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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.10.2001
Aktenzeichen: 6 W 311/01
Rechtsgebiete: BRAGO, RPflG, ZPO, HGB, BGB


Vorschriften:

BRAGO § 6
BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2
RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 4
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567
ZPO § 569
ZPO § 577
HGB § 124 Abs. 2
HGB § 129
BGB § 425
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 311/01

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 22. August 2001 - 9 O 144/99 -

am 16. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 22. August 2001 - 9 O 144/99 - wird dahin abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 18.918 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Mai 2000 festgesetzt werden.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 7.450 DM

Gründe:

I.

Die Klägerin hatte die Beklagten, die Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in sind bzw. waren, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz aus Anwaltshaftung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat durch Urteil vom 19. März 2001 die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Rechtspfleger des Landgerichts die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 11.468 DM festgesetzt. Dabei hat er die von den Beklagten angemeldete 20/10-Erhöhungsgebühr nach § 6 BRAGO (von 7.450 DM) unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechts- und Parteifähigkeit mit der Begründung abgesetzt, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei nunmehr im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig und die Klägerin habe erkennen lassen, dass "die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als ganzes" verklagt werden solle.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, mit der sie die beanspruchte 20/10-Erhöhungsgebühr weiter verfolgen.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

II.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567, 569, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Den Beklagten kann der begehrte Mehrvertretungszuschlag nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht unter Verweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, NJW 2001, 1056) versagt werden.

Auch unter Berücksichtigung der genannten Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes steht dem Rechtsanwalt bei der Vertretung einer Anwaltssozietät in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft auf der Passivseite der Mehrvertretungszuschlag nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO jedenfalls dann zu, wenn nicht nur die Gesellschaft als solche, sondern allein oder daneben die einzelnen Gesellschafter als Gesamtschuldner verklagt werden (OLG Nürnberg, Rpfleger 2001, 514). Denn in analoger Anwendung des § 124 Abs. 2 HGB ist nach wie vor zwischen einer Klage gegen die Gesellschaft als solche und einer Klage gegen die einzelnen Gesellschafter mit dem Ziel einer Vollstreckung in deren Privatvermögen zu unterscheiden. Seiner Inanspruchnahme als Gesamtschuldner kann jeder haftende Gesellschafter nach §§ 425 BGB, 129 HGB die in seiner Person begründeten Einwendungen gegen die Schadensersatzforderung gesondert entgegenhalten, was zu unterschiedlichen Prozessergebnissen gegenüber den einzelnen Gesellschaftern führen kann. Dieser haftungsrechtliche Hintergrund rechtfertigt es nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO, dem mit der Abwehr einer Gesamtschuldhaftung beauftragten Rechtsanwalt einen Mehrvertretungszuschlag zuzubilligen, zumal sich durch die Vertretung einer Mehrzahl von Personen nicht nur die Arbeitsbelastung, sondern auch sein Haftungsrisiko erhöhen kann (OLG Nürnberg, a.a.O. und JurBüro 2001, 528). Weil nach der im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Klageerhebung maßgebenden höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Klage gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als solche mangels Parteifähigkeit unzulässig gewesen wäre (vgl. noch BGH, NJW 2000, 292; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 50, Rz. 26), ist entgegen der Annahme des Rechtspflegers davon auszugehen, dass eine solche hier auch nicht gewollt war.

Da den sich selbst vertretenden Beklagten im Übrigen nach § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO die Kosten zu erstatten sind, die sie als bevollmächtigte Rechtsanwälte erstattet verlangen könnten, die Mehrvertretungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO angefallen ist, weil hier mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit vertreten worden sind, und die beanspruchte 20/10-Erhöhungsgebühr auch der Höhe nach nicht zu beanstanden ist, ist die sofortige Beschwerde begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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