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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 8 UH 363/06
Rechtsgebiete: ProdHaftG
Vorschriften:
ProdHaftG § 4 Abs. 3 |
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
wegen Bewilligung von Prozesskostenhilfe
hat der 8. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Gaillard, den Richter am Oberlandesgericht Barth und den Richter am Oberlandesgericht Wiesen
am 12. Oktober 2006
beschlossen:
Tenor:
I. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des - beabsichtigten - Berufungsverfahrens wird zurückgewiesen.
II. Keine Kostenentscheidung.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte als Importgesellschaft der in I. hergestellten Fahrzeuge der Marke F. Ansprüche aus Produkthaftung aus einem behaupteten Schadensereignis vom 17.02.2003 mit dem F. <Typ-Bezeichnung> des G. M. in <Ortsbezeichnung> vor dem Anwesen <Adresse> geltend, bei welchem er am rechten Bein verletzt worden sei und wodurch er einen erheblichen Verdienstausfall erlitten haben soll.
Seiner Schilderung nach ist das Fahrzeug infolge eines angeblichen Defekts der Handbremse beim Aufsteigen auf das Fußbrett ins Rollen gekommen und habe ihn - teilweise unter dem Wagen liegend - mitgeschleift.
Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil (Bl. 136 ff. d.A.) abgewiesen, wobei es zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt hat, der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 1 Abs. 1 ProdHaftG, da diese unstreitig nicht Herstellerin des Fahrzeuges sei und auch nicht als solche gelte, zumal die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ProdHaftG - Einführung aus Drittstaaten in den europäischen Wirtschaftsraum - nicht vorlägen.
Hiergegen will sich der Kläger mit der beabsichtigten Berufung wenden. Er ist der Ansicht, die Beklagte hafte jedenfalls deshalb wie ein Hersteller, weil sie mit Schreiben vom 15.04.2003 (Bl. 167 d.A.) zur Benennung des Fahrzeugherstellers aufgefordert worden sei und die vierwöchige Frist des § 4 Abs. 3 ProdHaftG untätig habe verstreichen lassen. Zudem handele sie widersprüchlich und treuwidrig, wenn sie sich auf den klägerischen Schriftverkehr einlasse und erst im Rechtsstreit ihre Passivlegitimation in Abrede stelle. Schließlich greife vorliegend auch eine Rechtsscheinhaftung der Beklagten, die im Geschäftsverkehr unter dem Namen "F. Automobil AG" auftrete, ohne Hinweis auf ihre Importeureigenschaft.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Der Antrag des Klägers vom 22.06.2006 (Bl. 161 d.A.), ihm zur Durchführung des - beabsichtigten - Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, war zurückzuweisen, denn die beabsichtigte Berufung des Klägers hätte keine Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer kausalen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
1.
Ohne Rechtsfehler hat der Erstrichter die Vorschrift des § 4 Abs. 2 ProdHaftG als nicht einschlägig angesehen. Hiergegen hat der Kläger in seiner Antragsschrift vom 22.06.2006 substantiiert auch nichts mehr erinnert.
2.
Entgegen der Ansicht des Klägers folgt eine Haftung der Beklagten auch nicht aus § 4 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1, Satz 1 ProdHaftG. Unabhängig davon, ob die Beklagte überhaupt als "Lieferant" im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden kann, liegen auch deren weitere Voraussetzungen nicht vor. Denn es handelt sich insoweit um eine "Auffanghaftung", die den Verletzten davor schützen soll, seine Ansprüche bei Schädigung durch ein anonymes Produkt nicht durchsetzen zu können. Sie ist mithin auf solche Fälle beschränkt, in denen die Unkenntnis des Geschädigten von der Person des Herstellers gerade darauf beruht, dass das Produkt bereits zur Zeit seines Inverkehrbringens keinen Hinweis auf den Hersteller aufwies, andernfalls der Geschädigte schon nicht schutzbedürftig ist (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2000, 1075; Soergel-Krause, BGB, 13. Aufl., Rn. 8 f. zu § 4 ProdHaftG; Staudinger-Oechsler, BGB, 2002, Rn. 99 f. zu § 4 ProdHaftG; Münch.-Komm.-Wagner, BGB, 4. Aufl., Rn. 34 zu § 4 ProdHaftG). Um ein solches anonymes Produkt handelt es sich vorliegend indessen nicht, zumal unstreitig ist, dass ein Originalfahrzeug der Marke F. in Rede steht, das durch ein entsprechendes Typenschild gekennzeichnet ist.
3.
Für eine deliktische Produkthaftung der Beklagten hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen. Für die Annahme einer solchen Haftung bestehen bei einem Importeur ausländischer Kraftfahrzeuge auch "hohe Hürden" (vgl. BGH NJW 1994, 517).
4.
Entgegen der Ansicht des Klägers kommt ferner keine Rechtsscheinhaftung der Beklagten in Betracht. Bekanntlich handelt es sich um eine Fahrzeugmarke italienischer Herkunft und ist der Stammsitz des Konzerns in T.; der Umstand allein, dass eine deutsche juristische Person in ihrer Firmenbezeichnung den Namen "F." verwendet, ist deshalb nicht geeignet, im Geschäftsverkehr eine Irreführung darüber herbeizuführen, wer Hersteller des Produkts "F." ist. Dies gilt umso mehr, als allgemein bekannt ist, dass die Mehrzahl der ausländischen Produzenten ihre fabrikneuen Pkw über Importgesellschaften vertreibt.
Wie sich aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.04.2003 (Bl. 167 d.A.) ergibt, ist dieser auch gar nicht davon ausgegangen, dass es sich bei der Beklagten um den Hersteller handelte.
5.
Der Beklagten ist es schließlich nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Umstand, dass sie nicht Herstellerin ist und deshalb als solche nicht mit Erfolg in Anspruch genommen werden kann (fehlende Passivlegitimation), zu berufen. Dies folgt schon daraus, dass sie vorgerichtlich keinen dahingehenden Vertrauenstatbestand geschaffen hat, sich des klägerischen Anliegens als - vorrangig haftbare - Herstellerin anzunehmen. Soweit sie in einen Schriftverkehr mit dem Kläger über die Schadensangelegenheit eingetreten ist, mag sie dies in ihrer Eigenschaft als Importeur, rechtsirrtümlich eine entsprechende Verpflichtung annehmend oder auch nur kulanzhalber, getan haben. Ihre diesbezügliche "Passivlegitimation" hat sie im Übrigen auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Abrede gestellt; eine Inanspruchnahme der Beklagten als Importeur hat vielmehr in der Sache aus Rechtsgründen keinen Erfolg. Hingegen hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, Herstellerin und damit bei gerichtlicher Verfolgung der klägerischen Schadensersatzansprüche richtige Anspruchsgegnerin zu sein, so dass es ihr unbenommen bleibt, im Prozess - mit Erfolg - einzuwenden, allenfalls als Importeur, nicht aber als Herstellerin zu haften.
Von einem rechtsmissbräuchlichen Leugnen der Passivlegitimation kann nach allem keine Rede sein. Die vom Kläger insoweit angeführten Entscheidungen betreffen auch gänzlich andere Fälle.
Mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten klägerischen Berufung war daher dessen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da außergerichtliche Kosten gemäß § 118 Abs 1, Satz 4 ZPO nicht erstattet werden und eventuell angefallene Gerichtskosten dem Antragsteller bereits nach § 22 Abs. 1 GKG n.F. zur Last fallen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 Satz 1 ZPO sind nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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