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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.04.2005
Aktenzeichen: 8 W 74/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 138 | |
BGB § 138 Abs. 1 | |
BGB § 157 | |
BGB § 821 |
Tenor:
Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe zur Verfolgung des mit Klageentwurf vom 24.11.2004 angekündigten Antrags zu 2) bewilligt. Ihr wird Rechtsanwalt H. H., , beigeordnet.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Antragstellerin beantragt Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie festgestellt haben will, dass sie der Antragsgegnerin aus den gekündigten Darlehensverträgen Nr. und Nr. nicht zur Zahlung bestimmt angegebener Beträge verpflichtet ist (Klageantrag zu 1), und mit der sie die Zwangsvollstreckung aus den Grundschuldbestellungsurkunden des Notars M. M. vom 21.1.2002 - UR-Nr. und - für unzulässig erklärt haben will, soweit diese sich über die Vollstreckung in ihren Hälfteanteil an einer näher bezeichneten Eigentumswohnung hinaus in ihr - der Antragstellerin - gesamtes Vermögen richtet (Klageantrag zu 2). Zur Begründung trägt sie vor, sie sei hinsichtlich beider Darlehensverträge nicht als echte Mitdarlehensnehmerin, sondern lediglich als Mithaftende anzusehen; die erklärte Schuldmitübernahme sei indes sittenwidrig und damit nichtig. Da in den Kreditverträgen - unstreitig - als Sicherungsmittel eine persönliche Haftungsübernahme mit Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen nicht vereinbart worden sei, stehe ihr gegen die insoweit von der Antragsgegnerin betriebenen Zwangsvollstreckung die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung zu.
Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.
II. Die zulässige Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, ist teilweise begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung in dem geltend gemachten Umfang für unzulässig erklärt haben will; ohne hinreichende Erfolgsaussicht ist sie dagegen, soweit die Antragstellerin sich auf die Nichtigkeit einer angeblich erklärten Haftungsmitübernahme beruft.
1. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerin echte Mitdarlehensnehmerin ist. Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wer ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (vgl. zuletzt BGH v. 25.1.2005 - XI ZR 325/03, NJW 2005, 973 ff m.w.N.). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschließlich nach den für die finanzierende Bank erkennbaren Verhältnissen aufseiten der Mitdarlehensnehmer. Die Kredit gebende Bank hat es daher, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen. Maßgebend ist vielmehr der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Parteiwille bei Abschluss des Vertrages (BGH a.a.O.).
Das Landgericht durfte danach die Willenserklärung der Antragstellerin bei wertender Betrachtung gem. §§ 133, 157 BGB als Eingehung einer Mitvertragspartnerschaft deuten. Die Antragstellerin hatte an der Kreditaufnahme ein eigenes Interesse. Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragschließenden diente die Kreditaufnahme ausschließlich zur Finanzierung des Kaufpreises für die von der Antragstellerin und ihrem Ehemann zu erwerbende Eigentumswohnung. Die Antragstellerin konnte über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als völlig gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen und hat von diesem Recht Gebrauch gemacht, als sie den Kaufvertrag über den Erwerb der Eigentumswohnung vom 7.12.2001 schloss. Der Kauf der Eigentumswohnung entsprach unstreitig dem Willen der Antragstellerin; die Antragstellerin ist hälftige Miteigentümerin der Wohnung, so dass sie nicht einen bloß mittelbaren, sondern einen unmittelbaren Vorteil aus der Kreditaufnahme erlangt hat. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Bürgschafts- und Mithaftungsverträgen entwickelt hat, sind daher nicht anwendbar. Anhaltspunkte dafür, dass die Kreditverträge aus sonstigen in § 138 BGB genannten Gründen als sittenwidrig zu beurteilen wären, liegen entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht vor. Die beabsichtigte Klage hat somit hinsichtlich des angekündigten Klageantrags zu 1 keine Aussicht auf Erfolg.
2. Anderes gilt für das Begehren der Antragstellerin, das in dem angekündigten Klageantrag zu 2 zum Ausdruck kommt. Unabhängig davon, ob die persönliche Haftungsübernahme wirksam erklärt ist, steht nämlich fest, dass die Antragsgegnerin das in der notariellen Urkunde abgegebene Schuldversprechen rechtsgrundlos erlangt hat: Verpflichtet sich ein Darlehensnehmer gegenüber dem Darlehensgeber, eine Sicherheit für die Darlehensrückzahlung zu stellen, treffen sie hierzu eine Sicherungsvereinbarung. Diese regelt neben dem Umfang der gesicherten Verbindlichkeit auch, welche Sicherheiten der Darlehensnehmer beizubringen hat. Solche Sicherungsvereinbarungen haben die Parteien in der Anlage zu den streitigen Kreditverträgen (Bl. 49 f, 54 f) getroffenen. Diese enthalten die Verpflichtung der Darlehensnehmer zur Bestellung zweier Grundschulden sowie zur Abtretung von Außenständen gegenüber dem Finanzamt, nicht aber - daneben - die Verpflichtung zur Abgabe eines abstrakten persönlichen Schuldversprechens. Eine derartige Verpflichtung folgt auch nicht automatisch aus der Verpflichtung zur Bestellung einer Grundschuld, da beide Sicherungsmittel, auch wenn sie häufig in einer Urkunde erklärt werden, strikt auseinander zu halten sind. Zur Abgabe eines abstrakten persönlichen Schuldversprechens ist der Darlehensnehmer daher nur dann verpflichtet, wenn dies in der Sicherungsabrede ausdrücklich vereinbart ist. Enthält die Sicherungsvereinbarung aber - wie hier - keine solche Verpflichtung, hat der Gläubiger ein in der notariellen Urkunde gleichwohl abgegebenes Schuldversprechen rechtsgrundlos erlangt und muss es an den Schuldner nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgewähren (§ 812 BGB). Geht der Gläubiger - wie hier die Antragsgegnerin - dennoch aus dem Schuldversprechen gegen den Darlehensnehmer vor, steht diesem die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 821 BGB zu (vgl. zu Vorstehendem: Anmerkung Wochner in DNotZ 2004, 714 ff zu OLG Saarbrücken OLGR 2004, 113 = DNotZ 2004, 712 ff). Die Durchsetzbarkeit des titulierten Anspruchs ist daher gehindert (§ 767 ZPO).
Zu einem anderen Ergebnis gelangte man nur, wenn die notarielle Urkunde selbst eine (zusätzliche) schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien des Kreditvertrags enthielte, die die Verpflichtung zur Bestellung einer weiteren Sicherheit zum Gegenstand hätte (vgl. hierzu den Nachweis bei Wochner, a.a.O., S. 715). Ein derartiger Erklärungswille lässt sich einem Kreditnehmer, der - notgedrungen - diejenigen Sicherheiten bestellt, die die Bank zur Darlehensauszahlung verlangt, jedoch nicht unterstellen. Man würde dem Willen der Beteiligten Gewalt antun, wollte man annehmen, ein Darlehensnehmer wolle ohne Zwang auch ein abstraktes persönliches Schuldanerkenntnis abgeben (Wochner, a.a.O.).
Ende der Entscheidung
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