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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.02.2005
Aktenzeichen: 1 LA 21/05
Rechtsgebiete: AsylVfG, AufenthG, AuslG, GG
Vorschriften:
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1 | |
AufenthG | |
AuslG § 51 Abs. 1 | |
GG Art. 16 a Abs. 1 |
2. Wird die Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung von Tatsachenfragen oder der Anwendungspraxis ausländischen Rechts erstrebt, bedarf es zur hinreichenden Darlegung des Zulassungsgrundes einer Auseinandersetzung mit der zu der aufgeworfenen Frage bereits vorliegenden Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe.
3. Art. 5 des aserbaidschanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 30. September 1998 knüpft an den registrierten Wohnsitz in Aserbaidschan zum 1. Januar 1999 an und nicht an das aserische Volkstum. (wie BayVGH, Urt. v. 07.05.2004, 9 B 01.31198; veröff. im Internet bei "asylnet", M 5679)
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
Az.: 1 LA 21/05
In der Verwaltungsrechtssache
Streitgegenstand: Feststellungen nach §§ 51, 53 AuslG, Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 11. Februar 2005 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 10. Dezember 2004 sowie der Prozesskostenhilfeantrag werden abgelehnt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragsverfahrens tragen die Kläger.
Gründe:
Die Kläger können die Zulassung der Berufung nicht beanspruchen. Der Entscheidung über den Zulassungsantrag ist das bis zum Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I. S. 1950) geltende Recht zugrundezulegen (§ 87 Abs. 2 Nr. 3, § 87b AsylVfG i. d. F. des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes, a.a.O.).
Die im Zulassungsantrag geltend gemachten Gründe führen nicht zur Berufungszulassung.
Hinsichtlich des aus § 51 AuslG (nunmehr: § 60 Abs. 1 AufenthG) abgeleiteten Schutzbegehrens berufen die Kläger sich auf die Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AsylVfG. Diese liegen nicht vor.
Einen "Rechtssatz" des Inhalts, dass eine Ausbürgerung oder dauerhafte Wiedereinreiseverweigerung die (asyl-)rechtliche Beziehung des Ausländers zu dem betroffenen Land auflöse, ist dem erstinstanzlichen Urteil nicht zu entnehmen; damit entfällt der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG). Aus den - im Stil einer Urteilskritik gefassten - Ausführungen auf S. 3 - 28 der Antragsschrift ist für das Vorliegen eines Zulassungsgrundes nichts zu entnehmen.
Die - zu § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG aufgeworfene - Frage, ob "Ausbürgerungen bzw. der Staatsangehörigkeitsverlust armenischer Volkszugehöriger im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 30.09.1998 der Republik Aserbaidschan an asylerhebliche Merkmale (hier der Volkszugehörigkeit) anknüpft", ist hinsichtlich ihrer Grundsatzbedeutung nicht hinreichend dargelegt. Angesichts des Umstandes, dass das genannte aserdaidschanische Gesetz (in deutscher Übersetzung abgedruckt bei Bergmann/Ferid, Int. Ehe- u. Kindschaftsrecht, Losebl., zu "Aserbaidschan", S. 6 ff.) in Art. 5 S. 1 Nr. 1 als Anknüpfungsmerkmal für die Staatsbürgerschaft an die "Registrierung der betreffenden Person an ihrem Wohnort ... zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes" (01.01.1999) anknüpft, hätte es besonderer Darlegung bedurft, warum (gleichwohl) ein asylerhebliches Merkmal betroffen sein soll. Dazu hätte auch in Anbetracht der dazu vorliegenden Rechtsprechung, die (auf S. 28 der Antragsschrift) nur unvollständig wiedergegeben wird, Veranlassung bestanden:
"... Art. 5 des aserbaidschanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 30. September 1998 knüpft an den registrierten Wohnsitz in Aserbaidschan zum 1. Januar 1999 an und nicht an das aserische Volkstum. Im Zusammenhang mit der ... Abmeldung von Amts wegen gerade der armenischen Volkszugehörigen, die sich de facto nicht mehr dauerhaft in der Republik Aserbaidschan aufhalten, könnte der Klammerzusatz in Art. 5 des Staatsangehörigkeitsgesetzes 1998 eine asylrelevante Maßnahme darstellen, weil die Weisung an das armenische Volkstum anknüpft und aserbaidschanische Staatsangehörige anderen Volkstums, die sich ebenfalls de facto nicht in Aserbaidschan aufhalten, nicht betrifft und ihnen damit die Staatsangehörigkeit erhalten bleibt (vgl. dazu 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25.11.1941, Reichsgesetzblatt S. 722). Der Senat ist jedoch, ebenso wie auch andere Verwaltungsgerichte (z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.11.2003 Az. LD 179/03 und VG Schleswig Holstein, Urteil vom 14.4.2004 Az. 4 A 54/01), der Ansicht, dass die Regelung nur den staatsrechtlichen Nachvollzug der durch Vertreibung und Flucht und mehrjährigen Auslandsaufenthalt verursachten Zerschneidung des Bandes der armenischen Volkzugehörigen zu Aserbaidschan darstellt. Aserbaidschan wollte auf diese Weise mit dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigengesetzes den staatsangehörigkeitsrechtlichen Zustand seiner Bevölkerung den tatsächlichen Gegebenheiten anpassen."
(BayVGH, Urt. v. 07.05.2004, 9 B 01.31198; veröff. im Internet bei "asylnet", M 5679)
Im Falle der Kläger kommt hinzu, dass angesichts ihrer Angabe, Aserbaidschan bereits 1988 verlassen zu haben, schon fraglich ist, ob sie jemals eine aserbaidschanische Staatsangehörigkeit innehatten; fehlte diese aber, konnte sie auch 1998 nicht "entzogen" werden. Dazu finden sich im Zulassungsantrag ebenfalls keine Darlegungen, obwohl dazu nach den Gründen des erstinstanzlichen Urteils (S. 5 - 10 des Urt.-Abdr., insbes. S. 5/6) Anlass bestanden hätte.
Hinsichtlich des aus § 53 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) abgeleiteten Schutzbegehrens führen die angeführten Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 - 3 AsylVfG ebenfalls nicht zum Erfolg.
Die gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG als grundsatzbedeutsam bezeichnete Fragestellung (S. 37 der Antragsschrift) ist verfehlt, weil eine "staatsangehörigkeitsrechtliche Prognosebasis" nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) weder gefordert wird noch anzuwenden ist.
Die gem. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG angenommene Divergenz (S. 36 der Antragsschrift) ist nicht dargelegt; der dem erstinstanzlichen Urteil "der Sache nach" entnommene Rechtssatz ist darin nicht zu finden.
Die zu § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO geltend gemachten Gehörsrügen (S. 29 ff. der Antragsschrift) im Hinblick auf die Ablehnung von Beweisanträgen (S. 31, 33, 34), das Vorliegen einer "Überraschung" (S. 32 unten), eine "geschönte Prognosebasis" (S. 34) und die Klärung der Lebenssituation in Armenien (S. 36) sind unbegründet. Angesichts der Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung, der - zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten - Auskünfte und Stellungnahmen (Anlage 1 zur erstinstanzlichen Verhandlungsniederschrift) und der in der mündlichen Verhandlung im Verfahren nach § 86 Abs. 2 VwGO abgelehnten Beweisanträge sowie der - ausführlichen und alle Einzelheiten sorgfältig behandelnden - Urteilsgründe sieht der Senat in Bezug auf die nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO geltend gemachten Gründe von einer weiteren Begründung der Ablehnung des Zulassungsantrages ab (§ 78 Abs. 5 S. 1 AsylVfG).
Die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages folgt aus § 166 VwGO, § 114 ZPO.
Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens haben die Kläger zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist mithin rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
Ende der Entscheidung
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