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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 9 UF 74/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 517
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 UF 74/03

In der Familiensache

..., geboren am 1987, gesetzlich vertreten durch und bei diesem wohnhaft,

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung und Löschungsbewilligung

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts

am 11. September 2003

beschlossen:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiensgericht - in Ottweiler vom 2. April 2003 - 12 F 116/03 - wird als unzulässig verworfen.

II. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Der Antrag des Beklagten, ihm für seine Berufung Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

V. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2.334 EURO festgesetzt.

Gründe:

I.

Durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das Familiengericht die von dem Beklagten aus dem am 1. August 2002 vor dem Saarländischen Oberlandesgericht geschlossenen Prozessvergleich - 6 UF 107/01 - gegen die Klägerin betriebene Zwangsvollstreckung "in das Grundbuch von, Blatt Flur, Nr." für unzulässig erklärt (Ziffer I) und den Beklagten verurteilt, eine Löschungsbewilligung für die in dem Grundbuch von, Blatt, lfd. Nr. 1, Flur, in Höhe von 2.334 Euro eingetragene Zwangssicherungshypothek abzugeben. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 9. April 2003 zugestellt worden. Mit einem an das Landgericht in Saarbrücken, dort am 12. Mai 2003 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Mit am 23. Mai 2003 beim Saarländischen Oberlandesgericht eingegangenen und an dieses gerichteten Schriftsatz vom selben Tag hat der Beklagte erneut Berufung gegen das Urteil eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit Eingang am 10. Juni 2003 hat der Beklagte seine Berufung begründet und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug angetragen.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs bringt der Beklagte vor: Sein sachbearbeitender Prozessbevollmächtigter habe eine sich zu diesem Zeitpunkt im zweiten Lehrjahr, seit Anfang des Jahres 2003 mit der Eintragung von Fristen betraute Auszubildende am 9. April 2003 angewiesen, unter anderem die Frist zur Einlegung der Berufung mit dem Datum 9. Mai 2003 auf dem Eingangsstempel der Abschrift des Urteils zu notieren, was auch geschehen sei. Die so notierte Frist sei - wie üblich - von einer langjährigen Mitarbeiterin seiner Prozessbevollmächtigten auf die richtige Berechnung überprüft und auf dem Eingangsstempel handschriftlich bestätigt worden. Die Auszubildende habe die Frist zur Einlegung der Berufung sodann am 9. April 2003 entsprechend auf den 9. Mai 2003 handschriftlich in den Fristenkalender eingetragen. Erst an dem auf diese handschriftliche Eintragung folgenden Tag, dem 10. April 2003, habe die Auszubildende die Frist dann auch im Computer notiert. Aufgrund dieses Umstandes habe "der Computer den Fristablauf für die Berufung auf den 12.05.2003 angezeigt." Dies habe die Auszubildende veranlasst, die bereits handschriftlich für den 9. Mai 2003 eingetragene Frist zur Einlegung der Berufung wieder zu löschen und auf den 12. Mai 2003 einzutragen. Der sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe erst aufgrund einer telefonischen Mitteilung der Geschäftsstellenbeamtin einer Berufungskammer des Landgerichts in Saarbrücken vom 13. Mai 2003 erfahren, dass die Frist zur Einlegung der Berufung bereits am 9. Mai 2003 abgelaufen und zudem an das unzuständige Gericht adressiert gewesen sei.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung und des Wiedereinsetzungsgesuchs.

II.

Die Berufung des Beklagten ist unzulässig.

Der Beklagte hat die nach § 517 ZPO mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils beginnende einmonatige Notfrist zur Einlegung der Berufung versäumt. Da die angefochtene Entscheidung dem Beklagten über seine Prozessbevollmächtigten am 9. April 2003 zugestellt worden war, endete die Rechtsmittelfrist mit Ablauf des 9. Mai 2003. Sowohl das an das Landgericht als auch das an das Saarländische Oberlandesgericht adressierte Rechtsmittel ist nach Ablauf dieser Frist eingegangen und damit verspätet, weil die Monatsfrist bereits abgelaufen war.

Diese Fristversäumung hat die Verwerfung der Berufung als unzulässig zur Folge (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 ff ZPO) kann nicht entsprochen werden, da der Beklagte nicht ohne eigenes oder ihm zuzurechnendes Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO) an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Berufung gehindert war.

Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten können sich nicht damit entlasten, dass die Frist zunächst handschriftlich entsprechend der Anweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts zutreffend mit dem 9. Mai 2003 auf der den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellten Abschrift des angefochtenen Urteils sowie im Fristenkalender eingetragen und dort später irrtümlich von einer Auszubildenden gelöscht und auf das Datum des 12. Mai 2003 umgetragen worden sei.

Unter diesen Umständen ist ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Beklagten nämlich darin zu sehen, dass diese keine organisatorischen Vorkehrungen gegen eigenmächtige nachträgliche Änderungen von anwaltlich besprochenen und kontrollierten Fristeintragungen im Fristenkalender durch ihre Büroangestellten glaubhaft gemacht haben (vgl. BGH, FamRZ 1990, 144).

Es bestehen vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Auszubildende über eine Anordnung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten hinsichtlich eigenmächtiger Änderungen von Fristeneintragungen hinweggesetzt hat. Die Erklärung für die nachträgliche Änderung der eingetragenen Frist - die Auszubildende habe die Frist erst am 10. April 2003, also einen Tag nach Zugang des angefochtenen Urteils und handschriftlicher Eintragung in den Fristenkalender in den Computer eingegeben; aufgrund dieses Umstandes habe "der Computer den Fristablauf für die Berufung auf den 12.05.2003 angezeigt", was die Auszubildende veranlasst habe, die bereits auf Anweisung des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten handschriftlich für den 9. Mai 2003 eingetragene Berufungsfrist wieder zu löschen und für den 12. Mai 2003 einzutragen - lässt im Gegenteil darauf schließen, dass ein grundsätzliches Verbot nachträglicher Änderungen einmal eingetragener und - wie hier - anwaltlich geprüfter Fristen nicht bestand. Andernfalls hätte sich das Vorgehen der Auszubildenden nicht in dieser Weise erklären lassen.

Da somit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte die Frist zur Einlegung der Berufung unverschuldet versäumt hat, ist sein Wiedereinsetzungsgesuch zurückzuweisen. Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass das Rechtsmittel zunächst ( eingegangen ebenfalls nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung) an das unzuständige Gericht adressiert war.

Nach alldem ist die Berufung des Beklagten mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenentscheidung als unzulässig zu verwerfen. Ferner ist dem Beklagten mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) seines Rechtsmittels die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu verweigern.

Ende der Entscheidung

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