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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2008
Aktenzeichen: 2 MB 21/08
Rechtsgebiete: KAG SH


Vorschriften:

KAG SH § 8
1. Bei der Erneuerung wird die Straße bzw. eine Teileinrichtung - wie bei der erstmaligen Herstellung - in einen Zustand versetzt, der auf längere Zeit den voraussichtlichen Anforderungen des Verkehrs genügt, d.h. die Nutzungsdauer der Einrichtung wird verlängert. Dies kann auch der Fall sein, wenn eine verschlissene Fahrbahn nicht entfernt, sondern als Unterbau für eine neue mehrschichtige Fahrbahn verwendet wird.

2. Für die Feststellung des Gemeindeanteils am beitragsfähigen Aufwand hat sich die Zuordnung zu einer in der Beitragssatzung vorgesehenen Straßenkategorie an allen wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen auszurichten. Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Belastung ihrer Ausprägung gefunden hat. Verkehrszählungen können dabei Anhaltspunkte geben, aber auf eine rein mathematische vergleichende Betrachtungsweise kommt es nicht an.

3. Außerhalb des Gemeindegebietes liegende bevorteilte Grundstücke können grundsätzlich nicht zu einem Ausbaubeitrag herangezogen werden.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 2 MB 21/08 9 B 79/07

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Ausbaubeiträge - Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 14. November 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 9. Kammer - vom 29. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.568,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2008 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage. Der Antragsteller hat nach § 80 Abs. 5 VwGO keinen Anspruch auf - weitergehende - Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Oktober 2006 über die Erhebung einer Vorauszahlung auf den Straßenbaubeitrag für die Straßenbaumaßnahme "Düpenau/Zur Düpenau".

Dies gilt zunächst für die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die durchgeführte Maßnahme an der eine öffentliche Einrichtung darstellenden Straße nach § 8 Abs. 1 KAG beitragspflichtig ist. Daher ist auch nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG vor Entstehung der sachlichen Beitragspflicht die Erhebung einer Vorauszahlung zulässig.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht das in mehreren Arbeitsgängen vorgenommene Aufbringen einer neuen Asphalttrag- und Deckschicht auf dem erstmals im Jahre 1971 mit Asphalt befestigtem Straßenkörper als Erneuerung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG in Verbindung mit § 1 der Ausbaubeitragssatzung (ABS) der Antragsgegnerin angesehen. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden. Die Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Der Hinweis des Antragstellers auf den durch zahlreiche Fotos dokumentierten schlechten Zustand der Straße vor Durchführung der Maßnahme führt angesichts der Nutzungsdauer und der Art der Maßnahme selbst dann nicht zu einer - nicht beitragsfähigen - Instandsetzung, wenn - wie der Antragsteller weiter geltend macht - in den letzten Jahren notwendige Unterhaltungsmaßnahmen unterblieben sein sollten. Namentlich laufende Instandsetzung und Erneuerung einer Straße sind in ihrer Zielrichtung sehr ähnlich. Instandsetzung ist ein Sammelbegriff für Arbeiten, die deutlich über das Ausmaß einer Unterhaltungsmaßnahme hinausgehen, aber noch keine Erneuerung darstellen, etwa eine Oberflächenbehandlung, eine Erneuerung lediglich von Deckschichten in voller Fahrbahnbreite oder die Spurrinnenbeseitigung in größeren zusammenhängenden Längen (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 32 Rdnr. 2 mwN). Um Erneuerung geht es hingegen bei der vollständig neuen Erstellung der Anlage oder der grundlegenden Sanierung der abgängigen Teileinrichtung (vgl. BayVGH, Urteil vom 7.4.1998 - 6 B 93.3391 -, BayVBl. 1999, 19). Bei der Erneuerung wird die Straße bzw. eine Teileinrichtung - wie bei der erstmaligen Herstellung - in einen Zustand versetzt, der auf längere Zeit den voraussichtlichen Anforderungen des Verkehrs genügt, d. h. die Nutzungsdauer der Einrichtung wird verlängert (Senatsbeschluss vom 20.8.2003 - 2 MB 80/03 -, Die Gemeinde 2003, 270; Senatsurteil vom 13.5.2004 - 2 LB 78/03 -). Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass eine abgängige Teileinrichtung durch eine neue ersetzt wird (Senatsurteil vom 24.2.1999 - 2 L 146/96 -, NordÖR 1999, 311 = SchlHA 1999, 190). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn - wie hier - die verschlissene Fahrbahn nicht entfernt, sondern als Unterbau für eine neue mehrschichtige Fahrbahn verwendet wird. Ob darin - wie die Antragsgegnerin meint - wegen Erhöhung der Tragfähigkeit der Straße auch ein verbessernder Ausbau der Einrichtung zu sehen ist, kann dahinstehen.

Soweit der Antragsteller die Höhe des Gemeindeanteiles am beitragsfähigen Aufwand rügt, stellt dies die Richtigkeit des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides ebenfalls nicht ernsthaft in Frage. Es obliegt dem Satzungsermessen der Gemeinde festzulegen, nach welchen Straßentypen zu unterscheiden ist. Dabei kann sie sich aus Gründen der Praktikabilität auf relativ grobe Unterscheidungen beschränken (Senatsurteil vom 23.7.2008 - 2 LB 54/07 - mwN). Die Vorteilsregelung in § 4 Abs. 1 Nr. 7 ABS unterscheidet bei Straßen und Wegen, die nicht zum Anbau bestimmt sind (Außenbereichsstraßen), nach Straßen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, die überwiegend der Verbindung von Ortsteilen und anderen Verkehrswegen innerhalb des Gemeindegebietes dienen sowie die überwiegend dem Verkehr zu und von Nachbargemeinden dienen und stellt diese Kategorien den Anliegerstraßen, den Haupterschließungsstraßen bzw. den Hauptverkehrstraßen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) bis c) ABS gleich. Der von den Beitragspflichtigen zu tragende Anteil des beitragsfähigen Aufwands liegt in der hier noch anzuwendenden Fassung der Satzung zwischen 75 v. H. bei Anliegerstraßen bzw. Straßen und Wegen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, und 25 v. H. bei Hauptverkehrsstraßen und diesen gleichgestellten Außenbereichsstraßen. Gegen diese typisierenden Regelungen bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. Senatsurteil vom 23.7.2008, aaO). Da der Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit dieser Satzungsbestimmungen keine Einwendungen erhebt, bedarf es dazu keiner näheren Ausführungen.

Der Antragsteller wendet sich vielmehr gegen die Gleichstellung der betroffenen Straße mit einer Anliegerstraße. Die Einstufung einer bestimmten Straße zu einem Straßentyp auf der Grundlage der Satzung unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Die von der Satzung verwendeten Begriffe sind regelmäßig nicht straßenrechtlich, sondern beitragsrechtlich zu verstehen, so dass maßgeblich auf die Funktion der Straße abzustellen ist (Senatsurteil vom 23.7.2008, aaO).

Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charaktisierenden Merkmalen auszurichten, wobei von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen ist, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Belastung ihre Ausprägung gefunden hat (Senatsurteil vom 23.7.2008, aaO). Wenn auch Verkehrszählungen Anhaltspunkte für die Einstufung einer Straße in eine der Kategorien des § 4 ABS liefern können, kommt es aber auf eine rein mathematisch vergleichende Betrachtungsweise nicht an (Senatsbeschluss vom 29.10.2007 - 2 MB 20/07 -). Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass die Einstufung als Anliegerstraße mit einem 75%igen Anliegeranteil nur gerechtfertigt sein könne, wenn der Anliegerverkehr etwa 75 % der gesamten Verkehrsbewegungen auf der Straße ausmache (so jedoch Nds. OVG, Beschluss vom 11.6.1999 - 9 M 2210/99 -, NdsVBl. 2000, 32). Dies gilt schon deswegen, weil sich der Verkehr häufig eine Bahn sucht, die auch von zufälligen, nicht mit der Zweckbestimmung und dem Straßenbau zusammenhängenden Gründen abhängig ist (BayVGH, Beschluss vom 9.6.2004 - 6 CS 03.434 -, BayVBl. 2005, 762).

Hier haben sowohl die vom Antragsteller als auch von der Antragsgegnerin vorgenommenen Verkehrszählungen ergeben, dass bei den Kraftfahrzeugen der Anteil des Fremdverkehrs gegenüber dem Anliegerverkehr (Ziel- und Quellverkehr) überwiegt, doch steht das nach den eingangs genannten Kriterien der Gleichstellung mit einer Anliegerstraße nicht entgegen. Zwar könnte sich aus den mit den Verkehrszählungen beschriebenen tatsächlichen Verhältnissen eine von der ursprünglichen Zweckbestimmung abweichende Verkehrsbedeutung ergeben, doch lässt der Ausbauzustand der Straße es nicht zu, sie als überwiegend der Verbindung von Ortsteilen und anderen Verkehrswegen innerhalb des Gemeindegebietes dienend anzusehen und sie den Haupterschließungsstraßen gleichzustellen. Bei einer Fahrbahnbreite von 3,20 m ist ein Begegnungsverkehr von Kraftfahrzeugen auf der asphaltierten Fahrbahn nicht möglich. Sofern - wie hier - andere, besser dafür geeignete Straßen zur Verbindung von Ortsteilen und anderen Verkehrwegen zur Verfügung stehen, spricht das gegen die Funktion einer derartig schmalen Straße als Haupterschließungsstraße, auch wenn sie von zahlreichen Verkehrsteilnehmern als Ab-kürzungs- und Verbindungsweg genutzt wird. Darauf hat bereits das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats hingewiesen (vgl. Senatsbeschl. vom 3.7.2002 - 2 L 164/01 -).

Schließlich begründen die Darlegungen des Antragstellers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Verteilung des Aufwandes auf die Beitragspflichtigen.

Soweit der Antragsteller meint, es müssten auch Grundstücke in die Verteilung einbezogen werden, die über den Wirtschaftsweg Burholz bewirtschaftet werden, kommt es auf die Auffassung des Verwaltungsgerichts, diese Grundstücke lägen an einer anderen selbständigen öffentlichen Einrichtung, nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn dieser Wirtschaftsweg lediglich den Charakter einer Zufahrt zu einigen Hinterliegergrundstücken hätte, wären die daran angrenzenden Grundstücke - wie die Antragsgegnerin geltend macht - nicht in die Verteilungsfläche einzubeziehen, weil die Verkehrsfläche Burholz zur Nachbargemeinde Meddewade gehört. Für bevorteilte Grundstücke außerhalb ihres Gemeindegebietes kann die Antragsgegnerin keine Beiträge erheben. Davon abgesehen hat aber die Antragsgegnerin zur Verminderung der Beitragslast für die Anlieger im Gemeindegebiet die anliegenden Grundstücke in der Nachbargemeinde rein rechnerisch in die Verteilungsfläche einbezogen.

Die Annahme des Antragstellers, das im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 80 liegende Grundstück mit der Flurstücksnummer 11/83 der Flur 4 sei nicht mit in die Verteilung einbezogen worden, trifft nicht zu. Aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Übersicht ergibt sich, dass lediglich eine Teilfläche von 2.044 qm, für die der B-Plan eine öffentliche Grünfläche festsetzt, ausgenommen bleiben soll. Der weitaus größte Teil dieses Grundstücks ist dagegen als Suksessionsfläche bzw. als Wald mit den dafür in der Satzung festgelegten Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.

Ob auch der Teil des Grundstücks mit der Flurstücksnummer 8/17, der im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 86 liegt, in die Verteilungsfläche einzubeziehen ist, bedarf in diesem Beschwerdeverfahren keiner Entscheidung. Zwar hat die Antragsgegnerin diese Fläche mit der Erwägung unberücksichtigt gelassen, dass durch die Festsetzungen im B-Plan die erforderliche dauerhaft gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung entfiele, doch hat das Verwaltungsgericht dies anders beurteilt und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs unter Berücksichtigung dieses Grundstücksanteils als landwirtschaftlich genutzte Fläche insoweit wiederhergestellt. Dass diese Fläche mit einem höheren Gewichtungsfaktor nach Maßgabe der Satzung in die Verteilung einzustellen wäre, wird vom Antragsteller nicht geltend gemacht.

Dass die Grundstücke des Antragstellers richtig in die vorgesehene Verteilung des Aufwandes einbezogen worden sind, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Dies gilt auch für den Teil des Flurstücks 66/1 zwischen der ausgebauten Einrichtung und dem öffentlichen Weg auf dem Flurstück 90. Der Umstand, dass diese Fläche von einem anderen Wirtschaftsweg her bewirtschaftet wird, grenzt es nicht aus dem Kreis der durch die Maßnahme bevorteilten Grundstücke aus. Auch mit der Beschwerde trägt der Antragsteller nicht in substantiierter Weise vor, dass dieses Grundstück nicht von der Düpenau aus erreichbar sei. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe darauf hinweisen müssen, vermag die Beschwerde nicht zu begründen. Im Übrigen zeigt das von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgelegte Luftbild deutlich, dass auch von der Düpenau aus Zufahrt auf dieses Grundstück genommen wird. Ob das für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen jeglicher Art gilt, ist unerheblich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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