe nicht dargetan, dass man anders als mit Hilfe von Schleuserorganisationen von Moskau aus in die Bundesrepublik einreisen könne, um hier Asyl zu beantragen. Entscheidend sei aber, dass er beabsichtige, eine Deutsche zu heiraten und so ein Dauerbleiberecht zu erhalten. Dies sei nach Art. 6 GG zu beachten. Im übrigen habe die beabsichtigte Heirat zur Folge, dass die Absicht unterzutauchen oder sich einer Abschiebung zu entziehen, nicht einmal ansatzweise aktuell sei.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 103 Abs. 2 AuslG, §§ 3 S. 2, 7 Abs. 1 FEVG, §§ 27, 29 FGG).

1.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Rechtsgrundlage der angeordneten Sicherungshaft in § 57 Abs. 2 Nr. 1 AuslG gesehen. Der Betroffene ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts unerlaubt, nämlich ohne das erforderliche Visum in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig. Weitere Ausführungen hierzu waren nicht geboten. Es ist nicht Aufgabe des Landgerichts, darzulegen ob und gegebenenfalls welche Möglichkeiten der legalen Einreise für den Betroffenen bestanden hätten. Der von ihm gestellte Asylfolgeantrag steht der Ausreisepflicht nicht entgegen (§ 71 Abs. 8 AsylVerfG), zumal er zwischenzeitlich abgelehnt wurde.

Das Landgericht hat zu Recht auch den Haftgrund des § 57 Abs. 2 Nr. 5 AuslG bejaht, so dass auch § 57 Abs. 2 S. 3 AuslG der Zulässigkeit der Abschiebehaft nicht entgegensteht. Es hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass der Betroffene sich der Hilfe von Schleuserorganisationen und - zumindest finanziell - auch seiner Familie bedient habe, was zeige, dass er Strukturen nutzen könne und nutze, die es ihm erlauben, sich dem Zugriffe der Behörden bei einer drohenden Abschiebung zu entziehen.

An diese Feststellungen ist der Senat gebunden. Der Betroffene hat nicht - wie es für das Verfahren der Rechtsbeschwerde erforderlich wäre - dargelegt, dass sie auf einer unzureichend erforschten tatsächlichen Grundlage beruhten, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigten oder die Würdigung der Tatsachen gegen gesetzliche Beweisregeln oder Verfahrensvorschriften, gegen Denkgesetze oder anerkannt Erfahrungssätze verstieße (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 27 Rn. 42 ff). Dies ist auch nicht ersichtlich.

Dass der Betroffene sich selbst bei dem Ausländeramt gemeldet hat, steht dem Haftgrund des § 57 Abs. 2 Nr. 5 AuslG nicht entgegen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. 07. 2004 , 5 W 190/04- 62 m.w.N.). Das folgt schon daraus, dass er sich, um überhaupt einen Asylfolgeantrag stellen zu können, grundsätzlich persönlich in einer Aufnahmeeinrichtung zu melden hat (§ 22 Abs. 1, 71 Abs. 2 AsylVfG); nach der Konzeption des Gesetzes kann aus einer solchen Meldung folglich nicht regelhaft abgeleitet werden, einer Sicherung der Abschiebung bedürfe es in derartigen Fällen nicht.

Nichts anderes gilt, soweit der Betroffene sich darauf beruft, sich der Abschiebung schon deshalb nicht entziehen zu wollen, weil er beabsichtige, seine Verlobte zu heiraten. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass das angeblich bereits seit 4 Jahren bestehende Verlöbnis den Betroffenen auch in der Vergangenheit nicht davon abgehalten hat, mehr oder minder lange Trennungen hinzunehmen, bis hin zu der beabsichtigten Ausreise nach Kanada. Die Wertung dieser - ebenfalls in der sofortigen weiteren Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen - ist nicht zu beanstanden.

2.

Die Anordnung der Sicherungshaft verletzt auch nicht Art. 6 Abs. 1, 2 GG. Sie hat lediglich zur Voraussetzung, dass eine Ausreisepflicht besteht, die Abschiebungserfordernisse vorliegen, die Abschiebung durchführbar und die Anordnung der Haft selbst erforderlich ist (so schon BGH NJW 1986, 3024; Senat, B. v. 16. 05. 1990, 5 W 83/90 und Beschluss vom 29. 7. 2004 , 5 W 190/04- 62; OLG Naumburg, Beschluss vom 04. 07. 2001, 10 Wx 28/01; OLG Köln OLGR 2001, 279 ). Die rechtlichen Voraussetzungen der Abschiebung als solcher und eines etwaigen Bleiberechts des Ausländers, insbesondere die Frage, ob Grundrechte des Ausländers einer Abschiebung entgegenstehen, sind allein von den Verwaltungsgerichten in den dafür vorgesehenen Verfahren zu prüfen.

Zwar beeinträchtigt die Sicherungshaft als solche für ihre Dauer auch die durch Art. 6 Abs. 1, 2 GG geschützte Lebensgemeinschaft. Eine solche liegt jedoch zwischen dem Betroffenen und seiner angeblichen Verlobten nicht vor; ob sie herzustellen überhaupt jemals beabsichtigt war, ist nach den Feststellungen des Landgerichts zu dem Verhalten des Betroffenen in den vergangenen 4 Jahren, aus denen auch nicht ansatzweise ein hierauf gerichteter Wille zu erkennen ist, überdies zweifelhaft.

Ende der Entscheidung

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