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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 09.01.2009
Aktenzeichen: 5 W 284/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567
ZPO § 569
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 284/08

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 29.09.2008 - Az.: 1 O 361/05 - durch den Richter am Oberlandesgericht Reichel als Einzelrichter

am 09. Januar 2009

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert beträgt 394,30 EUR.

Gründe:

I.

Durch Urteil vom 04.04.2008 des Landgerichts Saarbrücken (Az: 1 O 361/05) wurde die Klägerin verurteilt, die Kosten der Streithelferin zu tragen. Der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin war zu zwei Terminen, am 13.10.2006 und am 23.02.2007, von München nach Saarbrücken mit dem Flugzeug angereist. Die Streithelferin hatte deshalb unter anderem die Festsetzung von Flugkosten in Höhe von 607,59 EUR und 706,13 EUR für die Business-Class, von Taxikosten in Höhe von 68,97 EUR und 45,79 EUR sowie von Parkkosten in Höhe von 15,95 EUR und 16,39 EUR beantragt. Die Flugkosten in der Economy-Class hätten sich auf jeweils 481,15 EUR belaufen. Die Bahnfahrt 1.Klasse hätte 284,00 EUR gekostet.

Die Rechtspflegerin beim Landgericht setzte im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.09.2008 (Bl. 532 d.A.) die geltend gemachten Reisekosten in Höhe von jeweils 481,15 EUR für die Flugkosten in der Economy-Class, von jeweils 45,79 EUR für die Taxifahrten und hinsichtlich der Parkkosten in der geltend gemachten Höhe fest.

Gegen den am 09.10.2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss legte die Klägerin mit Anwaltsschriftsatz am 23.10.2008 (Bl. 538 d.A.) sofortige Beschwerde ein und rügte, dass höhere Reisekosten festgesetzt worden seien als die Kosten einer Bahnfahrt 1.Klasse ohne Übernachtung. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht Flugkosten der Economy-Class von München nach Saarbrücken als erstattungsfähig angesehen.

(a)

Bei der Bemessung der erstattungsfähigen Reisekosten ist der Grundsatz zu berücksichtigen, nach dem eine Partei gehalten ist, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen. Eine Erstattung von Flugkosten ist deshalb nur zu billigen, wenn die Mehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu den Kosten der Benutzung anderer Verkehrsmittel und der Zeitersparnis stehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die geltend gemachten Kosten sich in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung des Rechtsstreits bewegen, was etwa bei kostspieligen Fahrten an den Gerichtsort in Bagatellstreitigkeiten zu verneinen ist (BGH, Beschl. v. 13.12.2007 - IX ZB 112/05 - NJW-RR 2008, 654). Teilweise wird bei der Vergleichsrechnung auf die Kosten für eine Bahnfahrt (so BGH, Beschl. v. 13.12.2007 - IX ZB 112/05 - NJW-RR 2008, 654 ohne Differenzierung zwischen 1. und 2.Klasse) abgestellt, teilweise auf die Kosten für die Benutzung des eigenen Pkw (OLG Naumburg, JurBüro 2006,87). Unter dem Gesichtspunkt der Zeitersparnis sollen Flugreisekosten grundsätzlich zu erstatten sein, wenn sich durch den Flug der Zeitaufwand für die Anreise gegenüber einer Fahrt mit der Bahn um drei Stunden verkürzt (OLG Hamburg, Rpfleger 2008, 445). Die Entfernung zwischen München und Frankfurt am Main soll die Benutzung eines Flugzeuges rechtfertigen (OLG Frankfurt, MDR 2008, 1005). Umstritten ist, ob die Flugkosten nur bis zur Höhe des Betrages erstattungsfähig sind, der bei der Benutzung der Economy-Class angefallen wäre (so OLG Frankfurt, MDR 2008, 1005), oder ob auch die Kosten der Business-Class erstattungsfähig sind (so OLG Hamburg, Rpfleger 2008, 445).

Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung der Rechtspflegerin nicht zu beanstanden. Sowohl wegen der Wegstrecke und der Zeitersparnis, die bei der Benutzung des Flugzeuges zu erzielen war, als auch der nur relativ geringen Kostendifferenz zwischen den Flugkosten der Economy-Class und den Kosten einer Bahnfahrt (1.Klasse) bzw. den Kosten für die Benutzung des eigenen Pkw's als auch dem angemessenen Verhältnis der geltend gemachten Kosten zu der Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits sind die festgesetzten Flugkosten als notwendig im Sinne von § 91 ZPO anzusehen.

Die Bahnfahrt von München nach Saarbrücken dauert zwischen 4,5 und 5,5 Stunden. Zuzüglich der Fahrten vom Wohnort zum Bahnhof und vom Bahnhof zum Gericht dauert die Hin- und Rückfahrt deshalb mehr als 10 Stunden, so dass Kosten für eine Übernachtung von rund 80,00 EUR bis 100,00 EUR und ein weiteres Abwesenheitsgeld (nach Nr. 7005 VV zum RVG) hinzuzurechnen sind. Bei einem höheren Zeitaufwand als 10 Stunden für den Hin- und Rückweg sind grundsätzlich Übernachtungskosten erstattungsfähig (OLG Dresden, Rpfleger 1998, 444). Einem Prozessbeteiligten kann auch nicht abverlangt werden, Reisen zur Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 1654). Eine Anreise, bei welcher der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin seine Wohnung vor 6.00 Uhr morgens hätte verlassen müssen, kann deshalb nicht verlangt werden. Weil der Termin am 23.02.2007 nur rechtzeitig hätte erreicht werden können, wenn die Fahrt deutlich vor 6 Uhr morgens begonnen worden wäre, hätten bei einer Bahnfahrt Übernachtungskosten berücksichtigt werden müssen. Die Bahnfahrt 1.Klasse hätte demnach Kosten von 284,00 EUR + 80,00 EUR bis 100,00 EUR Übernachtungskosten + Abwesenheitsgeld für den Folgetag bis zu 60,00 EUR nach Nr. 7005 VV zum RVG verursacht, insgesamt also rund 440,00 EUR. Dem stehen die festgesetzten Flugkosten von 481,15 EUR gegenüber. Wegen der erheblichen Zeitersparnis (Flugzeit nur eine Stunde - gegenüber 4,5 bis 5,5 Stunden für die Bahnfahrt) sind die Flugkosten der Economy-Class jedenfalls noch angemessen und erstattungsfähig. Ob dies auch für die Flugkosten der Business-Class gelten würde, kann vorliegend offen bleiben.

Mit den Flugkosten zu vergleichen sind im vorliegenden Fall die Kosten einer Bahnfahrt 1.Klasse in Höhe von 284,00 EUR, nicht die Kosten einer Bahnfahrt 2.Klasse. Denn eine Bahnfahrt 1.Klasse hätte keine höheren Kosten als die Fahrt mit dem eigenen Pkw verursacht, der im Regelfall benutzt werden darf. Die Entfernung zwischen München und Saarbrücken beträgt rund 470 Km. Die Fahrt mit dem eigenen Pkw hätte deshalb zu Kosten in Höhe von 282,00 EUR pro Gerichtstermin geführt (2 x 470 km x 0,3 EUR - Nr. 7003 VV zum RVG). Für die einfache Fahrstrecke sind mit dem Pkw mindestens 4,5 Stunden zu berücksichtigen zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von mindestens 1 Stunde wegen verkehrsbedingten Verzögerungen. Für die Hin- und Rückfahrt wären damit mehr als 10 Stunden erforderlich gewesen. Bereits dies rechtfertigte die Berücksichtigung von Übernachtungskosten. Außerdem wäre eine Abfahrt vor 6 Uhr morgens nötig gewesen, um am 23.02.2007 um 10.15 bei Gericht sicher anwesend zu sein. Hinzu kommt ein Abwesenheitsgeld von bis zu 60,00 EUR nach Nr. 7005 VV zum RVG für den zweiten Tag nach der Übernachtung. Es errechnen sich damit für die Fahrt mit dem eigenen Pkw ebenfalls rund 440,00 EUR.

Wegen der Zeitersparnis von rund 3,5 Stunden gegenüber der Bahnfahrt und der Fahrt mit dem eigenen Pkw pro Fahrtstrecke sind die nur relativ gering höheren Flugkosten deshalb erstattungsfähig. Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits lässt die Reisekosten im konkreten Fall auch nicht unangemessen erscheinen.

Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten dem Grunde nach hat die Klägerin - zu Recht - nicht in Frage gestellt. Die festgesetzten Taxikosten und Parkkosten hat die Klägerin ebenfalls nicht angegriffen, denn sie wären bei der von der Klägerin verlangten Bahnfahrt ebenfalls angefallen. Das Beschwerdevorbringen befasst sich auch nicht mit diesen - im Übrigen nachgewiesenen - Kosten.

(b)

Nach alledem ist die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Der Kostenausspruch beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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