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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.01.2003
Aktenzeichen: 7 U 278/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 141
ZPO § 286
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 529
ZPO § 448
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 546
BGB § 278
BGB § 284
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

7 U 278/02

Verkündet am 14.1.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 26.11.2002 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Holschuh, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Kuhn-Krüger und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Fries

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 4.4.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az. 1 O 368/01, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 25.564,59 Euro nebst 3,5 % Zinsen vom 2.10.2000 bis zum 15.5.2001 sowie Zinsen in Höhe von 9,26 %, höchstens jedoch in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, seit dem 16.5.2001 Zug um Zug gegen Rückübertragung der Aktienfondsanteile Depotmodell "Wachstum" aus der "Topinvest"-Anlage zu zahlen.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 31.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 26.126,28 Euro festgesetzt.

5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

A.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4.4.2002, Az. 1 O 368/01, Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten gemäß den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung wegen der Verletzung der der Beklagten aus dem zwischen den Parteien stillschweigend zustande gekommenen Beratungsvertrag obliegenden Pflichten, insbesondere der Pflicht zur anlegergerechten und anlagegerechten Beratung und der damit verbundenen Aufklärungspflichten, nicht festgestellt werden könnten. Auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme könne nicht festgestellt werden, dass der Angestellte ... der Beklagten die gebotenen Hinweise unterlassen habe; insoweit bestehe ein non liquet, was zu Lasten des beweisbelasteten Klägers gehe. Dessen Vernehmung gemäß § 448 ZPO sei nicht geboten gewesen, da der Kläger sich im Wesentlichen auf das zweite Beratungsgespräch berufen habe und für dessen Inhalt seine Ehefrau als Zeugin benannt habe.

Aus den selben Gründen sei nicht nachgewiesen, dass der Angestellte ... eine Rendite, wie vom Kläger behauptet, zugesichert habe. Eine Pflichtverletzung des Angestellten ... bestehe auch nicht darin, dass dieser wegen eines sich abzeichnenden Abwärtstrends des gewählten Anlagefonds nicht von der Investitionsentscheidung abgeraten habe; insoweit lägen, bezogen auf den Zeitpunkt der Investitionsentscheidung, keine hinreichenden Umstände vor, die auf einen drastischen Kursverlust, insbesondere auch auf mittel- bzw. langfristige Sicht, hätten schließen lassen müssen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Er macht im wesentlichen geltend, dass das Landgericht zu Unrecht eine gebotene Parteianhörung gemäß § 141 ZPO unterlassen habe; eine Parteianhörung sei nicht zuletzt deshalb durchzuführen gewesen, um den Inhalt des unter vier Augen geführten Beratungsgespräches zwischen dem Kläger und dem Angestellten ... festzustellen, zumal das Erstgericht ausdrücklich von der Möglichkeit ausgegangen sei, dass die Beratung bereits anlässlich dieses ersten Beratungsgespräches stattgefunden habe. In diesem Zusammenhang habe das Erstgericht auch seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verletzt; bei entsprechendem Hinweis wäre insoweit ein Antrag auf Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO gestellt worden (Seite 2 bis 4 der Berufungsbegründung, Bl. 89-91 d.A.). Darüber hinaus sei die Beweiswürdigung des Landgerichts unzutreffend (Bl. 91 ff d.A.). Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Beklagten darin begründet sei, dass der Angestellte ... zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung nicht auf den sich abzeichnenden aktuellen Abwärtstrend der Anlage bzw. den starken Verfall einzelner Werte des Anlagefonds hingewiesen habe, obwohl dieser steile Abwärtstrend für den Zeugen ... als Mitarbeiter einer großen deutschen Bank bei gehöriger Verfolgung der täglich aktuellen Kurse als bekannt vorausgesetzt werden müsse (Bl. 97 ff d.A.). Insoweit habe der steile Abwärtstrend und insbesondere ein erheblicher Verfall einzelner Werte des Anlagefonds bereits ab September 2000 eingesetzt, was sich auch unschwer aus den vorgelegten Unterlagen erkennen lasse. Für diese Behauptung habe er auch Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten, worauf das Landgericht nicht erkannt habe (Bl. 100/101 d.A./ Kursentwicklung). Dass er den Kläger auf den Abwärtstrend hingewiesen habe, habe der Zeuge ... im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme selbst nicht behauptet. Bei Kenntnis dieser Entwicklung hätte er, der Kläger, in diesen Anlagefonds nicht investiert. Aus diesem Grund sei ihm die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, und zwar müsse sie ihn so stellen, wie er ohne diese Anlageentscheidung stehen würde.

B.

I.

Die Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel ist fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 Abs. 2 ZPO. Die Begründung entspricht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 513, 520 Abs. 3 ZPO. Danach kann das Rechtsmittel der Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere. Entscheidung rechtfertigen, wobei diese Umstände in der Berufungsbegründung dargelegt werden müssen (§ 520 Abs. 3 ZPO).Der Kläger macht geltend, dass das Landgericht zu Unrecht eine gebotene Parteianhörung gemäß § 141 ZPO unterlassen habe; eine Parteianhörung sei nicht zuletzt deshalb durchzuführen gewesen, um den Inhalt des unter vier Augen geführten Beratungsgespräches zwischen dem Kläger und dem Angestellten ... festzustellen, zumal das Erstgericht ausdrücklich von der Möglichkeit ausgegangen sei, dass die Beratung bereits anlässlich dieses ersten Beratungsgespräches stattgefunden habe. In diesem Zusammenhang habe das Erstgericht auch seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verletzt; bei entsprechendem Hinweis wäre insoweit ein Antrag auf Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO gestellt worden (Seite 2 bis 4 der Berufungsbegründung, Bl. 89-91 d.A.). Darüber hinaus sei die Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 286 ZPO) unzutreffend (Bl. 91 ff d.A.). Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Beklagten darin begründet sei, dass der Angestellte ... zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung nicht auf den sich abzeichnenden aktuellen Abwärtstrend der Anlage bzw. des starken Verfalls einzelner Werte des Anlagefonds hingewiesen habe, obwohl dieser steile Abwärtstrend für den Zeugen ... als Mitarbeiter einer großen deutschen Bank bei gehöriger Verfolgung der täglich aktuellen Kurse als bekannt vorausgesetzt werden müsse (Bl. 97 ff d.A.). Insoweit habe der steile Abwärtstrend und insbesondere ein erheblicher Verfall einzelner Werte des Anlagefonds bereits ab September 2000 eingesetzt, was sich auch unschwer aus den vorgelegten Unterlagen erkennen lasse. Für diese Behauptung habe er auch Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten, worauf das Landgericht nicht erkannt habe (Bl. 100/101 d.A./ Kursentwicklung). Mit diesem Vorbringen rügt der Kläger Rechtsverletzungen im Sinne von § 546 ZPO (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers, ZPO, 60. Aufl. 2002, § 546, Rdnr. 2 ff, 6; Zöller-Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 546, Rdnr. 2 ff).

II.

Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des Klägers ist das Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung in Verbindung mit dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrag (§ 676 BGB) und § 278 BGB.

1.

Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien, die Beklagte handelnd durch ihren Angestellten ... als Erfüllungsgehilfe, ein Beratungsvertrag zustande gekommen.

Der Vertrag mit dem Anlageberater kommt in den meisten Fällen formlos durch konkludentes Verhalten zustande. Tritt - wie hier- ein Anlageinteressent an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Beratungsvertrages, das die Bank mit der Aufnahme des Beratungsgespräches annimmt (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.1979 - VII ZR 259/77, MDR 1979, 748 f.; Urt. v. 4.3.1987 - IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117 [1181] = MDR 1987, 563; Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, MDR 1993, 861 [862] = WM 1993, 1455 [1456]; Urt. v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, MDR 2000, 1021 [1022] = WM 2000, 1441 [1442]). Gleiches gilt auch, wenn der Kunde sich an einen selbstständigen Anlageberater wendet (OLG Stuttgart, Urt. v. 16.12.1997 - 6 U 42/97, OLGR Stuttgart 1998, 97 [98]; OLG Celle, Urt. v. 17.12.1998 - 11 U 179/97, OLGR Celle 1999, 161 [162]).

Gegen die Annahme eines solchen Vertrages spricht nicht, dass der Kläger, wie die Beklagte behauptet, sie konkret mit dem Ziel einer Fondsanlage aufgesucht habe. Auch dann ist der typische Fall einer Beratungssituation gegeben, bei der ein Kunde sich einen Überblick über die auf dem Markt befindlichen, für ihn in Betracht kommenden Anlagemöglichkeiten in Form eines geeigneten Fonds verschaffen will und bei der die Bank verpflichtet ist, im Rahmen einer anleger- und objektgerechten Beratung auf die speziellen Bedürfnisse des jeweiligen Kunden einzugehen. Auch wenn der Kläger bereits mit einer konkreten Vorstellung die Beklagte aufsuchte, so geschah dies doch mit dem Wunsch nach weiterer Information und Aufklärung. Ein Kunde, der sich an eine Bank wendet, will gerade die besondere Erfahrung und das Fachwissen seines Kreditinstituts in Anspruch nehmen. Tritt nämlich ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. BGH v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 [128] = MDR 1993, 861; BGH v. 4.3.1987 - IV a ZR 122/85, BGHZ 100, 117 [118 f] = MDR 1987, 563; KG Berlin, KGR 2000, 191, Urt. vom 14.3.2000 - 7 U 6032/99). Die beklagte Bank musste daher davon ausgehen, dass der Kläger Aufklärung und Unterrichtung über die angebotene Vermögensanlage erwartet und dass er diese Informationen zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will. Damit sind die Voraussetzungen für die Annahme eines eigenständigen Beratungsvertrages erfüllt (BGH v. 4.3.1987 - IV a ZR 122/85, BGHZ 100, 117 = MDR 1987, 563; BGH v. 13.5.1993 - III ZR 25/92, MDR 1993, 956 = WM 1993, 1238; OLG Celle v. 27.10.1993 - 11 U 181/92, OLGR Celle 1994, 22; OLG Karlsruhe, OLGR 1999, 89, Urt. vom 10.11.1998 - 3 U 7/98).

Aber auch dann, wenn die Beklagte nur als Anlagevermittlerin aufgetreten sein sollte, rechtfertigt sich keine andere Beurteilung. In diesem Fall ist von einem - zumindest konkludent zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen - Vertrag auf Auskunftserteilung im Rahmen der Vermittlungstätigkeit auszugehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen Anlageinteressent und Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen (vgl. § 676 BGB) zumindest stillschweigend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (vgl. BGHZ 74, 103 [106 f.] = MDR 1979, 748; BGH v. 4.3.1987 - IV a ZR 122/85, 100, 117 [119] m.w.N. = MDR 1987, 563;BGH, Urt. v. 13.5.1993 - III ZR 25/92, MDR 1993, 956 [957] = WM 1993, 1238 [1239]; BGH, Urt. v. 13.1.2000 - III ZR 62/99, MDR 2000, 405 [406 f.] = WM 2000, 426 [427]; OLG Naumburg, OLGR 2001, 368, Urt. vom 15.6.2000 - 2 U 134/99).

2.

Hat die Beklagte, handelnd durch ihren Angestellten ... als Erfüllungsgehilfe, die Verpflichtungen aus diesem mit dem Kläger geschlossenen Vertrag schuldhaft verletzt, muss sie für den entstandenen Schaden aus positiver Vertragsverletzung des Beratungsvertrages in Verbindung mit § 278 BGB einstehen (vgl. statt aller KG Berlin, KGR 2000, 191, Urt. vom 14.3.2000 - 7 U 6032/99).

a.

Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Beklagte Anlageberaterin, wovon im Streitfall nach Auffassung des Senats auszugehen ist (s.o.), oder Anlagevermittlerin war. In der Rechtsprechung wird zwar zwischen den Pflichten des Anlageberaters und des Anlagevermittlers unterschieden (BGH, Urt. v. 13.5.1993 - III ZR 25/92, MDR 1993, 956 [957] = WM 1993, 1238 [1239]; OLG Celle, Urt. v. 27.10.1993 - 11 U 181/92, OLGR Celle 1994, 22; Urt. v. 29.1.1998 - 11 U 263/96, OLGR Celle 1998, 126; OLG Brandenburg, Urt. v. 20.4.1999 - 11 U 158/98, OLGR Brandenburg 2000, 90 [92]). Der jeweilige Pflichtenumfang lässt sich allerdings nicht allgemein bestimmen, sondern hängt von den Besonderheiten des Einzelfalles ab. Der BGH (BGH, Urt. v. 13.5.1993 - III ZR 25/92, MDR 1993, 956 [957] = WM 1993, 1238 [1239]) stellt darauf ab, wie der Kapitalanleger dem Anlageberater gegenübertritt:

Der Kapitalanleger wird im Allgemeinen einen Anlageberater hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere eine fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (vgl. BGH v. 25.11.1981 - IV a ZR 286/80, MDR 1982, 1095 = NJW 1982, 1095 f.). Insbesondere trifft die Bank, die als Anlageberaterin auftritt, nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Pflicht zu einer umfassenden, wahrheitsgemäßen, sorgfältigen und vollständigen Information über alle Tatsachen und Umstände, die für die jeweilige Anlageentscheidung des Kunden Bedeutung haben oder haben können (vgl. z. B. BGHZ 74, 103, 106; NJW-RR 1987, 936; NJW 1982, 1095 f; Palandt - Thomas a.a.O., § 676 Rn. 7 ff /10; ders.-Heinrich, § 276, Rdnr. 22). Der Umfang einer danach bestehenden Aufklärungspflicht kann im Einzelfall durch die persönlichen Verhältnisse eines Beteiligten, wie etwa den Kenntnis- und Erfahrungsstand des Kunden mitbestimmt werden, so dass insbesondere bei unerfahrenen Interessenten gesteigerte Anforderungen bestehen (vgl. z.B. Münch-Komm./Roth a.a.O., § 242 Rn. 201 m.w.N.).Wendet der Kunde sich an den Anlageberater, um sich über die Anlage eines bestimmten Geldbetrages beraten zu lassen, sind deshalb einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art sowie die Risikobereitschaft des Kunden und andererseits das vorgegebene Anlageziel und die speziellen Risiken dieses Anlageobjektes von Bedeutung. Die Anlage muss unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Kunden anlagegerecht sein (BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, MDR 1993, 861 [862] = WM 1993, 1455 [1456]; Urt. v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, MDR 2000, 1021 [1022] = WM 2000, 1441 [1442]). Die Beratung muss ebenso wie die empfohlene Anlage auf die Verhältnisse des konkreten Anlageinteressenten zugeschnitten sein. Je unerfahrener der Kunde ist, desto intensiver und deutlicher müssen Beratung und Aufklärung ausfallen. Dazu gehört es, dass der Berater den Wissensstand des Kunden erfragt, soweit dieser ihm nicht aus einer längeren Geschäftsbeziehung bekannt ist (BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, MDR 1993, 861 [862] = WM 1993, 1455 [1456]). Er muss in dem Beratungsgespräch grundsätzlich die Risikobereitschaft des Anlageinteressenten ermitteln und seine Empfehlung darauf ausrichten. Einem Kunden, der eine sichere Anlage zur Alterssicherung wünscht, darf keine spekulative Anlage verkauft werden (BGH, Urt. v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, MDR 2000, 1021 [1022] = WM 2000, 1441 [1443]). Bei der Aufklärung ist zwischen den allgemeinen Risiken (etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes ergeben (etwa Kurs- und Währungsrisiko).Stellt der Anlageberater die vorgeschlagene Anlage als sicher hin, so muss er über gesicherte Informationsgrundlagen verfügen oder zumindest offen legen, dass dies nicht der Fall ist (OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1997, S. 159 ff).

Besondere Pflichten obliegen einer Bank, wenn sie das Anlageobjekt in ein von ihr zusammengestelltes Anlageprogramm aufgenommen hat und dieses Anlageprogramm zur Grundlage ihrer Beratung macht (vgl. BGH, Urt. v. 4.3.1987 - IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117 [121 f.] = MDR 1987, 563). In diesem Fall darf der Kunde darauf vertrauen, dass die ihn beratende Bank die in ihr Anlageprogramm aufgenommenen Papiere umfassend geprüft und für gut befunden hat. Ein Kreditinstitut, das eine Anlageempfehlung in sein Beratungsprogramm aufnimmt, muss deshalb mindestens eine Plausibilitätsprüfung vornehmen (BGHZ 100, 117, 121 f; OLG Celle, OLGR 1994, 23, Urteil vom 25.11.1992 - 3 U 303/91). Die Beratung muss umfassend und für den Kunden verständlich und vollständig sein, wobei der Berater zeitnah über alle Umstände unterrichten muss, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen der Bank derartige Kenntnisse oder hat sie die in das Anlageprogramm aufgenommene Anlage nicht selbst geprüft, muss sie den Kunden deutlich darauf hinweisen, dass sie selbst das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Informationen nicht einschätzen kann (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1993 -XI ZR 12/93, MDR 1993, 861 [862] = WM 1993, 1455 [1456]; Urt. v. 19.5.1998 - XI ZR 286/97, MDR 1998, 111 = WM 1998, 1391 [1392]). Geringere Anforderungen sind an die Beratungspflicht zu stellen, wenn der Berater von dem Kunden weiß, dass dieser über Erfahrungen mit der vermittelten Anlage verfügt. Der Kunde bedarf in diesem Fall keiner besonderen Beratung. Der Berater braucht auch dann nicht den Wissensstand des Kunden zu ermitteln und ihm alle in Betracht zu ziehenden Anlagemöglichkeiten zu erläutern, wenn dieser von einem Vermögensberater betreut wird und deutliche Vorstellungen von dem gewünschten Anlagegeschäft hat. In einem solchen Fall kann die Bank davon ausgehen, dass der Kunde sich über das von ihm angestrebte Anlagegeschäft bereits informiert hat und nur noch in dem Umfang einer Beratung bedarf, wie er es ausdrücklich verlangt oder wie es aus den sonstigen Umständen für den Berater der Bank erkennbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1996 - XI ZR 133/95, MDR 1996, 703 = WM 1996, 664 [665]).

Demgegenüber tritt der Kunde dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat, selbständiger gegenüber. An ihn wendet er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht. Der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zustande gekommene Vertrag zielt lediglich auf Auskunftserteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. BGH v. 17.10.1989 -XI ZR 173/88, MDR 1990, 434 = NJW 1990, 506 [507]; BGH, NJW-RR 1993, S. 1114 ff; BGH, NJW 1998, S. 448 ff; OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1997, S. 159 ff; OLG Köln, OLGR Köln 1999, S. 389 ff; OLG Stuttgart, OLGR Stuttgart 1999, S. 73 ff; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2000, S. 17 ff; OLG Köln, BB 2000, S. 374 ff).

Ob die Beklagte im Streitfall als Anlageberater und Anlagevermittler aufgetreten ist, kann dahinstehen. Es kommt, wie auch immer wieder in der Rechtsprechung hervorgehoben wird, auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an(s.o.). Vielfach wird gerade der Anlageinteressent, der einen Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat, das mit der Anlage verbundene Risiko eher erkennen und deswegen einen Berater aufsuchen, während der wirtschaftlich unerfahrene Anleger oft das Risiko nicht einschätzen kann und sich deshalb unbedarft an einen Anlagevermittler wendet, auf den er beispielsweise in einer Werbeanzeige aufmerksam geworden ist. Maßgeblich ist in erster Linie nicht, was der Kunde weiß, sondern was er von seinem Vertragspartner wissen will und was er wissen muss, um eine vernünftige Anlageentscheidung treffen zu können.

Auch dem Anlagevermittler obliegen deshalb Beratungspflichten, deren Umfang sich nicht danach richtet, ob sich der "Verkäufer" der Kapitalanlage als bloßer Vermittler oder als Berater bezeichnet. Der Pflichtenkreis wird vielmehr dadurch bestimmt, welche Aufgaben der Anlageberater/-vermittler gegenüber dem Anlageinteressenten übernimmt, ob er diesem also eine Beratungsleistung oder eine reine Vermittlungstätigkeit verspricht.

Da es dem Kläger, der einen Geldbetrag von 50.000 DM festverzinslich zu 3,5 % bei der Sparda-Bank angelegt hatte, nicht nur um die Vermittlung sondern gerade (auch) um eine Beratung über eine gewinnbringendere, aber dennoch (auch) risikoarme Geldanlage ging, treffen die Beklagte als Bank auch als bloße Anlagevermittlerin Beratungspflichten wie einen Anlageberater (s.o.).

b.

Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten ist, dass sie die ihr obliegenden Beratungspflichten verletzt hat.

Grundsätzlich hat der Anleger/Erwerber die Verletzung einer Aufklärungs- und Hinweispflicht darzulegen und zu beweisen. Verlangt er Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung, so muss er darlegen und beweisen, dass entsprechende vertragliche oder vorvertragliche Verhaltenspflichten vorhanden waren und dass diese verletzt wurden. Beweisschwierigkeiten des Anlegers, die sich aus der Führung eines Negativbeweises bei behaupteter Nichtaufklärung ergeben, werden dadurch überwunden, dass der Berater die Behauptung des Anlegers substantiiert bestreiten muss (vgl. beispielhaft OLG Stuttgart, OLGR 2001, 234, Urt. vom 29.3.2000 - 9 U 159/99; Schimansky/Siol, Bankrechts-Handbuch, § 43 Rz. 42; BGH v. 11.7.1989 - XI ZR 59/88, WM 1990, 343).

Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich bereits aus den dem Anleger übergebenen Aufklärungsunterlagen ein Sachverhalt dartut, der die Vermutung einer insgesamt unvollständigen Aufklärung begründet; in diesem Fall ist dem Berater/Vermittler die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass ausführliche Risikoinformationen mündlich erteilt worden sind (vgl. SchlHOLG, MDR 1997, S. 130 ff; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, Anh. § 286, Rdnr. 37, m.w.N.).

Im Streitfall hat folglich der Kläger darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte, handelnd durch ihren Angestellten ... als Erfüllungsgehilfe, die ihr obliegenden Aufklärungs-, Hinweispflichten- und Beratungspflichten in bezug auf die streitgegenständliche Anlage verletzt hat.

Dass sich bereits aus den dem Kläger übergebenen Unterlagen eine unzureichende Aufklärung ergibt, kann nämlich nicht festgestellt werden. Der Kläger hat behauptet, ihm seien vor Abschluss des Anlagevertrages keine schriftlichen Unterlagen übergeben worden, Informationsmaterial habe er erst danach ausgehändigt erhalten (Bl. 30 d.A.).Dieser Sachvortrag wurde von der Ehefrau des Klägers bestätigt (Bl. 57 d.A.). Der Angestellte ... der Beklagten hat zwar demgegenüber ausgesagt, dass er dem Kläger am Ende des ersten Gespräches Informationsmaterial übergeben habe (Bl. 58 d.A.); ob in diesen Unterlagen auf Risiken hingewiesen war, konnte der Zeuge allerdings nicht mit Bestimmtheit sagen. Mithin kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger vor Vertragsabschluss Unterlagen, in denen auf die Risiken der streitgegenständlichen Fondsanlage unzureichend hingewiesen war, ausgehändigt worden waren. Dies hat zur Folge, dass die Darlegungs- und Beweislast beim Kläger verbleibt.

Auf der Grundlage des sich im Berufungsrechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes ist davon auszugehen, dass die Beklagte, handelnd durch ihren Angestellten ... als Erfüllungsgehilfe, ihre Beratungspflichten gemäß den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen verletzt hat.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte die gebotene Aufklärung über die mit der Fondsanlage verbundenen Risiken unterlassen, Zusicherungen in Bezug auf eine Rendite gemacht bzw. im Hinblick auf den sich im September 2000 abzeichnenden Abwärtstrend den Kläger zu Unrecht nicht von der Kaufentscheidung abgeraten hat, womit sich das Landgericht im Einzelnen auseinandergesetzt hat.

Der Kläger hat nämlich bereits in der Klageschrift (Seite 6, Bl. 6 d.A.), im Schriftsatz vom 2.1.2002 (Seite 6, Bl. 31 d.A.) sowie in der Berufungsbegründung darauf verwiesen, dass eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Beklagten darin begründet sei, dass der Angestellte ... zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung nicht auf den sich abzeichnenden aktuellen Abwärtstrend der Anlage bzw. den starken Verfall einzelner Werte des Anlagefonds hingewiesen habe, obwohl dieser steile Abwärtstrend für den Zeugen ... als Mitarbeiter einer großen deutschen Bank bei gehöriger Verfolgung der täglich aktuellen Kurse als bekannt vorausgesetzt werden müsse (Bl. 97 ff d.A.). Insoweit habe der steile Abwärtstrend und insbesondere ein erheblicher Verfall einzelner Werte des Anlagefonds bereits ab September 2000 eingesetzt, was sich auch unschwer aus den vorgelegten Unterlagen erkennen lasse, Dass er den Kläger auf den Abwärtstrend hingewiesen habe, habe der Zeuge ... im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme selbst nicht behauptet.

Dieser Sachvortrag begründet eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Beratungspflichten insoweit, als diese den Kunden zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung über den Abwärtstrend aufzuklären hat. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als der Kläger den Klagebetrag bereits festverzinslich zu 3,5 % und damit sicher angelegt hatte. Denn es unterliegt grundsätzlich der Dispositionsbefugnis des Kunden, die Kaufentscheidung im Hinblick auf den Abwärtstrend einer Anlage zurückzustellen, sei es, um zu einem (noch) günstigeren Kurs Anteile zu erwerben, sei es, um von einem Kauf gänzlich abzusehen, weil ihm wegen des Abwärtstrends die Anlage als zu risikoreich erscheint. Keinesfalls ist es dem Anlagevermittler/ -berater gestattet, seine Entscheidung, ob ein Kauf zu einem konkreten Zeitpunkt bei fallenden Kursen sinnvoll ist oder nicht, an die Stelle der Entscheidung des Anlegers zu setzen und dadurch dessen (ausschließliche) Entscheidungskompetenz zu übergehen.

Diesen Sachvortrag des Klägers, wonach der Angestellte ... zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung nicht auf den sich abzeichnenden aktuellen Abwärtstrend der Anlage bzw. den starken Verfall einzelner Werte des Anlagefonds hingewiesen habe, obwohl dieser steile Abwärtstrend für den Zeugen ... als Mitarbeiter einer großen deutschen Bank bei gehöriger Verfolgung der täglich aktuellen Kurse als bekannt vorausgesetzt werden müsse, hat die Beklagte nicht (hinreichend) bestritten. Sie hat sich lediglich darauf gestützt, dass für keinen Anlageberater zum damaligen Zeitpunkt erkennbar gewesen sei, dass der Anlagefonds derartige Einbrüche verzeichnen würde. Dem kann zugestimmt werden. Dieser Sachvortrag stellt jedoch kein Bestreiten der Behauptung des Klägers dar, dass der Angestellte ... von dem sich bereits im September abzeichnenden Kursverlust des Anlagefonds bzw. dem drastischen Verfall einzelner Werte (bereits seit Januar 2000) dieses Fonds Kenntnis hatte bzw. eine solche Kenntnis bei gehöriger Verfolgung der täglich aktuellen Kurse als bekannt vorausgesetzt werden müsse und der Angestellte ... deshalb den gebotenen Hinweis auf den aktuellen Abwärtstrend unterlassen hat. Hinzu kommt, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, dass auch der Aussage des Zeugen ... im Rahmen der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht entnommen werden kann, den gebotenen Hinweis auf die rückläufige Kursentwicklung erteilt zu haben (Bl. 59/60 d.A.). Dass der Zeuge ... worauf die Beklagte immer wieder verweist und was auch der Zeuge bei seiner Vernehmung bekundet hat, einen Einstieg in diesen Fonds trotz oder gerade wegen dieser Entwicklung für sinnvoll erachtet und keine Veranlassung gesehen hat, von dem Kauf abzuraten, mag sein. Der Zeuge ... durfte jedoch seine Einschätzung bzw. Entscheidung über einen "sinnvollen" Einstieg in den Fonds, ohne den Anleger konkret auf die Entwicklung zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung/ des Abschlusses des Kaufvertrages hingewiesen zu haben, nicht an die Stelle der Dispositionsbefugnis des Anlegers setzen.

Zu keiner abweichenden Beurteilung führt das Vorbringen der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 7.12.2002 (Bl. 153 ff d.A.).Die Beklagte verweist insoweit darauf, dass der Zeuge ... ausgesagt hat (Seite 6 des Sitzungsprotokolls = Bl. 59 d.A.), dass er "in diesem Zusammenhang ... Herrn ... anhand eines Charts die Entwicklung des "TOPINVEST"-Fonds in den letzten ca. 4 bis 6 Jahren gezeigt [hat und] aus dieser Tabelle ... auch die Kursrückgänge ersichtlich [waren]", und trägt weiter wie folgt vor: "Mithin hat der Zeuge ... dem Kläger auch von den Kursrückgängen Mitteilung gemacht, die sich in den letzten drei Wochen vor dem Beratungsgespräch entwickelten."

Mit diesem Sachvortrag behauptet die Beklagte nicht, dass der Zeuge ... den Kläger mündlich auf den aktuellen Abwärtstrend der Anlage im September 2000 hingewiesen hat. Sie zieht aus dem Umstand, dass der Zeuge ... nach eigenem Bekunden dem Kläger die Charts der letzten ca. 4 bis 6 Jahre, aus denen auch Kursrückgänge ersichtlich gewesen sein sollen, vorgelegt hat, den Schluss, dass der Zeuge ("mithin") auch von den Kursrückgängen "Mitteilung gemacht" hat. Demzufolge verweist die Beklagte auf eine Aufklärung bzw. einen Hinweis auf den aktuellen Abwärtstrend mittels der dem Kläger seitens des Zeugen ... vorgelegten Charts. Aus diesen Charts war jedoch eine Abwärtsentwicklung im streitentscheidenden Zeitraum nicht erkennbar. Die Beklagte hat ausweislich ihres Schriftsatzes vom 1.8.2002 (Bl. 121 ff d.A.) mit diesem Schriftsatz die Unterlagen vorgelegt, die der Zeuge ... im September 2000 zur Beratung im Zusammenhang mit dem Depotmodell TOPINVEST - getrennt nach den Modellen "Einkommen", "Einkommen und Wachstum" und "Wachstum" - benutzt hat (Seite 7 des Schriftsatzes = Bl. 127 d.A.). Mithin kann es sich bei den mit diesem Schriftsatz vorgelegten Unterlagen (Bl. 130 ff d.A.) nur um diejenigen handeln, auf die der Zeuge ... in seiner Aussage Bezug genommen (Charts der letzten ca. 4 bis 6 Jahre) hat und auf die die Beklagte nunmehr verweist. Diese Unterlagen nehmen jedoch sämtlich eine Wertentwicklung nur bis zum 31.8.2000 vor, eine Wertentwicklung für die ersten drei Septemberwochen des Jahres 2000 enthalten diese Unterlagen nicht, worauf die Beklagte selbst in diesem Schriftsatz rekurriert (Seite 8, Bl. 128 d.A.). Dann aber konnte eine Aufklärung über den aktuellen Abwärtstrend in den ersten drei Septemberwochen 2000 auch nicht mittels dieser Unterlagen erfolgen.

Soweit die Beklagte weiter darauf verweist, dass die Zeugin ausgesagt habe, ihnen sei eine Kurve gezeigt worden, aus der man habe entnehmen können, wie sich TOPINVEST im Laufe des Jahres entwickelt habe, vermag auch dies eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Bereits aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen, die Gegenstand des Beratungsgespräches mit dem Zeugen ... waren (s.o.), ergibt sich, dass die "Kurve" eine Wertentwicklung nur bis 31.8.2000 vornahm, nicht jedoch eine solche für den streitentscheidenden Zeitraum. Dass dem Kläger bzw. der Zeugin ... weitere Unterlagen zur Verfügung gestanden haben, insbesondere eine Wertentwicklung betreffend die ersten drei Septemberwochen 2000, kann der Aussage der Zeugin ... auch nicht andeutungsweise entnommen werden.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter auf einen Entwicklungsbericht auch betreffend den Zeitraum September 2000 verweist, ist dies unbehelflich, da die Beklagte zutreffender Weise selbst einräumt, dass dieser Zwischenbericht, der von Oktober 2000 datiert, im September noch nicht vorgelegen hat.

Hieraus folgt, dass die Beklagte handelnd durch ihren Angestellten ... als Erfüllungsgehilfe, den Kläger weder mündlich noch schriftlich auf den in dem streitentscheidenden Zeitraum sich abzeichnenden Abwärtstrend der Anlage hingewiesen hat bzw. sie den Kläger hierüber aufgeklärt hat.

Mithin liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten vor.

c.

Die Pflichtverletzung des Beraters/Vermittlers muss kausal für den Schaden des Anlegers geworden sein, der darin liegt, dass das angelegte Kapital ganz oder teilweise verloren ist. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die in einem wesentlichen Punkt unvollständige Auskunft ursächlich für die Anlageentscheidung des geschädigten Anlegers war (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - III ZR 62/99, MDR 2000, 405 [407] = WM 2000, 426 [429]; Urt. v. 31.5.1990 - VII ZR 340/88, MDR 1991, 140 [141] = WM 1990, 1276 [1280]; Urt. v. 9.7.1988 - III ZR 158/97, MDR 1099, 1100 = WM 1998, 1673 [1674]). Es wird also vermutet, dass der Kunde die Anlageentscheidung bei ordnungsgemäßer Belehrung und Aufklärung nicht getroffen hätte. Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Anlageberater/-vermittler (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - III ZR 62/99, MDR 2000, 405 [406] = WM 2000, 426 [429]), der die Kausalitätsvermutung zu widerlegen hat. Das Gericht hat nach § 286 ZPO eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der erhobenen Beweise vorzunehmen. Dabei wird es maßgeblich darauf ankommen, welche objektive Bedeutung die dem Anleger beschriebenen Tatsachen für die Werthaltigkeit des Anlageobjekts hatten (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1994 - II ZR 95/93, MDR 1994, 275 [insoweit nichts abgedruckt] = WM 1994, 2192 [2193]). Die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens greift allerdings nicht mehr ein, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 9.6.1998 - XI ZR 220/97, MDR 1998, 1359 [1360] = WM 1998, 1527 [1529]; Urt. v. 10.5.1994 - XI ZR 115/93, MDR 1994, 1005 = WM 1994, 1466 [1467]).

Unerheblich ist, ob sich gerade das Risiko verwirklicht hat, über welches der Kunde nicht aufgeklärt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1990 - VII ZR 340/88, MDR 1991, 140 = WM 1990, 1276 [1280]; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.10.1999 - 3 U 5/99, OLGR Karlsruhe 2000, 17 [18]). Bei einem Aufklärungsmangel, der für den Anlageentschluss verantwortlich war, kann der Anleger auch dann Schadensersatz verlangen, wenn sich die Investitionsentscheidung aus anderen Gründen; die mit dem Mangel nichts zu tun haben, als unrichtig erweist (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 [113] = MDR 1993, 1068 [insoweit nicht abgedruckt]; Urt. v. 1.12.1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344 [347]). Wenn der Kunde beispielsweise nicht über bestehende Währungs- oder Kursrisiken aufgeklärt worden ist, kann der Vermittler sich nicht darauf berufen, dieses Risiko habe sich nicht verwirklicht, weil das Geld von einem Treuhänder unterschlagen wurde. Maßgeblich ist allein, dass der Kunde die Anlageentscheidung bei sachgemäßer Aufklärung nicht getroffen und somit sein Geld nicht verloren hätte.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten kausal für den geltend gemachten Schaden. Denn wie der Kläger unwiderlegt vorgetragen hat, hätte er bei sachgerechter Aufklärung nicht in den Fonds investiert (Bl. 32 d.A.).

d.

Der geschädigte Kapitalanleger kann verlangen, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt hätte. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehört zunächst das eingesetzte Kapital. Der Schaden ist nicht nach oben hin durch das Erfüllungsinteresse begrenzt. Hat der Anleger die Beteiligung finanziert, kann er im Wege des Schadensersatzes Erstattung der Finanzierungszinsen verlangen (BGH, Urt. v. 9.10.1989 - II ZR 257/88, MDR 1990, 516 [insoweit nicht abgedruckt] = WM 1990, 145 [147]). Erfolgte die Finanzierung der Einlage durch Eigenkapital, besteht ein Anspruch auf Erstattung der Zinsvorteile, die bei einer anderweitigen Anlage erzielbar gewesen wären (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 [144]).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Kläger die Einlage Zug um Zug gegen Rückübertragung der Fondsanteile verlangen. Des weiteren kann er die Zinsen, die er zuvor bei der Sparda-Bank für die Anlage des Geldbetrages erzielt hatte (3,5 %), als Schaden erstattet verlangen.

Soweit sich die Beklagte später durch die Mahnung vom 24.4.2001 mit Fristsetzung zum 15.5. 2001 in Verzug befunden hat (Bl. 6 d.A.), stehen dem Kläger gemäß §§ 288 Abs. 1, 286, 284 BGB die gesetzlichen Verzugszinsen zu.

C.

Dementsprechend war auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.564,59 Euro nebst 3,5 % Zinsen vom 2.10.2000 bis zum 15.5.2001 sowie Zinsen in Höhe von 9,26 %, höchstens jedoch in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, seit dem 16.5.2001 Zug um Zug gegen Rückübertragung der Aktienfondsanteile Depotmodell "Wachstum" aus der "Topinvest"-Anlage zu zahlen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO; dabei waren die Zinsen, die als Schadensersatz gemäß den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung in Höhe von 3,5 % (und nicht aus Verzug) verlangt werden, streitwerterhöhend zu berücksichtigen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 23. August 1988; Az: 5 W 68/88; Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 4, Rdnr. 8, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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