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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.08.2005
Aktenzeichen: 5 W 243/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 273 Abs. 2 Ziffer 4
ZPO § 377 Abs. 2
ZPO § 380
ZPO § 380 Abs. 1
ZPO § 380 Abs. 3
ZPO § 381 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2 Ziffer 1
ZPO § 568 Abs. 1
ZPO §§ 569 ff
Das Nichterscheinen des Zeugen im Termin ist dann nicht genügend entschuldigt, wenn der Zeuge lediglich geltend macht, den Termin ordnungsgemäß in seinem elektronischen Terminplaner eingetragen, den akustischen Hinweis wohl aber überhört zu haben, oder der Terminplaner habe kein akustisches Signal ausgesendet.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 243/05

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Fries als Einzelrichterin

am 24.8.2005

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Zeugen L. gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 26.7.2005, 15 O 327/03, wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird auf 250 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

In dem Verfahren 15 O 327/03 wurde der Beschwerdeführer mit prozessleitender Verfügung vom 18.4.2005 von dem zuständigen Einzelrichter zu einem auf den 3.6.2005 anberaumten Haupttermin als Zeuge unter Mitteilung des Beweisthemas " Rauchgasentlüfter" formlos geladen (Bl. 158 ff d.A.).Nachdem der Beschwerdeführer als Zeuge im Termin vom 3.6.2005 nicht erschienen war (Bl. 163 d.A.), wurde er mit prozessleitender Verfügung vom 8.6.2005 erneut als Zeuge unter Mitteilung des Beweisthemas zum einem auf den 22.7.2005 anberaumten Termin geladen (Bl. 161 RS d.A. d.A.); die Ladung ist dem Beschwerdeführer (Zeugen) am 11.6.2005 zugegangen (Bl. 182 d.A.). In der am 22.7.2005 auf 8.00 Uhr anberaumten Terminstunde war der Beschwerdeführer nicht erschienen (vgl. Bl. 192 d.A.). Mit Faxschreiben vom selben Tag entschuldigte er sich für sein Ausbleiben damit, dass der Termin ordnungsgemäß in seinem elektronischen Terminplaner eingetragen gewesen sei und er den akustischen Hinweis wohl überhört habe, seine Sekretärin ihn um 8.20 Uhr telefonisch an den Termin erinnert habe, er sogleich bei Gericht angerufen habe und ihm mitgeteilt worden sei, dass eine Anreise, die er wegen des Verbringens seiner Kinder in den Kindergarten nicht vor 9.45 Uhr habe bewerkstelligen können, nicht mehr sinnvoll sei (Bl. 198 d.A.).

Mit Beschluss vom 26.7.2005, zugestellt am 2.8.2005, verhängte der zuständige Einzelrichter gegen den Zeugen wegen des Nichterscheinens im Termin vom 22.7.2005 ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 Euro, für den Fall dessen Uneinbringlichkeit für je 50 Euro einen Tag Ordnungshaft, und legte dem Zeugen zugleich die durch das Ausbleiben im Termin verursachten Kosten auf (Bl. 199 ff / 204 d.A.).

Hiergegen legte der Zeuge mit bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 16.8.2005 sofortige Beschwerde ein. Er rügt, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben sei, weil er sein Fernbleiben hinreichend entschuldigt habe, wie sich seinem Schreiben vom 22.7.2005 an das Gericht entnehmen lasse. Er habe durch Eintragung des Termins in seinen elektronischen Terminplaner hirneichend dafür Sorge getragen, dass er auf den Termin hingewiesen werde. Soweit der Terminplaner kein akustisches Signal gesendet oder er dieses ausnahmsweise überhört habe, liege hierin kein Verschulden. Auch habe seine Sekretärin ihn um 8.20 Uhr an den Termin erinnert und habe er daraufhin bei Gericht nachgefragt, ob er noch erscheinen solle, was verneint worden sei. Im Übrigen sei das verhängte Ordnungsgeld im Hinblick auf den sofortigen, sein Fernbleiben entschuldigenden Anruf sowie das in den in dem Parallelverfahren 15 O 328/03 verhängte Ordnungsgeld, in dem Termin auf die selbe Uhrzeit anberaumt worden sei, überhöht.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 212 ff d.A.).

II.

1. Das Beschwerdegericht hat gemäß § 568 Abs. 1 ZPO durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden, weil auch die angefochtene Entscheidung durch den Einzelrichter getroffen wurde.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 380 Abs. 3, 567 Abs. 2 Ziffer 1, 569 ff ZPO statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Denn auf der Grundlage des sich im Verfahren der sofortigen Beschwerde darstellenden Sach- und Streitstandes kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen, unter denen das Gericht gemäß § 380 Abs. 1 ZPO einem im Termin nicht erschienenen Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen sowie ein Ordnungsgeld zu verhängen hat, nicht vorliegen.

Gemäß § 380 Abs. 1 ZPO ist zwingend gegen einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht zum Termin erscheint, von Amts wegen ein Ordnungsgeld zu verhängen und sind ihm auch die Kosten aufzuerlegen, die durch sein Ausbleiben verursacht werden.

Die Vorschrift des § 380 ZPO bezweckt eine Achtung und Durchsetzbarkeit staatsbürgerlicher Ehrenpflichten, die einen Zeugen treffen können; sie dient in keinem Fall der Bestrafung, was bei der Auslegung der Vorschrift mit zu berücksichtigen ist (vgl. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 380 Rdnr. 1). Gemäß § 381 Abs. 1 ZPO hat die Festsetzung eines Ordnungsmittels und die Auferlegung der Kosten zu unterbleiben, wenn der Zeuge sein Ausbleiben rechtzeitig entschuldigt. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so unterblieben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft.

a. Der Zeuge L. ist zu dem auf den 22.7.2005 anberaumten Hauptverhandlungs- und Beweisaufnahmetermin ordnungsgemäß geladen worden.

Ordnungsgemäß geladen ist der Zeuge dann, wenn ihm die Ladung rechtzeitig und mit einem dem in § 377 Abs. 2 ZPO vorgeschriebenen Inhalt, also insbesondere unter Bekanntgabe des Beweisthemas, übermittelt wurde, was auch dann gilt, wenn das Gericht zur Vorbereitung des Termins gemäß § 273 Abs. 2 Ziffer 4 ZPO Zeugen zur mündlichen Verhandlung lädt (vgl. statt aller OLG Celle, NJW 1977, S. 540 sowie Senat, Beschl. v. 24.8.2005, 5 W 244/05-74, m.z.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, was auch von dem Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt wird.

Im Termin vom 22.7.2005 ist der Zeuge L. trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.

b. Soweit die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gemäß § 381 Abs. 1 ZPO unterbleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird bzw. wenn im Falle nicht rechtzeitiger Entschuldigung der Zeuge glaubhaft macht, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft, oder aber ein entsprechender Beschluss aufzuheben ist, wenn die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich erfolgen, liegen diese Voraussetzungen insgesamt nicht vor.

Dass der Zeuge sein Ausbleiben rechtzeitig genügend entschuldigt hat, kann nicht festgestellt werden. Rechtzeitig ist die Entschuldigung grundsätzlich dann, wenn hierdurch ein unnötiger Verfahrensaufwand vermieden werden kann, sie dem Gericht also zu einem Zeitpunkt zugeht, in dem die Aufhebung des Termins und die Abladung anderer Prozessbeteiligter noch ohne Weiteres möglich ist (vgl. statt aller Thomas-Putzo-Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 381, Rdnr. 2). Dass er sich in diesem Sinn rechtzeitig entschuldigt hat, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht.

Es kann aber auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Nichterscheinen im Termin genügend entschuldigt hat.

Eine genügende Entschuldigung des Ausbleibens erfordert, dass der Zeuge Tatsachen vorträgt, die sein Ausbleiben rechtfertigen. Solche Tatsachen hat der Beschwerdeführer indes nicht vorgetragen. Soweit er sich darauf stützt, er habe den Termin ordnungsgemäß in seinen elektronischen Terminplaner eingetragen, den akustischen Hinweis aber wohl überhört (Faxschreiben vom 22.7.2005, Bl. 198 d.A.), oder aber der Terminplaner habe kein akustisches Signal ausgesendet (Schriftsatz vom 12.8.2005, Bl. 207 ff / 208 d.A.), ist dieses Vorbringen nicht geeignet, den Beschwerdeführer genügend zu entschuldigen. Davon, dass der elektronische Terminplaner defekt oder störanfällig gewesen ist und deshalb kein akustisches Signal ausgesendet hat, kann nicht ausgegangen werden; hierfür hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Dass er das akustische Signal womöglich überhört hat, entlastet den Beschwerdeführer nicht. Wer mit elektronischen Medien arbeitet, hat in ausreichendem Maß dafür Sorge zu tragen, dass Kommunikation und Empfang mit diesen Medien reibungslos verläuft. Umstände, die ihn ausnahmsweise daran gehindert haben könnten, das akustische Signal wahrzunehmen, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Dass der Beschwerdeführer um 8.20 Uhr - und somit erst nach Beginn der Terminstunde- von seiner Sekretärin, die ihn nach seiner Einlassung zu Hause telefonisch erreicht hat, an den Beweisaufnahmetermin erinnert worden ist, kann den Beschwerdeführer ebenfalls nicht entlasten. Auch dies zeigt, dass der Beschwerdeführer offensichtlich keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hat, zu dem Termin rechtzeitig zu erscheinen. Im Übrigen zeigt das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers im Faxschreiben vom 22.7.2005 deutlich, dass er sich nicht auf den Termin eingerichtet hat, weil er, wie er ausführt, vor einer (verspäteten) Anreise nach S. zunächst noch seine Kinder in den Kindergarten hat verbringen müssen.

c. Die Höhe des auferlegten Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer, der wiederholt einer Zeugenladung nicht gefolgt ist ( so schon zum Termin vom 3.6.2005), ist nicht zu beanstanden ( Art. 6 EG StGB).

Demzufolge hat das Rechtsmittel des Beschwerdeführers insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO (vgl. Zöller-Herget, aaO, § 3, Rdnr. 16 "Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung).

Die Rechtsbeschwerde ist mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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