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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: 5 W 42/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 2
ZPO § 406 Abs. 1
ZPO § 406 Abs. 2 S. 1
ZPO § 406 Abs. 2 S. 2
ZPO § 406 Abs. 5
ZPO § 411 Abs. 4
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 121
Das Befangenheitsgesuch gegen einen gerichtlich bestellten Sachverständigen ist begründet, wenn dieser seinen Gutachtenauftrag dadurch überschreitet, dass er eine dem Gericht vorbehaltene Beweiswürdigung vornimmt und seiner Beurteilung nicht vorgegebene Anknüpfungstatsachen zu Grunde legt. Es ist ferner dann begründet, wenn sich der gerichtlich bestellte Sachverständige nicht mit der gebotenen Sachlichkeit mit den durch Privatgutachten substantiierten Einwendungen gegen sein Gutachten auseinandersetzt.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 42/08

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Groß als Einzelrichterin

am 11.3.2008

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 23.1.2008, 15 O 23/07, abgeändert und das Ablehnungsgesuch des Beklagten gegen den Sachverständigen Dr. K. für begründet erklärt.

2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt. 3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Eigentümerin des Fahrzeugs BMW 320 D, amtliches Kennzeichen XXX, auf Schadensersatz in Höhe von 10.179,75 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Fahrzeug war von einer Fa. A. A. M. GmbH geleast worden, die es einem ihrer Mitarbeiter, dem Zeugen K2, zur Nutzung überlassen hatte.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass am 21.9.2002, als der Zeuge K2 das Fahrzeug vor seinem Wohnhaus abgestellt hatte, der gesamte Lack des Fahrzeugs dadurch beschädigt worden sei, dass der Beklagte - ein Nachbar des Zeugen K2 - neben seinem Grundstück und circa 25 m bis 30 m vom Fahrzeug der Klägerin entfernt erhebliche Mengen an Kartons, Abfall und Zementsäcken verbrannt habe und es zu einem erheblichen Funken- und Ascheflug gekommen sei, der das gesamte Fahrzeug bedeckt habe. Auf der gesamten Lackoberfläche sei eine punktuelle Verätzung des Lacks bis in die Basislackschicht aufgetreten, so dass eine gesamte Lackierung des Fahrzeugs erforderlich geworden sei.

Der Beklagte ist dem vollumfänglich entgegen getreten und hat eingewandt, dass er am Vormittag lediglich das Verpackungspapier seiner neu gelieferten Waschmaschine und seines neu gelieferten Trockners an einer außerhalb der Bebauung liegenden Feuerstelle verbrannt habe. Das von ihm entzündete Feuer habe auf an dieser Stelle bereits von einem anderen Anwohner verbrannte Schnittrückstände übergegriffen, wodurch lediglich etwas Rauch und Qualm entstanden sei.

Das Landgericht ordnete nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen zu der Frage der Beschädigung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch Funken- und Ascheflug in Folge eines von dem Beklagten entfachten Feuers (Bl. 109, 144 ff d.A.) die Einholung eines Sachverständigengutachtens an zu der Behauptung der Klägerin und gegenbeweislich hierzu auf Antrag des Beklagten, ein in Folge der Verbrennung von Kartons, Abfall und Zementsäcken entstandener Funken- und Ascheflug habe zu punktuellen Verätzungen des Lacks bis auf die Basislackschicht des in Rede stehenden Fahrzeugs geführt, wodurch die gesamte Lackierung zerstört worden sei. Es hat dem Sachverständigen aufgegeben, sich auch dazu zu äußern, inwiefern es sich um einen von der Verbrennung von altem Rasenschnitt, Astzweigen oder geschnittenen Heckenresten resultierenden Funken - oder Ascheflug handeln könne, sowie dazu, ob die Schäden auch von solchen Partikeln herrühren könnten, die nicht mehr als glühende Funken optisch wahrnehmbar seien. Weiter hat es ihm aufgegeben, sich mit den Feststellungen der von der Fa. K3 und der D. erstellten Privatgutachten auseinanderzusetzen (Bl. 165 ff d.A.). Mit der Erstattung des Gutachtens beauftragte es den Sachverständigen Dr. K..

Nachdem dieser das Gericht um Anforderung der Originalfotos bei der Gutachtenzentrale K3, auch in digitaler Form, gebeten hatte, gab dieses den Parteien auf, binnen Frist dem gerichtlich bestellten Sachverständigen die angeforderten Unterlagen zukommen zu lassen. Die Parteien teilten mit, dem Sachverständigen die ihnen vorliegenden Fotos zur Verfügung stellen zu können. Ferner wies der Beklagte den Sachverständigen darauf hin, dass lediglich der Gutachter selbst die Bilder im Original per Mail zur Verfügung stellen könne (Schriftsatz vom 18.10.2007, Bl. 276 ff d.A.). Der Sachverständige forderte daraufhin über die Prozessbevollmächtigten der Klägerin von der Gutachtenzentrale K3 (Faxsendeberichte vom 20.10.2007 und 24.10.2007, Bl. 272, 274 d.A.) die Originaldateien an.

Der Sachverständige Dr. K. erstattete sodann am 26.10.2007 sein Gutachten (Bl. 183 ff d.A.). Mit Verfügung vom 30.10.2007 setzte das Gericht den Parteien eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen (Bl. 191 RS d.A.), die auf Antrag des Beklagten bis zum 5.12.2007 verlängert wurde (Bl. 194 d.A.).

Mit am 5.12.2007 eingegangenem Schriftsatz (Faxschreiben) lehnte der Beklagte den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung verwies er unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des beauftragten Gutachters der D. (H.) darauf, dass der Sachverständige bei seiner Begutachtung nicht die Vorgaben des Beweisbeschlusses und den unstreitigen Sachvortrag, sondern punktuell herausgegriffene Aussagen von Zeugen zu Grunde gelegt habe und so zu der bloßen Vermutung gelangt sei, dass die auf den Fotografien erkennbaren farblosen, transparenten und überwiegend rundlichen Anschmelzungen auf die Verbrennung von Kunststofffolien, mit denen Zementsäcke meist ausgekleidet seien, zurückzuführen sei. Auch sei das Gutachten nicht auf der Basis von technischen oder wissenschaftlichen Untersuchungen erfolgt. Die von dem Sachverständigen herangezogenen Lichtbilder seien jedenfalls nicht derart aussagekräftig, dass eine sachverständige Zuordnung der Lackbeschädigungen möglich sei. Denn auch Beschädigungen durch Baumharz, Kalk und sauren Regen zeigten ein gleichartiges optisches Erscheinungsbild. Der Sachverständige habe offensichtlich ergebnisorientiert die Zeugenaussagen ausgewertet und weder eine kritische Auseinandersetzung mit dem wechselseitigen Parteivortrag noch mit den vorliegenden Privatgutachten vorgenommen. Von daher habe sich der Sachverständige so weit von dem ihm erteilten Gutachtenauftrag entfernt, dass die Besorgnis der Befangenheit bestehe. Diese werde noch dadurch gestützt, dass der Sachverständige sich, ohne ihn zu informieren, bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin Lichtbilder besorgt habe, obwohl es Sache des Gerichts sei zu bestimmen, in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt sei und mit den Parteien in Verbindung treten dürfe (Bl. 206 ff d.A.).

Der Sachverständige Dr. K. nahm zu dem Befangenheitsgesuch mit Schreiben vom 15.12.2007 Stellung (Bl. 220 ff d.A.). Er verwies unter anderem darauf, dass er sich an die Vorgaben im Beweisbeschluss gehalten habe, weil er auch zu der Frage habe Stellung nehmen sollen, ob Schäden von solchen Partikeln herrühren könnten, die nicht mehr als glühende Funken optisch erkennbar seien. Soweit der von dem Beklagten um Stellungnahme zu seinem Gutachten gebetene Privatsachverständige H. alternative Schadensursachen wie sauren Regen, Baumharz oder Kalkflecke anführe, möge dieser ein leidlicher Kfz- Ingenieur sein, habe aber von Kunststoffen nicht die geringste Ahnung. Seine Vermutung, dass der Lack durch saueren Regen oder Kalk beschädigt worden sei, sei absurd, dann müssten alle Fahrzeuge in Deutschland beschädigt sein. Die geäußerte Vermutung, Baumharz habe die Schäden verursacht, habe dagegen noch einen gewissen Charme, Baumharz sei jedoch mit einem benzingetränkten Lappen, da mangels Hitze nicht eingebrannt, problemlos zu entfernen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.12.2007 (Bl. 226 ff d.A.) sein Befangenheitsgesuch aufrechterhalten und dies damit begründet, dass sich der Sachverständige in unsachlicher Weise zu den Ausführungen des Privatsachverständigen H. geäußert habe und, ohne sich argumentativ auseinanderzusetzen, auf seiner Auffassung beharre. Die den Sachverständigen H. abqualifizierenden Äußerungen seien ebenfalls geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen.

Der Sachverständige Dr. K. nahm zu dem Befangenheitsgesuch mit Schreiben vom 29.12.2007 Stellung (Bl. 230 d.A.).

Das Landgericht hat, nachdem der Beklagte sein Befangenheitsgesuch vom 5.12.2007 und vom 21.12.2007 aufrechterhalten hat, mit Beschluss vom 23.1.2008 den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen (Bl. 243 ff d.A.). Es hat hierzu ausgeführt, dass das Gesuch vom 5.12.2007 bereits unzulässig sei, da der Antrag nicht rechtzeitig im Sinne von § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO, also nicht unverzüglich gestellt worden sei. Der Umstand, dass dem Beklagten die Stellungnahmefrist verlängert worden sei, ändere hieran nichts. Das Gesuch sei aber auch unbegründet. Auch wenn der Sachverständige seine Feststellungen auf bestimmte Zeugenaussagen gestützt habe, begründe diese Vorgehensweise nicht die Besorgnis der Befangenheit. Denn methodische Fehler ließen keinen Schluss auf die innere Einstellung eines Sachverständigen der Partei gegenüber zu, wobei hinzukomme, dass die sprachliche Fassung des Beweisbeschlusses dem Gutachter nicht unzweideutig habe erscheinen müssen, sondern vielmehr Interpretationsspielraum offen gelassen habe. Auch habe der Sachverständige deutlich zu erkennen gegeben, dass die von ihm vorgenommene Bewertung das Ergebnis einer fachlichen Prüfung sei. Das Ablehnungsgesuch sei auch insoweit unbegründet, als die Vorgehensweise des Sachverständigen bei der Beschaffung der Lichtbilder gerügt werde. Das Ablehnungsgesuch im Schriftsatz vom 21.12.2007 habe ebenfalls keinen Erfolg. Zwar habe sich der Sachverständige nicht mit der gebotenen Sachlichkeit zu der persönlichen Qualifikation des Privatsachverständigen H. geäußert und seien seine Äußerungen geeignet, den Privatsachverständigen in einem negativen Licht erscheinen zu lassen. Nach den konkreten Umständen genüge dies indes nicht, die Ablehnung zu rechtfertigen, weil es sich bei den Äußerungen um eine emotional geprägte Spontanreaktion gehandelt habe. Die vorgetragenen Einwendungen gegen die Brauchbarkeit des Gutachtens im Übrigen rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit ebenfalls nicht.

Gegen den ihm am 24.1.2008 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit am 7.2.2008 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 267 ff d.A.).

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 289/290 d.A.).

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

1.

Das Ablehnungsgesuch ist insgesamt zulässig. Der Beklagte hat die von ihm vorgebrachten Ablehnungsgründe nicht, auch nicht soweit es das Befangenheitsgesuch vom 5.12.2007 betrifft, verspätet geltend gemacht.

§ 406 Abs. 2 S. 2 ZPO verlangt, dass der Ablehnungsantrag innerhalb einer Zweiwochenfrist gestellt wird. Versäumt die Partei diese Frist, muss sie glaubhaft machen, dass sie ohne ihr Verschulden gehindert gewesen ist, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Eine unverschuldete Verhinderung kann darin liegen, dass sich der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt des Gutachtens ergibt. In einem solchen Fall ist der Antrag unverzüglich im Sinne von § 121 BGB nach Kenntnis von dem Ablehnungsgrund zu stellen. Das bedeutet, dass der Ablehnungsantrag zwar nicht sofort, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalles angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist. In einem einfach gelagerten Fall können bereits wenige Tage ausreichend sein, um die das Ablehnungsgesuch stützenden Tatsachen zu erkennen und vorzutragen. Hingegen kann sich die Frist je nach Sachlage verlängern, wenn der Ablehnungsgrund erst nach sorgfältiger Prüfung des Gutachtens zu erkennen ist. Ob hierbei eine vom Gericht gesetzte Frist für die Stellungnahme zum Gutachten (§ 411 Abs. 4 ZPO) maßgebend ist, der Antrag also dann nicht gemäß § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO verspätet ist, wenn der Antragsteller diese Frist ausschöpft, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur unterschiedlich gesehen. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Zwei-Wochen-Frist nach § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO gelte grundsätzlich auch für § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO und bilde im Interesse des Prozessgegners eine Obergrenze auch dort, wo eine längere Frist zur Stellungnahme zum Gutachten nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzt worden sei (vgl. beispielhaft OLG München, OLGR 2004, 117). Nahezu einhellig wird die Auffassung vertreten, dass die den Umständen des Einzelfalles angepasste Prüfungs- und Überlegungsfrist nicht der vom Gericht gesetzten Frist des § 411 Abs. 4 ZPO zur Stellungnahme zum Gutachten entspreche, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens gerade nicht erfordere (vgl. beispielhaft OLG Frankfurt, OLGR 1995, 139; OLG Koblenz, NJW-RR 1999, 72; OLG Köln, OLGR 1995, 147; Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 406, Rdnr. 10, m.w.N.). Der BGH hat, dem OLG Düsseldorf (OLGR Düsseldorf 2001, 469) folgend, indes entschieden (Beschl. v. 15.3.2005, VI ZB 74/04, NJW 2005, 1896), dass dann, wenn sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens ergebe, im allgemeinen die Frist für die Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten - auch verlängerten- Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ablaufe, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrages mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen müsse (so auch Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 406, Rdnr. 7; OLG Nürnberg, MDR 2007, 295).

Dem ist zuzustimmen. Denn schon aus Gründen der Rechtssicherheit muss die Partei wissen, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht. Ihr kann nicht angesonnen werden, binnen kürzerer als der vom Gericht gesetzten Stellungnahmefrist sozusagen eine Vorprüfung des Gutachtens vorzunehmen, nur um feststellen zu können, ob das Gutachten aus ihrer Sicht Mängel enthält, die nicht nur einen Ergänzungsantrag nötig machen, sondern sogar die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Dies liefe dem Sinn und Zweck der gemäß § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist zuwider, die es gerade ermöglichen soll, dass die Partei innerhalb angemessener Frist Überlegungen anstellen und sachkundigen Rat einholen kann. Kommt eine Partei auf Grund der inhaltlichen Prüfung des Gutachtens zu dem Ergebnis, dass dieses unrichtig oder ergänzungsbedürftig ist, wird diese Einschätzung regelmäßig einen Ergänzungsantrag rechtfertigen. Führt die Partei darüber hinaus bestimmte Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten darauf zurück, dass der Sachverständige ihr gegenüber voreingenommen ist, ist auch diese Besorgnis der Befangenheit das Ergebnis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten. Die Länge der Frist, binnen derer die Partei das Ergebnis ihrer Prüfung des Gutachtens in Antragsform anzubringen hat, kann deshalb nicht davon abhängig sein, ob letztlich ein Ergänzungs- oder Befangenheitsantrag oder eine Kombination aus beiden Anträgen eingereicht wird (vgl. Senat, Beschl. v. 14.12.2006, 5 W 276/06-82, OLGR 2007, 374 u. MedR 2007, 484; Beschl.v. 8.11.2007, 5 W 287/07-100).

2.

Der Antrag ist auch begründet.

a.

Gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Demnach liegt eine zur Ablehnung berechtigende Besorgnis der Befangenheit vor, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend objektive Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen. Dies setzt -von dem Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung- die Befürchtung voraus, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber.

Das Verfahren der Ablehnung eines Sachverständigen ist indes nicht dazu bestimmt zu überprüfen, ob seine Beurteilung der beweisrechtlichen Fragen, um deren Beantwortung er gebeten worden ist, sachlich richtig oder falsch ist. Die wirkliche oder vermeintliche Unzulänglichkeit der sachverständigen Begutachtung mag die Anordnung der Ergänzung oder Erläuterung des Gutachtens oder eine neue Begutachtung durch denselben oder einen anderen Sachverständigen erforderlich machen; die Ablehnung rechtfertigt sie nicht (Senat, Beschl. v. 30.1.2008, 5 W 318/07-110, m.w.N.).

Gründe, die geeignet sind, Zweifel an der Unvoreingenommenheit zu erregen, können zum Beispiel Spannungen zwischen dem Sachverständigen und der Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten oder sonstigen Hilfspersonen sein, und diese Spannungen im Verfahren zu Tage getreten sind. Hierzu können auch unsachliche Reaktionen auf Einwendungen gegen sein Gutachten gehören, etwa indem er Einwände unbesehen abqualifiziert oder mit unsachlicher und überzogener Kritik an der Partei oder an der von ihr eingeschalteten Hilfsperson reagiert (OLG Zweibrücken, VersR 1998, 1438; OLG Oldenburg, NJW-RR 2000, 1166). Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen können außerdem dann entstehen, wenn ein Sachverständiger bei der Gutachtenerstellung eigenmächtig über die ihm durch den Beweisbeschluss und den Gutachtenauftrag gezogenen Grenzen hinausgeht und den Prozessbeteiligten unzulässiger Weise den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist. Ein solches Misstrauen kann sich aus dem Umgang des Sachverständigen mit dem Prozessstoff und dem daraus vom Gericht abgeleiteten Gutachtenauftrag ergeben, so zum Beispiel, wenn der Sachverständige von einem falschen oder nicht feststehenden Sachverhalt ausgeht oder den Eindruck erweckt, er halte eine streitige Behauptung zu Lasten einer Partei für erwiesen (vgl. OLG München NJW 1992, 1569; Senat, Beschl. v. 18.4.2007, 5 W 90/07, OLGR Saarbrücken 2007, 587) oder er schenke den Angaben des Gegners mehr Glauben (vgl. OLG Nürnberg VersR 2001, 391); ferner, wenn der Sachverständigen gegen richterliche Weisungen verstößt, seine Befugnisse überschreitet (§ 404 a ZPO) oder vom Beweisbeschluss abweicht (vgl. OLG Bamberg MedR 1993, 351; OLG München OLGR 1997, 10; OLG Celle NJW-RR 2003, 135; Reichold in Thomas/Putzo, aaO, § 406, Rdnr. 2, m.w.N.).

b.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Befangenheitsgesuch Erfolg.

Das Verhalten des Sachverständigen Dr. K. erfüllt mehrere der in der Rechtsprechung als Grundlage für eine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit anerkannten Kriterien, so dass jedenfalls eine Gesamtschau der vorgetragenen Gründe aus der Sicht der ablehnenden Partei Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit wecken.

aa.

Zum einen hat der Sachverständige die Grenzen seines Gutachtenauftrags dadurch überschritten, dass er nicht nur eine allein dem Gericht vorbehaltene Beweiswürdigung vorgenommen, sondern seiner Beurteilung auch nicht vorgegebene Anknüpfungstatsachen zu Grunde gelegt hat. Denn er hat zum Schadensablauf festgestellt, dass auf Grund der (zuvor näher bezeichneten) Zeugenaussagen darauf geschlossen werden könne, dass der Beklagte Kunststoff verbrannt habe, und unterlegt dies damit, dass durch Zeugenaussagen "der typische Geruch nach verbranntem Nylon bzw. Rückstände von transparentem Nylon" belegt sei. Die auf der Grundlage aller Zeugenaussagen vorzunehmende Würdigung, ob der Beklagte tatsächlich Kunststoff verbrannt hat und /oder an der Brandstelle Kunststoffrückstände vorgefunden worden waren, und damit auch die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit der Aussagen, war jedoch allein Sache des Gerichts. Weiter hat der Sachverständige zur Begründung ausgeführt, dass Gips- oder Zementsäcke innerhalb des Papiersacks meist noch einen Kunststoffsack zum Schutz gegen Feuchtigkeit hätten, auch seien Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen und Wäschetrockner innerhalb der Kartonage noch mit Kunststofffolien - Polyethylenfolien- geschützt. Dass die hier in Rede stehenden Verpackungen üblicherweise und im Streitfall tatsächlich mit Kunststofffolie ausgekleidet waren, steht indes nicht fest. Dieser Umstand bildete weder den Gegenstand des Parteivorbringens noch einer vom Gericht angeordneten Beweiserhebung.

Dem Sachverständigen mag zu Gute gehalten werden können, dass er auf Grund fachlicher Bewertung zu dem Ergebnis gekommen ist, das durch die Lichtbilder dokumentierte Schadensbild sei auf Anschmelzungen verbrannter Kunststoffpartikel zurückzuführen, weil ihm sonstige Schadensursachen mit dem Schadensbild nicht kompatibel erschienen. Dies ändert nichts daran, dass er durch Festlegung auf eine von ihm selbst auf der Grundlage von Zeugenaussagen angenommene Schadensursache und die Heranziehung nicht vorgegebener Anknüpfungstatsachen die ihm gezogenen Grenzen überschritten und eine einseitige Würdigung des streitigen Sachverhalts vorgenommen hat. Dies lässt auch bei nüchterner Betrachtung den Eindruck entstehen, der Sachverständige sei bei seinen Feststellungen von einer bestimmten Grundhaltung zu Lasten der ablehnenden Partei geprägt und einseitig festgelegt. Die einseitige Akzentuierung seiner Feststellungen zu dem in Rede stehenden Beweisthema rechtfertigt jedenfalls auch bei einer vernünftig abwägenden Partei das Misstrauen, dass der Sachverständige ihr gegenüber nicht mehr unvoreingenommen ist.

bb.

Zum anderen hat sich der Sachverständige nicht mit der gebotenen Sachlichkeit mit den durch Privatgutachten substantiierten Einwendungen gegen sein Gutachten vom 26.10.2007 auseinandergesetzt. So hat der Sachverständige zu der Stellungnahme des Dipl.-Ing. H. zu seinem Gutachten vom 3.12.2007 (Bl. 213 d.A.) ausgeführt, Herr H. möge zwar ein "leidlicher Kfz- Ingenieur sein, von Kunststoffen [habe] er nicht die geringste Ahnung". Die Vermutung, dass Lack durch sauren Regen oder durch Kalk in Folge der Eintrocknung von Wasserinhaltsstoffen geschädigt worden sei, sei "absurd", weil in diesem Fall alle Fahrzeuge in Deutschland geschädigt seien. Die Vermutung, dass es sich um Baumharz handeln könne, habe "dagegen noch einen gewissen Charme", weil Harztropfen zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit geschmolzenen Kunststoffpartikeln hätten. Da die Harzpartikel jedoch kalt auf den Lack fielen, seien sie nicht eingebrannt und könnten problemlos mit einem benzingetränkten Lappen entfernt werden (Bl. 222 d.A.).

Mit diesen Äußerungen hat der Sachverständige den Boden der sachlichen Auseinandersetzung und Kritik verlassen. Selbstverständlich steht es ihm zu, im Zusammenhang mit der gebotenen sachlichen Erörterung der Ausführungen des Dipl.-Ing. H. dessen Sachkunde für sein Fachgebiet - die Materialprüfung und Schadensanalyse für Metalle, Kunststoffe und Keramik - im vorliegenden Fall als nicht ausreichend zu bewerten. Indes steht es ihm nicht zu, die Qualifikation des Dipl.-Ing. H. als Kfz- Ingenieur in Frage zu stellen, was er durch die abqualifizierdende Äußerung, dieser möge ein "leidlicher Kfz-Ingenieur sein, getan hat. Hinzu kommt, dass er eine Abqualifizierung des Dipl.-Ing. H. auch dadurch vorgenommen hat, dass er dessen Einwendungen als "absurd" bezeichnet und, indem er ihnen zum Teil einen "gewissen Charme" zugesprochen hat, ins Lächerliche gezogen hat.

Zwar mag im Einzelfall auch eine inhaltlich und formal überzogene Ausdrucksweise bei der Kritik eines Privatgutachtens durch einen gerichtlichen Sachverständigen für eine Partei hinzunehmen sein, etwa dann, wenn der gerichtliche Sachverständige im Privatgutachten in unsachlicher oder gar persönlich herabsetzender Weise angegriffen wird. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Dafür, dass die überzogen formulierten Angriffe gegen die fachlichen Thesen der Partei und des hinter ihr stehenden Privatgutachters durch die Stellungnahme des Dipl.-Ing. H. oder des Prozessbevollmächtigten des Beklagten herausgefordert worden waren, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Von daher ist in den Augen der ablehnenden Partei bei vernünftiger Abwägung auch dieses Verhalten geeignet, Misstrauen an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu begründen.

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die Beschwerde Erfolg hat.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens war auf 1/3 des Hauptsachestreitwertes festzusetzen (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschl.v. 30.1.2008, 5 W 318/07-110 , und Beschl. v. 18.4.2007, 5 W 90/07,aaO).

Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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