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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2006
Aktenzeichen: 1 LA 76/06
Rechtsgebiete: AsylVfG, AufenthG


Vorschriften:

AsylVfG § 78 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 1
1. Eine allgemeine Verfolgung von religiösen Minderheiten im Irak ist nicht festzustellen (s. Beschl. des Senats vom 12.07.2006, 1 LB 27/05 und vom 13.07.2005, 1 LA 68/05, AuAS 2005, 262).

2. Eine landesweite (gezielte) Verfolgung der religiösen Minderheit der Kaka(j)i durch staatliche, staatsähnliche oder nichtstaatliche Akteure im Irak ist nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht festzustellen.

3. Zur Darlegung einer grundsatzbedeutsamen Tatsachenfrage im Asylrecht muss sich der Zulassungsantrag mit der Auskunftslage auseinandersetzen, um darzulegen, ob und ggf. inwieweit die aufgeworfene Tatsachenfrage klärungsbedürftig und -fähig ist.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 1 LA 76/06

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Anerkennung als Asylberechtigter

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 25. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 15. Juni 2006 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1) Der Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist nicht gegeben.

a) Weder die Entscheidungserheblichkeit noch die Grundsatzbedeutung der (ersten) im Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, "ob die Verfolgung einer bestimmten religiösen Minderheit nur dann als politische Verfolgung zählen kann, wenn religiöse Minderheiten nicht allgemein verfolgt werden", sind hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 S. 4 AsylVfG).

Eine allgemeine Verfolgung von religiösen Minderheiten im Irak ist nicht festzustellen (s. Beschl. des Senats vom , 1 LB 27/05 und vom 13.07.2005, 1 LA 68/05, AuAS 2005, 262; Beschl. des OVG Koblenz v. 24.01.2005, 10 A 10001/05 (Juris) des OVG Lüneburg vom 24.11.2004, 9 LA 323/04 (Juris) und des VGH Mannheim v. 21.06.2006, A 2 S 571/05 (n. v.): alle zur - fehlenden - Verfolgung christlicher Minderheiten; OVG Münster, Beschl. v. 06.07.2004, 9 A 1406/02 (Juris), zu Jeziden). Entscheidungserheblich ist - im vorliegenden Fall - allein auf die religiöse Minderheit der Kaka(j)i im Irak abzustellen; dass diese Minderheit landesweit einer (gezielten) Verfolgung durch staatliche, staatsähnliche oder nichtstaatliche Akteure im Irak unterliegt, ist im Zulassungsantrag nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht festzustellen.

b) Zur (zweiten) Grundsatzfrage von tatsächlicher Bedeutung, ob "die Kakai als Gruppe im Irak politischer Verfolgung unterliegen", fehlen ebenfalls hinreichende Darlegungen. Es wird zwar - allgemein - umschrieben, was die Kaka(j)i als religiöse Gruppierung kennzeichnen soll (vgl. dazu im Internet auch "abc.net.au/rn/relig/spirit/stories/s805723.htm" - Interview), doch fehlt auch nur ein Ansatzpunkt dafür, dass (gerade) die Anhänger dieser religiösen Minderheit einer speziellen - nicht an individuelle Verhaltensweisen ihrer Anhänger anknüpfenden - (Gruppen-)Verfolgungsgefahr durch staatliche, staatsähnliche oder nichtstaatliche Akteure im gesamten Staatsgebiet des Irak ausgesetzt sein sollen. Unabhängig davon setzt sich der Zulassungsantrag auch nicht mit der Auskunftslage auseinander. Dies wäre geboten, um darzulegen, ob und ggf. inwieweit die aufgeworfene Tatsachenfrage klärungsbedürftig und -fähig ist.

2) Auch der Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG liegt nicht vor; eine Divergenz ist nicht dargelegt.

3) Schließlich führt auch § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG nicht zur Berufungszulassung. Es trifft - zwar - zu, dass das erstinstanzliche Urteil durch die Bezugnahme (S. 4 d. Urt.-Abdr.) auf die Gründe des angefochtenen Bescheides vom 09.03.2000 (S. 5) die aktuelle Sach- und Rechtslage (bzgl. § 60 Abs. 1 S. 4 lit. b, c AufenthG) nicht komplett erfasst, doch ist das Verwaltungsgericht - wengleich kurz - auf die Frage eingegangen, ob der Kläger durch Verfolgungen "staatlicher Art oder durch Dritte" gefährdet ist; eine "zielgerichtete und systematische" Verfolgung der Anhänger der Kata(j)i-Minderheit hat es verneint (Urt.-Abdr., S. 5). Damit liegt weder ein Gehörsverstoß noch ein Begründungsmangel (§ 108 Abs. 1 S. 2 VwGO) vor.

Auch bzgl. der psychischen Erkrankung der Klägerin gilt nichts anderes. Im Zulassungsantrag wird dazu kein Fall des § 138 Nr. 3 bzw. Nr. 6 VwGO dargelegt, sondern nur zum Ausdruck gebracht, dass die erstinstanzliche Urteilsbegründung nicht überzeugend sei. Die Berufungszulassung kann damit nicht erlangt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 83 b Abs. 1 AsylVfG, §§ 154 Abs. 1VwGO.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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