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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.08.2003
Aktenzeichen: 7 U 95/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2
ZPO § 529
BGB §§ 662 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

7 U 95/03

Verkündet am 05.08.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 7. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 15.7.2003 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Holschuh, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Kuhn-Krüger und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Fries

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das am 9.1.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - Az.: 12 O 105/02 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Der Geschäftswert für das Berufungsverfahren wird auf 5.480,04 EUR festgesetzt.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig gemäß §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Voraussetzungen der §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 S. 2 ZPO sind gewahrt. Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Der Kläger macht vorliegend geltend, mit Ansprüchen außerhalb des Auftragsverhältnisses sei entgegen der Ansicht des Landgerichts eine Aufrechnung nicht möglich. Die Aufrechnung seitens der Beklagten sei treuwidrig. Zudem sei die Geschäftsgrundlage des Auftragsverhältnisses durch die Kündigung der Beklagten weggefallen; die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagte fänden daher vorliegend keine Anwendung. Da der Kläger sich darauf beruft, das Landgericht habe die genannten Gesichtspunkte nicht berücksichtigt, rügt er die Verletzung materiellen Rechts. Die Berufung des Klägers ist somit insgesamt zulässig.

B.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet; denn der von dem Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob grundsätzlich ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung des seitens des Finanzamtes per 21.12.2000 überwiesenen Betrages von 5.480,04 EUR (10.718,02 DM) zu bejahen wäre . Ebenso wenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte gemäß Nr. 27 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verrechnung dieses Betrages mit dem Negativsaldo auf dem Abwicklungskonto Nr. berechtigt war bzw. ob der Beklagten insoweit ein Recht zur Aufrechnung oder ein Zurückbehaltungsrecht zustand. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass bei Vorliegen eines Auftragsverhältnisses - der ursprüngliche Vertrag der Parteien war nach den Regeln der §§ 662 ff. BGB zu beurteilen - das Recht des Beauftragten zur Aufrechnung bzw. zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes hinsichtlich solcher Gegenansprüche eingeschränkt ist, die ihren Grund nicht in dem Auftragsverhältnis haben, wenn die auf diese Weise eingeschränkte Herausgabepflicht an den Auftraggeber dem Sinn und Zweck des Auftrages widerspricht (vgl. Seiler in: Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 667 Rdnr. 25 m.w.N.). Auch dies bedarf vorliegend jedoch keiner näheren Erwägung; denn einem Anspruch des Klägers auf Auszahlung dieses Betrages steht jedenfalls der Gesichtspunkt von Treu und Glauben entgegen (§ 242 BGB).

Treu und Glauben bilden eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung; eine solche Begrenzung ist im Fall einer missbräuchlichen Rechtsausübung gegeben (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Rdnr. 38 ff. m.w.N.). Die Rechtsausübung ist missbräuchlich, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt; ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehlt, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzugewähren wäre (Grundsatz des "dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est" - vgl. BGHZ 10, 69, 75; 79, 201, 204; 94, 241, 246; 110, 30, 33; Palandt-Heinrichs aaO, Rdnr. 52).

Eine solche Sachlage ist vorliegend gegeben. Unstreitig hatte die Beklagte einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Saarbrücken (Az.: 25 B 1782/00) vom 15.6.2000 mit einer titulierten Forderung in Höhe von 33.685,07 DM gegen den Kläger erwirkt und bereits mehrere vergebliche Vollstreckungsversuche unternommen. Würde die Beklagte, wie dies der Kläger begehrt, an diesen den von dem Finanzamt überwiesenen Geldbetrag auszahlen, hätte sie unmittelbar nach erfolgter Auszahlung die Möglichkeit, aufgrund des vorbezeichneten Vollstreckungstitels in diesen Geldbetrag zu vollstrecken. Da somit dieser Betrag unmittelbar nach Erhalt von dem Kläger an die Beklagte zurückzugewähren wäre, ist aufgrund der vorbezeichneten Grundsätze ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung letztlich zu verneinen. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 15.7.2003 hingewiesen; Umstände, die den genannten Erwägungen entgegenstehen könnten, hat der Kläger nicht vorgebracht.

Hiernach war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Festsetzung des Geschäftswerts erfolgte gemäß § 3 ZPO.

Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen war die Revision nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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