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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 9 WF 21/09
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 114
ZPO § 323 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 2
BGB § 1603 Abs. 2 S. 2
Handelte es sich bei dem Titel, dessen Abänderung begehrt wird, um ein Versäumnisurteil, müssen sich, was vom Abänderungskläger darzulegen ist, die für den Erlass des Versäumnisurteils fingierten Umstände geändert haben.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 WF 21/09

In der Familiensache

wegen Abänderung eines Unterhaltstitels

hier: sofortige Beschwerde gegen Versagung von Prozesskostenhilfe

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Groß als Einzelrichterin

am 12. März 2009

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarbrücken vom 10. Dezember 2008 - 52 F 374/08 UK - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 3. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis vom 18. November 1998 - 22 F 10/98 - verurteilt worden, rückständigen sowie beginnend mit dem 1. Oktober 1998 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von 404,00 DM (514,00 DM abzüglich anteiliges Kindergeld in Höhe von 110,00 DM) an die Beklagte zu zahlen.

Mit am 23. September 2008 eingegangener Klageschrift begehrt er unter Hinweis darauf, dass er nach einer mittlerweile überwundenen langjährigen Alkoholerkrankung eine Arbeitsstelle gefunden habe und 1.025,00 EUR netto monatlich verdiene, so dass er unter Abzug berufsbedingter Fahrtkosten in Höhe von monatlich 64 EUR und seines Selbstbehalts in Höhe von 900 EUR der privilegierten volljährigen Beklagten nur noch 61 EUR Unterhalt monatlich zahlen könne, eine Abänderung des ursprünglichen Unterhaltstitels. Ferner hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren nachgesucht.

Das Familiengericht Saarbrücken hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 10. Dezember 2008, auf den Bezug genommen wird (Bl. 40 ff d.A.), den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass der Kläger für die begehrte Abänderung keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen habe.

Gegen den ihm am 17. Dezember 2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 16. Januar 2009 eingegangenen Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass es ihm mit Blick auf die verstrichene Zeit seit Erlass des Versäumnisurteils sowie sein während dieser Zeit bestehendes Alkoholproblem äußerst schwierig sei, Umstände darzutun. Er habe jedoch beim Aufräumen zufällig alte Lohnabrechnungen betreffend den Zeitraum 1. Januar 1998 bis 30. Juni 1998 gefunden, die belegten, dass er in dieser Zeit ein durchschnittliches Einkommen von 1.325,27 EUR bezogen habe, so dass mit Blick auf sein jetziges Einkommen von einer wesentlichen Veränderung der zum Zeitpunkt des Erlasses des Versäumnisurteils maßgebenden Umstände auszugehen sei. Soweit sich aus seinen jetzigen Abrechnungen ergebe, dass er zwischen 137 - 188 monatliche Arbeitsstunden erbringe, sei dies davon abhängig, in welchem Maße er von dem Ausleihbetrieb tatsächlich angefordert werde (Bl. 46 ff d.A.).

Das Familiengericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass allein die Vorlage der kürzlich aufgefundenen Lohnabrechnungen nicht genüge. Auch der Vortrag zu seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit sei nicht ausreichend, da er gegenüber der volljährigen privilegierten Beklagten gesteigert unterhaltspflichtig sei (Bl. 63 ff d.A.).

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Gemäß § 114 ZPO kann einer Partei Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist, wie das Familiengericht zu Recht festgestellt hat, nicht der Fall.

1.

Entscheidend für die Erfolgsaussicht der Abänderungsklage ist, dass eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistung, für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, eingetreten ist (§ 323 Abs. 1 ZPO). Die Zulässigkeit der Klage setzt voraus, dass die klagende Partei Tatsachen vorträgt, aus denen sich - ihr Vorliegen unterstellt - eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ergibt, die für die Höhe oder Dauer der ausgeurteilten Unterhaltsleistung maßgebend waren (BGH, Urt. v. 4.7.2007, XII ZR 251/04, FamRZ 2007, 1459).

Handelt es sich bei dem Titel, dessen Abänderung begehrt wird, um ein - wie hier- Versäumnisurteil, müssen sich, was vom Kläger darzulegen ist, die für den Erlass des Versäumnisurteils fingierten Umstände geändert haben (vgl. Zöller- Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rz. 31, m.z.w.N.; Hüßtege in: Thomas/ Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rz. 24, 26, m.w.N.).

Hinreichenden Tatsachen, die erkennen lassen, dass eine wesentliche Veränderung der Umstände, die für den Erlass des Versäumnisurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis vom 18. November 1998 maßgebend waren, eingetreten ist, hat der Kläger indes nicht dargetan.

Der Hinweis des Klägers, er verdiene - bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Versäumnisurteils - nunmehr deutlich weniger, ist allein nicht geeignet, eine wesentliche Veränderung der Umstände zu begründen. Zwar kann eine Änderung der Verhältnisse vorliegen, wenn sich das Einkommen des Schuldners verringert. Den beigezogenen Verfahrensakten des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis - 22 F 10/98 - lässt sich entnehmen, dass Grundlage der Verurteilung des Klägers das dortige Vorbringen der Beklagten zur Höhe des monatlichen Einkommens (durchschnittliches Monatsgehalt in Höhe von 2.585,40 DM zuzüglich sonstiger einkommensrelevanter Faktoren wie Weihnachtsgeld, Steuerrückerstattungen = 2900,00 DM), zur Höhe der in Abzug zu bringenden Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse sowie der Eingruppierung der Beklagten in die Düsseldorfer Tabelle war. Zu den einzelnen Berechnungsfaktoren verhält sich das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat sich weder zu seiner damaligen Vermögens- und Einkommenssituation noch zu seinen damaligen persönlichen Umständen geäußert, so dass es bereits aus diesem Grund an einem hinreichenden Sachvortrag zu einer wesentlichen Veränderung der Umstände und Verhältnisse, wie sie zum Zeitpunkt des Erlasses des Versäumnisurteils vorgelegen haben, mangelt.

Es liegen somit keine hinreichenden Grundlagen vor, die die Feststellung zuließen, dass eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO eingetreten ist.

Außerdem hat der Kläger nicht dargelegt, dass er seiner gegenüber der Beklagten als privilegiertes volljähriges Kind bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nachgekommen ist. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn die Obliegenheit, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Legt der Unterhaltsverpflichtete, der nicht bereit ist, auch nur den Regelbetrag zu zahlen, nicht dar, seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich fiktiv ein Einkommen zurechnen lassen, das ihm die Zahlung ermöglicht (BGH, FamRZ 2003, 1471; Senat, Beschl.v. 17. Oktober 2008, 9 WF 89/08, m.z.w.N., Beschl.v. 5. November 2008, 9 WF 77/08, m.w.N.). Ein gemäß § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, unter Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um einen hinreichend entlohnten Arbeitsplatz zu bemühen, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und dafür gegebenenfalls auch einschneidende Veränderungen in seiner Lebensführung hinzunehmen. Im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit muss der Unterhaltspflichtige bei Arbeitsstellen mit geringeren Einkommen entweder eine neue Arbeitstelle oder eine weitere Beschäftigung, etwa zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten, aufnehmen, um zusätzliche Mittel zu erlangen. Ebenso kommen für die Ausübung einer Nebentätigkeit Zeiten in Betracht, die üblicher Weise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit, die ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit findet, vollständig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, ZFE 2008, 231, m.w.N.; Senat, aaO).

Der Kläger hat nicht ausreichend dazu vorgetragen, diesen Anforderungen genügt zu haben. Auch unter Berücksichtigung seiner Darlegungen im Beschwerdeverfahren hat er bisher seine Arbeitskraft nicht im Rahmen des ihm Möglichen eingesetzt.

2.

Von daher kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so dass Prozesskostenhilfe zu Recht nicht bewilligt worden ist und die sofortige Beschwerde keinen Erfolg hat.

Die sofortige Beschwerde ist daher mit dem Kostenausspruch aus § 127 Abs. 4 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen (§ 574 ZPO).

Ende der Entscheidung

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