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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 5 W 241/06
Rechtsgebiete: GBO, GBV, BeurkG, BNotO
Vorschriften:
GBO § 12 Abs. 2 | |
GBO § 78 | |
GBO § 79 | |
GBO § 80 | |
GBV § 46 Abs. 2 | |
BeurkG § 21 Abs. 1 S. 1 | |
BNotO § 19 Abs. 1 |
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS
In der Grundbuchsache
betreffend den im Grundbuch von Blieskastel eingetragenen Grundbesitz: Band XX, Blatt XX, Flur XX,Gebäude - und Freifläche, Ackerland, Grünland, Laubwald, Raintal, 90 ar
hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts am 2. November 2006
beschlossen:
Tenor:
1. Der angefochtene Beschluss des LG Saarbrücken vom 7.7.2006 ( 5 T 155/06) wird abgeändert.
2. Das Amtsgericht Saarbrücken - Saarländisches Grundbuchamt - wird angewiesen, den Antragstellern eine vollständige beglaubigte Abschrift der Grunddienstbarkeitsbestellungsurkunde Nr. XXXX nebst beigefügtem Lageplan mit farblichen Markierungen zu übersenden.
Gründe:
I.
Die Antragsteller sind Eigentümer zu je 1/2 des Grundstücks Band XX, Blatt XX, Flur XX des Grundbuchs Blieskastel. Auf diesem Grundstück lastet ein Geh- und Fahrrecht als Grunddienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flur YY, Plannr. YY der Gemarkung Blieskastel. Die Eintragung erfolgte aufgrund der Urkunden Nr. AA vom 1.9.1982 und der Berichtigungsurkunde Nr. BB vom 19.10.1982 des Notars S.. In der Urkunde Nr. BB wird das Geh- und Fahrrecht dahingehend konkretisiert, dass es ausgeübt werden kann über die im beigefügten Lageplan grün gekennzeichnete Fläche. Der Urkunde ist ein Lageplan des Katasteramtes St.Ingbert beigefügt, auf dem Markierungen in verschiedenen Farben ersichtlich sind.
Dem Antrag der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller vom 20.9.2005, ihr eine Kopie der Grunddienstbarkeitsbestellungsurkunde zu übersenden, kam das Amtsgericht nach, indem es eine Kopie der Urkunde nebst einer Kopie des beigefügten Plans als Schwarz-Weiß-Kopie übersandte. Mit Schreiben vom 29.11.2005 erbat die Verfahrensbevollmächtigte die Kopie eines Planes, in welchem die für das Geh- und Fahrrecht in bezug genommene, grün gekennzeichnete Fläche auch entsprechend farbig gekennzeichnet ist. Das Amtsgericht lehnte dies mit der Begründung ab, eine Einfärbung durch die Mitarbeiter des Grundbuchamtes könne aus haftungsrechtlichen Gründen nicht erfolgen. Dagegen legte die Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde ein, die mit Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 16.3.2006 dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Zur Begründung wies das Amtsgericht zum einen auf Haftungsgründe, zum anderen darauf hin, dass dem Grundbuchamt kein Farbkopierer zur Verfügung stünde, mit dem die farblichen Markierungen kenntlich gemacht werden könnten. Der Verfahrensbevollmächtigten stehe es frei, Einsicht in die Grundbuchakten zu nehmen und die farblichen Markierungen selbst vorzunehmen.
Mit Beschluss vom 7.7.2006 wies das Landgericht die Beschwerde zurück. Zur Begründung führte es aus, der Anspruch auf Erteilung einer beglaubigten Abschrift bestehe nur im Umfang der technischen Ausstattung des jeweiligen Grundbuchamtes. Da das Grundbuchamt nur über einen Schwarz-Weiß-Kopierer verfüge, müsse es auch nur eine Schwarz-Weiß-Kopie zur Verfügung stellen. Zu einer eigenhändigen farblichen Markierung durch seine Mitarbeiter sei das Grundbuchamt wegen der Gefahr von Falschmarkierungen nicht verpflichtet.
II.
Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 78, 79, 80 GBO zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach § 12 Abs. 2 GBO, § 46 Abs. 2 GBV kann, soweit die Einsicht in die Grundakten gestattet ist, auch eine Abschrift verlangt werden, die auf Antrag zu beglaubigen ist. Eine beglaubigte Abschrift ist das urkundliche Zeugnis darüber, dass eine bestimmte Abschrift mit einer bestimmten Hauptschrift übereinstimmt, so dass ihr der entsprechende Erklärungs- und Beweiswert über den Inhalt der Hauptschrift zukommt. Die Abschrift hat damit dem Original - nicht notwendigerweise optisch, zwingend aber inhaltlich - uneingeschränkt zu entsprechen. Enthält eine Urkunde grafische Darstellungen welcher Art auch immer, so sind sie so "abzuschreiben", dass der Bedeutungsgehalt des Originals verlässlich wiedergegeben wird und der zur Abschrift Verpflichtete dafür die Verantwortung übernimmt. Dazu gehört folglich, dass auch farbliche Markierungen in den Originalunterlagen übertragen werden, wie sie nicht selten bestimmte Dienstbarkeiten wie im vorliegenden Fall oder den Inhalt von Wohnungseigentum - zur Bestimmung des Inhalts bestimmter Rechte wird wegen der Lage und Größe einer Teilfläche, an der ein Sondernutzungsrecht eingeräumt werden soll, regelmäßig auf eine Skizze, eine Karte oder einen Plan Bezug genommen (vgl. BayObLG DNotZ 1994, 244) - kenntlich machen. Durch solche nonverbalen Zeichen wird der Erklärungsinhalt der Urkunde erst vollständig nachvollziehbar. Würde in einer beglaubigten Abschrift auf ihre Identität sichernde Übertragung verzichtet, käme der Abschrift nur ein eingeschränkter Erklärungs- und Beweiswert zu, weil sie nur teilidentisch mit der Hauptschrift wäre.
Der durch das Amtsgericht - Saarländisches Grundbuchamt - überlassene Schwarz-Weiß-Plan gibt den wesentlichen Inhalt der Urkunde, nämlich den Verlauf des Geh- und Fahrrechts, nicht zuverlässig wieder, wie die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller nachvollziehbar dargelegt hat und das Amtsgericht inzident einräumt, wenn es zur Begründung der Ablehnung einer farblichen Markierung von Hand - zutreffend - ausführt, sie könnte Haftungsrisiken begründen.
Der Erklärungs- oder Beweiswert kann im übrigen auch gar nicht durch die Vornahme von farblichen Markierungen durch Mitarbeiter des Grundbuchamtes herbeigeführt werden. So hat das Bayerische Oberste Landesgericht in einem Beschluss vom 21.3.1996 ( 2 Z BR 124/95, NJW-RR 1996, 1038,1039) ausgeführt, dass sich das Wohnungseigentumsgericht bei einem Streit über den Umfang einer Sondernutzungsfläche im Zweifel nicht mit einer Ablichtung des Lageplans begnügen darf , in dem die farbliche Kennzeichnung von Hand angebracht wurde, sondern die Grundakten beizuziehen und den darin befindlichen Plan der Entscheidung zugrunde zu legen hat.
Vor diesem Hintergrund ist es der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller auch nicht zuzumuten, die Markierungen im Rahmen der Einsicht in die Grundbuchakten selbst auf der Kopie vorzunehmen. Bei Geschäften, die im Grundbuch eingetragene oder einzutragende Rechte zum Gegenstand haben, soll sich der Notar nach § 21 Abs. 1 S. 1 BeurkG über den Grundbuchinhalt unterrichten. Die Vorschrift stellt es in das pflichtgemäße Ermessen des Notars, wie er sich unterrichtet; er kann sich aller ihm zuverlässig erscheinender Mittel bedienen (BGH vom 13. 6. 1995 - IX ZR 203/94 - VersR 95, 1246 = WM 95, 1502 (1503) m. w. N.). Für die Richtigkeit der Einsicht hat er aber im Rahmen des § 19 Abs. 1 BNotO haftungsrechtlich einzustehen. So wenig das Amtsgericht für farbliche Markierungen eine Haftung zu übernehmen bereit ist, so wenig ist es aber der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zuzumuten, sie zu übernehmen.
Den Antragstellern steht mithin ein Anspruch auf Übersendung einer Abschrift zu, die auch die farblichen Markierungen der Hauptschrift beinhaltet. Dies ist technisch ohne weiteres mittels eines Farbkopierers möglich. Dass das Amtsgericht nicht über diese technische Möglichkeiten zur Erstellung von Farbkopien verfügt, steht dem Anspruch nicht entgegen. Ein Staat, der hinnimmt oder gar aus Gründen der Rechtssicherheit vorsieht, dass in seinen Registern Farbdokumente verwahrt werden und der zugleich einem Dritten einen Anspruch auf eine beglaubigte Abschrift gewährt, kann sich diesem Versprechen, solange es mit allgemein zugänglichen Mitteln technisch erfüllt werden kann, nicht dadurch entziehen, dass er sich die technischen Mittel nicht beschafft. Registergerichte müssen daher entweder darauf verzichten, für sie nicht reproduzierbare Dokumente zu verwahren oder die Reproduzierbarkeit sicherstellen. Damit erfüllen sie die verfassungsrechtliche Pflicht, für eine funktionsfähige und wirksame Rechtspflege zu sorgen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst ( § 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostO). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Ende der Entscheidung
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