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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.10.2009
Aktenzeichen: Ss (B) 70/2009 (86/09)
Rechtsgebiete: ZollVG, StPO, OWiG, StGB


Vorschriften:

ZollVG § 12a
ZollVG § 12a Abs. 2 S. 1
ZollVG § 12a Abs. 5
ZollVG § 31a
ZollVG § 31a Abs. 1
ZollVG § 31a Abs. 2
StPO § 265 Abs. 1
StPO § 354 Abs. 1
OWiG § 17 Abs. 2
OWiG § 79 Abs. 6
StGB § 129a
StGB § 129b
StGB § 261
Zu den subjektiven Voraussetzungen und der Bußgeldbemessung bei Verstößen gegen die Zolldeklarationspflicht (zugleich Teilaufhebung der in die Datenbank juris eingestellten Entscheidung des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24.4.2009, Aktenzeichen 43 OWi 33 Js 891/08 (448/08).
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

Ss (B) 70/2009 (86/09) In der Bußgeldsache

wegen Verstoßes gegen das Zollverwaltungsgesetz

hat der Bußgeldsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken am 7. Oktober 2009 durch die Richterin am Oberlandesgericht Burmeister den Richter am Oberlandesgericht Dr. Knerr den Richter am Amtsgericht Ohlmann

zu 1. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs.3 und 6 OWiG i.V.m. §§ 354 Abs. 1, 349 Abs. 4 StPO

zu 2. auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Verteidigers des Betroffenen gemäß § 79 Abs.3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Rechtsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Betroffenen wird

a) das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24. April 2009 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Betroffene vorsätzlich gegen §§ 31a Abs. 1, 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG verstoßen hat

b) das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerden, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Saarbrücken zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2008 setzte das Hauptzollamt Saarbrücken gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Zolldeklarationspflicht eine Geldbuße von 34.000,-- Euro fest. Auf seinen Einspruch verurteilte das Amtsgericht Saarbrücken den Betroffenen am 24. April 2009 wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die zollrechtliche Deklarationspflicht zu einer Geldbuße von 15.180,-- Euro. Gegen das Urteil haben sowohl der Betroffene wie die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie jeweils - seitens der Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich, aber aus der Rechtsbeschwerdebegründung eindeutig ersichtlich - die Verletzung sachlichen Rechts rügen.

Die zulässigen Rechtsbeschwerden führen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg; die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist unbegründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme zu den Rechtsbeschwerden vom 15. September 2009 Folgendes ausgeführt:

"1. Die Auffassung des Amtsgerichts, der Betroffene habe lediglich fahrlässig gegen §§ 31a Abs. 1, 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG verstoßen, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach den Urteilsfeststellungen reiste der Betroffene am 29.4.2008 mit dem gesondert verfolgten N. O. gegen 13:30 Uhr von Luxemburg kommend nach Deutschland ein. Er wurde auf der B 51/B 410 angehalten. Er wurde sodann von Beamten der Zollfahndung gefragt, ob er Bargeld oder sonstige gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 10.000 € oder mehr mit sich führe. Ihm wurde eröffnet, dass er in diesem Falle diese Zahlungsmittel zu deklarieren habe. Frage und Erklärung wurden dem Betroffenen ein zweites Mal dargelegt. Außerdem wurde ihm beim zweiten Mal eröffnet, dass eine Nichtdeklaration trotz Aufforderung einen Bußgeldtatbestand erfülle. Die Beamten versicherten sich jeweils, dass er die Belehrung verstanden hatte.

Trotz dieser doppelten Aufforderung, die er inhaltlich verstanden hatte, erklärte er, kein Bargeld oder entsprechende Zahlungsmittel mit sich zu führen.

Bei der daraufhin erfolgenden Durchsuchung fanden die Beamten einen Bankbeleg einer Luxemburger Bank () über 138.000 € in seinem Schuh. Der Betroffene stritt zunächst weiter ab, in Luxemburg Geld abgehoben zu haben. Auf weiteren Vorhalt übergab er aus der Reserveradmulde eine schwarze Lacktasche, die in vier Umschlägen zusammen 167.000 € in größerer Stückelung enthielten. Der Betroffene erklärte zu den Eigentumsverhältnissen, dass ihm 138.000 € zuzurechnen seien.

Den Vorwurf wie oben dargestellt hat der Betroffene in der Hauptverhandlung vollumfänglich eingeräumt.

Aufgrund dieser Feststellungen, insbesondere der zweimaligen Belehrung des Betroffenen durch die Zollbeamten über seine Verpflichtungen gemäß § 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG und des Hinweises auf einen Bußgeldtatbestand bei Nichterfüllung dieser Verpflichtungen, was von dem Betroffenen verstanden wurde, sowie des Umstandes, dass der Betroffene sowohl den Bankbeleg über die Abhebung der 138.000 € als auch die abgehobenen Gelder versteckt hatte, kann es keinerlei Zweifel unterliegen, dass der Betroffene in Kenntnis aller Umstände sowie der Rechtslage bewusst und willentlich und somit mit direktem Vorsatz seinen Verpflichtungen zuwidergehandelt hat. Die nicht näher begründete Annahme einer Fahrlässigkeit durch das Amtsgericht ist in keinster Weise nachvollziehbar.

Einer Aufhebung des Urteils bedarf es insoweit nicht. Der Senat kann in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch selbst berichtigen. Die Voraussetzungen einer Schuldspruchberichtigung sind gegeben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl. , § 354 Rn.12 ff.). Es ist in zulässiger Weise die Sachrüge erhoben, die Urteilsfeststellungen sind vollständig und tragfähig und lassen eine Ergänzung in einer neuen Verhandlung ausgeschlossen erscheinen. Schließlich war dem Betroffenen wegen vorsätzlicher Begehungsweise kein rechtlicher Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO zu geben, da ihm bereits in dem Bußgeldbescheid ausdrücklich vorsätzliches Handeln zur Last gelegt wurde und er sich in tatsächlicher Hinsicht hätte nicht anders verteidigen können.

2. Aufgrund des aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangels ist das angefochtene Urteil allerdings im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

Gemäß § 31a Abs. 2 ZollVG kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden.

Nach der anwendbaren Vorschrift des § 17 Abs. 2 OWiG kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden, wenn das Gesetz - wie hier - für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße angedroht, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden.

Da das Amtsgericht unter fehlerhafter Annahme eines fahrlässigen Handelns des Betroffenen bei seinen weiteren Zumessungserwägungen unter Anwendung des § 17 Abs. 2 OWiG - aus seiner Sicht folgerichtig - von einem Höchstbetrag des Bußgeldes von 500.000 € anstatt von einer Million Euro für die tatsächlich vorliegende vorsätzliche Begehungsweise ausgegangen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der fehlerhafte Schuldspruch sich auf die Höhe der verhängten Geldbuße ausgewirkt hat.

3. Daneben unterliegen auch die Zumessungserwägungen des Amtsgerichts durchgreifenden Bedenken.

a) Das Amtsgericht hat von der veranschlagten Geldbuße in Höhe von 34.500 € einen Abschlag von 5% vorgenommen, weil der Betroffene - erstmals in der Hauptverhandlung - überprüfbare Angaben, dass das Geld aus legaler Quelle stamme, gemacht und damit zumindest nachträglich einen Teil seiner Verpflichtungen gemäß § 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG, nämlich die legale Herkunft der Gelder darzulegen, erfüllt habe. Umgekehrt müssten konkrete Anhaltspunkte für eine illegale Herkunft der Gelder zu Aufschlägen bei den Geldbußen führen.

Das Gericht verkennt indes bei dieser Betrachtungsweise, dass § 31a ZollVG die angeführten Sanktionen lediglich an die Nichterfüllung der in § 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG aufgeführten Verpflichtungen anknüpft, unabhängig davon, ob es sich um legale oder illegale Gelder handelt.

Eine Bevorzugung des Betroffenen bei dem geglückten Nachweis einer legalen Herkunft der Gelder erscheint vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil müsste man es eher einem Betroffenen zugute halten, wenn er bei einer Kontrolle durch Zollbeamte oder auch erst später sich zu der illegalen Herkunft der Gelder bekennt und dadurch eventuell Straftaten aufklärt.

Zudem hat der Betroffene in der Hauptverhandlung zur Herkunft der Gelder sehr vage, ohne Vorlage von Belegen oder sonstige Beweismittel untermauerte und deshalb kaum überprüfbare Angaben gemacht, so dass die Legalität des Gelderwerbs schlechthin nicht nachvollziehbar ist. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck der §§ 12a, 31a ZollVG, Straftaten der Geldwäsche nach § 261 StGB und in Zusammenhang mit der Finanzierung terroristischer Vereinigungen nach §§ 129a,b StGB zu verhindern und zu verfolgen (vgl. Bundesrat Drucksache116/07, Art. 2 NR, 1 a); Bl. 90 d. A.) erscheinen diese Angaben als unzureichend und somit nicht zur Minderung der Geldbuße geeignet.

b) Fehlerhaft sind schließlich auch die Erwägungen des Amtsgerichts, dem Betroffenen einen Abschlag von 5% auf die veranschlagte Geldbuße von 34.500 € zu gewähren, weil er sein Einkommen aus dem nicht bei der Kontrolle angegebenen sowie noch in Luxemburg befindlichen Kapital zwischenzeitlich vollständig den Steuerbehörden offen gelegt habe und zu erwarten sei, dass er steuerlich und ggf. straf -oder ordnungswidrigkeitenrechtlich belangt werde.

Wie bereits dargelegt, ist es nämlich nicht Zweck der Vorschriften der §§ 12a, 31a ZollVG, Steuerstraftaten aufzuklären oder zu verhindern und wird lediglich die Verletzung der in § 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG angeführten, nicht jedoch sonstiger - etwa steuerlicher Verpflichtungen - sanktioniert.

Zudem wäre insoweit in Rechnung zu stellen, dass der Betroffene nach Auffinden der Bargelder im Rahmen der Zollkontrolle wegen § 12a Abs. 5 ZollVG mit einer Übermittlung der Daten an die zuständigen Finanzbehörden rechnen musste und die nachträgliche Offenlegung seines Geldanlagevermögens bei dem Finanzamt nicht freiwillig, sondern quasi als Selbstanzeige zur Vermeidung weiterer Sanktionen - etwa aufgrund eines Steuerstrafverfahrens - erfolgte. Die Frage, ob eine freiwillige und wirksame Selbstanzeige vorliegt und ob diese zugunsten des Verfolgten zu berücksichtigen ist, hat aber im entsprechenden Steuerstraf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren zu erfolgen.

4. Sonstige Rechtsfehler, die sich zum Vorteil für den Betroffenen auswirken könnten, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. 5. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG)."

Dem schließt sich der Senat an.

Der Schuldspruch war daher auf die Rechtsbeschwerden - auch die des Betroffenen (vgl. Göhler a.a.O., § 79 Rn. 37 m.w.N.) - wie geschehen zu berichtigen und das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Im Hinblick auf die Ausführungen des bisher zuständigen Abteilungsrichters vom 2. Juli 2009 (Bl. 99f. d.A.), mit denen dieser sein Urteil gegen die Angriffe der Rechtsbeschwerden verteidigen zu müssen glaubt, hat der Senat von der auch im Anwendungsbereich des § 79 Abs. 6 OWiG bestehenden Möglichkeit (vgl. Göhler, a.a.O., § 79 Rn. 48 m.w.N.) Gebrauch gemacht, die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Saarbrücken zurückzuverweisen.

Da die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Rechtbeschwerde des Betroffenen hin keine weitere Urteilsteile betreffenden Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat, war die weitergehende Rechtsbeschwerde insoweit auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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