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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 1 LB 4/04
Rechtsgebiete: BImSchG, BauGB, LNatSchG SH, LVwG SH


Vorschriften:

BImSchG § 4 Abs. 1
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 3
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB § 35 Abs. 2
LNatSchG SH § 18
LNatSchG SH § 54 Abs. 1
LVwG SH § 112 Abs. 2
1) Eine Baustoffsortier- und -aufbereitungsanlage ist kein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 BauGB.

a)Sie ist nicht "ortsgebunden" i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB, weil sie auch an anderen Standorten zulässig und ausführbar und nicht auf die spezifische Eigenart eines Standortes angewiesen ist.

b) Eine solche Anlage ist auch nicht wegen ihrer "nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung" privilegiert. Durch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB soll nicht schlechthin jedes "emissionsträchtige" Vorhaben privilegiert werden, das wegen fehlender Plangebiete im Innenbereich nicht verwirklicht werden kann. Soweit Möglichkeiten bestehen, die Baustoffsortier- und -aufbereitungsanlage auch in einem Plangebiet im Innenbereich zu realisieren, bedarf es keiner Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, weil dann nicht angenommen werden kann, dass das Vorhaben im Außenbereich ausgeführt werden "soll".

2) Für eine Baustoffsortier- und -aufbereitungsanlage kommt eine Ausnahme von entgegenstehenden Bestimmungen einer Landschaftsschutzverordnung nur in Betracht, wenn dies in Anbetracht der Schutzzwecke des Landschaftsschutzgebiets als unbedenklich angesehen werden kann.

3) In der planerische Abwägung bedürfen objektiv geringwertige Belange keiner besonderen Berücksichtigung. Eine erloschene Genehmigung ist ein solcher (geringwertiger) Belang.

4) Eine als "Ergänzung" eines Kiesabbauvorhabens beantragte und genehmigte Anlage zur Mörtelproduktion ist (unselbständiger) Teil der Kiesabbaumaßnahme. Die Anlage teilt das Schicksal des Kiesabbaus; ihre Genehmigung erlischt zugleich mit Beendigung des Kiesabbaus (§ 112 Abs. 2 LVwG).


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 1 LB 4/04

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Genehmigung einer Baustoffsortierungs- und -behandlungsanlage

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 29. August 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht das beklagte Amt vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin erstrebt eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Sortierung und Behandlung von Baustellenabfällen.

Sie ist Eigentümerin von Grundstücken auf dem Gebiet der Gemeinde ... (Flurstücke 88, 89, 90, 91/1 und 92/2) sowie auf dem Gebiet der Gemeinde ... (Flurstück 131). Die Grundstücke liegen ca. 800 m westlich der Dorflage .... Sie sind über den ... Weg (auf ... Gebiet) bzw. den ... Weg (auf ... Gebiet) an öffentliche Verkehrsflächen angebunden. Nach dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) sind die Grundstücke als Bodenaufschüttungsfläche und als Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft ausgewiesen. Zum 14. Juli 1993 wurde der Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1) festgestellt, danach soll für den Bereich ein Naturerlebnisraum entwickelt werden.

Für die Grundstücke auf ... Gebiet wurde der Klägerin am 18. September 1979 erstmals eine Kiesabbaugenehmigung erteilt. In der Genehmigung (Ziff. 4.4) heißt es, dass nach Beendigung des Kiesabbaus auf den betroffenen Flächen "alle Bauten ... restlos zu entfernen" sind. Seit Januar 1982 betreibt die Klägerin eine Anlage zur Mörtelherstellung (Kiessiebanlage, Kalkmörtelanlage), die am 14. Januar 1982 auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 4 Nr. 7 u. 8 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG auf dem Flurstück 89 genehmigt worden ist.

Die Genehmigung zum Abbau von Kies auf den auf ... Gebiet gelegenen Flurstücken endete am 31. Dezember 1990. Anträge auf Verlängerung der Abbaugenehmigung bzw. auf Neuerteilung blieben erfolglos. Demgegenüber wurde für das (in ... gelegene) Flurstück 131 am 01. Juli 2002 Kiesabbau bis zum 31. Dezember 2012 genehmigt.

Am 15. November 1999 beantragte die Klägerin die Genehmigung einer Anlage zur Sortierung und Behandlung von Baustellenabfällen, die auf den Flurstücken 88/1, 92 und 93/2 - auf ... Gebiet - errichtet werden soll. Vorgesehen ist eine stationäre Sortieranlage, die aus den zu verarbeitenden Massen eine "Schwergutfraktion" zur weiteren Aufbereitung ausscheidet. Diese soll in eine Brecheranlage gegeben werden, in der Körnungen je nach Gebrauch gebrochen und klassifiziert werden. An der Sortier- bzw. Brecheranlage sollen mobile Geräte (Radlader, Bagger) eingesetzt werden. Weiter ist die Errichtung einer 20 x 20 m großen Halle zur Zwischenlagerung der angelieferten Bauabfälle, einer Waage und von Personal- und Sozialräumen (Container) vorgesehen. Das gebrochene Material soll auf Halden gelagert werden.

Die Beigeladene zu 1) versagte mit Schreiben vom 25. Januar 2000 ihr gemeindliches Einvernehmens zu dem Vorhaben.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2000 lehnte das beklagte Amt den Antrag ab und führte zur Begründung aus, die Genehmigung könne wegen entgegenstehender öffentlich-rechtlicher Vorschriften gem. § 6 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden. Hier stehe § 36 BauGB wegen des fehlenden gemeindlichen Einvernehmens entgegen; die Beigeladene zu 1) habe auf den Inhalt der 31. Änderung ihres Flächennutzungsplans verwiesen. Der Beigeladene zu 2) habe ausgeführt, der Flächennutzungsplan enthalte keine - erforderliche - Ausweisung als "Sondergebiet" für die hier beabsichtigte Nutzung. Nach der Kiesabbaugenehmigung vom 18. September 1979 (Ziffer 4.4) seien nach Beendigung des Kiesabbaus von den davon betroffenen Flächen "alle Bauten .... restlos zu entfernen". Das Vorhaben stehe den festgelegten Ausgleichsmaßnahmen nach Beendigung des Kiesabbaus entgegen. Es sei gem. § 21 LNatSchG auch im Hinblick auf die bevorstehende Landschaftsschutzverordnung unzulässig. Die Erschließung sei im Übrigen nicht gesichert und das Vorhaben sei mit unwirtschaftlichen Aufwendungen im ... Weg verbunden. Dies sei im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB relevant.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Amt mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2000 zurück. Dabei wurde i. w. auf die Gründe des Ausgangsbescheides Bezug genommen; weiter hieß es, eine eigentumsrechtliche geschützte Position der Klägerin liege nicht vor, da es vorliegend um die Zulassung eines neuen Vorhabens gehe.

Am 17. Oktober 2000 hat die Klägerin dagegen Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Zufahrt zu den für die Anlage vorgesehenen Flächen sei gesichert. Eine Ausnahmegenehmigung wegen der gewichtsbeschränkten öffentlichen Straßen sei wegen vorhandener Sonderbeschilderung nicht erforderlich. Die Änderung des Flächennutzungsplanes sei erst nach Antragstellung erfolgt. Eine Einbeziehung der für die Anlage vorgesehenen Flächen in ein Landschaftsschutzgebiet sei fehlerhaft. Die vorhandene Mörtelanlage genieße auf Grund der dafür erteilten gesonderten Genehmigung Bestandsschutz.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des beklagten Amtes vom 15. Februar 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 20. September 2000 aufzuheben und das beklagte Amt zu verpflichten, ihren Antrag neu zu bescheiden.

Das beklagte Amt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide bezogen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigeladene zu 2) ist der Ansicht, die Klägerin habe nach Beendigung des Kiesabbaus auf den ... Flächen die zur Renaturierung und Rekultivierung erforderlichen Arbeiten abzuschließen. Eine Folgenutzung sei nur in Form von Landwirtschaft vorgesehen. Hinsichtlich der noch vorhandenen Produktionsanlagen werde eine Anordnung zum Abbau ergehen; Bestandsschutz liege insoweit nicht vor. Im Hinblick auf das (seinerzeit vorgesehene) Landschaftsschutzgebiet seien die vorgesehenen Maßnahmen gem. § 21 Abs. 3 LNatSchG unzulässig. Die beantragte Anlage stelle einen neuen Eingriff dar; eine Befreiung nach § 54 LNatSchG könne dafür nicht in Aussicht gestellt werden.

Das Verwaltungsgericht - 12. Kammer - hat durch Urteil vom 29. August 2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Anlage des Klägers sei gem. §§ 6, 19 BImSchG, § 1 der 4. BImSchV i. V. m. des Anhangs Nr. 2.2 und Nr. 8.11 a (jeweils Spalte 2) genehmigungsbedürftig. Dem Vorhaben stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen: Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) werde als öffentlicher Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB beeinträchtigt. Auf den als " Fläche für die Landwirtschaft" ausgewiesenen Flächen seien "Flächen für Aufschüttungen" mit dem Zusatz "Auffüllung im Rahmen einer Geländemodellierung unter grundsätzlicher Beibehaltung der Sohle der ausgebauten Kiesgrube" vorgesehen. Das Vorhaben der Klägerin widerspreche diesen Darstellungen. Die Wirksamkeit des Flächennutzungsplanes i. d. F. der 31. Änderung unterliege keinen Bedenken. Der Plan sei auch nicht im Hinblick auf die Mörtelproduktionsanlage funktionslos geworden. Die Planung, das Altabbaugebiet zu renaturieren und zu rekultivieren, sei nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Zudem sei vorliegend keine nachträgliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die sich der Flächennutzungsplan beziehe, eingetreten. Das Vorhaben widerspreche auch dem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1) vom 14. Juli 1993, was gem. § 35 Abs. 2 BauGB zu beachten sei. Im Landschaftsplan seien die betreffenden Flächen für Renaturierung und Rekultivierung vorgesehen. Dem widerspreche die geplante Anlage. Ob auch die Landschaftsschutzverordnung "... Seenplatte und ..." des Beigeladenen zu 2) entgegenstehe, könne danach offen bleiben, ebenso, ob die Erschließung gesichert sei. Soweit das Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sein sollte, sei zwischen den betroffenen Belangen abzuwägen. Die Privilegierung komme aber nicht zum Tragen, wenn ein Flächennutzungsplan eine eindeutige, dem Vorhaben entgegenstehende standortbezogene Aussage enthalte. So liege es hier: Ziel der Überplanung im Flächennutzungsplan sei ein Naturerlebnisraum. Damit sei der für das Vorhaben der Klägerin vorgesehene Standort qualifiziert anderweitig verplant. Entsprechendes gelte auch für den Inhalt des Landschaftsplans. Diese Belange könnten nicht durch den Belang einer Entsorgungsmöglichkeit für Baustellenabfälle überwunden werden. Auf den Bestandschutz einer Mörtelanlage könne die Klägerin sich nicht berufen, denn hier gehe es um andere, neue Anlage.

Gegen dieses ihr am 20. Januar 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Februar 2003 die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat diesem Antrag mit Beschluss vom 30. Januar 2004 entsprochen.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Vorhaben sei zulässig. Der gemeindliche Flächennutzungsplan und Landschaftsplan stünden ihm nicht entgegen. Diese Planungen hätten sich von den tatsächlichen Gegebenheiten entfernt. Im Hinblick auf die vorhandene, bestandsgeschützte Mörtelfabrikanlage sei es unrealistisch, im genannten Bereich von entgegenstehenden Naturschutzbelangen auszugehen. Wegen des genehmigten Kiesabbaus auf dem Flurstück 131 sei mit Kiesabbau, der der Mörtelherstellung diene, noch für mehrere Jahrzehnte zu rechnen. Eine Abwägung des öffentlichen Belangs einer Versorgung mit Anlagen zur Beseitigung von Baustellenabfällen sei nicht erfolgt. Im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Erschütterungen, den Staub und den Lärm sei die vorgesehene Anlage nur im Außenbereich auszuführen. Durch die Abgeschiedenheit der Anlage und die entfernte Lage des nächsten Immissionsorts sei hier sogar ein Nachtbetrieb zulässig. Auch eine vernünftige Optimierung wirtschaftlicher Betätigung sei ein wichtiger öffentlicher Belang. Die Landschaftsschutzverordnung könne der begehrten Anlage nicht entgegenstehen; sie sei nichtig. Die Verkehrserschließung sei geregelt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nach dem erstinstanzlichen Klagantrag zu erkennen.

Das beklagte Amt beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 2) weist darauf hin, dass für die Altabbaufläche eine Rekultivierungsanordnung bereits ergangen sei, die auch die Beseitigung aller baulichen Anlagen und gelagerten Materialien erfordere. Die für die Mörtelanlage erteilte Genehmigung sei mit Ablauf der naturschutzrechtlichen Abbaugenehmigung ebenfalls erloschen. Die Anlage sei i. ü. ohne großen Aufwand an anderer Stelle wieder zu errichten. Die Beigeladene zu 1) habe auch auf der Grundlage des (nochmals) geänderten Flächennutzungsplans ihr Einvernehmen zu einem erneuten Kiesabbau versagt.

Der Berichterstatter hat am 26. März 2004 einen Ortstermin durchgeführt und Fotos aufgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze - nebst Anlagen - und die Verwaltungsvorgänge des beklagten Amtes, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist fristgerecht begründet worden (§ 124 a Abs. 6 S. 1 VwGO). Sie ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann die begehrte Genehmigung nicht beanspruchen, weil ihrer Erteilung öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG).

Die von der Klägerin geplante Anlage zur Sortierung und Behandlung von Baustellenabfällen (mit Steinbrecher) bedarf gem. § 4 Abs. 1 BImSchG, § 1 Abs. 1 S. 1 der 4. BImSchV i. V. m. Nr. 2.2 und 8.11 Buchst. a Spalte 2 des Anhangs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und auch aus der Sicht des Senats nicht zweifelhaft.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG müsste die Anlage mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Einklang stehen; das ist nicht der Fall.

Die Frage, ob insoweit abfallwirtschaftsrechtliche Vorschriften eingreifen (§ 4 Abs. 3, § 5 Abs. 2, 3 KrW-/AbfG), ist bisher nicht erörtert worden (vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 10.12.1999, 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671 ff.; VGH Kassel, Beschl. v. 14.02.1990, 3 TH 182/90, NuR 1990, 471); der Streit der Beteiligten konzentriert sich auf entgegenstehende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Die danach geltenden Bestimmungen sind dem Vorhaben der Klägerin zu Recht entgegengehalten worden.

Die geplante Anlage liegt im Außenbereich. Sie ist bauplanungsrechtlich somit nach § 35 BauGB zu beurteilen.

Die Baustoffsortier- und Aufbereitungsanlage ist kein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB. Die Fälle nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 BauGB liegen nicht vor.

Als "ortsgebundener gewerblicher Betrieb" i. S. d. Nr. 3 ist die geplante Anlage nicht einzuordnen, denn nach ihren Anforderungen ist sie auch an anderen Standorten zulässig und ausführbar. Allein die von der Klägerin geltend gemachten Lärm- und (ggf. auch) Staubemissionen genügen für eine Standortgebundenheit i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nicht; erforderlich ist vielmehr, dass die beabsichtigte gewerbliche Nutzung nach ihrem Gegenstand nur an diesem Standort betrieben werden kann, also auf die spezifische Eigenart des Standortes angewiesen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974, IV C 76.71, NJW 1975, 550; Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rn. 53; vgl. demggü. zum Kiesabbau Urt. des Senats v. 24.10.1995, 1 L 166/94, NVwZ-RR 1997, 14). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Anlage ist auch nicht wegen ihrer "nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung" privilegiert. Die Vorschrift in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erfasst Vorhaben im Außenbereich nur dann, wenn sie wegen ihrer Emissionen in keinem Plangebiet der Gemeinde verwirklicht werden können. Die Vorschrift will allerdings nicht schlechthin jedes "emissionsträchtige" Vorhaben privilegieren; sie enthält insbesondere keinen allgemeinen Auffangtatbestand für die Privilegierung von Vorhaben, die wegen fehlender Plangebiete im Innenbereich nicht verwirklicht werden können. Vorhaben, die aufgrund einer vorausschauenden Planung bestimmten Baugebieten zugewiesen werden können, sind nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Dies gilt bei kleineren Gemeinden sogar mit der Maßgabe, dass der Vorhabenträger sich ggf. auf ein geeignetes Baugebiet in einer Nachbargemeinde verweisen lassen muss (Söfker, a.a.O., Rn. 55, Taegen, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 35 Rn. 40). Soweit Möglichkeiten bestehen, die Baustoffsortier- und -aufbereitungsanlage auch in einem Plangebiet im Innenbereich zu realisieren, bedarf es bei der - gebotenen - wertenden Betrachtungsweise keiner Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, weil dann nicht angenommen werden kann, dass das Vorhaben im Außenbereich ausgeführt werden "soll" (ebenso OVG Bautzen, Urt. v. 18.06.2003, 4 B 128/01, NVwZ 2004, 1138 - für eine Bauschuttrecyclinganlage).

Im vorliegenden Fall bestehen solche Möglichkeiten. Nach der - in der mündlichen Berufungsverhandlung im einzelnen erörterten - Bauleitplanung der Beigeladenen zu 1) könnte die Klägerin ihr Vorhaben an anderer Stelle im Gemeindegebiet - planungsrechtlich zulässig - verwirklichen. Die Beigeladene zu 1) weist in ihrer Bauleitplanung noch zwei Gewerbegebiete (davon eines mit einem ehemaligen Betonwerk) aus, die zur Realisierung des Vorhabens der Klägerin in Betracht kommen. Angesichts des Umstandes, dass die hier zu beurteilende Anlage der Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV zugeordnet ist, so dass gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 4. BImSchV ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren i. S. d. § 19 BImSchG zulässig ist, kommt eine Realisierung einer Anlage der von der Klägerin geplanten Art auch in einem Gewerbegebiet in Betracht (Urt. des Senats v. 04.09.2003, 1 KN 11/02, n. v.; vgl. auch Schütz, VBlBW 2000, 355). Sollte die von der Klägerin geplante Anlage trotz des auf das vereinfachte Genehmigungsverfahren i. S. d. § 19 BImSchG gerichteten Antrags mit einem solchen Emissionspotenzial ausgestattet sein, dass ihre Realisierung in den o. g. Baugebieten der Beigeladenen zu 1) nicht möglich ist, ist sie auch als Außenbereichsvorhaben nicht privilegiert. Sie müsste dann in einem - noch zu schaffenden - Plangebiet untergebracht werden (so auch OVG Bautzen, a.a.O.).

Mangels einer Privilegierung ist die geplante Baustoffsortier- und -aufbereitungsanlage somit als "sonstiges Vorhaben" i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB einzuordnen; der Zulässigkeit der Anlage stehen öffentliche Belange entgegen. Konkret ergeben sich diese aus den Bestimmungen der am 26. Februar 2003 erlassenen Landschaftsschutzverordnung "... Seenplatte und ..." des Beigeladenen zu 2). Das Verwaltungsgericht hat - darüber hinaus - zu Recht darauf abgestellt, dass dem Vorhaben auch der Flächennutzungsplan und der Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1) (§ 35 Abs. 3 Nr. 1, 2 BauGB) entgegen stünden.

Die vom Beigeladenen zu 2) erlassene Landschaftsschutzverordnung "Pönitzer Seenplatte und Haffwiesen" (im Folgenden: LSG-VO) führt zur Unzulässigkeit aller Nutzungsansprüche, die den Charakter des Landschaftsschutzgebietes verändern können oder die seinem Schutzzweck zuwider laufen (§ 4 Abs. 1 LSG-VO). Zum Schutzzweck gehören nicht nur Schutz und Pflege des Landschaftsbildes, sondern auch eine naturverträgliche Erholung (§ 3 Abs. 2 LSG-VO).

Das Vorhaben der Klägerin ist mit diesen Schutzzwecken nicht vereinbar. Die vorgesehenen festen Bauten und Anlagen (Sortier-, Brecheranlage) sowie der Betrieb führen sowohl zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes wie auch der Möglichkeit einer naturverträglichen Erholung. Die Landschaftsschutzverordnung ist hinsichtlich ihrer Schutzzwecke und ihres Geltungsbereichs von den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 1 LNatSchG getragen; auch - speziell - die Einbeziehung der Grundstücke der Klägerin in ihren Geltungsbereich ist nicht zu beanstanden (s. Urt. des Senats in dem Normenkontrollverfahren 1 KN 42/03). Der Umstand, dass die Landschaftsschutzverordnung erst "nachträglich", d. h. nach Stellung des Genehmigungsantrages der Klägerin in Kraft getreten ist, ist für die vorliegende Entscheidung unerheblich, denn die Klägerin kann die (begehrte) Verpflichtung des beklagten Amtes zur Genehmigung der Baustoffsortier- und -aufbereitungsanlage nicht mehr beanspruchen, wenn dieser Verpflichtung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein durchgreifender Rechtsgrund - wie es hier der Fall ist - entgegensteht.

Die Klägerin kann auch keine Ausnahme von der ihrem Vorhaben entgegenstehenden Bestimmung in § 4 Abs. 1 LSG-VO beanspruchen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO können - nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 LNatSchG - zwar für bauliche Anlagen Ausnahmen zugelassen werden, doch stünden vorliegend einer Ausnahme zur Ermöglichung des Vorhabens der Klägerin die Belange des Naturschutzes, wie sie in den Schutzzwecken nach § 3 Abs. 2 LSG-VO enthalten sind, entgegen. Die Realisierung der Bauschuttsortier- und -aufbereitungsanlage in dem Landschaftsschutzgebiet kann in Anbetracht dieser Schutzzwecke nicht als unbedenklich angesehen werden (vgl. zu diesem Entscheidungsmaßstab Urt. des Senats v. 18.02.1992, 1 L 2/91, NuR 1993, 344).

Das Vorhaben der Klägerin ist - unabhängig davon - auch auf der Grundlage der Bauleitplanung der Beigeladenen zu 1) nicht genehmigungsfähig.

Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) steht auch in seiner jüngsten Fassung dem Vorhaben der Klägerin entgegen. Die hier interessierende Flurstücke 88/1, 92 und 92/3 (im Bereich der "alten" Kiesgrube) sind - nach wie vor - der Fläche für die Landwirtschaft zuzurechnen (Bodenaufschüttungsfläche); dies ist in der mündlichen Berufungsverhandlung nochmals erläutert worden. Eine Vorrangnutzung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB wird nicht ausgewiesen. Dazu bestand für die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf die noch vorhandenen Gewerbegebiete im Gemeindegebiet auch kein Anlass. Die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil (S. 13-15 des Urt.-Abdr.) zur entgegenstehenden Flächennutzungsplanung bleiben nach wie vor richtig; der Senat nimmt darauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 130 b S. 2 VwGO).

Soweit die Klägerin den Flächennutzungsplan für abwägungsfehlerhaft und (deshalb) unwirksam hält, weil die Beigeladene zu 1) das Interesse am Kiesabbau und die "bestandskräftig" genehmigte Mörtelproduktionsanlage nicht hinreichend abgewogen haben, ist dem nicht zuzustimmen. Die Beigeladene zu 1) musste den Belangen der Klägerin im Planungsverfahren keinen Vorrang vor anderen Planungszielen einräumen. Zum Kiesabbauinteresse ist - weiterhin - die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die bereits im Beschluss des 2. Senats des erkennenden Gerichts vom 27.08.1999 (2 L 181/98, NordÖR 1999, 455) niedergelegt ist. Was die Mörtelproduktionsanlage anbetrifft, hatte die Beigeladene zu 1) keinen Anlass, diese in besonderer Weise in die planerische Abwägung einzustellen. Der insoweit betroffene Belang der Klägerin ist objektiv geringwertig, weil nicht, wie die Klägerin meint, von einer "bestandsgeschützten" Anlage auszugehen ist. Die am 14. Januar 1982 genehmigte Anlage sollte nach eigener Darstellung der Klägerin die Sandaufbereitung "ergänzen": Der bisher "roh" vermarktete Sand sollte verstärkt als Mörtel abgesetzt werden (Betriebsbeschreibung der Klägerin vom 11.08.1981). Dies belegt, dass die Anlage (unselbständiger) Teil der Kiesabbaumaßnahme ist. Damit teilt die Mörtelanlage das Schicksal des am 18. September 1979 genehmigten - bis zum 31. Dezember 1990 befristeten - Kiesabbaus. Die Genehmigung der Mörtelanlage ist - mit anderen Worten - zugleich mit Beendigung des Kiesabbaus in ... erloschen (§ 112 Abs. 2 LVwG). Der (viel) später (neu) genehmigte Kiesabbau auf dem Flurstück 131 in der Nachbargemeinde ... ändert daran nichts; die erloschene Genehmigung lebt dadurch nicht wieder auf. Die Beigeladene zu 1) hatte vor diesem Hintergrund keinen Anlass, in eine besondere planerische Abwägung wegen der Mörtelproduktionsanlage einzutreten. Die Wirksamkeit ihrer Flächennutzungsplanung kann mit dieser Erwägung nicht in Frage gestellt werden.

Dem Vorhaben der Klägerin steht schließlich auch der zum 14. Juli 1993 festgestellte Landschaftsplan (§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1, 3 LNatSchG) der Beigeladenen zu 1) entgegen. Der Landschaftsplan zielt darauf ab, auf den für das Vorhaben der Klägerin auserkorenen Flächen einen Naturerlebnisraum für eine ortsnahe Erholung vorzusehen. Es liegt auf der Hand, dass das Vorhaben der Klägerin diesem Ziel widerspricht (§ 35 Abs. 3 Nr. 2 BauGB).

Die Klägerin hat - nach alledem - unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf die begehrte Genehmigung.

Die Berufung ist dementsprechend mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Hinsichtlich der Beigeladenen, die keine Anträge gestellt haben, folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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