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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 02.10.2003
Aktenzeichen: 8 U 86/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 I 1 Nr. 1
BGB § 284 I 2
BGB § 288 I a. F.
Zur Fürsorgepflicht eines Vermieters bei Selbstausführung von Reparaturen in einem Mehrparteienhaus
Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung derselben im Übrigen das am 10.01.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 15 O 85/01 - im Zinsausspruch dahin abgeändert, dass der Beklagte lediglich 4 % Zinsen seit dem 27.05.2001 zahlen muss.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000,00 EUR nicht.

Entscheidungsgründe:

A.

Bezüglich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ( Bl. 247 - 261 ) Bezug genommen, § 540 I 1 Nr. 1 ZPO.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, nachdem das Landgericht ihn mit der angefochtenen Entscheidung unter teilweiser Klageabweisung wegen schuldhafter Verletzung seiner den anderen Mietern seines Hauses gegenüber bestehenden Fürsorgepflicht zur Schadensersatzleistung von 6.469,47 EUR nebst 9,26 % Zinsen seit dem 16.07.1998 verurteilt hat. Er ist der Auffassung, dass eine Haftung aus positiver Vertragsverletzung nicht gegeben sei. Es stehe schon nicht fest, dass die Verbindung zwischen dem flexiblen Schlauch und der Spüle in der Wohnung der Mieterin zum Zeitpunkt seiner Besichtigung nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Selbst wenn man, was bestritten bleibe, mit dem Landgericht davon ausgehe, dass sich die Verbindung bei ordnungsgemäßer Befestigung nicht von alleine lösen könne, so bestehe doch auch die Möglichkeit der nachträglichen Einflussnahme durch Dritte. Die Ordnungsmäßigkeit der Verbindung zum Zeitpunkt seiner Besichtigung ergebe sich auch daraus, dass es über einen Zeitraum von 8 Monaten nicht zu einer Störung gekommen sei. Schließlich habe er durch die Besichtigung der Reparatur auch nicht gegenüber den übrigen Mietern die Haftung für deren Ordnungsgemäßheit übernehmen wollen.

Der Höhe nach bestehe der geltend gemachte Anspruch ebenfalls nicht. Bzgl. des Sachschadens an den Möbeln habe der Kläger nicht bewiesen, dass diese nicht billiger hätten repariert werden können.

Die von dem Landgericht vorgenommene Schätzung des Schadens bzgl. des entgangenen Gewinns sowie der verschmutzten und beschädigten Ware sei mangels greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte nicht zulässig gewesen. Zudem habe der Kläger auch nicht bewiesen, welche Sachen in welchem Umfang beschädigt worden seien.

Die Höhe der Verzugszinsen habe der Kläger schon nicht schlüssig dargelegt, er habe deshalb allenfalls Anspruch auf den gesetzlichen Zinssatz gehabt.

Der Beklagte beantragt ( Bl. 305, 358 ),

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 15 O 85/01 - vom 10.01.2003 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt ( Bl. 320, 358 ),

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, der Beklagte habe, um seine Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Mietern zu erfüllen, sich nicht auf eine oberflächliche Überprüfung der ersten Reparatur beschränken dürfen, sondern hätte hiermit eine Fachfirma beauftragen oder darauf bestehen müssen, dass die Mieterin dies tut. Zudem handele es sich bei dem Wasserschaden vom 09.02.1998 um den dritten Schaden aufgrund der gleichen Ursache, nämlich der nicht ordnungsgemäßen Verbindung zwischen Spüle und Eckventil. Den 2. Wasserschaden habe der Beklagte selbst behoben, weil die Zeugin zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen sei und auch nur durch ein Telefonat mit dem Beklagten Kenntnis von dem Schaden erhalten habe. Für diese Reparatur müsse der Beklagte einstehen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2003 ( Bl. 357 ff. ) Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2003 ( Bl. 359 - 361 ) verwiesen.

B.

Die Berufung des Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

In der Sache hat sie bis auf die Höhe der zugesprochenen Zinsen jedoch keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages in Höhe von 6.469,47 EUR zugesprochen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ergibt sich dieser Anspruch jedoch nicht daraus, dass der Beklagte als Vermieter die von der Zeugin als Mieterin veranlasste Reparatur in Augenschein genommen hat, sondern daraus, dass er selbst nach dem ersten Wasserschaden bei einem zweiten Wassereinbruch die Verbindung zwischen Spüle und Eckventil wiederhergestellt hat.

Als Vermieter hat der Beklagte kraft seiner Verpflichtung zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs (§ 536 BGB) in seinem Einflussbereich, also jedenfalls innerhalb seines Gebäudes, die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um Störungen des Gebrauchs der Mietsache, insbesondere Gefahren für das Eigentum der berechtigten Benutzer der Räume, also seiner Mieter sowie der in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogenen Personen, zu verhindern oder abzuwenden (vgl. BGH, NJW 1964, 33 [35]; WM 1969, 1011 (1012); NJW-RR 1989, 76). Dabei bezieht sich diese Verpflichtung aber nicht auf die Überprüfung der von anderen Mietern in deren Wohnung eingebrachten Sachen, denn insoweit obliegt diesen Mietern die Obhutspflicht. Der Vermieter muss sich darauf verlassen können, dass diese auch erfüllt wird.

Danach ist es jedenfalls zweifelhaft, ob sich die Fürsorgepflichtverletzung des Beklagten, wie das Landgericht meint, aus dem Umstand ergibt, dass er die von einem Bekannten der Mieterin, der Zeugin, durchgeführte Reparatur in Augenschein genommen hat. Denn nach dem unstreitigen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, dessen Berichtigung auch nicht verlangt wurde, war die Verbindung zwischen dem bauseits vorhandenen Eckventil und der Spüle nicht Bestandteil des Mietvertrages. Dann bestehen aber grundsätzlich keine besonderen Obhutspflichten des Vermieters. Solche werden auch nicht dadurch begründet, dass die Mieterin ihn von dem Wasseraustritt im Sommer 1997 und dessen Behebung durch einen Nichtfachmann informiert und der Beklagte diese Reparatur dann in Augenschein genommen hat.

Nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme hat der Beklagte jedoch seine Fürsorgepflicht schuldhaft dadurch verletzt, dass er selbst den ihm etwa 2 Wochen vor dem hier streitgegenständlichen Wasserschaden gemeldeten Wasseraustritt an der Verbindung zwischen Eckventil und Spüle in der Wohnung der Zeugin so unfachmännisch behoben hat, dass es kurze Zeit später erneut zu einem Wasseraustritt kommen konnte.

Die Zeugin hat bei ihrer Vernehmung glaubhaft dargelegt, dass es in ihrer damaligen Mietwohnung zu 3 Wassereinbrüchen gekommen sei, bei denen sich jedes Mal der bewegliche Schlauch zwischen Eckventil und Spüle gelöst habe. Den ersten Schaden habe ein Bekannter von ihr behoben, indem er den Schlauch wieder verschraubt habe. Danach sei kein Wasser mehr ausgetreten, eine weitere, über die Inaugenscheinnahme hinausgehende Überprüfung der Verbindung sei aber nicht erfolgt. Sie habe den Beklagten hiervon informiert und er habe sich die Sache angesehen. Danach sei es zu einem zweiten Wasserschaden gekommen, den sie dem Beklagten gemeldet habe. Dieser sei dann vorbei gekommen und habe den Schlauch selbst wieder verschraubt. Ca. 14 Tage später habe sich der Schlauch dann erneut gelöst und es sei zu einem erheblichen Wasserschaden gekommen, der sogar dazu geführt habe, dass Wasser in die im Erdgeschoss liegenden Geschäftsräume eingedrungen sei.

Aufgrund dieser glaubhaften Aussage der Zeugin sieht es der Senat als erwiesen an, dass der Beklagte selbst den Wasserschaden behoben hat, der dem hier streitigen Schadensereignis vorausgegangen ist. Zwar hat die Zeugin den chronologischen Ablauf der Ereignisse zunächst etwas anders geschildert. So hat sie bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht angegeben, der erste Wasserschaden, der von ihrem Bekannten behoben worden sei, habe sich im Sommer 1997 ereignet. Ca. 14 Tage später sei es zu einem erneuten Wassereinbruch an dieser Stelle gekommen, der dann von dem Beklagten beseitigt worden sei. Der letzte Wasserschaden habe sich dann im Februar 1998 ereignet (vgl. Bl. 132 - 133). In dieser Reihenfolge hat sie die Ereignisse dann zunächst auch bei ihrer Vernehmung vor dem Senat geschildert. Auf Nachfrage hat sie dann eingeräumt, dass sie den zeitlichen Ablauf nicht mehr so genau in Erinnerung habe. Es seien jedenfalls drei Wasserschäden gewesen, von denen der letzte zu dem Schaden in den Geschäftsräumen geführt habe. Vor diesem Wasserschaden sei ein weiterer gewesen, den der Beklagte behoben habe. Den Wasserschaden davor habe ihr Bekannter beseitigt. Ob sich der mittlere Wassereinbruch nun 14 Tage nach dem ersten oder 14 Tage vor dem letzten Wassereinbruch ereignet habe, könne sie nach so langer Zeit nicht mehr genau sagen. Diese Schilderung der Ereignisse stimmt im Kernbereich auch mit der erstinstanzlichen Schilderung der Zeugin überein und ist glaubhaft. Dass nach so langer Zeit - der Wasserschaden ereignete sich im Februar 1998 - die genaue zeitliche Abfolge nicht mehr detailgenau angegeben werden kann, ist verständlich und nachvollziehbar. Die Zeugin hat auf den Senat auch einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Sie hat sich erkennbar bemüht, den Sachverhalt möglichst genau und umfassend zu schildern, musste aber einräumen, dass sie aufgrund der langen Zeit hierzu nicht mehr vollständig in der Lage war. Sie hat sich bemüht, ihre Aussage objektiv zu machen, ohne eine Seite zu begünstigen. Hinzu kommt, dass sie auch kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreites hat, zumal ihre eigene Inanspruchnahme nach so langer Zeit wohl nicht mehr zu befürchten steht.

Danach hat der Beklagte selbst die Verbindung zwischen Spüle und Eckventil vor dem streitgegenständlichen Wasserschaden repariert. Dann muss er dies aber so sorgfältig machen, dass von dieser Stelle keine Gefahren für die anderen Mieter ausgehen. Dies hat er offensichtlich nicht gemacht, denn er hat den Schaden selbst beseitigt, ohne sich ausreichend von der Dichtigkeit und Festigkeit der Verschraubung zu überzeugen. Letzteres folgt aus den erstinstanzlichen Bekundungen der insoweit sachverständigen Zeugen und, wonach sich die Verbindung zwischen Spüle und Eckventil bei richtiger Verschraubung selbst unter Zug nicht löst. Nach der letzten Aussage der Zeugin hatte sich aber kurze Zeit danach die Verbindung wieder gelockert, so dass wieder Wasser ausgetreten ist. Insofern fällt dem Beklagten zumindest Fahrlässigkeit zur Last. Aber auch nach der ursprünglichen Aussage der Zeugin, wonach die Reparatur durch den Beklagten bereits im Sommer 1997 kurz nach dem ersten Wasserschaden erfolgt ist, die genaue zeitliche Abfolge konnte sie mit Sicherheit eben nicht mehr angeben, läge ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten vor, denn sie hat glaubhaft bekundet, dass nach der Reparatur durch den Beklagten noch Wasser an dem Verbindungsstück ausgetreten sei, der Beklagte, hierüber informiert, dies aber nicht für schlimm und reparaturwürdig befunden habe.

Danach hat der Kläger einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung gegen den Beklagten. Der Höhe nach hat der Erstrichter die einzelnen Schadenspositionen unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme ausführlich und zutreffend begründet. Entgegen der Meinung des Beklagten waren auch genügend Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung durch das Landgericht vorhanden.

Lediglich der Zinsanspruch ist weder in der zugesprochenen Höhe noch für die zugesprochene Zeit begründet, denn der Kläger hat dessen Voraussetzungen nicht schlüssig dargelegt. Es fehlt jeder Vortrag dazu, wann und wodurch der Beklagte in Verzug geraten sein soll und warum ein höherer als der gesetzliche Zinssatz verlangt werden kann. Ein Bestreiten durch den Beklagten war im Hinblick auf die unschlüssige Darlegung des Klägers nicht erforderlich. Verzugszinsen können deshalb erst ab Rechtshängigkeit der Klage in gesetzlicher Höhe verlangt werden, §§ 284 I 2, 288 I BGB a. F..

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I, 92 II ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt ( §§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziffer 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Der Wert der Beschwer des Beklagten wurde im Hinblick auf § 26 Ziffer 8 EGZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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