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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 8 U 157/06-39-
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1006 Abs. 1
Zum Umfang der Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT

URTEIL

Im Namen des Volkes

8 U 157/06-39-

vom 14.6.2007

Verkündet am: 14.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO auf den der mündlichen Verhandlung entsprechenden Termin vom 24.05.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Gaillard, die Richterin am Oberlandesgericht Feltes sowie den Richter am Oberlandesgericht Wiesen

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.02.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 3 O 437/04 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Zwangsvollstreckung der Klägerin in die Möbelstücke

* den Dielenschrank Louis XVI

* die Standuhr William Bessa, schwarz

* das Gemälde Hermann Kern 1855 (Größe 60 x 70 cm)

* das Gemälde F. A. Land (160 x 130 cm)

* und eine Eichentruhe, circa 1,20 m lang

gemäß der Pfändung des Obergerichtsvollziehers R. vom 22.06.2004 - DR II 1197/04 - für unzulässig erklärt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin betreibt aus der Grundschuldbestellungsurkunde mit Übernahme der persönlichen Haftung mit sofortiger Vollstreckungsunterwerfung vom 14.05.1999 über 240.000 € gegen den Zeugen B. die Zwangsvollstreckung. Im Zwangsversteigerungstermin über dessen Grundstück, <Straße> in <Ort> erhielt die Beklagte am 08.06.2004 den Zuschlag in Höhe von 206.000 €. Wegen einer weiteren Forderung über 15.000 € pfändete der Obergerichtsvollzieher R. im Auftrag der Klägerin am 22.06.2004 folgende Gegenstände in dem noch vom Zeugen B. bewohnten Haus:

* einen Dielenschrank Louis XVI

* eine Standuhr William Bessa, schwarz

* das Gemälde Hermann Kern 1855

* das Gemälde F. A. Land

* und eine Eichentruhe, circa 1,20 m lang

Die Parteien streiten nunmehr über das Eigentum an den Möbelstücken und Kunstgegenständen sowie über das Bestehen eines Pfändungspfandrechtes der Klägerin. Insoweit beruft sich die Beklagte darauf, sie habe die gepfändeten Gegenstände bis auf die Eichentruhe bereits am 10.08.2002 von dem Zeugen B. käuflich erworben, diese aber im Hausanwesen des Zeugen stehen lassen. Die Eichentruhe habe sie am 14.06.2004 erworben. Demgegenüber vertritt die Klägerin die Auffassung, sie habe an diesen Gegenständen ein Pfändungspfandrecht erworben, da der Zeuge B. am 22.06.2004 noch Eigentümer der Gegenstände gewesen sei. Hierfür spreche die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB, die die Beklagte nicht widerlegt habe.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Herausgabe der gepfändeten Gegenstände, nachdem die Beklagte das in der Zwangsversteigerung erworbene Hausanwesen zwischenzeitlich in Besitz genommen hat. Die Beklagte ihrerseits begehrt im Wege der Drittwiderspruchsklage die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in diese Gegenstände.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 147 ff), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter. Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht sei zu Unrecht von der Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, die sie nicht widerlegt habe, ausgegangen. Diese Vermutung komme dann nicht zum Tragen, wenn der Besitzer selbst, wie vorliegend der Zeuge B., seinen Eigenbesitzwillen bestreite. Vielmehr hätte die Klägerin den Eigenbesitz des Zeugen B. beweisen müssen, was ihr aber nicht möglich sei. Letztlich komme es hierauf aber nicht entscheidungserheblich an, denn der Fremdbesitz des Zeugen B. sei durch Urkunden bewiesen. Die Erstrichterin habe § 440 Abs. 2 ZPO übersehen, wonach die über der Unterschrift stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich habe. Deshalb hätte die Klägerin die Unrichtigkeit des Inhalts der Lieferscheine beweisen müssen. Dies sei ihr nicht gelungen. Soweit der Sachverständige "Besonderheiten", die Manipulationszweifel erweckten, festgestellt habe, gehe dies zulasten der Klägerin, da eine Manipulation eben nicht nachgewiesen sei.

Schließlich überzeuge auch die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht. Es habe übersehen, dass für die Version der Klägerin nichts spreche. So sei schon zweifelhaft, aus welchem Grund die Beklagte sich mit dem Zeugen B. zusammenschließen solle, um die Pfändung zu verhindern. Unklar bleibe auch die Interessenlage des Zeugen B., dem es doch im Wesentlichen darauf ankommen müsse, die Restschuld bei der Klägerin zu verringern. Demgegenüber sei die Version der Beklagten nicht ungewöhnlicher. Sie habe, da sie aus dem Raum Z. stamme, die Gelegenheit ergriffen, die von dem Zeugen B. erworbenen Gegenstände bei diesem unterzustellen, bis sie einen geeigneten Wohnsitz gefunden habe, zumal sie 2002 bereits in Verhandlungen über den freihändigen Erwerb der Immobilie des Zeugen B. gestanden habe.

Die Beklagte beantragt (Bl. 196, 246),

das Urteil Landgerichts Saarbrücken vom 22.02.2006 - 3 O 437/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen, sowie auf die Widerklage die Zwangsvollstreckung der Klägerin in den Möbelstücke

* den Dielenschrank Louis XVI

* die Standuhr William Bessa, schwarz

* das Gemälde Hermann Kern 1855 (Größe 60 x 70 cm)

* das Gemälde F. A. Land (160 x 130 cm)

* und eine Eichentruhe, circa 1,20 m lang

gemäß der Pfändung des Obergerichtsvollziehers R. vom 22.06.2004 - DR II 1197/04 - für unzulässig zu erklären.

Die Klägerin beantragt (Bl. 185, 247),

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens. Es sei schon fraglich, ob auf die vorgelegten Lieferscheine und Quittungen § 440 ZPO überhaupt anwendbar sei. Jedenfalls unterliege ihr Inhalt der freien Beweiswürdigung. Schließlich werde die Beweiskraft aufgrund der von dem Sachverständigen festgestellten Ungereimtheiten gemäß § 419 ZPO erheblich eingeschränkt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsniederschrift vom 01.03.2007 (Bl. 246 ff.) sowie die im schriftlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.03.2007 (Bl. 246 ff.) verwiesen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

In der Sache hat sie auch Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Herausgabe der gepfändeten Gegenstände an den Gerichtsvollzieher gemäß §§ 985, 1227 BGB, 804 Abs. 2 ZPO zu, weshalb auch die von ihr betriebene Zwangsvollstreckung in diese Gegenstände unzulässig ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nämlich zur Überzeugung des Senats fest, dass der Zeuge B. das Eigentum an den im Streit befindlichen Gegenständen auf die Beklagte übertragen hat, bevor diese am 22.06.2004 im Auftrag der Klägerin gepfändet wurden.

I.

Ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der gepfändeten Gegenstände an den Gerichtsvollzieher gemäß §§ 985, 1227 BGB, 804 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

1. Zwar ist dadurch, dass sich die Gegenstände nach den - von den Parteien nicht angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts zumindest im Mitgewahrsam des Zeugen B. befunden und auch die übrigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Pfändung vorgelegen haben, ein wirksames Pfändungspfandrecht der Klägerin entstanden.

2. Ein hieraus folgender Herausgabeanspruch der Klägerin als Pfandgläubigerin gemäß § 985 BGB besteht aber nur dann, wenn der Zeuge B. seinerseits Eigentümer der gepfändeten Gegenstände war. Hiervon ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht überzeugt (§ 286 ZPO).

a. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass auch zu Gunsten der Klägerin als Pfandgläubigerin die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB eingreift. Danach wird zu Gunsten des unmittelbaren Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er mit der Erlangung des Besitzes Eigentümer geworden ist, dass er bei der Besitzübergabe unbedingtes Eigentum erworben hat und während der Dauer seines Besitzes Eigentümer geblieben ist (BGH NJW-RR 1989, 1453; NJW 1994, 939, 940 - jeweils m. w. N.). Der Besitzer muss deshalb weder darlegen noch beweisen, dass und auf welcher Grundlage er mit dem Besitz das Eigentum erworben hat (BGH NJW 2004, 217 ff - zitiert nach juris Rn 31; NJW 2002, 2101 f - zitiert nach juris Rn 7). Diese Vermutung gilt aber dann nicht, wenn der unmittelbare Besitzer zunächst Fremdbesitzer war, auch wenn er später Eigenbesitzer geworden sein sollte (BGH NJW 2004, 217 ff - zitiert nach juris Rn 28 m. w. N.). Auf diese Vermutung kann sich auch der Pfändungsgläubiger berufen, sofern diese zu Gunsten des Schuldners wirkt, gegen den er den vollstreckbaren Titel erlangt hat (BGH aaO. Rn 22 m. w. N.; zum früheren Meinungsstand vgl. BGH NJW 1976, 238 f - zitiert nach juris Rn.13). Dem steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Zeuge B., der Schuldner, selbst behauptet, das Eigentum auf die Beklagte übertragen zu haben. Hier ist es eine Frage der Beweiswürdigung, ob sich die behauptete Eigentumsübertragung auf die Beklagte tatsächlich feststellen lässt. Diesen Beweis muss aber die Beklagte führen. Dies ist auch interessengerecht, soweit die Klägerin als Pfändungsgläubigerin Rechte geltend macht, da die Umstände des Eigentumserwerbs der Beklagten in deren Sphäre liegen, während die Klägerin hiervon keine Kenntnis haben kann. Sofern der Schuldner und frühere Eigentümer den Eigentumserwerb bestätigt, ist es eine Frage der Beweiswürdigung, ob diesem geglaubt werden kann.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des OLG Celle (OLGR Celle 2006,70 f). Zwar hatte dort das Gericht es als zweifelhaft angesehen, ob die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB auch dann für den Pfandgläubiger streiten kann, wenn der vermeintliche Eigentümer seinen Eigenbesitz und sein Eigentum bestreitet. Diese Frage musste dort jedoch nicht entschieden werden, da es lediglich um die Frage ging, ob eine Anordnung der Hinterlegungsstelle nach § 16 HinterlO, wegen einer angeblichen Berechtigung Klage zu erheben, rechtmäßig war. Hinzu kommt, dass in diesem Fall der unmittelbare Besitzer bestritten hatte, überhaupt Eigenbesitz an den Pfandgegenständen erworben zu haben, weshalb die Vermutung des § 1006 BGB bereits aus diesem Grund nicht zum Tragen kam.

Nicht vergleichbar ist auch der vom OLG Koblenz entschiedene Fall (ZInsO 2004, 929 f), denn dieses hat die Anwendbarkeit des § 1006 BGB deshalb verneint, weil die Schuldnerin bei Besitzerlangung keinen Eigen- sondern nur Fremdbesitz erworben hatte. In diesem Fall greift die Vermutung des § 1006 BGB nicht ein. Im Streitfall ist dagegen unstreitig, dass der Zeuge B. bei Besitzerwerb Eigenbesitz erlangt hat. Fraglich ist lediglich, ob er das Eigentum während seiner Besitzzeit auf die Beklagte übertragen hat, der Eigenbesitz also in Fremdbesitz umgewandelt wurde. Hier greift die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB ein, die nur durch den Beweis des Gegenteils, § 292 ZPO, widerlegt werden kann (BGH NJW 1994, 939, 945; NJW 2004, 217 ff - zitiert nach juris Rn 30).

b. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch überzeugt davon, dass die Beklagte vor der Pfändung vom 22.06.2004 das Eigentum an den im Streit befindlichen Gegenständen erworben hat.

aa. Die Beklagte hat bei ihrer Anhörung in sich schlüssig und zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass und aus welchen Gründen sie die streitbefangenen Gegenstände von dem Zeugen B. erworben hat. Insoweit hat sie ausgeführt, dass sie aus Z. stamme und deshalb dort eine Wohnung gesucht habe. Durch Mundpropaganda habe sie schließlich gehört, dass der Zeuge B. sein Haus verkaufen wolle, weshalb sie sich etwa im Juli 2002 an diesen gewandt habe. Dieser habe ihr das Haus gezeigt, es habe ihr sehr gut gefallen. Deshalb sei sie einen Tag später nochmals hingegangen. Dabei habe sie darauf hingewiesen, dass das Haus so geschmackvoll eingerichtet sei. Sie habe bereits damals gerne das Haus kaufen wollen, der ihr von der Klägerin mitgeteilte Kaufpreis von 600.000 DM sei ihr jedoch zu teuer gewesen. Der Zeuge B. habe sie vertröstet und gemeint, sie solle sich doch noch etwas Zeit lassen, dann könne er auch noch ein bisschen in dem Haus bleiben und der Kaufpreis gehe sicher noch runter. Aufgrund ihres Interesses an den Einrichtungsgegenständen habe ihr der Zeuge B. diese zum Kauf angeboten, weil er nichts zum Leben habe. Er habe seinem Sohn seine Firma überschrieben, dieser habe aber nach kurzer Zeit Konkurs angemeldet. Da er selbst gebürgt habe, habe er alles verloren. Bei ihrem 2. Besuch im August 2002 habe sie dann die vier angebotenen Gegenstände, nämlich den Dielenschrank, die Standuhr und die beiden Gemälde gekauft. Dementsprechend habe sie die Quittung vom 10.08.2002 geschrieben, die der Zeuge B. unterschrieben habe. Dieser habe ihr angeboten, die Möbel an Ort und Stelle zu belassen, da sie das Haus doch erwerben wolle. Dies sei für sie sehr günstig gewesen, weil die Möbel so sperrig waren, dass sie sie nur schlecht habe transportieren können. Da sie die Gegenstände zur Einrichtung eines Hauses in Z. erworben habe, habe sie sie auch an ihrem Wohnort nicht gebraucht. Allerdings hätte sie auch die Möglichkeit gehabt, die Gegenstände in einem Lager in Z. unterzubringen, das ihrem Vater gehört.

bb. Diese Darstellung der Beklagten ist in sich schlüssig und glaubhaft. Zwar ist es ungewöhnlich, dass jemand Gegenstände im Wert von circa 8.000 € erwirbt, sie dann aber bei einer fremden Person in Obhut belässt und im folgenden nur noch in telefonischem Kontakt zu dieser Person bleibt, und das alles in der Hoffnung, das Eigentum am Haus dieser Person erwerben zu können. Andererseits hat die Beklagte die damaligen Umstände bildhaft geschildert und dargelegt, dass ihr die Möbel in dem Haus so gut gefallen hätten, weshalb sie diese unbedingt habe erwerben wollen. Da sie aber schwer zu transportieren gewesen seien, sei sie letztlich froh darüber gewesen, dass der Zeuge B. ihr angeboten habe, die Möbel im Haus zu belassen. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die detailreiche und in sich stimmige Schilderung der Beklagten zutreffend ist. Hätte sie wirklich, wie die Klägerin vermutet, im Zusammenspiel mit den Zeugen B. verhindern wollen, dass die Klägerin Zugriff auf die im Streit befindlichen Gegenstände nimmt, hätte es sicher nahe gelegen, sich keine derart komplizierte Geschichte zurecht zu legen, zumal nach der Pfändung am 22.06.2004 und den kurz darauf mit der Zeugin S. geführten Telefonaten nur wenig Zeit geblieben wäre, um diese Darstellung durch die vorgelegten Quittungen zu untermauern. Nach dem Versteigerungstermin vom 08.06.2004 bestand jedenfalls weder für die Beklagte noch für den Zeugen B. Veranlassung zu einer solchen Handlung, da beide davon ausgegangen sind, dass mit der Versteigerung des Hauses alles erledigt sei.

cc. Bestätigt wird die Darstellung der Beklagten auch durch die erstinstanzliche Aussage des Zeugen B., der angegeben hat, die hier streitbefangenen Gegenstände bis auf die Eichentruhe, an der sie damals kein Interesse gehabt habe, etwa ein oder zwei Jahre vorher der Beklagten verkauft zu haben. Er habe jemanden gesucht, der ihm einiges abkaufe. Die Beklagte habe ihm das Geld bar übergeben. Er habe das Geld gebraucht, weil er nur eine Rente von 735 € gehabt habe. Das habe er der Beklagten auch so gesagt. Sie habe ihn dann gefragt, ob sie die Gegenstände bei ihm stehen lassen könne, da sie sie sonst einlagern müsse. Ihm sei das recht gewesen, da er noch Zeit gebraucht habe, um eine neue Wohnung zu finden. Soweit das Landgericht diese Aussage des Zeugen B. nicht für glaubhaft erachtet hat, hat es dies im wesentlichen damit begründet, dass sich der Zeuge nicht, auch nicht auf Nachfrage, daran erinnern konnte, dass neben den streitbefangenen Gegenständen gemäß Quittung vom 10.08.2002 noch weitere Gegenstände - eine Polstergruppe und ein Tisch - an die Beklagte veräußert wurden. Dies erscheint jedoch wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass der Zeuge zum Zeitpunkt seiner erstinstanzlichen Vernehmung am 10.08.2005 bereits 80 Jahre alt war, er jetzt vor dem Senat wegen seines psychisch geistigen Zustandes nicht mehr vernommen werden konnte und zum damaligen Zeitpunkt allein die von der Klägerin gepfändeten Gegenstände relevant waren. Es war deshalb nahe liegend, dass er sich an deren Übereignung noch erinnern konnte, zumal ihm dieses Beweisthema mitgeteilt worden war (vgl. Beweisbeschluss vom 22.06.2005, Bl. 52 ff) und er wegen der Pfändung dieser Gegenstände sicherlich auch mit der Beklagten gesprochen hatte. Jedenfalls reicht dieser Umstand - auch nicht vor dem Hintergrund eines möglichen Eigeninteresses - aus, seine Aussage als wenig glaubhaft erscheinen zu lassen.

dd. Dies gilt auch, soweit sie, was den Ablauf der Pfändung betrifft, nicht mit der Aussage des Zeugen R. übereinstimmt. Dieser hat sich auch bei seiner Vernehmung vor dem Senat (Bl. 249) im wesentlichen auf das Pfändungsprotokoll berufen und im weiteren ausgeführt, an die Pfändung selbst keine konkreten Erinnerungen mehr zu haben. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass es sich bei dem Zeugen B. um einen netten und hilfsbereiten älteren Mann gehandelt habe, der ihm sogar noch geholfen habe, die gepfändeten Gegenstände auszumessen, und ihm auch deren Werte angegeben habe. Er könne auch ausschließen, dass der Zeuge B. zu ihm gesagt habe, die gepfändeten Gegenstände gehörten einer anderen Person, denn dies hätte er mit Sicherheit im Protokoll vermerkt. Demgegenüber hat der Zeuge B. angegeben (Bl. 73), er habe dem Zeugen R. gesagt, dass Schrank und Uhr einer Frau gehörten. Da der Zeuge R. dies aber nicht habe zur Kenntnis nehmen wollen, habe er zu den anderen Sachen nichts mehr gesagt. Zwar stehen diese Angaben zunächst im Widerspruch zu denjenigen des Zeugen R.. Aber auch bei Zugrundelegung von dessen Aussage ist es durchaus möglich, dass der Zeuge B. einen zaghaften Versuch unternommen hat, auf sein fehlendes Eigentum hinzuweisen, dies jedoch von dem Zeugen R. nicht so verstanden und deshalb auch nicht im Protokoll niedergelegt wurde. Da er sich aber bei seinen Bekundungen im Wesentlichen an diesem Protokoll orientiert hat, ist es durchaus möglich, dass auch die Aussage des Zeugen B. insoweit zutrifft.

ee. Schließlich ist auch die Aussage der Zeugin S. (Bl. 247 ff.) nicht geeignet, die Angaben der Beklagten unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Soweit diese bekundet hat, sie habe bei Verlassen des Versteigerungstermins bezüglich des Hausanwesens die Beklagte darauf hingewiesen, dass das Mobiliar nicht inbegriffen sei, woraufhin diese nur genickt habe, beweist dies nichts. Es bestand für die Beklagte keinerlei Veranlassung, auf eine solche, nach Angaben der Zeugin S. im Vorbeigehen geäußerte Bemerkung überhaupt einzugehen oder diese gar darauf hinzuweisen, dass sie bereits Eigentümerin verschiedener Sachen geworden war. Ebenso wenig sind die Angaben der Zeugin S. zu den nach der Pfändung mit der Beklagten geführten Telefonaten geeignet, deren glaubhafte Angaben infrage zu stellen. Letztlich ist die Zeugin S. den Schilderungen der Beklagten schon deshalb mit Vorbehalten begegnet, weil sie deren Angaben, die Gegenstände bei dem Zeugen B. belassen zu haben, weil sie Interesse am Erwerb von dessen Haus gehabt und dieser einen glaubwürdigen Eindruck auf sie hinterlassen habe, nicht verstanden und als dubios empfunden hat. Dementsprechend ist es nach eigenen Angaben der Zeugin S. bei den Telefongesprächen immer wieder zu Spannungen gekommen. Diese Umstände belegen aber selbst dann, wenn die Beklagte zunächst nicht auf den Erwerb der Eichentruhe hingewiesen haben sollte, noch nicht, dass deren Angaben unglaubhaft sind. Vielmehr hat der Senat den Eindruck gewonnen, dass es der Beklagten schwer fällt, auf Fragen präzise zu antworten, ohne ausschweifende, unwichtige Umstände zu benennen. Es erscheint dem Senat deshalb durchaus nachvollziehbar, dass es im Gespräch mit der Zeugin S. zu Missverständnissen gekommen ist, die letztlich zu Spannungen geführt haben.

ff. Bestätigt werden die Angaben der Beklagten auch durch die von ihr vorgelegten Lieferscheine und Quittungen (Hülle Bl. 44) vom 10.8.2002 - dieser beinhaltet bis auf die Eichentruhe die streitbefangenen Gegenstände - und 10.01.2004, 16.01.2004, 10.06.2004, 12.06.2004 und 14.06.2004, mit denen der Zeuge B. bestätigt, weitere Einrichtungsgegenstände an die Beklagte verkauft zu haben.

Zwar erbringen diese entgegen der Auffassung der Beklagten alleine noch keinen Beweis dafür, dass sie das Eigentum an den gepfändeten Gegenständen erworben hat. Insoweit kann sie sich nämlich nicht auf die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO stützen. Zwar steht vorliegend die Echtheit der Namensunterschrift fest. Die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO geht dann allerdings nur dahin, dass die über der Unterschrift stehende Schrift echt ist. Dies wird vorliegend aber nicht in Zweifel gezogen. Fraglich ist vielmehr, ob der Inhalt der " Lieferscheine" zutreffend ist. Für diese materielle Beweiskraft gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (BGH NJW-RR 1988, 881 f - zitiert nach juris Rn 11). Der Senat ist jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - auch unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens vom 12.11.2005 (Bl. 97 ff.) - überzeugt davon, dass die Beklagte entsprechend dem Lieferschein vom 10.08.2002 das Eigentum an dem Dielenschrank, der Standuhr und den beiden Gemälden sowie gemäß dem Lieferschein vom 12.06.2004 das Eigentum an der Eichentruhe erworben hat. Zwar hat der Sachverständige L. in seinem Gutachten festgehalten, dass bei dem Lieferschein vom 10.08.2002 im ersten Teil des Datums zwei verschiedene Schreibmittel benutzt wurden. Danach weist der überwiegend mit flüssigem Schreibmittel geschriebene Lieferschein im Bereich der Ziffern "10.8." des Datums ein pastöses Schreibmittel eines funktionsfähigen Kugelschreibers auf. Das belegt aber noch nicht, dass er Lieferschein insgesamt zu einem anderen Zeitpunkt gefertigt wurde, zumal die Jahreszahl - ebenso wie der Lieferschein im Übrigen - mit einem flüssigen Schreibmittel geschrieben wurde. Auffallend ist zwar auch, dass bei dem Lieferschein vom 16.01.2004 nach dem Schreiben des Datums mit einem in der Funktion gestörten schwarzen Kugelschreiber das Datum mit einem blauen Kugelschreiber überschrieben wurde, der jedoch nicht identisch ist mit demjenigen, mit dem der Text dieses Lieferscheins geschrieben wurde. Merkwürdig ist auch, dass auf dem Lieferschein vom 10.01.2004 Durchdruckspuren des Lieferscheins vom 10.06.2004 festgestellt wurden, was nach Aussage des Sachverständigen zu Zweifeln an den ausgewiesenen Daten berechtige. Der sichere Nachweis einer Manipulation bzw. einer zeitgleichen Entstehung sei damit allerdings nicht erbracht. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund die Beklagte hier wahrheitswidrig einen Eigentumserwerb behaupten sollte, obwohl zwischen den Parteien unstreitig ist, dass keine nähere Bekanntschaft zwischen ihr und dem Zeugen B. besteht. Es wäre nicht nachvollziehbar, warum sich die Beklagte strafbar machen und sich einem mit einem Kostenrisiko verbundenen Zivilprozess aussetzen sollte, nur um dem Zeugen B. die gepfändeten Gegenstände "zu retten". Hinzu kommt, dass dem Zeugen B. auch damit gedient wäre, wenn aufgrund des Wertes der Pfandgegenstände seine Schulden bei der Klägerin zurückgeführt würden. Schließlich hätte es auch einfachere und überzeugendere Möglichkeiten gegeben, einen früheren Erwerb der gepfändeten Gegenstände durch die Beklagte zu behaupten und zu belegen. Insbesondere hätten sich die Beteiligten dann nicht die Mühe gemacht, den Erwerb der verschiedenen Einrichtungsgegenstände zu unterschiedlichen Zeiten zu behaupten und mit den Lieferscheinen zu belegen, da dies weniger plausibel erscheint als der Erwerb einzelner ausgewählter Stücke, der problemlos auf einen bestimmten, vor der Pfändung liegenden Termin "hätte gelegt werden können". Die Wahrscheinlichkeit, sich in diesem Fall in Widersprüche zu verwickeln, wäre weitaus geringer gewesen als bei dem von der Beklagten in Übereinstimmung mit dem Zeugen B. geschilderten Geschehensablauf. Zudem hätte im Hinblick auf die begrenzte Pfändung keine Notwendigkeit dafür bestanden, letztlich den gesamten Hausrat - zu verschiedenen Daten - an die Beklagte zu übereignen. Der Senat ist deshalb überzeugt davon, dass die Beklagte und der Zeuge B., hätten sie tatsächlich nach einem vorgefassten Plan verhindern wollen, dass die Klägerin in die Wertgegenstände vollstreckt, einen einfacheren und plausibleren Plan hierzu ausgearbeitet hätten.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist der Senat überzeugt davon, dass die Beklagte das Eigentum an den streitbefangenen Gegenständen vor deren Pfändung am 22.06.2004 von dem Zeugen B. erworben hat. Dann steht aber dem von der Klägerin geltend gemachten Herausgabeanspruch gemäß §§ 804 Abs. 2 ZPO, 985, 1227 BGB das Eigentum der Beklagten an den gepfändeten Gegenständen entgegen, so dass die Klage abzuweisen war.

II.

Auf die im Wege der Widerklage geltend gemachte Drittwiderspruchsklage der Beklagten gemäß § 771 ZPO war die Zwangsvollstreckung der Klägerin in die gepfändeten Gegenstände für unzulässig zu erklären, da die Beklagte, wie oben bereits erörtert, nachgewiesen hat, dass sie vor der am 22.06.2004 erfolgten Pfändung das Eigentum an den gepfändeten Gegenständen erworben hatte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 i. V. m. 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziffer 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO).



Ende der Entscheidung

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