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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.10.2002
Aktenzeichen: 9 C 20/02
Rechtsgebiete: VwGO, GG, Zulassungszahlenverordnung vom 16.05.2002 SH


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Zulassungszahlenverordnung vom 16. Mai 2002 SH § 1 Nr. 1 bb)
Kein Anspruch des Antragstellers auf Zulassung zum Studiengang Pädagogik/Diplom als Semesteranfänger an der CAU-Kiel außerhalb der lt Zulassungszahlenverordnung für das Wintersemester 2002/03 auf 70 festgelegten Studienplätze.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 9 C 20/02

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Zulassung zum Studium Diplom / Pädagogik, Wintersemester 2002/2003, § 123 VwGO

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 9. Kammer - am 21. Oktober 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 4.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, vorläufig bei der Antragsgegnerin zum Studium im Studiengang Pädagogik/Diplom als Studienanfänger beginnend mit dem Wintersemester 2002/2003 zugelassen zu werden, ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zulässig, aber nicht begründet.

Zwar ist ein Anordnungsgrund, der nach §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen ist, anzuerkennen: Er besteht in der Eilbedürftigkeit der nachgesuchten gerichtlichen Entscheidung, weil die Einführungsvorlesungen - nach den unbestrittenen Angaben des Antragstellers - in diesem Studiengang bei der Antragsgegnerin bereits begonnen haben, und dem Antragsteller, der seinen Eilantrag vor Semesterbeginn anhängig gemacht hat, nicht zugemutet werden kann, auf den Ausgang eines Hauptsache- (Widerspruchs-, Klage-)verfahrens verwiesen zu werden. Würde er (ggf.) erst Monate später in einem solchen Verfahren obsiegen und zum gewünschten Studium zugelassen werden, hätte er den Anschluss an den Unterrichtsstoff uneinholbar verloren; eine ggf. ergehende obsiegende Entscheidung wäre dann weitgehend wertlos.

Es fehlt jedoch an dem weiter nötigen Anordnungsanspruch; denn es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren erfolgreich sein würde. Vielmehr erscheint der angefochtene Ablehnungsbescheid bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht als rechtsfehlerhaft, eine Verletzung des Antragstellers in seinen Rechten nicht wahrscheinlich (§ 113 Abs. 5 VwGO). Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage steht bei der Antragsgegnerin ein Studienplatz, der dem Antragsteller zugewiesen werden könnte, nicht zur Verfügung.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein hat durch § 1 Nr. 1 bb) der Zulassungszahlenverordnung - ZZVO - vom 16. Mai 2002 (NBl.MBWFK.Schl.-H. 2002, S. 318 ff) die Zulassungszahl für Studienanfänger im Studiengang Pädagogik/Diplom bei der Antragsgegnerin im Wintersemester 2002/2003 auf 70 festgesetzt. Diese Festsetzung beruht auf einer Berechnung der Aufnahmekapazität durch die Antragsgegnerin, die letztlich zu einem Ergebnis von 70 geführt hat und in einem Festsetzungsvorschlag von jährlich (nur im Wintersemester) zuzulassenden 70 Studienanfängern endet. Die Zulassungszahl ergibt sich im einzelnen aus einem dem überreichten Datenerhebungsformularsatz - DEFS - zu entnehmenden Berechnungsergebnis von (gerundet) 66, wobei die Antragsgegnerin durch freiwillige Übernahme einer Überlast zur festgesetzten Zulassungszahl von 70 gelangt ist. Die Antragsgegnerin hat diese Studienplätze an andere, aus ihrer Sicht vorrangige Studienbewerber vergeben. Ein freier Studienplatz ist für den Antragsteller nicht vorhanden. Der Antragsteller macht nicht glaubhaft, dass diese Kapazitätsberechnung fehlerhaft sei.

Die Berechnung der Zulassungszahl erfolgt nach der Kapazitätsverordnung vom 25. November 1993 - KapVO - (NBl.MWFK/MFBWS.Schl-H., S. 457 ff., idF der weiteren Änderungsverordnungen, zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. April 2002 (NBl.MBWFK.Schl.-H., S. 229)).

1. Lehrangebot:

Für die Berechnung des Lehrangebotes sind alle Stellen des wissenschaftlichen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO). Gemäß dem von der Antragsgegnerin vorgelegten DEFS ergeben sich nach dem Berechnungsstichtag 09. Januar 2002 für den Berechnungszeitraum Wintersemester 2002/2003, Sommersemester 2003 insoweit folgende Ergebnisse:

1.1 Unbereinigtes Lehrangebot:

Stellengruppe/verfügbare Planstellen/Deputat/Stelle/Deputat/SWS/Verminderung SWS Prof./C 4/3/8/24/ Prof./C 3/3/8/24/ Wiss.Ass./C 1/5/4/20/ Akad. Rat/Rätin a. D./1/8/8/ Wiss. Ang. a. D./1/8/8/ (abg.) Lehrkraft/3/16/48/ Zusammen:/16//132/

Das Lehrdeputat aus verfügbaren Stellen beläuft sich somit auf 132 Semesterwochenstunden (SWS).

Die Stellenbewertung, die die Antragsgegnerin hinsichtlich der einzelnen Lehrverpflichtungen der verfügbaren Stellen angegeben hat, entspricht den Bestimmungen der Landesverordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO) vom 06. Oktober 1995 (GVOBl. Schl.-H. 1995, S. 328 ff.). Die jeweils zugrunde gelegte Regellehrverpflichtung entspricht den Vorgaben des § 5 Abs. 1, Abs. 3 LVVO.

Durch 20 Lehrauftragsstunden/Semester erhöht sich das unbereinigte Lehrangebot auf 152 SWS.

Gegen die Ansätze des Lehrangebots von 132 SWS und der 20 Lehrauftragsstunden nach den §§ 8 und 10 KapVO sind nach summarischer Prüfung keine Bedenken zu erheben.

1.2 Bereinigtes Lehrangebot:

Das unbereinigte Lehrangebot wird reduziert um den Dienstleistungsbedarf für nicht zugeordnete Studiengänge. Diesen Dienstleistungsbedarf hat die Antragsgegnerin mit insgesamt 88,6 SWS berechnet, der sich wie folgt zusammensetzt:

Lehrangebot Gymnasium: 50,4 Lehrangebot Realschule 13,4 Lehrangebot Sonderschule 2,5 Pädagogik/Nebenfach 17,5 Wirtschaftspädagogik 4,8 ________________________________ Summe: 88,6.

Damit ergibt sich ein bereinigtes Lehrangebot von 152 - 88,6 = 63,4. Diese Zahl gibt den Semesterwert wieder.

2. Lehrnachfrage:

Nach I Nr. 5 der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 KapVO beträgt der Curricularnormwert (CNW) für den Studiengang Pädagogik 2,0. Die Antragsgegnerin ist bei ihrer Berechnung im vorliegenden Zeitraum von einem Eigenanteil (CNW-Anteil für die eigene Lehreinheit) von 1,1 ausgegangen. Der Fremdanteil ist mit insgesamt 0,9 angesetzt worden. Diese Werte sind aufgrund der jeweiligen Einzelzuweisungen von 0,25 für die Bereiche Soziologie und Psychologie sowie 0,4 für den Bereich Sonderpädagogik nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt worden.

Bei der Division des bereinigten Lehrangebotes (das zu verdoppeln ist, um auf das im Berechnungszeitraum - Studienjahr - vorhandene Lehrangebot zu gelangen) durch den CNW-Eigenanteil war im vorliegenden Fall folgende Besonderheit zu berücksichtigen:

Der Studiengang Pädagogik/Diplom konnte bisher nur an der zum Wintersemester 2002/2003 aufgelösten (und teilweise nach Flensburg verlagerten) Erziehungswissenschaftlichen Fakultät studiert werden. Im Zuge der sogenannten Fach-zu-Fach-Zuordnung wurde dieser Studiengang an das Institut für Pädagogik an der Philosophischen Fakultät verlagert, wo bisher nur der Studiengang Pädagogik/Magister angeboten wurde. Der Studiengang Pädagogik/Diplom ist seit dem Wintersemester 1996/1997 zulassungsbeschränkt. Für den völlig anders gearteten Studiengang Pädagogik/Magister wurde auf Beschluss des Senats der Antragsgegnerin gleichzeitig eine Zulassungsbeschränkung beantragt und vom Verordnungsgeber festgesetzt, damit hier nicht durch "Ausweicheinschreibungen" eine künstliche und finanziell nicht vertretbare Überlast erzeugt würde.

Hinsichtlich des bereinigten Lehrangebotes von 63,4 SWS ist seitens der Antragsgegnerin eine Verteilung der Anteilsquoten von 55 % für den Diplom- und von 45 % für den Magisterstudiengang vorgenommen worden. Dabei ist die Antragsgegnerin zunächst ausgegangen von den Zahlen der Studienanfänger im Zeitraum Wintersemester 2001/2002 und Sommersemester 2002. Bei der Festsetzung der Anteilsquoten hat die Antragsgegnerin nach eigenen Angaben weiter berücksichtigt, dass der Diplom-Studiengang eine stark nachgefragte Fachrichtung Heilpädagogik enthalte, deren anbietende Lehreinheit unter erheblichem Nachfragedruck stehe und deshalb ebenfalls seit vielen Jahren zulassungsbeschränkt sei. Dieses limitiere als gravierendes Engpassfach die Zulassungszahl auch im Diplom-Studiengang, woraus sich die Setzung der Anteilsquote ableite.

Die Antragsgegnerin hat das (für ein Studiensemester) ermittelte bereinigte Lehrangebot (63,4 SWS) verdoppelt, um auf das im Berechnungszeitraum (Studienjahr) vorhandene Lehrangebot zu gelangen (126,8 SWS). Sie hat es sodann durch den Curricularnormwert dividiert. Hinsichtlich der jeweils eigenen Lehreinheit ergab sich ein solcher in Höhe von 1,1 für den Studiengang Pädagogik/Diplom (s.o.) und in Höhe von 1,0 für den Studiengang Pädagogik/Magister (vgl. Landesverordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 27. April 1995, Art. 1 Nr. 2 - NBl.MWFK/MFBWS. Schl.-H. 1995, S. 230). Aufgrund der Anteilsquote von 55 % für den Studiengang Pädagogik/Diplom ergibt sich danach als Rechnungsfaktor ein Wert von 0,605 (= 1,1 x 0,55), für den Studiengang Pädagogik/Magister ein solcher von 0,45 (=1,0 x 0,45). Aus der Addition dieser Werte ergibt sich der hier maßgebliche CNW von 1,055. Die Division des ermittelten Lehrangebotes für das Studienjahr durch den vorgenannten CNW ergibt:

126,8 : 1,055 = 120,1896.

Entsprechend der vorgenannten Anteilsquote ergibt sich damit für den hier maßgeblichen Studiengang Pädagogik/Diplom eine Studienplatzzahl von 66,1043, für den Studiengang Pädagogik/Magister eine solche von 54,0853.

3. Überprüfung des Berechnungsergebnisses:

Nach den §§ 14 Abs. 1 und 3 Nr. 3 sowie 16 KapVO ist das Berechnungsergebnis anhand des Einflussfaktors Schwundquote zu überprüfen; die Zahl der Studienanfänger ist zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fach- oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote).

Die Antragsgegnerin hat für den Studiengang Pädagogik/Diplom eine Schwundquote von 0,997 und einen Schwundausgleichsfaktor von 1,003 errechnet.

Sie hat diese Werte - wie es der ständigen Rechtsprechung der Kammer entspricht - in Anwendung des "Hamburger Modells" ermittelt (Zulassung und Kapazitäten "II" der Pressestelle der Universität Hamburg, April 1975, S. 20 - 22; mitgeteilt von der Antragsgegnerin an das OVG Lüneburg) und ist zu einer Schwundstudienzeit von 7,98 gelangt. Diese hat sie sodann durch die Studiendauer von 8 Semestern dividiert, woraus sich die Schwundquote von 0,997 ergibt.

Die um den Schwundausgleich korrigierte Zulassungszahl entsteht durch Multiplikation der nach dem 2. Abschnitt der KapVO errechneten Zulassungszahl mit dem Schwundausgleichsfaktor. Es ergibt sich ein Wert von 66, 3026 (66,1043 x 1,003 = 66,3026), der somit die festgesetzte Zulassungszahl von 70 nicht übersteigt. Die Antragsgegnerin hat zu der so errechneten Zulassungszahl einen freiwilligen Aufschlag von 4 Plätzen für den Studiengang Pädagogik/Diplom hinzugerechnet und die Festsetzung von 70 Plätzen (jährlich) vorgeschlagen. Damit ist nicht glaubhaft gemacht, dass ein zusätzlicher Studienplatz vorläge, der über die bereits vergebenen hinaus zur Verfügung stünde und dem Antragsbegehren des Antragstellers entsprechend vergeben werden könnte.

Ein Zulassungsanspruch des Antragstellers ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller als vorrangig gegenüber einem Studienbewerber erschiene, der einen Studienplatz erhalten hat. Die Antragsgegnerin hat unter den Studienbewerbern für das Wintersemester 2002/2003 eine Rangfolge nach Notendurchschnitt und Wartezeit gebildet und die vorhandenen 70 Studienplätze an die rangbesten Bewerber vergeben.

Wegen der Einzelheiten wird insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf den Inhalt des Ablehnungsbescheides vom 16. August 2002 verwiesen. Zweifel an der Richtigkeit der dortigen Angaben sind weder vom Antragsteller substantiiert dargetan worden noch ergeben sie sich aus dem Inhalt der Akte.

Die Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20 Abs. 3 iVm 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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