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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.07.2002
Aktenzeichen: 9 UF 81/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, FGG, KostO


Vorschriften:

BGB § 1618
BGB § 1618 S. 1
BGB § 1618 S. 4
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 e Abs. 1
FGG § 13 a Abs. 1
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 UF 81/02

In der Familiensache

betreffend die Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Änderung des Namens von

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kockler und die Richterinnen am Oberlandesgericht Sandhöfer und Cronberger

am 1. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 15. März 2002 - 20 F 339/01 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat den übrigen Verfahrensbeteiligten ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Beschwerdewert: 3.000 EUR.

Gründe:

Die am................ 1987 geborene, derzeit 14 Jahre alte S W........ ist die Tochter des Antragsgegners, aus dessen seit Februar 1995 rechtskräftig geschiedener Ehe mit der Antragstellerin, der das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter übertragen ist und in deren Haushalt die Tochter lebt. Die Antragstellerin ist seit 1998 unter dem Namen "C............" wiederverheiratet. Aus dieser Ehe ist ein am............. 1998 geborenes Kind hervorgegangen.

Am 5. August 1998 erklärten die Eheleute C............ gegenüber dem Standesamt Schwalbach, dass sie der Tochter der Beteiligten zu 1) und 2) den Geburtsnamen "C............" erteilen möchten. Daraufhin wurde vom Standesamt Schwalbach unter dem 26. August 1998 eine Bescheinigung ausgestellt, wonach die bisherige Namensführung der Tochter S mit Wirkung vom 5. August 1998 von "W............" in "C............" geändert wurde.

Mit Schreiben der Gemeinde Schwalbach vom 19. November 1998 wurde die Antragstellerin aufgefordert, die Zustimmung des leiblichen Vaters zur Namensänderung sowie einen Nachweis über ihr alleiniges Sorgerecht vorzulegen, da das Standesamt Leipzig die Beischreibung im Geburtenbuch mangels Vorlage der angeforderten Nachweise abgelehnt habe. Nachdem die angeforderten Unterlagen in der Folge von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden waren, teilte die Gemeinde Schwalbach der Antragstellerin mit Schreiben vom 16 Mai 2001 mit, dass die Bescheinigung über die Namensänderung vom 26. August 1998 unwirksam sei.

Am 30. April 2001 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht Saarlouis beantragt, die Einwilligung des Kindesvaters für die Einbenennung gemäß § 1618 BGB zu ersetzen.

Der Antragsgegner, der nicht bereit ist, einer Einbenennung der Tochter S zuzustimmen, hat auf Zurückweisung des Antrags angetragen.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat der Rechtspfleger des Familiengerichts den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Einbenennung der Tochter S in vollem Umfang weiterverfolgt.

Der Antragsgegner bittet unter Verteidigung der angefochtenen, Entscheidung um Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist zulässig. Gegen den Beschluss des Familiengerichts ist die befristete Beschwerde gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO gegeben, da es sich bei Entscheidungen über die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung nach § 1618 S. 4 BGB um Familiensachen i.S. des § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handelt. Das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens ist nämlich Ausfluss der elterlichen Sorge (BGH, FamRZ 2000, 94). Die Beschwerde der Antragstellerin ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht den Antrag der Antragstellerin auf Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Änderung des Namens der Tochter S zurückgewiesen.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass vorliegend die Voraussetzungen des § 1618 S. 4 BGB für die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Namensänderung nicht erfüllt sind.

Gemäß § 1618 S. 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 S. 1 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es aber nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr setzt § 1618 S. 4 BGB voraus, dass die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Insoweit stellt die Neufassung des § 1618 BGB durch Art. 1 Nr. 7 KindRG, mit der die zunächst vorgesehene Formulierung "dem Kindeswohl dienlich" durch "für das Kindeswohl erforderlich" ersetzt worden ist, eine Verschärfung der Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils dar, die dem ausdrücklichen Zweck dient, die Bindung des Kindes an diesen Elternteil zu unterstreichen (BGH, a.a.O.). Daher kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist und ein milderer Eingriff in das Elternrecht, nämlich die sog. "additive Einbenennung" durch Voranstellung oder Anfügen des Ehenamens des sorgeberechtigten Elternteils (§ 1618 S. 2 BGB) nicht ausreicht (BGH, a.a.O., 95). Als für das Kindeswohl erforderlich ist eine Einbenennung danach aber nur anzusehen, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde (BGH a.a.O., 95, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 22. Januar 2001 - 9 UF 1/01 - m.w.N.).

Dem Familiengericht ist beizutreten, dass diese in § 1618 S. 4 BGB aufgestellte hohe Schwelle für den Eingriff in das Elternrecht des Antragsgegners vorliegend nicht erreicht ist.

Soweit die Antragstellerin meint, eine nochmalige Namensänderung sei dem Kind nicht zumutbar, da dieses über Jahre hinweg den Familiennamen "C............" geführt habe, rechtfertigt dies die begehrte Einbenennung nicht, zumal die Antragstellerin diese Situation maßgeblich mit zu verantworten hat. Denn selbst wenn die Antragstellerin über die Voraussetzungen für eine Namensänderung von dem die Bescheinigung - Ende August 1998 - ausstellenden Standesbeamten in Schwalbach falsch beraten worden sein sollte, durfte sie spätestens ab Zugang des Schreibens des Standesamtes Schwalbach vom 19. November 1998 nicht mehr berechtigterweise davon ausgehen, dass es mit der Namensänderung der Tochter S ihre Richtigkeit habe. In jenem Schreiben war die Antragstellerin nämlich auf die Erforderlichkeit der Zustimmung des Antragsgegners in die Einbenennung hingewiesen worden, so dass sie ab diesem Zeitpunkt wusste, dass die Namensführung der Tochter nicht der Rechtslage entsprach. Wenn die Tochter trotz dieser Kenntnis mit Billigung der Antragstellerin den Namen "C............" weitergeführt hat und jetzt aufgrund der Rechtslage wieder ihren richtigen Namen tragen muss, ist es aber Aufgabe der Antragstellerin, durch entsprechende erzieherische Einwirkungen auf das Kind die diesem hierdurch möglicherweise entstehenden Nachteile auszugleichen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürfte auch nicht zu befürchten sein, dass das durch den gemeinsamen Familiennamen "C..........." geschaffene Band der Tochter zur jetzigen Familie durch eine nochmalige Namensänderung zerschnitten würde. Denn die Integration des Kindes in die neue Familie hängt weniger von dem vom Kind geführten Namen als vom Funktionieren des innerfamiliären Beziehungsgeflechtes ab. Wirken der sorgeberechtigte Elternteil und der neue Ehegatte gemeinsam darauf hin, dass jedem Familienmitglied die erforderliche Beachtung geschenkt wird, kann der geführte Nachname für das Liebesbedürfnis und die Entwicklung von Kindern keine Rolle spielen. Ein eventuell entstehendes Konfliktpotential aufgrund der unterschiedlichen Namensführung ist daher innerhalb des neuen Familienverbandes zu lösen und stellt regelmäßig keinen Grund dar, die namensrechtliche Bindung des Kindes an den nicht sorgeberechtigten Elternteil abzubrechen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. August 1999 - 9 UF 44/99 - m.w.N.).

Soweit S wünscht, den neuen Ehenamen der Mutter (weiter-) zu führen und es ihr peinlich ist, ihren Freunden und Mitschülern die erneute Änderung der Namensführung bekannt zu geben, ergibt sich auch hieraus die Notwendigkeit der Einbenennung aus Gründen des Kindeswohls nicht. Vielmehr obliegt es der erziehungsberechtigten Antragstellerin, der Tochter zu erklären, warum die im Jahr 1998 faktisch erfolgte Namensänderung rechtlich unwirksam war und daher der Familienname der Tochter nach wie vor "W............" lautet. Gleichermaßen ist es Aufgabe der Antragstellerin, der Tochter die Gründe für die Namensverschiedenheit und die in der Namensführung zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit dem leiblichen Vater zu erklären und nahe zu bringen (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2001 a.a.O., m.w.N.).

Schließlich ist hier auch im Hinblick darauf, dass bereits seit längerer Zeit keine Kontakte zwischen S und dem Antragsgegner bestehen, das Interesse des Antragsgegners an der Aufrechterhaltung der Namensbindung im Rahmen der gebotenen Abwägung nicht geringer zu bewerten als das Interesse der Tochter und ihrer jetzigen Familie an einer Namensänderung. Nach dem Akteninhalt ist nämlich davon auszugehen, dass der Antragsgegner an einem Umgangsrecht mit der Tochter S interessiert war und nach wie vor ist, die Tochter jedoch jeglichen Kontakt zu ihm ablehnt.

Letztlich vermag auch die Rüge der Antragstellerin, das Familiengericht habe keine persönliche Anhörung der Beteiligten durchgeführt, ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn einer persönlichen Anhörung bedurfte es vorliegend nicht, nachdem das Familiengericht allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hatte und schriftliche Stellungnahmen auch erfolgt waren.

Nach alldem hat das Familiengericht den Antrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 30 Abs. 2 u. 3 KostO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621 e Abs. 2, 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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