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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: 1 KN 17/03
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO, WaStrG


Vorschriften:

BauGB § 136 Abs. 4 S. 3
BauGB § 140 Nr. 4
BauGB § 144 Abs. 1
BauGB § 146
BauGB § 147
BauGB § 154
BauGB § 38
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1
WaStrG § 1 Abs. 1
WaStrG § 1 Abs. 3
WaStrG § 13 Abs. 3
WaStrG § 9
1. Für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages einer Behörde ist ein objektives Kontrollinteresse erforderlich. Dieses liegt vor, wenn die Behörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die angegriffene Norm zu beachten hat oder diese bei ihrer amtlichen Tätigkeit auf sie Anwendung findet.

2. Die Flächen von Bundeswasserstraßen in der Verwaltungszuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion sind der gemeindlichen Bauleitplanung nicht nach Art eines "exterritorialen Gebiets" entzogen. Eine kommunale Planung ist zulässig, solange kein Widerspruch zu der besonderen Zweckbestimmung der dem Wasserstraßenrecht unterliegenden Flächen entsteht.

3. Im Fall einer sog. Funktionsmängelsanierung ist das Vorliegen von städtebaulichen Missständen gebietsbezogen festzustellen.

4. Für den Sanierungsbedarf kommt es darauf an, welche Funktion das Gebiet nach den Sanierungszielen künftig erfüllen soll. Einzelne Grundstücke, die - für sich betrachtet - keinen Sanierungsbedarf auslösen, können in das Sanierungsgebiet einbezogen werden.

5. Die Gemeinde hat die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Erreichbarkeit der Sanierungsziele aufzuklären. Unterbleibt dies, fehlt eine grundlegende Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Abwägung beim Erlass einer Sanierungssatzung.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 1 KN 17/03

verkündet am 01.04.2002

In dem Normenkontrollverfahren

Streitgegenstand: Gültigkeit der Sanierungssatzung Marinequartier A-Stadt Wik (SAW 1)

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 01. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes ... 1 (SAW 1) vom 19. Februar 2003 wird für nichtig erklärt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Gültigkeit einer von der Antragsgegnerin am 16. Januar 2003 beschlossenen Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes ... (SAW 1).

Das Sanierungsgebiet umfasst Land- und Wasserflächen im Bereich des ... und südseits der ... Schleusen. Der für diesen Bereich im Aufstellungsverfahren befindliche Bebauungsplan Nr. 873 der Antragsgegnerin will die Voraussetzungen für eine "zukünftige hafengebundene und gewerbliche Nutzung" schaffen.

Am 23. August 2001 gab die Antragsgegnerin den Beginn vorbereitender Untersuchungen für die förmliche Festlegung des o.g. Sanierungsgebietes bekannt. Der Untersuchungsraum betraf einen größeren Bereich, als er vom Geltungsbereich der - vorliegend angegriffenen - Sanierungssatzung erfasst ist.

Die Bundesrepublik Deutschland ist Eigentümerin von Grundstücksflächen im Bereich des Untersuchungs- und (späteren) Sanierungsgebietes. Zu dem in der angegriffenen Satzung festgelegten Sanierungsgebiet gehört auch die Wasserfläche des ..., die Teil der Bundeswasserstraße Ostsee/Kieler Förde ist. Die Nordgrenze des Sanierungsgebietes verlauft parallel zum Gelände der ... Schleusen am Nord-Ostsee-Kanal, der - ebenso wie die Bundeswasserstraße Kieler Förde - von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion ..., der Antragstellerin, verwaltet wird.

Für den Bereich ihrer Verwaltungszuständigkeit nahm die Antragstellerin mit Schreiben vom 29. August 2002 zu den vorbereitenden Untersuchungen für die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Stellung. Nach einer mündlichen Erörterung forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf, das Sanierungsgebiet derart zu begrenzen, dass die Land- und Wasserflächen, die der Fachplanung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes unterliegen, nicht einbezogen werden.

Das Land Schleswig-Holstein bewilligte ab 2002 Städtebauförderungsmittel. Am 16. Januar 2003 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin die Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets ... (SAW 1). In den Geltungsbereich wurden u. a. der ... sowie Landflächen am Nord-Ostsee-Kanal, die zum Betriebsbereich der ... Schleusen gehören, einbezogen.

Die Satzung wurde am 19. Februar 2003 vom Oberbürgermeister ausgefertigt und am 24. Februar 2003 in den "Kieler Nachrichten" öffentlich bekannt gemacht.

Am 20. Mai 2003 ist der dagegen gerichtete Normenkontrollantrag der Antragstellerin bei Gericht eingegangen.

Die Antragstellerin hält die Sanierungssatzung für nichtig. Die Fläche von Bundeswasserstraßen dürfe wegen der dafür verfassungsrechtlich begründeten Verwaltungs- und Planungshoheit des Bundes nicht in Sanierungsgebiete einbezogen werden. Das - zum besonderen Städtebaurecht gehörende - Sanierungsrecht sei mit Mitteln des allgemeinen Städtebaurechts vorzubereiten bzw. umzusetzen. Eine nach § 140 Nr. 4 BauGB vorzunehmende Bauleitplanung könne im Bereich von Bundeswasserstraßen nicht erfolgen. Die Einbeziehung der Wasserflächen in den Geltungsbereich der Sanierungssatzung sei ferner abwägungsfehlerhaft: Die Antragsgegnerin habe Lärmimmissionen durch die Benutzung der ... Schleusen sowie durch Nebelsignale und durch Rammarbeiten an den der Nordmole vorgelagerten Dalben als punktuelle Lärmspitzen nicht angemessen berücksichtigt. Immissionsarten, wie Radarstrahlen und Erschütterungen, seien in die Abwägung überhaupt nicht eingeflossen, ebenso nicht die Sicherheitsrisiken für eine Bebauung auf der Nordmole. Auf den Wasserflächen sei die Behebung eines städtebaulichen Defizits i.S.d. § 136 Abs. 2 BauGB nicht möglich. Sie seien dem Städtebau funktional entzogen. Für den Bereich der Holtenauer Schleusen seien wegen der Vorgaben des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und Hafenanlagen ("ISPS Code") bauliche Sicherheitsmaßnahmen (Zäune, Mauern, Beleuchtungsmasten) erforderlich. Zudem müsse künftig für Schiffe über 500 BRT, die aufgrund von Havarien, Beschlagnahmen, seerechtlichen Untersuchungen o. ä. zu einem längeren Verweilen gezwungen seien, ein Festmachen in Häfen gestattet werden, deren Gelände gegen unbefugten Zutritt geschützt sei; dafür sei der Scheerhafen vorgesehen. Die Wasserfläche des Scheerhafens werde daher nach dem jetzigen Stand der Planungen der Bundeswasserstraßenverwaltung für eine anderweitige Nutzungsüberlassung auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Abwägung habe auch berücksichtigt werden müssen, dass eine Verlandung des Scheerhafens bzw. eine Abgabe dieser Flächen nicht in Betracht komme, wenn Verwaltungsbelange des Bundes entgegenstünden. Die Einbeziehung der Hafenfläche des Scheerhafens sei auch unter den Gesichtspunkten einer städtebaulichen Einheit mit angrenzenden Landflächen oder einer Arrondierung nicht geboten. Mit der Überplanung des südlichen Scheerhafengebietes habe die Antragsgegnerin nicht eingemeindete Flächen in das Sanierungsgebiet aufgenommen. Beim Satzungsbeschluss hätten der Ratsversammlung die von der Wasserstraßenverwaltung vorgebrachten Bedenken und Einwände weder schriftlich vorgelegen noch seien diese den Mitgliedern der Ratsversammlung sonstwie bekannt gewesen. Die Mängel im Abwägungsvorgang seien erheblich und ergebnisrelevant.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung der Antragsgegnerin über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes ... (SAW 1) vom 19. Februar 2003 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält die Satzung für rechtmäßig. Das Plangebiet betreffe ausschließlich in das Stadtgebiet eingemeindete (Wasser-) Flächen. Die Antragstellerin habe die angegriffene Planung selbst mit veranlasst. Die Sanierungssatzung greife nicht in die Verkehrswegeplanungskompetenz der Antragstellerin ein. Die Satzung regele nur, ob saniert werden solle und wie das Gebiet abgegrenzt werde; ihre Durchführung erfolge durch einen Bebauungsplan bzw. durch Sanierungskonzepte. Es sei nicht erkennbar, dass sich für die Flächen der Antragstellerin jemals Genehmigungsvorbehalte nach § 144 BauGB realisieren würden, da insoweit die §§ 14 WaStrG, 38 BauGB vorrangig seien. Ordnungs- und Baumaßnahmen könnten nach § 146 Abs. 2 BauGB nur mit Zustimmung der Antragstellerin durchgeführt werden. Auch die - denkbare - Pflicht, Ausgleichsbeträge zu zahlen, berühre die Kompetenzen der Antragstellerin nicht. Welche Fläche des Scheerhafen "aufzufüllen" (zu verlanden) sei, müsse planerisch noch festgelegt werden. Im Rahmen der - weiten - vorbereitenden Untersuchungen nach § 141 BauGB hätten nicht bereits alle Immissionskonflikte oder Gefahren, die dem Kanalbetrieb zuzuordnen seien, berücksichtigt werden müssen. Der städtebauliche Missstand ergebe sich aus der Differenz der vorhandenen zur beabsichtigten Nutzung. Die "Adresse" ... solle möglichst hochwertig genutzt werden. Im Rahmen der städtebaulichen Planung sei (noch) zu klären, welche Möglichkeiten der Nachnutzung militärischer und gewerblicher Flächen bestünden. Sicherheitsrelevante Aspekte der "port security" würden im weiteren Planungsverfahren berücksichtigt.

Der Senat hat die von der Antragstellerin im Verhandlungstermin gestellten Beweisanträge abgelehnt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

I. Der Antrag ist zulässig; er ist - insbesondere - fristgerecht gestellt worden (§ 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO).

1) Soweit die Antragstellerin die Normenkontrolle als Behörde i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beantragt, ist die Wasser- und Schifffahrtsdirektion ... nicht selbst beteiligungsfähig (vgl. J. CA. in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 61 Rn. 13), sondern der Bund als die Körperschaft, der die genannte Behörde angehört. Für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages einer Behörde ist ein objektives Kontrollinteresse zu fordern, das dann gegeben ist, wenn die Behörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die angegriffene Norm zu beachten hat oder diese bei ihrer amtlichen Tätigkeit auf sie Anwendung findet. Es genügt auch, wenn die Behörde bei ihren öffentlichen Aufgaben, die mit öffentlichen Mitteln wahrgenommen werden, von der angegriffenen Norm betroffen ist (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, 2000, § 47 Rn. 34; Kopp/Schenke, VwGO, 2003, § 47 Rn. 82).

Eine "Betroffenheit" der Antragstellerin - als "Behörde" i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO - ist gegeben. Dabei geht der Senat - nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung (insoweit) übereinstimmend mit dem Beteiligten - davon aus, dass die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nur die der Verwaltungszuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion ... zuzuordnenden Rechte und Zuständigkeiten geltend macht, so dass auf andere Bundeszuständigkeiten im fraglichen Bereich - etwa solche der Bundeswehr- bzw. der Bundesfinanzverwaltung - nicht abzustellen ist.

Das in der angegriffenen Satzung räumlich umgrenzte und festgesetzte Sanierungsgebiet führt kraft Gesetzes zu Auskunfts- (§ 138 BauGB), Genehmigungs- (§§ 144, 145 BauGB) und u. U. auch zu Ausgleichsbetragspflichten (§ 154 BauGB). Zwar ist in Bezug auf die in das Sanierungsgebiet einbezogenen Wasserflächen - insbesondere des ... - eine Betroffenheit der Antragstellerin unter dem Aspekt einer Ausgleichsbetragspflicht gemäß § 154 BauGB nicht anzunehmen, solange diese Flächen Teile der Bundeswasserstraße Kieler Förde sind, denn als solche sind sie einer wertmäßigen Erfassung eines - ausgleichsbetragspflichtigen - Anfangs- bzw. Endwertes von vornherein entzogen. Für die Landflächen (am ... [Kai, Mole] sowie entlang der ... Schleusen), die im Geltungsbereich der Sanierungssatzung liegen, ist jedoch eine "Betroffenheit" im o. g. Sinne festzustellen, denn die Antragstellerin ist unter Geltung der Sanierungssatzung gehalten, etwaige bauliche Vorhaben - auch solche, wie sie in dem (ersten, in der mündlichen Verhandlung gestellten) Beweisantrag genannt sind - auf ihre Genehmigungsbedürftigkeit i.S.d. § 144 BauGB zu überprüfen und ggf. entsprechende Genehmigungen der Antragsgegnerin einzuholen. Die Antragstellerin hätte also die vorliegend angegriffene Norm im Rahmen ihrer behördlichen Aufgaben zu beachten.

Zu berücksichtigen ist - ferner -, dass die angegriffene Sanierungssatzung weiterer Vollzugs- und Durchführungsschritte bedarf (§ 146 BauGB), dazu gehört die weitere städtebauliche Planung (§ 140 Nr. 4 BauGB) sowie die Verwirklichung der Sanierungsziele durch Ordnungs- (§ 147 BauGB) und Baumaßnahmen (z. B. § 148 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BauGB) oder auch "informelle" Maßnahmen (z.B. Verträge, Grunderwerb, Erschließung, Verkehrslenkung). Die Antragstellerin ist gehalten, die (möglichen) Auswirkungen von Maßnahmen dieser Art auf die weitere Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben zu "kontrollieren" und ggf. zu überprüfen; sie ist - auch - in diesem Sinne von der angegriffenen Satzung betroffen.

Soweit die Antragsgegnerin - demgegenüber - einwendet, die Antragstellerin könne wegen des bundesrechtlich angeordneten Vorrangs ihrer (Fach-)Planungszuständigkeit gegenüber der örtlichen (kommunalen Planung) nicht betroffen sein, kann dem im Hinblick auf die - insoweit eindeutige - Regelung in § 13 Abs. 3 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) im Ausgangspunkt zugestimmt werden. Für planfeststellungs- und -genehmigungsbedürftige Vorhaben im Bereich von Bundeswasserstraßen besteht ein Vorrang der bundesrechtlichen Fachplanung vor der Ortsplanung. Aus § 13 Abs. 3 Satz 1 WaStrG und § 38 Satz 1 BauGB ist - insbesondere - abzuleiten, dass dann, wenn die Darstellungen und Festsetzungen örtlicher Bauleitpläne von der wasserstraßenrechtlichen (Fach-)Planung abweichen, die Bundesplanung allein maßgebend ist (vgl. Frieseke, Bundeswasserstraßengesetz, Kommentar, 1999, § 13 Rn. 16). Entsprechendes gilt auch für eine Satzung der vorliegenden Art, die mit der Festlegung des Sanierungsgebietes die Voraussetzungen für weitere - konkretisierende - Planungen schafft, die der Erreichung der Sanierungsziele dienen.

Die damit gegebene "privilegierte" Position der Antragstellerin führt aber nicht dazu, dass sie von der örtlichen Planung, wie die Antragsgegnerin sie mit der angegriffenen Satzung verfolgt, nicht mehr betroffen ist. Die Antragstellerin müsste im Bereich der angegriffenen Satzung sowohl bei der Vorbereitung als auch der Durchführung von Planfeststellungs- bzw. -genehmigungsverfahren auf die Ortsplanung Rücksicht nehmen. Sie müsste die Antragsgegnerin in ihren Planungsverfahren nicht nur beteiligen, sondern - unabhängig davon - die konkreten ortsplanerischen Festsetzungen und Belange im Rahmen der fachplanerischen Abwägung berücksichtigen. Dies würde auch für die mit der angegriffenen Satzung verfolgten Sanierungsziele gelten.

2) Soweit die Antragstellerin "hilfsweise" die Ansicht vertritt, sie sei - unabhängig von ihrer Antragsbefugnis als "Behörde" - als "juristische Person" (Vertreterin der Fiskaleigentümerin) antragsbefugt (s. S. 8 ihres Schriftsatzes v. 30.03.2004), ist ihr auch insoweit zu folgen.

Die Antragstellerin hat insoweit hinreichend substantiiert Tatsachen dargelegt, die es als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen der angegriffenen Sanierungssatzung in einem ihr (als Fiskaleigentümerin) zustehenden Recht, das von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion wahrgenommen wird, verletzt werden kann.

Für Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich einer Sanierungssatzung ist die Antragsbefugnis regelmäßig gegeben, ohne dass es insoweit auf die Schwere oder Intensität einer (möglichen) Rechtsverletzung ankäme. Dies folgt schon daraus, dass die Satzung besondere städtebauliche Bindungen für die Grundstücke innerhalb ihres räumlichen Geltungsbereiches schafft. Sie hat kraft Gesetzes Vorkaufsrechte und Genehmigungspflichten zur Folge (vgl. §§ 24 Abs. 1 Nr. 3, 144 Abs. 1 BauGB); ihr Inkrafttreten hat die Wirkungen einer Veränderungssperre (vgl. Bielenberg/Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 144 Rn. 3, 15). Diese Folgen schränken die Möglichkeit der Antragstellerin ein, über ihre im Sanierungsgebiet gelegenen Flächen zu verfügen. Zwar finden die genannten baurechtlichen Bestimmungen auf den - im vorgesehenen Sanierungsgebiet beabsichtigten - Fall einer Landgewinnung zu Bebauungszwecken (im Bereich des Scheerhafens) gegenüber der Antragstellerin keine Anwendung, weil dann - unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 WaStrG - ein kraft Gesetzes eintretender Eigentumserwerb des Landes Platz greift (vgl. BGH, Urt. v. 03.03.1988, VkBl. S. 554). Weiterhin gilt für die zur Bundeswasserstraße "Kieler Förde" gehörenden Flächen und die dem Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungserfordernis unterliegenden Flächen entlang des Nord-Ostsee-Kanals (... Schleusen) der Vorrang der wasserstraßenrechtlichen und fachplanungsrechtlichen Bestimmungen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 WaStrG; § 38 Satz 1 BauGB). Nach den Darlegungen der Antragstellerin erscheint es jedoch gleichwohl als möglich, dass sie durch die Festsetzung des förmlichen Sanierungsgebietes in der angegriffenen Satzung in ihren (fiskalischen) Rechten verletzt wird, weil die Verwirklichung der mit der Satzung verfolgten Sanierungsziele auch außerhalb der (eigenen) Flächen der Antragstellerin die Nutzungsmöglichkeiten dieser Flächen beeinflussen und verändern wird. Dies gilt insbesondere für die Planung, insgesamt 450 Wohneinheiten mit "erster Adresse" direkt am Wasser zu errichten.

Als Vertreterin der (Fiskal-)Eigentümerin kann die Antragstellerin bei der nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB vorzunehmenden Abwägung der von den geplanten Sanierungsmaßnahmen betroffenen Belange beanspruchen, dass ihre Belange fehlerfrei und gerecht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1998, 4 CN 2.98, DVBl. 1999, 101 ff.; Hüttenbrink, DVBl. 1997, 1253/1257; Schenke, VerwArch 1999, 301/307, 318).

Für das nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB zu beachtende Abwägungsgebot gelten zwar, was die Anforderungen an die Konkretisierung der Sanierungsziele und die Bewältigung der durch das Sanierungsvorhaben ausgelösten Konflikte anbetrifft, (relativ) geringe Anforderungen, weil zur Zielverwirklichung noch weitere - abwägungsgebundene - Planungsentscheidungen zu treffen sind (vgl. §§ 140 Nr. 4, 146, 147 BauGB). Gleichwohl ist bereits beim Erlass einer Sanierungssatzung eine Abwägung der Belange der Grundstückseigentümer im Sanierungsgebiet erforderlich, da die mit der Sanierungssatzung verfolgten Ziele auch durch Ordnungs-, Bau- und andere ("informelle") Maßnahmen verwirklicht werden. Die Antragstellerin hat ihre - diesbezügliche - Betroffenheit bereits im Verfahren zum Erlass der - vorliegend angegriffenen - Satzung geltend gemacht; sie kann deshalb beanspruchen, dass die damit angesprochenen Belange von der Antragsgegnerin gemäß § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB abgewogen werden.

3) Im Hinblick auf die mit der angegriffenen Sanierungssatzung verfolgten Sanierungsziele im Geltungsbereich der Satzung, die - letztlich - auf eine Veränderung der Gebietsstruktur und der (bisherigen) Nutzungsarten ausgerichtet sind, steht der Antragstellerin auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite, denn sie kann ihrem Recht auf gerechte Abwägung ihrer Belange nur im Wege der (vorliegenden) Normenkontrolle gegen die Sanierungssatzung Geltung verschaffen.

II. Der - nach alledem zulässige - Normenkontrollantrag ist begründet, ohne dass den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen der Antragstellerin weiter nachgegangen werden musste.

Zwar stehen der angegriffenen Satzung weder eine fehlende Gebietshoheit (dazu unten 1) noch vorrangige wasserstraßenrechtliche Bestimmungen (dazu unten 2) oder ein fehlerhaft begründeter (allgemeiner) Sanierungsbedarf (dazu unten 3) entgegen. Die angegriffene Sanierungssatzung der Antragsgegnerin ist aber nichtig, weil sie nicht auf einer fehlerfreien und gerechten Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange beruht. Die Abwägung ist fehlerhaft, weil die wesentlichen Voraussetzungen für eine Erreichbarkeit der mit der angegriffenen Satzung verfolgten Sanierungsziele ungeklärt geblieben sind (dazu unten 4).

1) Die Antragsgegnerin hat entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine außerhalb ihres Gemeindegebietes gelegene "gemeindefreie" Flächen in den Geltungsbereich der angegriffenen Satzung einbezogen. Nach den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen und Karten (Anlagen zum Schriftsatz vom 25.03.2004) betrifft der Geltungsbereich der Sanierungssatzung ausschließlich im Kieler Stadtgebiet belegene (Wasser-)Flächen.

2) Die Vorschriften des Baugesetzbuches gelten auch für die von der angegriffenen Satzung betroffenen Wasserflächen (vgl. Urt. des Senats v. 25.06.1993, 1 L 129/91, Die Gemeinde 1993, 384). Eine kommunale Planung bleibt gem. § 38 S. 1 BauGB zulässig, soweit der fachplanungsrechtliche Vorrang des Bundeswasserstraßenrechts (§§ 9, 14 ff WaStrG) nicht berührt ist. Die von der Antragstellerin für Zwecke der Wasserstraßennutzung verwalteten Flächen sind der gemeindlichen Bauleitplanung nicht nach Art eines "exterritorialen" Gebietes völlig entzogen; allerdings dürfen durch die kommunale Planung keine Widersprüche zu der besonderen Zweckbestimmung der dem Wasserstraßenrecht unterliegenden Flächen entstehen (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 29.04.1997, 4 UE 1349/92, ZfBR 1998, 163) zu AEG § 18)). Dementsprechend sind planerische Aussagen, die der bestehenden Zweckbestimmung der für Wasserstraßenzwecke dienenden Land- und Wasserflächen nicht zuwiderlaufen, zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988, 4 C 48.86, DVBl. 1989, 458/460 zum Eisenbahnrecht)).

Die angegriffene Sanierungssatzung verstößt nicht gegen die genannten - aus dem Vorrang der wasserrechtlichen Fachplanung folgenden - Vorgaben. Zwar laufen die mit der angegriffenen Sanierungssatzung verfolgten Ziele darauf hinaus, die Wasserfläche des Scheerhafens zu verlanden, mit anderen Worten, aus der bisherigen wasserstraßenrechtlichen Nutzung zu nehmen, doch enthält die Sanierungssatzung noch keine diesbezüglichen verbindlichen Festsetzungen, die - als solche - dem vorrangigen Fachplanungsrecht nach § 14 ff WaStrG zuwiderlaufen könnten.

3) Die generelle Erforderlichkeit einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme im Geltungsbereich der angegriffenen Satzung hat die Antragsgegnerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.

Die Sanierungsmaßnahmen sollen gem. § 1 der angegriffenen Satzung der Behebung städtebaulicher Missstände dienen, die aus Beeinträchtigungen in der Erfüllung der Aufgaben des Gebietes folgen, die dem Gebiet nach seiner Lage und Funktion obliegen (sollen). Damit wird der Fall einer sog. Funktionsmängelsanierung (§ 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BauGB) angesprochen. Der Antragsgegnerin ist insoweit - grundsätzlich - zuzustimmen, dass das Vorliegen von städtebaulichen Missständen in diesem Fall gebietsbezogen festzustellen ist und davon abhängt, welche Funktion das Gebiet nach den Sanierungszielen der Stadt künftig erfüllen soll (BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, 4 C 14.84, BRS 42 Nr. 234; VGH Kassel, Beschl. v. 29.10.1991, 4 N 1815/85, UPR 1992, 399). Bei der Entscheidung über das Vorliegen von städtebaulichen Funktionsmängeln steht der Gemeinde ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Im Hinblick darauf ist es grundsätzlich zulässig, Grundstücke, die (wie der Scheerhafen) - für sich betrachtet - keinen Sanierungsbedarf auslösen, in das Sanierungsgebiet einzubeziehen (vgl. Urt. des Senats v. 04.11.1993, 1 K 30/91, n.v.). Die Begrenzung des Sanierungsgebietes hat so zu erfolgen, dass sich die angestrebte Sanierung und - insbesondere - die damit verfolgten Ziele zweckmäßig durchführen bzw. erreichen lassen (§ 142 Abs. 1 Satz 2 BauGB).

4) Zur Nichtigkeit der angegriffenen Sanierungssatzung führt - letztlich - die fehlerhafte Abwägung, die ihr zugrunde liegt.

Die Antragsgegnerin hat die betroffenen öffentlichen und privaten Belange, auch diejenigen, die die Antragstellerin zu vertreten hat, fehlerfrei und gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen (§ 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB). Diese Abwägung muss noch nicht alle mit der Realisierung der Sanierungsziele verbundenen Probleme oder Konflikte erfassen; die weiteren (umsetzenden) Planungen oder sonstigen Maßnahmen lassen dazu noch Raum (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 31.03.1993, 2 N 1/91, Juris, Ls. 5).

Grundlegende Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Abwägung ist die ausreichende Ermittlung und Klärung der von den vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen betroffenen Rechtspositionen, die bei der (weiteren) Umsetzung der Sanierung zu beachten sind. Danach ist absehbar, ob und inwieweit die Sanierungsziele überhaupt erreichbar sein werden. Unterbleibt diese Klärung, erfolgt die Abwägung nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB schon im Ansatz auf einer unvollständigen Grundlage, weil die zügige Realisierbarkeit der mit der Satzung verfolgten Sanierungsziele offen bleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.07.2003, 4 CN 2.02, NVwZ 2003, 1389 ff.). Eine - in diesem Sinne - lückenhafte (Abwägungs-) Grundlage vermag die mit dem Erlass der Sanierungssatzung verbundenen Beschränkungen der betroffenen Grundstücke (u. a. nach §§ 144, 145 BauGB) nicht zu rechtfertigen; die Abwägung wird dadurch fehlerhaft mit der Folge der Nichtigkeit einer darauf beruhenden Sanierungssatzung.

Ein solcher Fall ist hier gegeben:

Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BauGB dem Sanierungsgebiet am Scheerhafen als (Funktions-)Ziel eine Gewerbe- und Wohnfunktion zugewiesen, die - insbesondere - durch die Gewinnung "hochwertiger" Wohnungsbauflächen im Bereich des aufzufüllenden ... erreicht werden soll (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin v. 28.03.2004, S. 3). Dem Sanierungsziel einer Errichtung von 450 Wohneinheiten mit "erster Adresse" direkt am Wasser soll bei der Gesamtentwicklung eine "Schlüsselstellung" zukommen; die vorgesehenen Wohnungen im Verlandungsbereich sollen als "sicherste Bank" das "Zugpferd" bzw. der "Imageträger" des Projekts werden (vgl. die "Vorbereitenden Untersuchungen" der Antragsgegnerin, Sept. 2002, S. 15 [zu 1.2.3.4], S. 86 [zu 3.2.1.3], S. 94-95 [zu 4.1.4], S. 119-120 [zu 4.4.4]). Die - auch durch die Erörterung in der mündlichen Verhandlung bestätigte - zentrale Bedeutung dieser Planung für das Sanierungsvorhaben wird auch in dem dafür vorgesehenen Finanzvolumen [a.a.O., S. 128] und dem Flächenbedarf, der einen wesentlichen Teil des Geltungsbereichs der angegriffenen Sanierungssatzung (ca. 25 %) einnimmt, deutlich.

Zu einer ordnungsgemäßen Abwägung nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB hätte es - dem entsprechend - gehört, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Erreichbarkeit des (zentralen) Sanierungsziels aufzuklären. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dessen Wirksamkeit sich im Rahmen der Abwägung entfaltet, entspricht es, wenn nur und erst dann eine Sanierungssatzung beschlossen wird, wenn die wesentlichen Voraussetzungen für eine Realisierung der Sanierungsziele geklärt sind. Dies ist unterblieben.

Die Antragsgegnerin hat die Aussichten bzw. Voraussetzungen für eine Entlassung der - für eine Gewerbe- und Wohnbebauung vorgesehenen - Fläche des ... aus der Verwaltungszuständigkeit der Antragstellerin und ihrer öffentlich-rechtlichen Widmung als Bundeswasserstraße (§ 1 Abs. 1 WaStrG) nicht hinreichend geklärt. Aus den "Vorbereitenden Untersuchungen" ist zwar zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin sich mit den Eigentumsverhältnissen und den Verwaltungszuständigkeiten der Antragstellerin befasst hat (a.a.O., S. 112), die ablehnende Stellungnahme der Antragstellerin zur Bebauung des ...bereichs wurde aber lediglich zur "Kenntnis" genommen (a.a.O., S. 105). Die vor Abschluss der "Vorbereitenden Untersuchungen" angedeutete (Schreiben der WSD vom 29.08.2002, S. 4, zu 14.) und danach bekräftigte (Schreiben der WSD vom 06.11.2002, S. 2: "... steht die ...fläche nicht zur städteplanerischen Disposition"; Schreiben vom 06.01.2003) Position der Antragstellerin wird - ersichtlich - bis zum Beschluss der Antragsgegnerin über die angegriffene Sanierungssatzung nicht mehr berücksichtigt.

Eine Klärung der "Verfügbarkeit" der überplanten (Wasser-) Flächen wäre auch im Hinblick auf § 1 Abs. 3 WaStrG erforderlich gewesen. Nach der genannten Bestimmung kann der Bestand einer Bundeswasserstraße - zwar - durch Entlassung einzelner (Teil-)Flächen verändert werden (mit der Folge des Eigentumsübergangs), doch setzt dies zunächst eine feststellende Entscheidung der Antragstellerin darüber voraus, dass die betroffenen (Teil-) Flächen für Zwecke der Wasserstraßenverwaltung nicht mehr benötigt werden (vgl. Frieseke, a.a.O., § 1 Rn. 17, 22). Im vorliegenden Fall lag eine solche feststellende Entscheidung der Antragstellerin nicht vor. Nach den im vorbereitenden Verfahren abgegebenen Erklärungen der Antragstellerin war auch nicht damit zu rechnen, dass diese (später) eine solche Erklärung abgeben würde. Insofern hat die Antragstellerin mit der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung, mit einer "Entlassung" der Wasserfläche im ... aus ihrer Verwaltungszuständigkeit sei (auch im Hinblick auf Erfordernisse der Hafensicherheit) nicht zu rechnen, nur - nochmals - den Standpunkt wiederholt, den sie auch schon im gesamten, dem Satzungsbeschluss vorangegangenen Verfahren - schriftlich - zum Ausdruck gebracht hatte. Insofern ist die Äußerung des Vertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung unrichtig, dass die ablehnende Haltung der Antragstellerin "neu" sei. Die weitere Erklärung, dass es ohne die Scheerhafenfläche eine Sanierung "nicht geben" werde, unterstreicht nur die zentrale Bedeutung dieses Areals für den Erlass der angegriffenen Sanierungssatzung. Die Verfügbarkeit der ...fläche durfte damit nicht - wie geschehen - ungeklärt bleiben.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Sachlage, die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.1988 (4 C 48.86, DVBl. 1989, 458 f.) zugrunde liegt. Dort ist (für das Eisenbahnrecht) entschieden worden, dass eine Gemeinde eine Fläche auch schon dann überplanen darf, wenn sie noch dem Fachplanungsrecht unterliegt. Dies gilt aber nur dann, wenn "mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der besonderen bahnrechtlichen Zweckbestimmung" der Fläche bevorsteht; zudem hängt die "abschließende Beschlussfassung" über den Bauleitplan davon ab, dass die überplante Fläche zuvor ausdrücklich "ihren Rechtscharakter als Bahnanlage verloren hat", was nicht schon durch eine bloße Nutzungsaufgabe der Fall ist (a.a.O., S. 460). Die Antragsgegnerin konnte demnach auch vorliegend ohne eine feststellende Entscheidung i. S. d. § 1 Abs. 3 WaStrG die (Wasser-) Fläche des ... nicht in den Geltungsbereich der Sanierungssatzung einbeziehen.

Soweit die Antragsgegnerin - demgegenüber - einwendet, die Antragstellerin habe selbst die vorliegende Sanierungsplanung "angestoßen", mag dies unterstellt werden. Es ändert aber nichts an der Obliegenheit der Antragsgegnerin zur Ermittlung aller für eine ordnungsgemäße planerische Abwägung nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB erforderlichen Grundlagen. Die Entlassung der ...fläche aus der wasserstraßenrechtlichen Nutzung konnte angesichts der Stellungnahmen der Antragstellerin im Satzungsverfahren nicht (mehr) als sicher vorausgesetzt werden. Die Antragsgegnerin musste angesichts dieser Stellungnahmen auf eine eindeutige Klärung der Verfügbarkeit der für ihr "zentrales" Sanierungsziel erforderlichen Flächen hinwirken. Wenn dies - wie hier - unterbleibt, wird mit der Sanierungssatzung eine Regelung in Kraft gesetzt, die trotz ungeklärter Realisierungsmöglichkeit zu rechtlichen Beschränkungen für die in ihrem Geltungsbereich gelegenen Grundstücke - im Sinne einer Veränderungssperre (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) - und weiteren Folgewirkungen (§ 144 Abs. 2 BauGB) führt.

Der aufgezeigte Mangel haftete der angegriffenen Satzung bereits bei ihrem Inkrafttreten an; er besteht, wie der im vorliegenden Verfahren beibehaltene Standpunkt der Antragstellerin zeigt, bis heute unverändert fort.

III. Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin war nach alledem antragsgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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