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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.10.2008
Aktenzeichen: 9 WF 28/08
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 42 Abs. 1
GKG § 42 Abs. 5
Bei der Streitwertfestsetzung ist dem Umstand, dass eine Partei mehrfach die Klageanträge modifiziert und bis zur Beendigung des Verfahrens durch Vergleich zu keinem Zeitpunkt eine unbedingte Klage eingereicht hat, Rechnung zu tragen, indem in Anlehnung an die in § 42 Abs. 1 und Abs. 5 GKG getroffenen Regelungen sowohl bei der Streitwertbemessung des Anspruchs auf Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht als auch bei der Rückstandsbestimmung eine nach Maßgabe der Klageanträge differenzierte Bemessung des Streitwerts vorgenommen wird.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 WF 28/08

In der Familiensache

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Neunkirchen vom 18. Dezember 2007 - 6 F 54/07 UE - durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Groß als Einzelrichterin

am 7. Oktober 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Streitwert für die Hauptsache wird von Amts wegen für die Zeit ab Klageeinreichung bis zum 15. Mai 2007 für die Gebühren auf 10.155,00 EUR, für die Zeit vom 16. Mai 2007 bis 10. Juli 2007 für die Gebühren auf 8.745,00 EUR und für die Zeit ab dem 11. Juli 2007 für die Gebühren auf 5.220,00 EUR festgesetzt.

2. Die Beschwerde wird, soweit die Festsetzung des Gegenstandswertes der Hauptsache angefochten wird, als unzulässig verworfen.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

4. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

1.

Die Beschwerde ist, soweit die Festsetzung des Gegenstandswertes der Hauptsache angefochten wird, unzulässig.

Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beschwerde, wie die Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 21. Dezember 2007 zeigt, insgesamt damit begründet, der Streitwert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass er die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der Partei eingelegt hat.

Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin im eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist, soweit es die Anfechtung der Streitwertfestsetzung für die Hauptsache betrifft, unzulässig. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist nicht beschwert, weil das Amtsgericht den Streitwert für die Hauptsache auf 10.155,00 € festgesetzt hat, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin indes eine Festsetzung in Höhe von 8.352,00 € begehrt. Für eine Auslegung des Beschwerdevorbringens dahingehend, dass insoweit Beschwerde im Namen der Partei eingelegt werde, ist mit Blick auf die Beschwerdebegründung kein Raum (s.o.).

2.

Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig. Das Beschwerderecht des Prozessbevollmächtigten folgt aus § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 68 GKG (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 32 RVG, Rz. 14, Rz. 22).

II.

1.

Soweit das Amtsgericht den Streitwert für die Hauptsache auf 10.155,00 EUR festgesetzt hat, war die Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 S 1 GKG von Amts wegen abzuändern. Unter Berücksichtigung der geänderten Klageanträge vom 15. Mai 2007 und vom 10. Juli 2007 war der Streitwert für die Hauptsache für die Zeit ab Klageeinreichung bis zum 15. Mai 2007 für die Gebühren auf 10.155,00 EUR, für die Zeit vom 16. Mai 2007 bis 10. Juli 2007 für die Gebühren auf 8.745,00 EUR und für die Zeit ab dem 11. Juli 2007 für die Gebühren auf 5.220,00 EUR festzusetzen.

Grundsätzlich ist, wenn die Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht verlangt wird, für die Bemessung des Streitwerts gemäß § 42 Abs. 1 GKG der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage geforderte Betrag, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung, maßgeblich. Entscheidender Zeitpunkt ist die Anhängigkeit (vgl. Hartmann, aaO, § 42 GKG, Rz. 77). Hinzuzurechnen sind dem Streitwert gemäß der in § 42 Abs. 5 GKG getroffenen Regelung nur die bei Klageeinreichung fälligen Beträge, wobei der Monat der Klageerhebung zum rückständigen Unterhalt zählt. Für die Berechnung von Rückständen im Sinne von § 42 Abs. 5 GKG kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der ersten Klageeinreichung an (Saarländisches Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 1. März 1994 - 6 UF 15/93 UE; vom 18. September 1989 - 6 WF 105/89 = JurBüro 90, 97, 98; Hartmann, aaO, § 42 GKG, Rz. 79, m.w.N.). Dabei steht die Einreichung eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Einreichung der Klage gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag erhoben oder eine alsbald eingereichte Beschwerde eingereicht wird (§ 42 Abs. 5 S. 2 GKG).

Im Streitfall hat die Klägerin zunächst mit der zusammen mit einem Prozesskostenhilfeantrag eingereichten Klageschrift vom 2. Februar 2007, in dem sie eindeutig klargestellt hat, dass die (Stufen-) Klage nur bedingt für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung erhoben ist, auf der Grundlage eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 677,00 EUR einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 2.031,00 EUR und laufenden Unterhalt geltend gemacht. Sie hat sodann mit Schriftsatz vom 15. Mai 2007- verbunden mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe - auf der Grundlage eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 583,00 EUR einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 3.498,00 EUR und laufenden Unterhalt, sowie mit Schriftsatz vom 10. Juli 2007 - verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - auf der Grundlage eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 348,00 EUR einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 2.784,00 EUR und laufenden Unterhalt begehrt.

Bei der Streitwertfestsetzung ist dem Umstand, dass die Klägerin ihre Klageanträge mehrfach modifiziert, nämlich durch die geänderten Anträge vom 15. Mai 2007 und 10. Juli 2007 ihr ursprüngliches Klagebegehren teilweise zurückgenommen hat, und zu keinem Zeitpunkt bis zur Beendigung des Verfahrens durch Vergleich eine unbedingte Klage eingereicht worden ist, Rechnung zu tragen. Nach Sinn und Zweck der in § 42 Abs. 1, Abs. 5 GKG getroffenen Regelungen ist deshalb sowohl bei der Streitwertbemessung des Anspruchs auf Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht als auch bei der Rückstandsbestimmung eine nach Maßgabe der Klageanträge differenzierte Bemessung des Streitwertes geboten. Hierbei ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die Rückstandsbestimmung der Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag unerheblich (vgl. Senatsbeschluss vom 21. August 2006, 9 WF 111/06).

Für die Zeit ab Einreichung der mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbundenen Klageschrift vom 2. Februar 2007 ist sowohl für die Berechnung von Rückständen als auch des laufenden Unterhalts zunächst der geltend gemachte monatliche Trennungsunterhalt in Höhe von 677,00 EUR zugrunde zu legen. Daraus folgt, dass für die Streitwertberechnung lediglich die bis zur Einreichung der Klage im Februar 2007 geltend gemachten Rückstände maßgebend sind, mithin unter Berücksichtigung der Rückstände für die Monate Dezember 2006, Januar 2007 und Februar 2007 ein Betrag in Höhe von 2.031 EUR. Der Streitwert für den laufenden Unterhalt beläuft sich auf 8.124,00 EUR (677,00 EUR X 12), so dass sich vom Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift bis zum 15. Mai 2007 ein Streitwert in Höhe von 10.155.00 EUR ergibt.

Nach der mit Schriftsatz vom 15. Mai 2007 vorgenommenen Reduzierung des laufenden Unterhalts und des Rückstands auf der Grundlage eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 583,00 EUR ist der Streitwert für die Zeit vom 16. Mai 2007 bis 10. Juli 2007 auf 8.745,00 EUR festzusetzen. Hierbei sind zunächst die Rückstände für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 in Höhe von 1.749,00 EUR (583,00 EUR X 3) in Ansatz zu bringen, der Streitwert für den laufenden Unterhalt ist sodann für den Zeitraum von 12 Monaten in Höhe 6.996,00 EUR (583,00 EUR X 12) zu bemessen.

Nach der mit Schriftsatz vom 10. Juli 2007 vorgenommenen Reduzierung des laufenden Unterhalts und des Rückstands auf der Grundlage eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 348,00 EUR ist der Streitwert ab dem 11. Juli 2007 auf 5.220,00 EUR festzusetzen. Dieser setzt sich zusammen aus den Rückständen für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 in Höhe von 1.044,00 EUR (348,00 EUR X 3) und dem Streitwert für den laufenden Unterhalt in Höhe von 4.176,00 EUR (348,00 EUR X 12).

2.

Die Beschwerde ist, soweit die Festsetzung des Gegenstandswertes für den Vergleich - Vergleichsüberhang - angefochten wird, unbegründet.

Soweit sich der Beklagte in dem zwischen den Parteien am 28. November 2007 abgeschlossenen Vergleich über die Zahlung eines Unterhaltsrückstandes für die Zeit von Dezember 2006 bis einschließlich August 2007 in Höhe von 1.500,00 EUR und ab Januar 2008 von Trennungsunterhalt in Höhe von 40,00 EUR hinaus dazu verpflichtet hat, eheprägende Verbindlichkeiten und Hauslasten wie Darlehen (310,00 EUR, 78,23 EUR), Wohngebäudeversicherung (15,08 EUR), Grundsteuer (30,67 EUR), Hausrat, Haftpflicht (18,70 EUR) Schornsteinfeger (6,24 EUR) auf Dauer und Kosten für Strom, Gas, Wasser (267,00 EUR) bis Ende Dezember 2007 zu übernehmen, ferner aus dem gemeinsamen Hausanwesen bis Ende Dezember auszuziehen, vermag dies, entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, nicht zu einer Bemessung des Streitwertes für den Vergleich - Vergleichsüberhang - in Höhe von 14.711,04 EUR zu führen. Ungeachtet des Umstandes, dass die laufenden Verbindlichkeiten in Höhe von monatlich 725,92 EUR und somit in Höhe eines Jahresbetrages von 8.711,04 EUR wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der Ehegatten bei der Streitwertfestsetzung ohnehin nur zur Hälfte Berücksichtigung finden könnten, stellen die differenziert ausgestaltete Übernahme der Verbindlichkeiten sowie die Bereitschaft des Beklagten zum Auszug aus dem gemeinsamen Hausanwesen lediglich Berechnungsfaktoren für die Bemessung des der Klägerin zustehenden Trennungsunterhalts dar. Hierfür spricht nicht nur, dass die Übernahme der eheprägenden Verbindlichkeiten und gemeinsamen Verpflichtungen sowie die Räumung des Hausanwesens durch den Beklagten bis zum Abschluss des Vergleichs nicht im Streit stand und damit auch nicht einen über den Unterhaltsanspruch hinausgehenden Verfahrensgegenstand gebildet haben, sondern auch der Umstand, dass die Parteien eine Anrechnung der Wohnvorteile nach dem Auszug des Beklagten zu Lasten der Klägerin vorgesehen und auch aus diesem Grund eine Reduzierung des monatlichen Unterhalts auf 40,00 EUR ab Januar 2008 vereinbart haben.

Zu keiner anderen Beurteilung führt der Umstand, dass ein gerichtlicher Vergleich einen Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO darstellt und nach Maßgabe des Wortlauts des im Streitfall protokollierten Vergleichs den von dem Beklagten eingegangenen "Verpflichtungen" auf Übernahme - näher bezeichneter - Verbindlichkeiten und Räumung des Hausanwesens unter Umständen der Charakter eines Vollstreckungstitels zukommt. Diesem Umstand hat das Familiengericht dadurch Genüge getan, dass es mit Blick darauf, dass die Übernahme dieser "Verpflichtungen" zu keinem Zeitpunkt - bis zum Abschluss des Vergleichs - Verfahrensgegenstand war, den Streitwert für einen Vergleichsüberhang in Höhe von 2.000 EUR festgesetzt hat. Dem tritt der Senat bei. Da die Übernahme der in Rede stehenden Verpflichtungen zwischen den Parteien nicht streitig war, sondern lediglich einen Berechnungsfaktor bei der Bemessung des Unterhalts darstellte, erscheint die Festsetzung des Streitwerts für einen Vergleichsüberhang, selbst wenn dem Vergleich auch insoweit der Charakter eines Titels zukommt, als ausreichend und angemessen.

3.

Der Kostenausspruch ergibt sich aus §§ 33 Abs. 9 RVG, 68 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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