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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 2 LB 64/08
Rechtsgebiete: KAG SH, LVwG SH


Vorschriften:

KAG SH § 8
LVwG SH § 108 Abs. 1
1. Im Anschlussbeitragsrecht ist das bei der Veranlagung von Außenbereichsgrundstücken verwandte Instrument der Umgriffsfläche kein Mittel des Beitragsmaßstabes, sondern grenzt die bevorteilte Grundstücksteilfläche von der Teilfläche des Buchgrundstücks ab, die durch die Ver- oder Entsorgungseinrichtung keinen Vorteil erlangt.

2. Bei Erweiterung der baulichen Anlagen auf einem Außenbereichsgrundstück entsteht die sachliche Beitragspflicht hinsichtlich der hinzuwachsenden Umgriffsfläche mit der Zulässigkeit dieser Bebauung; dies ist im Regelfall die Erteilung der Baugenehmigung.

3. Wird die hinzuwachsende Umgriffsfläche nicht durch Beschreibung oder Planzeichnung dargestellt, berührt dies die Bestimmtheit der im aktuellen Beitragsbescheid getroffenen Regelungen (Festsetzung, Leistungsgebot) nicht.

4. Der Veranlagungsbescheid für die hinzuwachsende Umgriffsfläche ist kein Änderungsbescheid zum Beitragsbescheid für die vorher bestehende Bebauung; er ist ein erstmaliger Bescheid auf Grund der für die hinzuwachsende Umgriffsfläche erstmalig entstehende Anschlussbeitragspflicht.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 64/08

verkündet am 27.04.2009

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Anschlussbeiträge (Abwasserbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlage der Gemeinde Lankau) - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 04. Juni 2008 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die bisher dem Beklagten auferlegt worden waren.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger zu 1) wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks ... in der Gemeinde Lankau, die dem beklagten Amt angehört. Das 768 m² große Grundstück liegt im bauplanerischen Außenbereich.

Im Oktober 1996 war die öffentliche Abwasseranlage - Schmutzwasser - einschließlich der Grundstücksanschlussleitung vor dem Grundstück der Kläger betriebsfertig hergestellt worden. Der Beklage erhob mit Bescheid vom 31. Oktober 1996 einen Anschlussbeitrag i.H.v. 2.409,02 DM.

Am 09. Februar 2000 erteilte der Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg dem Kläger eine Baugenehmigung für den Umbau und die Erweiterung des vorhandenen Altenteilerhauses.

Am 10. August 2000 schlossen der Kläger zu 1) und der Beklagte einen Ablösungsvertrag über die Zahlung des Abwasserbeitrags. Danach betrug der nutzungsbezogene Flächenbeitrag für die Schmutzwasserbeseitigung insgesamt 2.560,48 DM. Entsprechend § 4 Abs. 3 lit. g Satz 1 der seinerzeit geltenden Satzung über die Erhebung von Abgaben für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde Lankau errechneten die Vertragsparteien die anzusetzende Grundstücksfläche mit 456,60 m² (Grundfläche der angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch 0,2). Nach Anrechnung des bereits auf den Bescheid vom 31. Oktober 1996 gezahlten Beitrags verblieben noch zu zahlende 151,46 DM.

Im Dezember 2000 wurde das auf dem Grundstück vorhandene Gebäude über eine Hausanschlussleitung an den Schmutzwasserkanal angeschlossen.

Am 12. September 2005 erteilte der Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg den Klägern eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Anbaus und einer Dachgaube, die Nutzungsänderung des Dachgeschosses in Wohnfläche sowie die Errichtung eines überdachten Stellplatzes. Am 21. Mai 2007 wurde eine weitere Baugenehmigung für die Errichtung eines Anbaus zu Wohnzwecken erteilt.

Mit Bescheid vom 13. Juli 2007 wurden die Kläger zu einem Abwasserbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlage der Gemeinde Lankau i.H.v. 223,86 Euro herangezogen. Dabei wurde eine zu veranlagende Grundstücksfläche von 78 m² (Grundfläche der angeschlossenen Baulichkeiten von 15,6 m² geteilt durch 0,2) und ein Beitragssatz von 2,87 Euro/m² zugrunde gelegt.

Mit einem weiteren Bescheid vom 13. Juli 2007 zog der Beklagte die Kläger zu einem weiteren Abwasserbeitrag i.H.v. 899,38 Euro heran. Dem lag eine Grundstücksfläche von 228,85 m² (Grundfläche der angeschlossenen Baulichkeiten von 45,77 m² geteilt durch 0,2) und ein Beitragssatz von 3,93 Euro/m² zugrunde.

Der Kläger zu 1) legte gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Durch den Anbau ergebe sich kein wirtschaftlicher Vorteil. Es handele sich lediglich um einen räumlichen Ausbau der bereits vorhandenen Anlage. Ferner seien die berechneten Flächen nicht korrekt. Das Esszimmer habe tatsächlich eine Größe von 13,67 m² und der weitere Anbau von 36,63 m².

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2007 zurückgewiesen. Das Grundstück sei gemäß § 8 Nr. 3 der Beitrags- und Gebührensatzung der Gemeinde Lankau vom 06. Dezember 2006, die am 01. Januar 2007 in Kraft getreten sei, veranlagt worden. Für den Abwasserbeitrag in Höhe von 223,86 Euro sei § 30 dieser Satzung i.V.m. § 4 lit. g der Beitrags- und Gebührensatzung vom 15. Dezember 1995 angewandt worden. Die Veranlagung eines Außenbereichsgrundstücks zu einem Beitrag sei durchaus möglich. Da das Grundstück des Klägers bebaut sei und noch zusätzlich bebaut worden sei, sei durch die zentrale Abwasserbeseitigung ein Vorteil entstanden. Hier seien weitere Außenbereichsflächen in die Beitragspflicht hineingewachsen. Durch den Anbau eines Esszimmers und zusätzlicher Wohnräume seien die vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Grundstück umfangreicher ausgebaut worden, indem auf Flächen, für die bislang keine Beitragspflicht bestanden habe (unbebaute Flächen), die Baumaßnahmen vorgenommen worden seien. Daher seien für die Baumaßnahme Beiträge festzusetzen. Die von dem Kläger genannten Flächen entsprächen der Wohnfläche. Für die Beitragsveranlagung sei jedoch die überbaute Fläche relevant.

Die Kläger haben am 09. November 2007 Klage erhoben. Es fehle bereits im Satzungsrecht der Gemeinde an einer hinreichenden Bestimmung der öffentlichen Einrichtung, für deren Herstellung bzw. Erweiterung der Abwasserbeitrag erhoben werde. Ohne eine räumliche Abgrenzung und Festlegung, welche technischen Anlagenteile erstellt oder erweitert würden, könne weder der Aufwand der Maßnahme ermittelt noch der Kreis der Beitragspflichtigen abgegrenzt, mithin ein zutreffender Beitragssatz nicht ermittelt werden. Soweit die Beitrags- und Gebührensatzung in § 8 Abs. 2 Nr. 3 Satz 5 einen Nutzungsfaktor für unbebaute Grundstücke im Außenbereich festlege, werde verkannt, dass solche Grundstücke keiner Beitragspflicht unterlägen. Darüber hinaus bestünden erhebliche Bedenken gegen § 8 Abs. 2 Nr. 3 Sätze 1 und 2, soweit darin generell ein fünffacher Nutzungsfaktor für sämtliche Außenbereichsgrundstücke angesetzt werde. Der Vorteil für Grundstücke mit untergeordneter Bebauung dürfte weitaus geringer sein als der für mit dem gleichen Faktor berücksichtigte Grundstücke mit höherer Funktionsbebauung. Zudem werde in der Satzung für vergleichbare, aber im Innenbereich belegene Grundstücke ein anderer, nicht mit Multiplikator ausgestatteter Faktor für den Beitragssatz zugrunde gelegt, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich sei. Überdies verkenne der Beklagte das Prinzip der Einmaligkeit der Beitragserhebung. Sie hätten nach Erstellung des in Rede stehenden Gebäudes bereits Abwasserbeiträge geleistet. Eine Veränderung der öffentlichen Abwassereinrichtung sei nicht vorgenommen worden und sei auch nicht erforderlich gewesen, denn das vorhandene Gebäude sei lediglich geringfügig erweitert worden.

Die Kläger haben beantragt,

die Bescheide vom 13. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2007 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Die Gemeinde Lankau erhebe getrennte und einmalige Beiträge für die zentralen öffentlichen Einrichtungen der Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung. Selbständige öffentliche Einrichtungen würden zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung und zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung jeweils im Misch- und Trennsystem gebildet. Die Bestandteile würden in § 5 der Allgemeinen Abwasserbeseitigungssatzung näher definiert. Damit seien die Bestandteile der öffentlichen Einrichtung hinreichend festgelegt. Das auf dem Grundstück des Klägers anfallende Schmutzwasser gelange über den Grundstücksanschluss und den vor dem Grundstück befindlichen Schmutzwasserkanal in die Kläranlage Neu-Lankau, die ebenfalls Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sei. Da das Grundstück der Kläger an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sei, sei der Vorteilstatbestand erfüllt. Der Kläger sei zu einem Abwasserbeitrag für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen herangezogen worden, nicht für deren Aus- oder Umbau. Da Außenbereichsgrundstücke kein Bauland seien, könnten sie von einer Entwässerungseinrichtung nur Vorteile haben, soweit sie bebaut seien und auf ihnen Abwasser anfalle. Von den Vorteilswirkungen der Entwässerungseinrichtung würden jedoch nur die den Gebäuden zuzuordnenden Flächen erfasst. Zur Beitragsbemessung sei daher auf die Umgriffsflächen abzustellen. Diese ermittelten sich aus der überbauten Fläche der anzuschließenden Baulichkeiten, geteilt durch eine GRZ (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 Beitrags- und Gebührensatzung). Ein Buchgrundstück unterliege der Nachveranlagung, wenn es unter Einbeziehung von Flächen, für die bisher keine Beitragspflicht bestanden habe, neu gebildet worden sei oder wenn bisher beitragsfreie Teilflächen eines Buchgrundstücks in die Beitragspflicht hineinwüchsen. Weitere Außenbereichsflächen wüchsen in die Beitragspflicht hinein, wenn vorhandene bauliche Anlagen mit Anschlussbedarf umfangreicher ausgebaut oder infolge von Nutzungsänderungen in selbständigen Gebäuden erstmals in die Kanalisation einzuleitendes Abwasser anfalle. Die Kläger hätten an das vorhandene Wohnhaus ein Esszimmer angebaut und zusätzliche Wohnräume geschaffen. Es seien somit zusätzliche - unbebaute - Flächen, für die bislang keine Beitragspflicht bestanden habe, umfangreicher ausgebaut worden. Für diese Flächen seien daher Beiträge festzusetzen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu 2) durch Einzelrichterurteil vom 04. Juni 2008 abgewiesen. Sie sei unzulässig, da allein der Kläger zu 1) das Widerspruchsverfahren betrieben habe.

Auf die Klage des Klägers zu 1) hat das Verwaltungsgericht die Bescheide vom 13. Juli 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2007 insoweit aufgehoben, wie der Kläger zu 1) zur Zahlung von Abwasserbeiträgen veranlagt worden ist. Die streitige Veranlagung verstoße gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung. Für das Grundstück sei die Beitragspflicht spätestens im Dezember 2000 entstanden, als das auf dem Grundstück vorhandene Altenteilerhaus nach Umbau und Erweiterung an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde angeschlossen worden sei (§§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 2 BGS a.F).

Die maßgebliche Grundstücksfläche hätten die Gemeinde Lankau und der Kläger zu 1) im Ablösungsvertrag vom 10. August 2000 mit 455,60 m² (Grundfläche der angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch 0,2) ermittelt. Sie sei Grundlage für die Berechnung des Abwasserbeitrages gewesen, den der Kläger zu 1) auf Grund des Ablösungsvertrages an die Gemeinde entrichtet habe. Im Hinblick auf den Grundsatz, dass ein einmal entstandener Beitrag für dasselbe Grundstück nicht zu anderer Zeit, und sei es in anderer Höhe, noch einmal entstehen könne, werde in § 4 Abs. 3 Satz 1 Buchst. g Satz 2 BGS a.F. die Grundstücksfläche, für die die Anschlussbeitragspflicht abgegolten sei, örtlich festgelegt. Danach werde die nach Satz 1 errechnete Fläche den Baulichkeiten dergestalt zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Baulichkeiten verlaufen, wobei bei einer Überschreitung der Grundstücksgrenze durch diese Zuordnung eine gleichmäßige Flächenergänzung auf dem Grundstück erfolge. Welcher Bereich des klägerischen Grundstücks von dieser sog. Umgriffsfläche erfasst werde, habe der Beklagte am 30. April 2008 zeichnerisch dargestellt. Sowohl die 2005 als auch die 2007 durchgeführten baulichen Erweiterungen des Wohnhauses lägen innerhalb der Umgriffsfläche mit der Folge, dass die Baumaßnahmen keine erneute Veranlagung der Kläger zur Zahlung eines Abwasserbeitrags rechtfertigten. Der Fall, dass weitere bislang nicht bevorteilte und damit beitragsfreie Teilflächen des klägerischen Grundstücks in die Beitragpflicht hineinwüchsen, liege hier nicht vor.

Ein Fall des § 9 Abs. 4 KAG liege nicht vor. Danach sei unter bestimmten Voraussetzungen eine Nachveranlagung dann statthaft, wenn sich die für die Beitragsbemessung maßgebenden Umstände nachträglich änderten und sich dadurch der Vorteil erhöhe. Erforderlich sei jedoch, dass entweder sich auf dem Grundstück Gebäude oder Gebäudeteile befänden, die zunächst keinen Bedarf nach Anschluss an die Einrichtung hatten oder nicht angeschlossen werden durften, oder die Beitragssatzung eine Begrenzung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche vorgenommen habe, weil der nicht bebaute Teil des Grundstücks wesentlich großer gewesen sei als bei dem Durchschnitt der bebauten Grundstücke im Satzungsgebiet. Beide Voraussetzungen lägen hier nicht vor, so dass schon aus diesem Grund eine Nachveranlagung nicht auf § 9 Abs. 4 KAG gestützt werden könne.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung insoweit gestellt, wie die Bescheide vom 13. Juli 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2007 aufgehoben worden sind. Der Senat hat diesem Antrag mit Beschluss vom 26. August 2008 stattgegeben.

Der Beklagte trägt vor, das Verwaltungsgericht habe den Begriff der "Einmaligkeit der Beitragserhebung" und die Bedeutung der Umgriffsfläche missverstanden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 04. Juni 2008 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 13. Juli 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2007 erweisen sich als rechtmäßig. Daher ist das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und auch die Klage des Klägers zu 1) abzuweisen.

Rechtsgrundlage der streitigen Beitragserhebung ist hinsichtlich der durch den Anbau eines Esszimmers im September 2005 hinzugewonnenen Umgriffsfläche § 8 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Abgaben für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde Lankau vom 15.12.1995 und hinsichtlich der durch den Anbau im Mai 2007 hinzugewonnenen Umgriffsfläche die entsprechende Satzung vom 06. Dezember 2006 (Beitrags- und Gebührensatzung, im Folgenden BGS 1995 bzw. BGS 2006).

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG sind Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen nach festen Verteilungsmaßstäben von denjenigen Grundeigentümern, zur Nutzung von Grundstücken dinglich Berechtigten und Gewerbetreibenden zu erheben, denen hierdurch Vorteile erwachsen. Die Gemeinde Lankau betreibt nach § 1 BGS beider Satzungen zentrale öffentliche Einrichtungen für die Schmutzwasserbeseitigung und die Niederschlagswasserbeseitigung und erhebt nach § 2 für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen zur Abgeltung der Vorteile, die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme entstehen, Beiträge.

Erhält ein Grundstück erstmalig die Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Einrichtung und ist die Einrichtung betriebsbereit, so entsteht der Beitrag für die erstmalige Herstellung mit dem erstmaligen Eintreten der Vorteilslage (Senatsurt. v. 26.03.1992 - 2 L 167/91 -, Die Gemeinde 1992, 322; Thiem/Böttcher Rdnr. 1065 zu § 8 KAG, jeweils m.w.N.). Dies war hier mit dem Anschluss des Grundstücks der Kläger im Jahre 2000 der Fall. Dementsprechend wurde der Ablösungsvertrag vom 10. August 2000 geschlossen. Nach dem vom Verwaltungsgericht angesprochenen Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung kann für die im Jahre 2000 eingetretene Vorteilslage ein (Herstellungs-) Beitrag nicht - erneut - erhoben werden. Ein einmal entstandener Beitrag kann in dieser Art für dasselbe Grundstück zu einer anderen Zeit oder in einer anderen Höhe nicht nochmals entstehen (Senatsurt. v. 26.03.1992 - 2 L 167/91 -, a.a.O.; vgl. hierzu Thiem/Böttcher, Rdnr. 19 ff. zu § 8 KAG).

Dies schließt die hier streitbefangene Beitragserhebung jedoch nicht aus. Mit dem Ablösungsvertrag vom 10. August 2000 wurde lediglich die Vorteilslage abgegolten, die einer damaligen Beitragsheranziehung hätte zugrunde gelegt werden können. Dazu sind die bauplanerische Lage des klägerischen Grundstücks zu berücksichtigen und die Folgerungen daraus für seine anschlussbeitragsrechtliche Veranlagung.

Grundsätzlich ist Grundstück im Sinne des Beitragsrechts das Grundstück im bürgerlichrechtlichen Sinne (Thiem/Böttcher, Rdnrn. 972 f., 974 zu § 8 KAG). Gegen die in § 7 Abs. 3 BGS getroffene Regelung ist deshalb nichts zu erinnern. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Jahre 2000 ohne den Abschluss des Ablösungsvertrages bereits für die gesamte Grundstücksfläche ein Herstellungsbeitrag entstanden wäre. § 8 Abs. 2 Nr. 3 BGS bestimmt nämlich für bebaute, angeschlossene Grundstücke im Außenbereich gemäß § 35 BauGB, dass auf Grund der vorhandenen Bebauung eine Umgriffsfläche zu ermitteln und festzulegen ist.

Im Außenbereich liegende baulich oder gewerblich genutzte Grundstücke benötigen den Anschluss an die kommunale leitungsgebundene Einrichtung zumeist nur wegen einzelner Gebäude oder Gebäudeteile. Deshalb kann hier die Grundstücksfläche, auf die sich der beitragsrelevante Vorteil erstreckt, nicht nach dem regelmäßig flächenmäßig sehr großen Buchgrundstück, sondern nur unter Anwendung eines der Situation angemessenen wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs ermittelt werden (OVG Lüneburg, Urt. v. 11.07.1989 - 9 K 1/89 -, NdsRpfl. 1990, 20; BayVGH, Urt. v. 27.01.1978 - 141 IV 77 -, BayVBl. 1978, 374; vgl. hierzu Thiem/Böttcher, Rdnr. 989 ff. zu § 8 KAG). Dazu muss allerdings den angeschlossenen Gebäuden im Interesse einer annähernden Gleichbehandlung mit innerörtlichen Grundstücken eine bestimmte Fläche rechnerisch zugeordnet werden. Die Rechtsprechung hat das Problem, wie die auf die Ver- oder Entsorgungsanlage bezogene wirtschaftliche Einheit solcher Außenbereichsgrundstücke festzulegen ist, in typisierender Weise derart gelöst, dass in Anlehnung an die in § 17 BauNVO vorgeschriebene Grundflächenzahl für Kleinsiedlungsgebiete von 0,2 die Grundflächen der an das kommunale Leitungsnetz angeschlossenen Gebäude durch 0,2 zu teilen sei (OVG Lüneburg v. 24.05.1989 - 9 L 1/89 -, Die Gemeinde 1990, 132; v. 25.10.1989 - 9 L 71/89 -, NdsRpfl. 1990, 158). Dem entspricht die in § 4 Abs. 3 lit. g BGS 1995 bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 3 BGS 2006 getroffene Regelung.

Daraus folgt für den hier zu betrachtenden Sachverhalt, dass der "Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung" der hier streitigen Heranziehung nur hinsichtlich der Grundstücksfläche entgegenstünde, die im Jahre 2000 als Umgriffsfläche bestimmt worden war. Darauf bezieht sich die Veranlagung durch die Bescheide vom 13. Juli 2007 jedoch nicht. Diesen Beitragsfestsetzungen liegen allein die Flächen zugrunde, die nicht zur damals errechneten und festgelegten Umgriffsfläche zählten. Erfasst werden lediglich die Flächen, die ihr durch die baulichen Erweiterungen im Jahre 2007 erst hinzugewachsen waren, weil durch die Erweiterung der bebauten Fläche sich auch die Umgriffsfläche entsprechend erweiterte.

In solchen Fällen entsteht die beitragsrelevante Vorteilslage und damit die sachliche Beitragspflicht für den Zuwachs der Umgriffsfläche erstmals mit dem Zeitpunkt, in dem die rechtlich bedeutsamen Veränderungen eingetreten sind, die die baulichen Erweiterungen zulassen. In den Fällen, in denen - wie hier - durch eine Erweiterung der baulichen Anlagen die Umgriffsfläche vergrößert wird, wird der beitragsrechtlich relevante Tatbestand nicht bereits mit dem Verlegen einer betriebsbereiten Anschlussleitung vor dem Grundstück und der betriebsbereiten Anschlussmöglichkeit an diese Leitung verwirklicht. Die Vorteilslage für zuvor nicht beitragsbelastete Grundstücksflächen entsteht vielmehr erst dann, wenn auch für diese Teilflächen die Grundlagen für eine bauliche Nutzung des Grundstücks geschaffen werden. Dies sind hier die den Klägern erteilten Baugenehmigungen vom 12. September 2005 (Errichtung eines Anbaus und einer Dachgaube, die Nutzungsänderung des Dachgeschosses in Wohnfläche sowie die Errichtung eines überdachten Stellplatzes) und vom 21. Mai 2007 (Errichtung eines Anbaus zu Wohnzwecken).

Die Grundsätze der §§ 116 ff. LVwG spielen im vorliegenden Fall keine Rolle, da ein Fall des Widerrufs eines bereits zuvor erlassenen Verwaltungsakts nicht gegeben ist. Die angefochtenen Bescheide ändern eine früher getroffene Entscheidung nicht ab, sondern betreffen die Regelung eines zuvor noch nicht beschiedenen, neu entstandenen Sachverhalts. Mit den hier angefochtenen Bescheiden wird die Beitragspflicht des klägerischen Grundstücks anderweitig geregelt. Es wird vielmehr ein bisher nicht vorteilsbehafteter und deshalb bisher nicht beitragspflichtiger realer Teil der Grundstücksfläche wegen des erstmaligen Entstehens eines Vorteils und deshalb der Beitragspflicht erstmalig mit einem Anschlussbeitrag belastet.

Entgegen der im Widerspruchsverfahren vom Kläger angesprochenen Ansicht findet § 9 KAG auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung, weil es hier gerade nicht um die Außerachtlassung von an sich beitragspflichtigen Flächen übergroßer Innenbereichsgrundstücke geht, sondern die Erfassung der vorteilserhaltenden Teilflächen eines Außenbereichsgrundstücks.

Die streitbefangenen Bescheide leiden auch nicht an formellen Mängeln; insbesondere wird das Bestimmtheitsgebot gewahrt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KAG i. V. m. § 108 Abs. 1 LVwG). Zwar findet sich in den Beitragsbescheiden keine konkrete Bestimmung der Grundstücks(teil)fläche, die mit ihnen als reale Teilfläche des Gesamtbuchgrundstücks veranlagt wird. Dies wird vom Bestimmtheitsgebot allerdings auch nicht gefordert. Es mag zur Vermeidung künftigen Streits über die bereits abgegoltene Grundstücksteilfläche tunlich und angeraten sein, hierüber Klarheit zu schaffen, etwa für den Fall einer späteren Grundstücksteilung und anschließender weiterer Bebauung (vgl. Thiem/Böttcher, Rn 990 zu § 8 KAG). Dies Überlegungen berühren jedoch nicht den Gesichtspunkt der Bestimmtheit des aktuellen Bescheides.

Das Bestimmtheitsgebot spricht die Regelungen des Bescheides an und fordert, dass aus dem Bescheid heraus erkennbar ist, welche Rechtswirkungen zu Lasten (oder zu Gunsten) des Adressaten eintreten sollen, was ihm auferlegt und was von ihm gefordert wird. Dies sind bei einem Abgabenbescheid die Festsetzung und das Leistungsgebot. Mit der Festsetzung werden der Beitragsschuldner und die Höhe des Beitrages konkretisiert, mit dem Leistungsgebot werden die Zahlungspflicht, die Fälligkeit und die Zahlungsmodalitäten bestimmt. Fehlt die Darstellung der real belasteten Grundstücksfläche, so berührt dies den so bestimmten Regelungsgehalt des Bescheides nicht.

Dass dem Beklagten Fehler bei der Bemessung der Beitragshöhe unterlaufen wären, ist auch nicht erkennbar. Der Beitragsbemessung sind vielmehr die Ausmaße der baulichen Erweiterung zugrunde gelegt worden, die der Kläger selbst in seinen Bauantragsunterlagen angegeben hatte (Bl. 93 <3,87 m x 4,035 m = 15,6 m²> und Bl. 105 <4,67m x 9,80 m = 45,77 m²> der Beiakte B).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO

Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.123,24 Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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