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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.07.2000
Aktenzeichen: 7 U 944/99-233-
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 179
BGB § 179 Abs. 3
BGB § 179 Abs. 1
BGB § 179 Abs. 3 Satz 1
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 249
ZPO § 511
ZPO § 511 a
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 3 ff.
GKG § 19 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 944/99-233- 16 O 166/98 LG Saarbrücken

Verkündet am 11.7.2000

gez. Greif Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

wegen Forderung

hat der 7. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2000 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Holschuh, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Fries und des Richters am Landgericht Sittenauer

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. September 1999 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - Az.: 16 O 166/98 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

IV. Die Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil übersteigt 60.000 DM.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 139.620,60 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten in erster Linie auf Schadensersatz gemäß § 179 BGB in Anspruch. Die Firma F GmbH, Landsberg/Saale, benötigte Tore für ein Logistikzentrum im Industriegebiet Landsberg. Mit der Ausschreibung, Planung und Bauleitung wurde der Beklagte beauftragt. Dieser übersandte der Klägerin am 18.8.1993 die Ausschreibungsunterlagen. Dort ist als "Ausschreibende Stelle/Planung/Bauleitung" der Beklagte angegeben. Außerdem ist unter Ziffer 18 - Örtliche Bauführung - Folgendes ausgeführt:

"Der mit der örtlichen Bauführung beauftragte Architekt oder sein Beauftragter gilt als der gesetzliche Vertreter des Bauherren und übt in dessen Namen das Hausrecht auf der Baustelle aus. Seinen Anordnungen ist unbedingt Folge zu leisten".

Des Weiteren ist in den Vorbemerkungen Folgendes festgelegt:

"Sämtlicher Schriftverkehr erfolgt über die Bauleitung. Ebenso sind alle Rechnungen und Aufmaße in vierfacher Ausfertigung der Bauleitung zur Prüfung vorzulegen".

Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausschreibungsunterlagen (Bl. 12 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin gab im September 1993 ein Angebot ab und erhielt durch die Firma F GmbH am 18.10.1993 mündlich den Auftrag zur Lieferung und Montage mehrerer Sectionaltore. Mit Schreiben vom 19.10.1993 (Bl. 44 ff. d.A.) wurde der Auftrag von der Klägerin gegenüber der Firma F GmbH bestätigt. Außerdem wurde diese um die Benennung eines Ansprechpartners gebeten, der der Klägerin bei technischen Rückfragen sowie zur Klärung von allen technischen Details zur Verfügung stehen sollte (Bl. 46 d.A.). Gleichzeitig wurde um einen Termin gebeten, zu dem ein Aufmaß vor Ort vorgenommen werden konnte.

Mit Schreiben vom 22.10.1993 (Bl. 41 f. d.A.) erteilte die Firma F GmbH der Klägerin den Auftrag schriftlich und benannte als Bauleiter den Beklagten.

Unter den Positionen 1.01 und 1.02 des Leistungsverzeichnisses ist die Lieferung von 29 bzw. 8 Sectionaltoren mit einer Größe von 3.200 x 4.050 mm angegeben. Die hierauf entfallenden Materialpreise belaufen sich auf 123.317,95 DM brutto. Am 16.11.1993 fand zwischen einem Vertreter der Klägerin und dem Beklagten ein Baustellentermin statt, bei dem festgestellt wurde, dass die von der Klägerin herzustellenden Tore nicht wie geplant eingebaut werden konnten. Die bauseits vorhandenen Aussparungen in dem seitlichen Torbereich waren nämlich nicht groß genug, um die von der Klägerin vorgesehenen Zargenseitenteile in vollem Umfang aufnehmen zu können. Um diese gleichwohl einbauen zu können, wären entweder erhebliche Stemmarbeiten an der Betonkonstruktion notwendig geworden oder die Zargenseitenteile hätten teilweise in die lichte Öffnung gesetzt werden müssen. Dies hätte eine geringere Durchfahrtsbreite als geplant zur Folge gehabt; außerdem wäre es erforderlich gewesen, jeweils einen Rammschutz für die Zargenseitenteile anzubringen, damit diese nicht durch die Ladekanten der an die Tore heranfahrenden LKWs beschädigt werden konnten. Bei zwei Baustellenterminen vom 23.11.1993 und 26.11.1993 kamen der Zeuge B auf seiten der Klägerin und der Beklagte überein, dass der zweiten Alternative der Vorzug gegeben werden sollte, wobei die Maße für die fraglichen Tore nunmehr auf 2.800 x 4.125 mm festgelegt wurden. Für das Anbringen eines Rammschutzes wären letztlich Mehrkosten in Höhe von 12.880 DM angefallen.

Dieses Ergebnis hatte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 26.11.1993 nebst einer entsprechenden Zeichnung vom 24.11.1993 (Bl. 67 f. d.A.) im Einzelnen festgehalten. Nach den darin enthaltenen Vorgaben hatte die Klägerin die Tore dann auch entsprechend hergestellt; sie wurden am 22.12.1993 bei ihr von der Firma F GmbH abgeholt. Diese hatte die Tore dann auf ihrem Gelände in Landsberg gelagert; eine Abnahme hatte sie wegen der geänderten Maße verweigert.

Die Klägerin hat in der Folgezeit die Firma F GmbH auf Zahlung von 148.712,13 DM Zug-um-Zug gegen Übereignung, Montage und Abnahme der genannten Tore verklagt, wobei sie dem Beklagten den Streit verkündet hat. Das Landgericht Halle hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Naumburg zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Naumburg hat zur Begründung im Wesentlichen angeführt, dass die Veränderung der lichten Maße der Tore eine Vertragsänderung sei, die unstreitig nicht zwischen der Firma F GmbH und der Klägerin direkt abgesprochen gewesen sei, sondern allenfalls zwischen der Klägerin und dem Beklagten. Ob dieser eine solche Absprache mit der Klägerin tatsächlich getroffen habe, könne letztlich dahinstehen, denn jedenfalls sei er zu der Vertragsänderung nicht bevollmächtigt gewesen. Die gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg eingelegte Revision der Klägerin wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26.3.1998 nicht angenommen. Die Kosten, welche die Klägerin für den erfolglosen Prozess gegen die Firma F GmbH aufwenden musste, belaufen sich auf insgesamt 43.725,10 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Aufstellungen der Klägerin im Schriftsatz vom 10.8.1998 (Bl. 118 d.A.) und im Schriftsatz vom 16.9.1998 (Bl. 133 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtstreit behauptet, der Beklagte habe die Fertigung der fraglichen Tore entsprechend den zuletzt in der Zeichnung vom 24.11.1993 (Bl. 67 d.A.) gemachten Vorgaben namens der Firma F GmbH in Auftrag gegeben. Auf Bedenken dahingehend, dass er zu einer solchen Anweisung nicht berechtigt gewesen sei, habe er zu keiner Zeit hingewiesen. Es habe sich um eine Torsonderanfertigung gehandelt, bei der solche Abänderungen ohnehin üblich seien.

Die von der Klägerin hergestellten Tore könnten als Sonderanfertigung nicht weiter verkauft werden, da sich niemand gefunden habe, der sie in den konkreten Maßen gebrauchen könne. Im Übrigen seien die Tore bei der Firma F GmbH, die sie - insoweit unstreitig - zwischenzeitlich an die Klägerin zurückgegeben hat, unsachgemäß gelagert worden, so dass verschiedene Teile beschädigt worden seien. Hierdurch sei ein Schaden von 16.302,65 DM entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schadensaufstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 15.12.1998 (Bl. 145 f. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte als vollmachtloser Vertreter für den der Klägerin entstandenen Schaden hafte. Dieser bestehe zum einen in dem auf die fraglichen Tore entfallenden Materialpreis in Höhe von 107.233 DM sowie in den Kosten des Prozesses gegen die Firma F GmbH in Höhe von 43.725,10 DM. Hilfsweise hat die Klägerin ihren Anspruch auch auf die behaupteten Schäden an den Toren infolge der angeblich falschen Lagerung in Höhe von 16.302,65 DM gestützt mit der Begründung, dass der Beklagte als Bauleiter für eine ordnungsgemäße Lagerung der Tore verantwortlich gewesen sei und diese Pflicht verletzt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie

1. 123.317,95 DM nebst 6,5 % Zinsen vom 15.5.1996 bis 16.3.1998 sowie 5,5 % Zinsen seit 17.3.1998

2. weitere 27.640,15 DM nebst 5,5 % Zinsen seit dem 22.9.1998 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, zu keiner Zeit eine vertragsändernde Erklärung abgegeben zu haben. Die Abänderungsvorschläge der Klägerin seien nur dahingehend diskutiert worden, ob sie technisch akzeptabel seien. Im Übrigen habe der Beklagte stets darauf hingewiesen, dass die Änderung der Maße von der Firma F GmbH habe genehmigt werden müssen, wobei er davon ausgegangen sei, dass die maßgeblichen Absprachen auch unmittelbar zwischen der Klägerin und der Firma F GmbH getroffen worden seien.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme gemäß dem Beschluss vom 15.9.1999 (Bl. 167 d.A.) durch das am 29.9.1999 verkündete Urteil die Klage abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob der Beklagte überhaupt eine Zustimmung zur Abänderung der Tormaße gegeben habe; der Anspruch der Klägerin scheitere jedenfalls daran, dass ihre Mitarbeiter die fehlende Vertretungsmacht des Beklagten gekannt hätten oder hätten kennen müssen. Für die Klägerin habe hinreichend Anlass bestanden, sich bei der Firma F GmbH direkt zu vergewissern, ob der Beklagte überhaupt zu einer Vertragsänderung berechtigt sei. Insbesondere aus den Vertragsunterlagen habe sich ergeben, dass der Beklagte nur eine begrenzte rechtsgeschäftliche Stellung gehabt habe. Gemäß § 179 Abs. 3 BGB sei daher die Haftung des Beklagten ausgeschlossen. Dieser hafte auch nicht aus culpa in contrahendo, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Eigenhaftung eines Vertreters nicht vorlägen. Ebenso wenig hafte der Beklagte für die behaupteten Schäden an den Toren, da es primär Sache des Bauherren und nicht des Architekten sei, Bauteile während der Bauausführung vor Schäden zu schützen. Im Übrigen habe die Klägerin nicht darzustellen vermocht, dass die Schäden durch eine falsche Lagerung und nicht etwa beim Transport entstanden seien.

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 13.10.1999 zugestellte Urteil, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, am 12.11.1999 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit am 9.12.1999 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin trägt vor, dass sie nach den Vertragsunterlagen in Verbindung mit dem Schriftverkehr mit der Firma F ohne Verschulden habe davon ausgehen können, dass der Beklagte zur Änderung der Tormaße befugt gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass er als gesetzlicher Vertreter des Bauherren gegolten habe, dass er als ausschreibende Stelle auch mit der Planung betraut gewesen sei, und dass er von der Firma F auf die Frage nach einem Ansprechpartner zur Klärung aller technischer Fragen ohne Einschränkung benannt worden sei. Das Landgericht habe darüber hinaus verkannt, dass die Reduzierung der Torbreiten keine wesentliche Vertragsänderung gewesen sei, sondern allenfalls eine Änderung technischer Details. Dies gelte auch im Hinblick auf die Notwendigkeit eines Rammschutzes, der letztlich Mehrkosten von lediglich 12.880 DM verursache, was in Bezug auf die Gesamtauftragsbruttosumme von 333.922,20 DM als geringfügig anzusehen sei.

Da somit ein Haftungsausschluss nach § 179 Abs. 3 BGB nicht in Betracht komme, müsse der Beklagte der Klägerin auch den Schaden ersetzen, der dieser durch die Beschädigung der Tore anlässlich des Transports und der Lagerung auf der Baustelle entstanden sei und zwar ohne Rücksicht darauf, wer vielleicht außer dem Beklagten der Klägerin noch auf Schadensersatz hafte; ebenso sei der Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Kosten des Vorprozesses gegen die Firma F zu erstatten.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken - Az.: 16 O 166/98 - den Beklagten zu verurteilen, an sie 123.317,95 DM nebst 6,5 % Zinsen ab 17.3.1998 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Tatsachenvorbringens verteidigt er das angefochtene Urteil, wobei er ergänzend darauf hinweist, dass eine Haftung des Architekten gemäß § 179 BGB grundsätzlich dann ausscheide, wenn, wie hier, der Hauptauftrag vom Bauherren selbst erteilt worden sei. Der Unternehmer müsse nämlich wissen, dass den Vertragsbeziehungen zwischen Bauherren und Architekten gewöhnlich die Einheitsarchitektenverträge zugrunde lägen und dass diese gerade keine Bevollmächtigung zur Auftragsvergabe vorsähen. Der Unternehmer müsse sich daher über die Vollmacht des Architekten erkundigen.

Hinsichtlich des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verhandlungsniederschrift vom 13.6.2000 Bezug genommen.

Die zu Informationszwecken beigezogenen Akten des Landgerichts Halle - Az.: 10 O 104/94 - nebst den Akten des Oberlandesgericht Naumburg - Az.: 7 U 33/96 - waren Gegenstand der Berufungsverhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist an sich statthaft und zulässig §§ 511, 511 a; 516, 518, 519 ZPO, jedoch in der Sache erfolglos.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus § 179 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 123.317,95 DM bestehen nicht.

Zweifelhaft ist bereits, ob der Beklagte als Vertreter der Firma F GmbH mit der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderung der Tormaße einen Vertrag abgeschlossen hat. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Beklagte überhaupt eine auf eine Änderung des Vertrages gerichtete rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgegeben hat. Dies ist nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zweifelhaft. Der Zeuge B hat zwar im Wesentlichen den Sachvortrag der Klägerin bestätigt, indem er ausgesagt hat, dass er sich bei einem Baustellentermin vom 26.11.1993 mit dem Beklagten auf eine Verringerung der Torbreite auf 2.800 mm geeinigt habe, wobei der Beklagte wörtlich gesagt haben soll: "Wir machen es so". Daraus lässt sich jedoch nicht ohne weiteres eine verbindliche Vertragsänderung herleiten, denn aus der Aussage des Zeugen B ergibt sich, dass nur ein Teilaspekt, nämlich allein die technische Seite, besprochen worden ist. Dass der Zeuge B mit dem Beklagten auch etwaige wirtschaftliche Auswirkungen dieser Änderung erörtert hätte, ist nicht ersichtlich und wird von dem Zeugen B auch an keiner Stelle erwähnt. Hierzu bestand aber durchaus Anlass, denn eine Änderung der Maße konnte auch Auswirkungen auf die zu zahlende Vergütung haben. So hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 19.10.1993 (Bl. 44 ff. d.A.), das als Bestätigungsschreiben einer mündlichen Auftragserteilung vom 18.10.1993 anzusehen ist, darauf hingewiesen, dass die aufgeführten Einheitspreise nur Gültigkeit hätten, wenn der komplette Auftrag wie angeboten ausgeführt würde. Es hätte daher zumindest die Frage erörtert werden müssen, ob und gegebenenfalls inwiefern die Veränderung der Maße Einfluss auf die vereinbarten Einheitspreise haben werde. Außerdem wurde zusätzlich ein Rammschutz für ca. 13.300 DM notwendig. Ohne Klärung der sich daraus ergebenden Fragen konnte ein objektiver Beobachter an der Stelle des Zeugen B das Verhalten des Beklagten zwar dahin deuten, dass er mit der technischen Lösung, wie sie von der Klägerin angeboten worden war, - unter Umständen auch nach Rücksprache mit der Firma F GmbH - einverstanden gewesen ist, nicht aber ohne weiteres in dem Sinn, dass mit diesem Einverständnis auch gleichzeitig eine Vertragsänderung verbindlich festgelegt werden sollte, da eine solche vernünftigerweise erst nach einer Einigung über die weiteren wesentlichen Punkte vereinbart werden konnte. Aufgrund dieser Erwägungen bestehen daher zumindest erhebliche Zweifel daran, ob der Beklagte überhaupt eine Willenserklärung, die auf eine Vertragsänderung gerichtet war, abgegeben hat, oder ob er nur die Lösungsvorschläge der Klägerin aus technischer und planerischer Sicht hat billigen wollen.

Diese Frage kann jedoch letztlich dahinstehen; denn selbst wenn man annimmt, dass der Beklagte als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die Firma F GmbH die Vertragsänderung in Auftrag gegeben hat, - wobei die fehlende Vertretungsmacht wegen der Streitverkündungswirkung für das vorliegende Verfahren verbindlich vom Oberlandesgericht Naumburg festgestellt wurde (vgl. BGH NJW 2000, 1407) -, so ist die Haftung des Beklagten gemäß § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Danach haftet der Vertreter nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen müsste. Kennenmüssen liegt schon bei jeder fahrlässigen Unkenntnis des Mangels der Vertretungsmacht vor; Rechtsfolge ist ohne weiteres der Ausschluss jeglicher Haftung nach § 179 BGB (BGH MDR 1990, 222).

Fahrlässigkeit, das heißt das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, liegt vor, wenn die Umstände des Falles den Vertragspartner veranlassen müssen, sich danach zu erkundigen, ob der Vertreter die zumindest stillschweigend behauptete Vertretungsmacht tatsächlich hat (BGH NJW 2000, 1407, 1408 m.w.N.; MDR 1990, 222; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 113).

Im vorliegenden Fall gab es für die Klägerin genügend Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte nicht die Vollmacht hatte, mit Wirkung für die Firma F GmbH eine Änderung der Tormaße in Auftrag zu geben. Zu diesem Ergebnis ist das Landgericht im angefochtenen Urteil mit zutreffenden Erwägungen gelangt, denen der erkennende Senat uneingeschränkt folgt und die durch das Berufungsvorbringen der Klägerin nicht entkräftet wurden. Ergänzend ist Folgendes anzuführen:

Bei den Änderungen der Tormaße handelte es sich nicht nur um ein unbedeutendes technisches Detail, wie die Klägerin meint, sondern um eine wesentliche Vertragsänderung. Die Torbreite kann, je nach dem, was der Bauherr im Zusammenhang mit den Toren beabsichtigt, von entscheidender Bedeutung sein, etwa weil sie unter Umständen für bestimmte Zwecke zu schmal sein könnten. Hinzu kommt, dass mit der Änderung auch ein zusätzlicher Aufwand von zumindest 12.880 DM (vgl. insoweit die Berechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 8.12.1999 Bl. 236 d.A.) verbunden war, weil anders als bei der ursprünglich vorgesehenen Ausführung ein Rammschutz hätte angebracht werden müssen. Die Kosten von 12.880 DM mögen zwar im Verhältnis zum Gesamtauftragsvolumen mit 3,88 % als gering erscheinen, sind aber allein aufgrund ihrer Höhe als wesentlich anzusehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Firma F GmbH letztlich auf den Rammschutz verzichtet hat, denn entscheidend kommt es darauf an, was aus Sicht der Verhandlungspartner aufgrund der Änderung der Tormaße objektiv notwendig war. Dass zum Schutz der in die Toröffnung hineinragenden Türzargen ein Rammschutz erforderlich war, ist aber zwischen den Parteien unstreitig.

Ein weiteres Indiz für die fehlende Vollmacht zum Abschluss einer Änderungsvereinbarung ist es, wenn, wie vorliegend geschehen, der Hauptauftrag unmittelbar vom Bauherrn selbst erteilt worden ist (OLG Düsseldorf Baurecht 1985, 339).

Vorliegend war der Beklagte zwar mit der Planung und Ausschreibung betraut, der ursprüngliche Vertrag ist aber letztlich alleine zwischen der Klägerin und der Firma F GmbH ausgehandelt worden.

Hinzu kommt, dass auch nach der Vertragsgestaltung und den Umständen im Übrigen für die Klägerin hinreichend deutlich wurde, dass der Beklagte keine weitreichenden rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnisse hatte. In dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma F GmbH ist zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden, dass der Beklagte berechtigt sein sollte, Vertragsänderungen zu vereinbaren, doch sind die Aufgaben und Befugnisse des Beklagten im Übrigen recht detailliert beschrieben und es ist an keiner Stelle davon die Rede, dass der Beklagte Vertragsänderungen selbst vornehmen könne, so dass sich im Umkehrschluss ergibt, dass ihm eine solche Befugnis auch nicht eingeräumt worden ist.

So ist der Name des Beklagten zwar unter der Rubrik "Ausschreibende Stelle/Planung/Bauleitung" in dem der Ausschreibung zugrunde liegendem Leistungsverzeichnis angegeben, doch ergibt sich daraus gerade, dass die Vergabe der Aufträge - und darauf kommt es an - dem Beklagten eben nicht übertragen worden ist.

Des Weiteren macht auch die in Ziffer 6.1 der Allgemeinen Kalkulationsbedingungen, enthaltene Regelung (Bl. 17 d.A.) hinreichend deutlich, dass nach dem Willen der Firma F GmbH nachträgliche Vertragsänderungen unmittelbar mit ihr, und zwar schriftlich, geschlossen werden sollten.

Auch aus dem Schreiben der Firma F GmbH vom 22.10.1993 ergibt sich eine nur auf technische Fragen beschränkte Befugnis des Beklagten. Dort wurde der Beklagte als "Architekt und Bauleiter" bezeichnet, und zwar als Antwort auf die Anfrage der Klägerin in ihrem Schreiben vom 19.10.1993, wo diese um die Benennung eines Ansprechpartners bat, der bei technischen Rückfragen sowie zur Klärung von allen technischen Details habe zur Verfügung stehen sollen. Daraus ergibt sich, dass sich die Befugnis des Beklagten auf die Klärung technischer Fragen beschränkt hat und dass ihm weitreichendere Kompetenzen insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarung von Vertragsänderungen gerade nicht eingeräumt worden sind.

Hinweise auf die nur eingeschränkten Befugnisse des Beklagten finden sich auch in Ziffer 18 der zum Vertrag gehörenden allgemeinen Kalkulationsgrundlagen. Dort ist ausgeführt:

"Örtliche Bauführung

Der mit der örtlichen Bauführung beauftragte Architekt oder sein Beauftragter gilt als der gesetzliche Vertreter des Bauherren und übt in dessen Namen das Hausrecht auf der Baustelle aus. Seinen Anordnungen ist unbedingt Folge zu leisten."

Diese Regelung ist ausdrücklich beschränkt auf die örtliche Bauführung und betrifft deswegen nicht die Frage, ob der Beklagte berechtigt sein soll, die Firma F GmbH rechtsgeschäftlich (!) zu vertreten. Auch hier ergibt die Erwähnung der gesetzlichen Vertretung im Umkehrschluss, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht gerade nicht bestanden hat.

Berücksichtigt man weiterhin, dass die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht des Architekten für den Bauherrn beim Einheitsarchitektenvertrag im Allgemeinen ausgeschlossen ist, und dass der im Baugewerbe tätige Unternehmer in Betracht ziehen muss, dass Bauherr und Architekt diesen Vertrag gewöhnlich ihren Beziehungen zugrunde legen [OLG Köln Baurecht 1992, 812 (Leitsatz), vgl. auch OLG Celle BauR 97/174; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rdnr. 371 m)] so bestanden für die Klägerin hinreichend Anhaltspunkte, die Anlass geben mussten, an der Vertretungsmacht des Beklagten zu zweifeln. Dies gilt umso mehr, als sie in der Vergangenheit schon mehrere Aufträge für die Firma F GmbH ausgeführt hatte, wobei der Zeuge B - seiner Aussage zufolge - bei der Abwicklung stets mit Herrn F selbst zu tun gehabt hatte, weshalb er sich wunderte, dass er in dem vorliegenden Fall nur mit dem Beklagten verhandelte.

Aus alledem folgt, dass nicht nur bei der Klägerin über die Vertretungsmacht des Beklagten bei gehöriger Anstrengung hätten Zweifel aufkommen müssen, sondern dass solche Zweifel jedenfalls bei dem Zeugen B, dessen Wissen sich die Klägerin nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss, auch tatsächlich vorhanden waren. Bei dieser Sachlage hätte aber bezüglich der Vertragsänderung unbedingt eine Rückfrage bei dem Geschäftsführer der Firma F GmbH selbst erfolgen müssen. Da dies unterblieb, ist von einer fahrlässigen Unkenntnis der fehlenden Vertretungsmacht auszugehen mit der Folge, dass der Beklagte nicht nach § 179 Abs. 1 BGB haftet. Der Haftungsausschluss betrifft nicht nur die geltend gemachte Werklohnforderung für die falsch gelieferten Tore in Höhe von 107.233 DM sondern auch die von der Klägerin geltend gemachten Kosten des Prozesses gegen die Firma F GmbH. Aus dem selben Grund haftet der Beklagte auch nicht für die Schäden an den Toren aus § 179 Abs. 1 BGB.

II.

Auch eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss in Verbindung mit § 249 BGB besteht nicht, denn zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestanden keine vertraglichen Beziehungen; die in Rede stehende Haftung trifft aber grundsätzlich allein den Partner des angebahnten Vertrages (Palandt-Heinrichs BGB, 59. Aufl. § 276 Rdnr. 93 m.w.N.). Eine Eigenhaftung des Vertreters kommt nur in Betracht, wenn dieser ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt oder wenn er in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat (Palandt a.a.O., Rdnr. 94 und 96); beides ist vorliegend nicht anzunehmen.

III.

Der Beklagte haftet auch nicht aus unerlaubter Handlung für die behaupteten Schäden an den Toren (§ 823 BGB). Der Beklagte hatte keine allgemeine Obhutspflicht im Hinblick auf die Lagerung der Tore, die er verletzt haben könnte. Im Übrigen ist nicht auszuschließen, dass die Schäden beim Transport der Tore entstanden sind, wie die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung selbst einräumt; im Zusammenhang mit dem Transport der Tore ist der Beklagte aber nicht tätig geworden, so dass ihm etwa dabei entstandene Schäden auch nicht zugerechnet werden können.

Nach alledem ist die Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet, so dass die Berufung insgesamt zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung der Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil erfolgt in Anwendung des § 546 Abs. 2 ZPO, die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf §§ 3 ff. ZPO, 19 Abs. 1 Satz 2 GKG (123.317,95 + 16.302,65).

Ende der Entscheidung

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