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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: 6 WF 70/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 620 Nr. 7 | |
ZPO § 620 b | |
ZPO § 620 c | |
ZPO § 620 c Satz 1 | |
ZPO § 567 | |
ZPO § 569 | |
BGB § 1361b | |
BGB § 1361b Abs. 2 Satz 1 |
2. Im Fall des § 1361b Abs. 2 Satz 1 BGB spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass nach der Begehung der Gewalttat mit weiteren Gewalttaten zu rechnen ist; dem Täter obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine weiteren Verletzungen oder Drohungen zu erwarten sind, wobei an die Widerlegung der Vermutung hohe Anforderungen zu stellen sind.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde gegen Ziffer 2) und Ziffer 3) des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 17. August 2004 - 39 F 166/04 EA Nr. I WH, EA II Nr. II So - wird als unzulässig verworfen.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 1.500 EUR
Gründe:
I. Die Parteien - beide sind in Marokko geboren, der Antragsteller besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit - haben am September 2002 die Ehe geschlossen, aus der ein Kind, der am Oktober 2002 geborene A. J. K., hervorgegangen ist.
Der Antragsteller hat mit Eingang am 6. April 2004 auf Ehescheidung, Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für A. J., hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sowie Zuweisung der Ehewohnung und des Hausrats angetragen.
Die Antragsgegnerin hat ihrerseits Scheidungsantrag gestellt und zuletzt auf Zuweisung der Ehewohnung und des Hausrats zur alleinigen Benutzung, Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge und Ausschluss des Umgangsrechts angetragen.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich um Zurückweisung dieser Anträge gebeten. Seinen Scheidungsantrag hat er zurückgenommen.
Am 17. Mai 2004 hat der Antragsteller die Antragsgegnerin mit einem Messer angegriffen und verletzt. Wegen dieses Vorfalles befindet er sich seither in Untersuchungshaft.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragstellerin die Ehewohnung nebst dem darin befindlichen Hausrat für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zugewiesen, ihr die alleinige elterliche Sorge für das gemeinsame Kind übertragen und den Umgang des Antragstellers bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgeschlossen.
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Zuweisung der Ehewohnung, gegen die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge und gegen den Ausschluss seines Umgangsrechts.
Das Familiengericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 27. September 2004 nicht angeholfen.
II. Soweit der Antragsteller sich gegen die Übertragung der elterlichen Sorge und den Ausschluss des Umgangsrechts wendet, ist die sofortige Beschwerde schon deswegen unzulässig, weil es insoweit an einer Rechtsmittelbegründung fehlt. In den Fällen des § 620 b und c ZPO sind nämlich die Anträge und - innerhalb der Beschwerdefrist - auch die Beschwerde zu begründen (§ 620 d ZPO). Fehlt es an einer Begründung, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 620 d, Rz.2). So auch hier.
Die gemäß §§ 620 c Satz 1, 620 Nr. 7, 567, 569 ZPO im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die - vom Familiengericht zu Recht auf § 1361 b BGB gestützte - Zuweisung der Ehewohnung und des Hausrats an die Antragsgegnerin zur alleinigen Nutzung für die Dauer des Getrenntlebens hält den hiergegen gerichteten Beschwerdeangriffen stand.
Gemäß § 1361 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist dem antragstellenden Ehegatten in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen, wenn der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten - wie hier am 17. Mai 2004 geschehen und mit der Beschwerde auch nicht in Abrede gestellt wird - widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt hat. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind (§ 1361 b Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach spricht bei der gegebenen Sachlage eine tatsächliche Vermutung dafür, dass nach der Begehung einer Gewalttat mit weiteren Gewalttaten zu rechnen ist; dem Täter - hier dem Antragsteller - obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine weiteren Verletzungen oder Drohungen zu erwarten sind, wobei an die Widerlegung der Vermutung hohe Anforderungen zu stellen sind (Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1361 b, Rz. 16). Durchschlagende Gründe für eine dahingehende Erwartung werden mit der Beschwerde nicht substantiiert aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal es - aktenersichtlich - bereits zuvor wiederholt zu körperlichen Übergriffen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin gekommen ist.
Ob die Alleinzuweisung der Ehewohnung nebst Hausrat an die Antragsgegnerin daneben auch deswegen Bestand hat, weil ihr das weitere Zusammenleben mit dem Antragsteller wegen der Schwere der Tat unzumutbar ist (§ 1361 b Abs. 2 Satz 2 letzter Hs. BGB), bedarf danach keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO,
Die Festsetzung des Beschwerdewerts orientiert sich an § 24 Satz 1 RVG.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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