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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 2 LB 1/05
Rechtsgebiete: BGB, KiTaG


Vorschriften:

BGB § 398
KiTaG § 25 a
1. Die Standortgemeinde kann ihren Kostenerstattungsanspruch aus § 25 a KiTaG an den Einrichtungsträger abtreten.

2. Zu den Voraussetzungen für den Anspruch auf einen Ganztagsplatz.

3. Erhält die Wohngemeinde (auf andere Weise) Kenntnis von der Belegung eines Platzes in einer anderen Gemeinde, ersetzt das die (unterbliebene) Anzeige der Personensorgeberechtigten; die Pflicht zum Kostenausgleich wird ggf. zeitlich verschoben.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 1/05

verkündet am 21.09.2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 15. Kammer - geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.223,17 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 36 % und die Beklagte zu 64 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Schuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Kostenausgleich nach § 25 a KiTaG.

Der Kläger betreibt eine Kindertagesstätte in der Gemeinde .... In diese Kindertagesstätte wurde der am 01. Dezember 1996 geborene ... zum 01. Juni 1999 und der am 20. Juni 1996 geborene ... zum 01. Juli 2000 aufgenommen. Beide Kinder besuchten die Ganztagsgruppe und haben ihren Wohnsitz im Bereich der Beklagten.

Den Antrag des Klägers auf Kostenerstattung für das Kind ... im Zeitraum August 1999 bis Dezember 2001 sowie des Kindes ... im Zeitraum Juli 2000 bis Dezember 2001 lehnte der Beklagte ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, es sei nicht nachgewiesen, dass für beide Kinder unabdingbar eine Ganztagsbetreuung erforderlich sei. Die Berufstätigkeit beider Elternteile sei nicht nachgewiesen. Dies gelte insbesondere für die Berufstätigkeit der Frau ..., die sich im Zeitpunkt der Aufnahme ihres Sohnes ... in die Ganztagsgruppe der Kindertagesstätte in ... im Erziehungsurlaub befunden habe. Darüber hinaus sei eine Kostenausgleichspflicht auch deshalb nicht entstanden, weil die Anzeigepflicht des § 25 a Abs. 3 KiTaG in der ab 01. August 1999 anzuwendenden Fassung von den Personensorgeberechtigten nicht bzw. nicht rechtzeitig erfüllt worden sei.

Der Kläger hat am 03. April 2002 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und geltend gemacht, ihm stehe gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht ein Kostenausgleichsanspruch zu. Die Kindeseltern seien jeweils berufstätig und auf einen Ganztagsplatz angewiesen. Derartige Plätze hielte die Beklagte nicht vor. Auf die Verletzung der Anzeigepflicht könne die Beklagte sich nicht berufen. Das Kind ... sei bereits vor Inkrafttreten des § 25 a Abs. 3 KiTaG in die Kindertagesstätte des Klägers aufgenommen worden, bezüglich des Kindes ... seien die Personensorgeberechtigten auf ihre Anzeigepflicht hingewiesen worden. Da eine Rückmeldung nicht erfolgt sei, habe er, der Kläger, angenommen, dass die Benachrichtigung erfolgt sei. Zusätzlich finde sich der Name dieses Kindes in der Mittelbeantragung vom 06. Oktober 2000, in der die aus dem Gemeindebereich der Beklagten betreuten Kinder namentlich genannt würden. Ein Widerspruch der Beklagten gegen die Abrechnung sei nicht erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, insgesamt 13.408,68 DM = 6.855,75 Euro für die Betreuung der Kinder ... und ... in den Jahren 2000 und 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, dass einerseits nicht die Notwendigkeit bestehe, einen Ganztagsplatz für die Kinder zur Verfügung zu stellen, da die Eltern nicht jeweils beide berufstätig gewesen seien. Im Übrigen hätten die Personensorgeberechtigten ihre Anzeigepflicht gemäß § 25 a Abs. 3 KiTaG nicht erfüllt. Wenn sie, die Beklagte, gewusst hätte, dass die beiden Kinder einen Ganztagsplatz beanspruchten, würde sie jeweils vor Aufnahme wohlwollend geprüft haben, ob nicht die beiden Kinder in eigenen Kindergärten im gewünschten Umfang hätten betreut werden können. Jedenfalls sei ab dem 01. August 2002 eine verlängerte Betreuungszeit im Zeitrahmen von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr jeweils montags bis freitags möglich.

Durch Urteil vom 17. November 2003 hat das Verwaltungsgericht dem Begehren des Klägers entsprochen. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten einen Kostenausgleichsanspruch für die Betreuung der beiden Kinder, den er im Wege der Leistungsklage geltend machen könne. Zwar stehe der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 25 a Abs. 1 KiTaG unter den dort genannten Voraussetzungen der Standortgemeinde zu, doch sei dieser Anspruch abtretbar. Von diesem Abtretungsrecht habe die Standortgemeinde insofern Gebrauch gemacht, als sie Ausgleichsansprüche an den Kläger als Träger der Einrichtung abgetreten habe.

Auch materiell lägen die Voraussetzungen eines Kostenausgleichsanspruchs vor. Die Beklagte als Wohnortgemeinde habe zu dem in Rede stehenden Aufnahmezeitpunkt für die Kinder ... und ... keine Ganztagsplätze zur Verfügung stellen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei sie nicht nur unter dem Aspekt der Bedarfsdeckung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 KiTaG zur Schaffung von Ganztagsplätzen verpflichtet. Gemäß § 25 a Abs. 3 KiTaG finde der Kostenausgleich auch dann statt, wenn die Erziehungsberechtigten aus besonderen Gründen einen Platz außerhalb ihrer Wohngemeinde in Anspruch nähmen. Der Begriff der "besonderen Gründe" gemäß § 25 a Abs. 3 KiTaG sei weiter als derjenige der Bedarfsgerechtigkeit gemäß § 25 a Abs. 1 KiTaG. Zu den anzuerkennenden "besonderen Gründen" im Sinne des § 25 a Abs. 3 KiTaG zählten in erster Linie ein abweichendes pädagogisches Konzept, aber auch andere Gegebenheiten, wie Öffnungszeiten, die Entfernung zur Einrichtung und die Lage zu der Arbeitsstätte des Erziehungsberechtigten. Die Überprüfung, ob damit besondere Gründe im Sinne des § 25 Abs. 3 KiTaG vorlägen, sei damit konkret und auf den Einzelfall bezogen vorzunehmen, da die strukturell-organisatorischen Bedürfnisse einer jeden Familie unterschiedlich seien. Nach diesen Grundsätzen liege hier ein "besonderer Grund" für die Inanspruchnahme eines Ganztagsplatzes, der hier nur außerhalb der Wohngemeinde habe gefunden werden können, sowohl für das Kind ... als auch für das Kind ... vor. Das Kind ... sei bereits im Juni 1999 in die Kindertagesstätte des Klägers aufgenommen worden. Seine Mutter habe sich seit Mai 2000 im Erziehungsurlaub befunden und im März 2002 wieder mit ihrer Arbeit begonnen. Daraus ergebe sich, dass es jedenfalls aus strukturell-organisatorischen Gründen unumgänglich gewesen sei, das Kind ... in eine Ganztagsgruppe aufzunehmen. Das Verlangen, ... ab Mai 2000 wieder aus der Kindertagesstätte herauszunehmen und im März 2002 wieder hineinzugeben, widerspräche der Struktur des § 25 a KiTaG.

Auch für das Kind ... bestehe eine Kostenausgleichspflicht unter dem Aspekt des § 25 a Abs. 3 KiTaG. Auch insoweit lägen strukturell-organisatorische Gründe vor. Die Kindesmutter habe mit Datum vom 04. Mai 2000 ein Gewerbe nach der Gewerbeordnung mit dem Inhalt eines Hausbetreuungsservices angemeldet. Damit sei die Mutter des ... ab Mai 2000 berufstätig. Auf den Umfang ihres Verdienstes und ihrer Umsätze komme es dabei nicht an, denn jedem Gewerbe werde eine gewisse Anlaufzeit zugebilligt werden müssen. Gerade in einer solchen Anfangszeit sei es aber notwendig, seiner Berufstätigkeit ohne die Sorge nachgehen zu können, wer sich in der Zwischenzeit um das Kind kümmere. Wenn die Mutter des Kindes ... ihren Betrieb zum 01. Oktober 2001 wieder aufgegeben habe, so ändere dies nichts an der strukturell-organisatorischen Notwendigkeit, für diesen Zeitraum eine Ganztagsbetreuung zu haben. Für den Zeitraum ab 01. Oktober 2001 sei die Mutter des Kindes ... im Übrigen ganztags in einem abhängigen Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen, so dass auch für diesen Zeitraum die Notwendigkeit einer Ganztagsbetreuung bestanden habe.

Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine Verletzung der Anzeigepflicht des § 25 a Abs. 2 KiTaG durch die Personensorgeberechtigten berufen. Zwar seien die Kosten im Grundsatz nur dann zu erstatten, wenn die Personensorgeberechtigten die beabsichtigte Belegung eines Platzes außerhalb ihrer Wohngemeinde in der Regel mindestens drei Monate vorher angezeigt hätten und ihnen von der Wohngemeinde kein bedarfsgerechter Platz zur Verfügung gestellt worden sei. Diese Vorschrift diene dem Schutz der Wohngemeinde. Lebe jemand in der Wohngemeinde und könne absehen, wann das Kind einen Platz benötige, sei er gehalten, mindestens drei Monate vorher dies der Wohngemeinde anzuzeigen, damit diese sich in der Zahl der zur Verfügung gestellten Plätze und in der Ausrichtung der Kindertagesstätte darauf einstellen könne. Dabei könne die Gemeinde allerdings nur auf die Einhaltung dieser Frist pochen, wenn sie willens und in der Lage gewesen wäre, das gewünschte Angebot zu schaffen. Die Schutzvorschrift des § 25 a Abs. 2 KiTaG dürfe nicht ohne Grund den Sinn der Kostenausgleichsregelung konterkarieren. § 25 a Abs. 2 KiTaG sei mithin keine "Sparvorschrift" in dem Sinne, dass die Wohnortgemeinde Kostenausgleich ersparen solle, sondern nach ihrem Sinn und Zweck sei sie als Schutzvorschrift dazu da, dass die Wohnortgemeinde ausreichend Gelegenheit bekomme, sich - falls möglich - auf die Wünsche der Eltern einstellen zu können. Sei von vornherein klar, dass das nicht gelingen könne, dann sei auch die 3-Monatsfrist entbehrlich. So sei es hier gewesen. Die erforderliche Ganztagsbetreuung für die Kinder ... und ... habe von der Beklagten nicht gewährleistet und auch für die Zukunft nicht sichergestellt werden können. Erst ab 01. August 2002 biete die Beklagte eine verlängerte Betreuungszeit im Umfang von sechs Stunden täglich an. Damit sei es rechtsmissbräuchlich, sich auf § 25 a Abs. 2 KiTaG zu berufen.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 03. Januar 2005 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, dass die erstinstanzliche Entscheidung zu Unrecht die Aktivlegitimation des Klägers für den geltend gemachten Kostenausgleichsanspruch nach Maßgabe des § 25 a Abs. 1 KiTaG bejahe. Nach dieser Vorschrift stehe ein Erstattungsanspruch der geltend gemachten Art ausschließlich der Standortgemeinde, nicht aber dem Einrichtungsträger zu. Anders als es das Verwaltungsgericht annehme, sei der Anspruch nicht abtretbar.

Das angefochtene Urteil gehe weiterhin zu Unrecht davon aus, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Kostenausgleichsanspruchs des Klägers vorlägen. Das gelte namentlich für das tatbestandliche Erfordernis in § 25 a Abs. 1 Satz 1 KiTaG, wonach ein Erstattungsanspruch der Standortgemeinde zwingend voraussetze, dass in der Wohngemeinde zum Zeitpunkt des gewünschten Aufnahmetermins ein bedarfsgerechter Platz nicht zur Verfügung gestanden habe. "Besondere Gründe" im Sinne des § 25 a Abs. 3 KiTaG, die zur Inanspruchnahme einer Ganztagsbetreuung geführt hätten, seien jedenfalls im Hinblick auf das Kind ... nicht gegeben. Aus der bloßen Gewerbeanmeldung der Mutter des Kindes könne nicht auf deren Berufstätigkeit geschlossen werden. Eine Gewerbeanmeldung allein bilde in keiner Weise einen geeigneten Nachweis für eine tatsächliche Berufstätigkeit. Einen Nachweis über die tatsächliche Gewerbeausübung sei die Kindesmutter ... trotz vielfacher Aufforderung sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schuldig geblieben.

Die Fehlerhaftigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergebe sich letztlich und entscheidend aus der Tatsache, dass das Verwaltungsgericht einen Ausschluss des geltend gemachten Erstattungsanspruches nach Maßgabe des § 25 a Abs. 2 KiTaG verneint habe. Die nach dieser Vorschrift erforderliche Anzeige der Personensorgeberechtigten sei zu keinem Zeitpunkt, geschweige denn fristgerecht vor Aufnahme der Kinder in die Kindertagesstätte des Klägers erfolgt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, einen Ausschluss der Kostenerstattungsansprüche gleichwohl abzulehnen, sei rechtlich nicht haltbar. Sie erfolge contra legem wider dem eindeutigen Wortlaut des § 25 a Abs. 2 KiTaG. Das Verwaltungsgericht bemühe sich um eine vermeintlich teleologisch motivierte Interpretation des § 25 a Abs. 2 KiTaG und übersehe dabei, dass die in der Vorschrift verbürgte Präklusionsfrist einer Interpretation bzw. Auslegung gar nicht zugänglich sei. Sowohl der eindeutige Wortlaut, welcher durch den Interpretationsversuch des Verwaltungsgerichts nicht nur konterkariert, sondern schlicht ignoriert werde, als auch die Tatsache, dass es sich bei der Vorschrift um eine Fristenregelung ohne auslegungsbedürftigen oder- fähigen (unbestimmten) Rechtsbegriff handele, schlössen bereits die Möglichkeit einer Auslegung dem Grunde nach aus. Darüber hinaus werde der Wohngemeinde die gesetzgeberisch gewollte Möglichkeit zur Prüfung einer Bedarfsmeldung auf Grundlage der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entzogen. Das gelte namentlich im Hinblick auf die Prüfung der Frage, ob in Ansehung einer konkreten Bedarfssituation, beispielsweise im Hinblick auf eine Ganztagsbetreuung, ein entsprechendes und möglicherweise bislang nicht vorhandenes Angebot geschaffen werde. Eine derartige Prüfung könne wider dem Sinn und Zweck des § 25 a Abs. 2 KiTaG gar nicht erst stattfinden, wenn die Wohngemeinde mit der Bedarfsmeldung nicht einmal konfrontiert werde.

Schließlich sei die erstinstanzliche Entscheidung auch dann fehlerhaft, wenn man mit dem Verwaltungsgericht dessen Verständnis der Vorschrift des § 25 a Abs. 2 KiTaG zugrunde lege. Die Bürgermeisterin der Beklagten habe in der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausdrücklich zu Protokoll gegeben, dass einem Wunsch der Kindeseltern nach einer Ganztagsbetreuung - sofern ein solcher überhaupt an die Beklagte herangetragen worden wäre - Rechnung getragen worden wäre und man sich bemüht hätte, das gewünschte Betreuungsangebot bereitzustellen. Dieses Vorbringen werde im angefochtenen Urteil zu Unrecht als "reines Wunschdenken" abgetan.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 17. November 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Entgegen der Auffassung der Beklagten, sei er aktiv legitimiert. Die Abtretung der Ansprüche durch die Wohngemeinde an ihn sei erst für die Klagerhebung erfolgt und verstoße nicht gegen ein Abtretungsverbot.

Soweit es den Kostenerstattungsanspruch angehe, bestreite die Beklagte dies offenbar nur für das Kind .... Die Mutter des Kindes ... habe aber nachgewiesen, dass sie berufstätig gewesen sei bzw. eine vergleichbare Beschäftigung habe ausüben wollen, und dass dies eine ganztägige Betreuung ihres Kindes erfordert habe. Jedenfalls gelte das für die Zeit vom 01. Oktober 2001 an.

Die Auffassung der Beklagten, dass die nicht rechtzeitige Anzeige den Erstattungsanspruch grundsätzlich zu Fall bringe, sei unzutreffend. Dies könne keinen vollständigen Ausschluss zur Folge haben, sondern allenfalls zu einer zeitlichen Verschiebung des Anspruches führen, nämlich um den entsprechenden Zeitraum. Wenn aber - wie hier - feststehe, dass ein bedarfsgerechtes Angebot in der Vergangenheit nicht bestanden habe und die erkennbare geringe Nachfrage auch bedeute, dass die Wohngemeinde ein entsprechendes Angebot nicht bereitstellen könne, dann könne dies den Kostenerstattungsanspruch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe - nicht beeinträchtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

Dem Kläger fehlt es nicht an der sogenannten Aktivlegitimation. Er kann kraft materiellen Rechts die geltend gemachte Leistung von der Beklagten verlangen. Zwar steht ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 25 a KiTaG, um den es hier geht, nach Absatz 1 dieser Vorschrift der Standortgemeinde zu, doch hat die (Standort-)Gemeinde ... den Anspruch wirksam an den Kläger abgetreten. Die Kostenausgleichsregelung des § 25 a KiTaG ist öffentlich-rechtlicher Art. Die Vorschriften des BGB über die Abtretung einer Forderung sind - mit Ausnahme des § 411 BGB - auf öffentlich-rechtliche Forderungen nicht unmittelbar, sondern nur unter Beachtung der Besonderheiten der jeweils einschlägigen Rechtsmaterie anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 30.10.1992 - 7 C 24.92 -, NJW 1993, 1610 m.w.N.). Es sind keine Besonderheiten des öffentlichen Rechts ersichtlich, die der Zulässigkeit einer Abtretung der Erstattungsforderung entgegenstünden.

Der Kostenausgleich nach § 25 a KiTaG steht im Zusammenhang mit den Regelungen des § 25 KiTaG über die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 KiTaG werden die Betriebskosten der Kindertageseinrichtungen u.a. durch Zuschüsse der Gemeinde aufgebracht. Werden - wie hier - Kindertageseinrichtungen, die in den Bedarfsplan nach § 7 KiTaG aufgenommen worden sind, von einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe betrieben, schließen die Standortgemeinde und der Träger schriftliche Vereinbarungen über die Finanzierung und die die Finanzierung betreffenden Angelegenheiten ab. Diese Regelungen über die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen sind dann abschließend, wenn Standortgemeinde der Einrichtung und Wohngemeinde der Nutzer identisch sind. Besuchen jedoch Kinder anderer Gemeinden eine Kindertageseinrichtung, so hat die Standortgemeinde unter den Voraussetzungen des § 25 a KiTaG einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der jeweiligen Wohngemeinde. Die Standortgemeinde hat zwar in diesen Fällen nach § 25 Abs. 4 Satz 1 KiTaG die verbleibenden Betriebskosten auch für die in eigenen Einrichtungen aufgenommenen auswärtigen Kinder zu tragen oder aber - unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 Satz 2 KiTaG - dem Einrichtungsträger auch für auswärtige Kinder die vereinbarten Zuschüsse zu leisten, wird aber durch den Erstattungsanspruch nach § 25 a KiTaG entlastet.

Es spricht nichts dagegen, wenn die Standortgemeinde diesen Anspruch gegen den Einrichtungsträger abtritt, denn schließlich obliegt diesem für seine Einrichtung die Gesamtfinanzierungsverantwortung (vgl. Helmer Otto, Novellierung des Kindertagesstättengesetzes, Die Gemeinde 1999, 202, 204). Der Antwort der Landesregierung auf die "Kleine Anfrage" des Abgeordneten Schlie (LT-Drs. 15/1884) ist nur insoweit zuzustimmen, dass die Standortgemeinde für den Kostenausgleich originär zuständig sei. Nicht beizupflichten ist hingegen Auffassung, dass eine entsprechende Anwendung der privatrechtlichen Bestimmungen nach §§ 398 ff BGB nicht möglich sei, weil § 25 a KiTaG landesrechtlich beim Kostenausgleich eine öffentlich-rechtliche Beziehung vorschreibe. Der öffentlich-rechtliche Charakter des Anspruchs lässt lediglich eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften des Privatrechts nicht zu, steht aber - wie ausgeführt - einer entsprechenden Anwendung nicht von vornherein entgegen. Ein Abtretungsverbot ist weder den besonderen Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes noch den allgemeinen Regelungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 121 ff LVwG) zu entnehmen. Mit der Abtretung tritt der neue Gläubiger hinsichtlich der Forderung an die Stelle des bisherigen Gläubigers (§ 398 Satz 2 BGB) und kann die Forderung dementsprechend - als Inhaber, nicht in Prozessstandschaft - im eigenen Namen einklagen.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 25 a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 KiTaG liegen überwiegend vor. In den Jahren 2000 und 2001, um die es hier geht, standen bedarfsgerechte Plätze in einer Kindertagesstätte im Bereich der Beklagten, der Wohngemeinde der Kinder ... und ..., nicht zur Verfügung. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind "besondere Gründe" für die Inanspruchnahme eines Kindertagesstättenplatzes, die nach § 25 a Abs. 3 Satz 1 KiTaG zu einem Kostenerstattungsanspruch nach § 25 a Abs. 1 KiTaG führen können, u.a. ein abweichendes pädagogisches Konzept, die Entfernung zur Einrichtung, die Lage der Einrichtung zur Arbeitsstätte des Erziehungsberechtigten und die Öffnungszeiten. Die Kindertagesstätte der Wohngemeinde ... war im fraglichen Zeitraum nur halbtags geöffnet, so dass dann, wenn beide Elternteile eines Kindes voll berufstätig waren, besondere Gründe für die Wahl der Kindertagesstätte bestanden.

Das war im Falle des Kindes ... für die Zeit jedenfalls ab dem 01. Januar 2000 der Fall. Die Berufstätigkeit des Kindesvaters ist zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden, die Mutter des Kindes war laut Erklärung vom 01. September 2000 in der Kindertagesstätte ... tätig. Es ist daher naheliegend, dass der Sohn ... schon deswegen in dieser Kindertagesstätte untergebracht wurde. Daher könnte es an der "Ursächlichkeit" im Sinne der Entscheidung des 5. Senats vom 18. September 1995 ( - 5 L 86/95 - SchlHA 1996, 256) fehlen, d.h. dass das Kind selbst dann die Kindertagesstätte des Klägers in ... besucht hätte, wenn es in der Wohngemeinde ein ausreichendes Angebot gegeben hätte. Darauf kommt es jedoch nach der Neufassung des Gesetzes nicht an. Nach § 25 a Abs. 3 KiTaG hat die Wohngemeinde nun einen Kostenausgleich auch dann zu leisten, wenn die Erziehungsberechtigten aus besonderen Gründen einen Platz außerhalb ihrer Wohngemeinde in Anspruch nehmen, obwohl ein freier Platz in der Wohngemeinde zur Verfügung steht. Der besondere Grund im Sinne dieser Vorschrift ist für ... auch für die Zeit ab Mai 2000 anzuerkennen als die Mutter des Kindes ihren Erziehungsurlaub nahm. Das Verwaltungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass dieser Umstand nicht zur Folge hat, das Kind vorübergehend aus einer Kindergruppe herausnehmen und es nach Beendigung des Erziehungsurlaubs - hier im März 2002 - wieder in die Ganztagsgruppe geben zu müssen. Fraglich könnte allenfalls sein, ob der Anspruch auf Kostenausgleich sich für die Zeit des Erziehungsurlaubs, in der ein Halbtagsplatz bedarfsgerecht wäre, auf die Kosten einer Halbtagsbetreuung reduzierte, wenn die Gruppe jeweils sowohl Halbtags- als auch Ganztagsbetreuung umfasste. Eine sonst erforderliche Umgewöhnung in eine andere Gruppe wäre mit einer vorübergehenden Inanspruchnahme der Halbtagsbetreuung nicht verbunden. Das führt hier jedoch zu keiner Reduzierung des Anspruchs, weil - wie noch auszuführen ist - bei den Zuschüssen der Standortgemeinde nicht zwischen Halb- und Ganztagsbetreuung unterschieden wird.

Auch für das Kind ... lagen in der Zeit vom 01. Juli 2000 bis Ende 2001 besondere Gründe für die Inanspruchnahme einer Ganztagsbetreuung in der Einrichtung des Klägers in ... vor. Der Bedarf für die Ganztagsbetreuung ergab sich aus der Erwerbstätigkeit der allein erziehenden Kindesmutter. Für die Zeit ab 01. Oktober 2001 wird das im Hinblick auf die Angestelltentätigkeit der Kindesmutter auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Aber auch davor war die Kindesmutter durch das von ihr angemeldete und betriebene Gewerbe "Hausbetreuungsservice (Verwalten/Koordinieren/Vermitteln), Trockenbau" in einer Weise gebunden, die den Bedarf auf Ganztagsbetreuung begründete. Zwar genügt die Gewerbeanmeldung allein dafür nicht. Der Beklagten ist auch zuzugestehen, dass die Informationen über Art und Umfang der Erwerbstätigkeit der Kindesmutter zunächst sehr dürftig waren. Entscheidungserheblich ist insoweit jedoch die objektive Sachlage, wie sie sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darstellt. Die im Berufungsverfahren eingeholten Auskünfte der Kindesmutter und die von ihr eingereichten Unterlagen (Schlussbericht des Insolvenzverwalters, Einkommensteuerbescheid, Bericht des Steuerberaters über Gewerbesteuernachzahlungen), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, belegen in hinreichender Weise einen nennenswerten Umfang der Geschäftstätigkeit. Selbst wenn diese jedenfalls teilweise in der Wohnung der Kindesmutter erfolgen konnte, stünde das einem Bedarf nach Ganztagsbetreuung des Kindes nicht entgegen.

Der Anspruch auf Kostenausgleich für beide Kinder entfällt aber teilweise schon dem Grunde nach gemäß § 25 a Abs. 2 KiTaG, weil die Personensorgeberechtigten die beabsichtigte Belegung eines Platzes außerhalb ihrer Wohngemeinde nicht angezeigt haben. Durch diese Regelung soll der Wohngemeinde die Möglichkeit verschafft werden, auf die Bedürfnisse der Personensorgeberechtigten eingehen zu können, bevor sie zu einem Kostenausgleich verpflichtet wird (Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung vom 31. März 1999, LT-Drs. 14/2093, S. 21). Des beabsichtigten Schutzes durch diese Regelung vor Zahlungsansprüchen bedarf es nicht, wenn der Wohngemeinde der Besuch einer auswärtigen Kindertagesstätte auf Grund anderer Umstände bekannt ist und sie demzufolge darauf reagieren kann. Wenn auch der Wortlaut der Vorschrift eine Ausnahme dafür nicht ausdrücklich vorsieht - die Einschränkung "in der Regel" bezieht sich nach der Stellung im Satzgefüge allein auf "mindestens 3 Monate vorher" -, ist die Kenntniserlangung durch andere Umstände der Anzeige gleichzustellen.

Sofern die Wohngemeinde unter Zugrundelegung des in § 25 a Abs. 2 KiTaG genannten Zeitraums rechtzeitig Kenntnis von der beabsichtigten Belegung eines Platzes in einer anderen Gemeinde hat, besteht der Anspruch auf Kostenausgleich - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - von Anfang an. Bei späterer Kenntniserlangung führt der Sinn der Regelung zu einer entsprechenden zeitlichen Verschiebung der Pflicht zum Kostenausgleich. Das gilt auch dann, wenn die Anzeige verspätet vorgenommen wird. Dadurch verbleibt der Gemeinde jeweils eine Überlegungs- und Planungsfrist von 3 Monaten.

Des vom Gesetzgeber bezweckten Schutzes der Wohngemeinden bedürfte es an sich ebenfalls nicht, wenn auch bei Einbeziehung entsprechender Nachfrage in die Planung keine Absicht der Wohngemeinde besteht, Kindertagesstättenplätze der nachgefragten Art (etwa Ganztagsplätze) zu schaffen. Nach dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck hätte es daher nahe gelegen, diesen Umstand als Ausnahme von der Anzeigepflicht vorzusehen. Da das nicht geschehen ist, sind die Gerichte gehindert, den Gesetzgeber zu korrigieren und eine aus der Sicht der Gerichte sinnvollere Regelung zu treffen. Die These, diese Schutzvorschrift für die Wohngemeinde dürfe nicht ohne Grund den Sinn der Kostenausgleichsregelung konterkarieren (so das Verwaltungsgericht unter Übernahme der Ansicht von Otto, Schleswig-Holsteinisches Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen, Kommentar, 2. Aufl., § 25 a Anm. 11) genügt dafür als Begründung nicht. Ebenfalls hilft nicht der Appell, die Gemeinde solle allerdings nur auf die Einhaltung dieser Frist pochen, wenn sie sonst willens und in der Lage gewesen wäre, das gewünschte Angebot zu schaffen (so Otto, a.a.O.). Sofern die Gemeinde sich an die geltende Gesetzeslage hält, kann das allein nicht dazu führen, die Berufung auf diese Vorschrift als rechtsmissbräuchlich und damit als unbeachtlich anzusehen. Dem steht schon entgegen, dass § 25 a Abs. 2 KiTaG nicht als rechtsvernichtende Einwendung ausgestaltet, sondern als anspruchsausfüllende Norm von den Gerichten selbständig zu prüfen ist. Daher ist die Regelung auch hier anzuwenden, obwohl die Beklagte trotz entgegenstehender Bekundungen deutlich gemacht hat, dass sie für die beiden Kinder im fraglichen Zeitraum keine Ganztagsbetreuung anbieten konnte.

Nach diesen Grundsätzen ist im Hinblick auf ... darauf abzustellen, dass die Beklagte von der Belegung eines auswärtigen Platzes mit dem Eingang der Jahresschlussrechnung 1999 am 16. März 2000 Kenntnis erhielt. Danach setzte die Kostenausgleichspflicht des Beklagten in entsprechender Anwendung von § 188 Abs. 2 BGB am 16. Juni 2000 ein.

Im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Platzes durch ... erhielt die Beklagte erstmals durch Übersendung der Mittelbeantragung vom 06. Oktober 2000 durch Schreiben vom 05. Dezember 2000 am 08. Dezember 2000 Kenntnis. Danach setzte die Ausgleichsverpflichtung mit dem 08. März 2001 ein.

Nach alledem beläuft sich der Anspruch des Klägers auf folgende Beträge:

...

Juni 2000 292,06 DM : 30 x 15 = 146,03 DM Juli bis Dezember 2000 292,06 DM x 6 = 1.752,36 DM Januar bis Dezember 2001 339,65 DM x 12 = 4.047,80 DM

...

März 2001 339,65 DM : 31 x 23 = 252,00 DM April bis Dezember 2001 339,65 DM x 8 = 2.717,20 DM

Summe: 8.943,39 DM = 4.572,75 Euro.

Gegen die Höhe des geforderten Kostenausgleichs hat die Beklagte - von den grundsätzlichen Erwägungen abgesehen - keine Einwendungen erhoben. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der geforderte Betrag nach Maßgabe des § 25 a Abs. 4 KiTaG überhöht sein könnte. Das gilt auch im Hinblick auf den Umstand, dass hinsichtlich der gemeindlichen Zuschüsse nicht zwischen Ganz- und Halbtagsbetreuung differenziert wird. Nach den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben sind die durch die verschiedenen Betreuungszeiten verursachten Kostenunterschiede nur geringfügig (vgl. zur Anwendung des § 25 a Ab s. 4 Satz 1 KiTaG Urt. des Senats v. 17.08.2005 - 2 LB 13/05 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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