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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.11.2001
Aktenzeichen: 11 A 308/98
Rechtsgebiete: GG, Reichsvermögensgesetz


Vorschriften:

GG Art. 134
Reichsvermögensgesetz § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 11 A 308/98

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Rückfallvermögen

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 11. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2001 durch den Richter am Verwaltungsgericht ..........als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auskehrung des Erlöses, den die Beklagte durch die Veräußerung von Grundstücken erzielt hat, deren Rückübereignung die Klägerin (zuvor) unter Berufung auf Art. 134 Abs. 3 Grundgesetz (- GG -) i.V.m. § 5 Reichsvermögensgesetz (- RVG -) vom 16.05.1961 (BGBl. I S. 597) geltend gemacht hatte.

Bei den Grundstücken handelt es sich um Flächen der Gemarkung Tinnum, Flur 1, Flurstück 45; Gemarkung Norddörfer, Flur 6, Flurstück 126/4 und Gemarkung Keitum, Flur 1, Flurstück 66, die insgesamt 14,4646 ha umfassen Wegen der Einzelheiten wird auf den von der Klägerin eingereichten Lageplan des Stadtbauamtes Westerland Bezug genommen, in dem die geltend gemachten Flächen schraffiert und rot-braun eingefärbt sind.

Die Klägerin betrieb bereits seit den 20er Jahren auf einem in ihrem Eigentum stehenden Gelände einen kleinen Flugplatz, der insbesondere dem Bäderflugdienst diente. Im Jahre 1934 kam es zu Verhandlungen der Stadt mit der Deutschen Luftwaffe, die sich darum bemühte, für die Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS) auf Sylt einen Flugplatz einzurichten. Die DVS sollte dem durch den Versailler Vertrag erheblichen Restriktionen unterworfenen Deutschen Reich in gewissem Umfang einen militärischen Flugbetrieb ermöglichen. Aus diesem Grund wurden die Verhandlungen auch getarnt geführt. Der Reichsminister der Luftfahrt teilte in einem Schreiben vom 01.09.1934 der Klägerin mit, dass die DVS bereit sei, die Vergrößerungen des Flugplatzes in Westerland sofort vorzunehmen, wenn die Gemeinde Westerland die ihr gehörigen Flächen in Größe von 29 ha kostenlos der DVS zur Verfügung stelle, und zwar zu Eigentum, wobei vereinbart werden könne, dass das Gelände von der DVS wieder zur Verfügung gestellt werde, wenn die Flächen für den Flugbetrieb nicht mehr benötigt würden. Im gleichen Jahr übernahm das Deutsche Reich den städtischen Flugplatz, erweiterte ihn und nahm ihn als Militärflugplatz in Benutzung. Am 17.04.1937 wurde zwischen der Klägerin und dem Deutschen Reich ein Kaufvertrag geschlossen, kraft dessen von der Klägerin an das Deutsche Reich für Zwecke des Flugplatzes Westerland Grundstücksparzellen in einer Gesamtgröße von 33,9766 ha ohne Entschädigung übereignet wurden. Nach § 2 des Kaufvertrages sollte für den Fall, dass der Reichsfiskus die Grundstücke oder Teile von ihnen nicht mehr benötigte, eine Rückübereignung stattfinden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 17.04.1937 (Bl. 44 - 47 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nahmen die Briten, zunächst auf besatzungsrechtlicher, dann auf stationierungsrechtlicher Grundlage das Flughafengelände in Anspruch. Nach deren Abzug übernahm 1961 die Bundeswehr die Grundstücke. Die Beklagte wurde zu einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 03.01.1962 machte die Klägerin über den Landrat des Kreises Südtondern einen Rückübertragungsanspruch nach § 5 RVG geltend (vgl. insoweit das Sitzungsprotokoll der Stadtvertretung der Stadt Westerland vom 06.06.1963 zu Punkt 8 der Tagesordnung, S. 12 des Protokolls, Bl. 50 der Gerichtsakte). Nach dem Sitzungsprotokoll (a.a.O.) wurde dieser Anspruch von der Beklagten zurückgewiesen. Es heißt in dem Sitzungsprotokoll (a.a.O.), dass nach einem abschriftlich übersandten Bericht der OFD Kiel an den Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein der Bund gemäß § 5 Abs. 2 RVG seinen Bedarf an den seinerzeit übereigneten Liegenschaften geltend mache, weil diese in vollem Umfang vom Bund für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt würden, die als Rückfallvermögen beanspruchten Flächen auf dem Flugplatz Westerland gehörten in vollem Umfang zum militärisch genutzten Gelände des Bundeswehrflugplatzes. Daraufhin teilte die Klägerin dem Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 20.06.1963 mit, dass die Stadtvertretung aufgrund des § 5 Abs. 2 RVG den Anspruch des Bundes auf weitere unentgeltliche Nutzung der seinerzeit übertragenen Liegenschaften für die Dauer des eigenen Verwaltungsbedarfs des Bundes anerkenne.

Mit Schreiben vom 17.12.1993 unterrichtete die Standortverwaltung Westerland die Klägerin über die Abgabe der Grundstücke an die Bundesfinanzverwaltung mit Wirkung vom 01.01.1994. Daraufhin machte die Klägerin erneut Ansprüche auf Rückübertragung gegen die Beklagte mit Schreiben vom 30.03.1995 geltend. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 21.07.1995 die Rückübertragung ab, einerseits mit dem Hinweis, dass die betreffenden Flächen größtenteils weiterhin für Zwecke der Bundeswehr genutzt würden, andererseits, weil der Anspruch auch dem Grunde nach nicht bestehe. Nach weiterem Schriftwechsel hat die Klägerin unter dem 25.11.1998 Klage erhoben, zunächst mit dem Ziele der Rückübereignung der Grundstücke.

Sie trägt vor, dass die streitgegenständlichen Grundstücke von dem Vertrag vom 17.04.1937 erfasst seien. Es handele sich um einen Teil der Parzellen, wie sie einschließlich der maßgeblichen Flurkarten und Vermessungshinweise in dem von ihr eingereichten Lageplan "Flughafen Sylt" enthalten seien. Aus dem Plan sei einerseits die Fläche ersichtlich, die die Beklagte derzeit noch für militärische Zwecke benötige, andererseits auch die Fläche, die von der Beklagten nicht mehr gebraucht werde.

Die Anspruchsvoraussetzungen aus Art. 134 Abs. 3 GG i.V.m. § 5 RVG lägen vor. Der Regelungsbereich des Anspruchs aus Art. 134 Abs. 3 GG sei eröffnet, Gegenstand des Anspruches sei Vermögen, das dem Deutschen Reich durch sie im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 RVG unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden und für das Bundesverwaltungsbedarf nicht mehr vorhanden sei. Die Unentgeltlichkeit der Übertragung könne nicht in Zweifel stehen, weil bereits bei den parlamentarischen Beratungen Einigkeit dahingehend bestanden habe, dass allgemeine Vorteile aus der Errichtung einer Garnison kein Entgelt in dem Sinne sein könnten, dass durch sie die Zurverfügungstellung der Grundstücke zu einer entgeltlichen werde. Selbst eine geringfügige unmittelbare Gegenleistung schließe die Annahme einer Unentgeltlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. Art. 134 Abs. 3 GG nicht aus. Der Begriff der Unentgeltlichkeit dürfe im Hinblick auf Sinn und Zweck des Art. 134 Abs. 3 GG nicht eng ausgelegt werden. Im Hinblick auf die streitgegenständlichen Grundstücke ergebe sich die Unentgeltlichkeit aus § 1 des Vertrages vom 17.04.1937, der ausdrücklich vorgesehen habe, dass die Grundstücke "ohne Entschädigung" in das Eigentum des Reichsfiskus hätten übergehen sollen. Auch die ihr eingeräumten Mitbenutzungsrechte ergäben nichts anderes.

Der Anspruch sei auch durch § 5 Abs. 2 RVG nicht ausgeschlossen. Denn der Bund benötige die streitgegenständlichen Grundstücke mit Aufgabe der militärischen Nutzung nicht (mehr) für eigene Verwaltungsaufgaben. Schließlich habe sie den Rückübereignungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht. Der Restitutionsanspruch knüpfe gemäß Art. 134 Abs. 3 GG an die Voraussetzung, dass der Bund den Vermögensgegenstand nicht für eigene Verwaltungsaufgaben benötige. Der dauernde Bundesverwaltungsbedarf weise dabei keinen Stichtagsbezug zum In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes am 01.08.1961 oder zu einem anderen fixen Stichtag auf. Vielmehr sei während eines durch die Geltendmachung eines Rückfallanspruchs initiierten Rückfallverfahrens jederzeit aufgrund der aktuell bestehenden Sach- und Rechtslage über einen geltend gemachten Bedarf des Bundes zu entscheiden. Dies ergebe eine einfachrechtliche Deutung des Rückfallvermögensrechts. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG komme es zwar auf einen Bezugspunkt für die Bestimmung des Bedarfs als "vorübergehend" bzw. "nicht nur vorübergehend" an, doch lasse der Wortlaut der Norm keine Anhaltspunkte für eine fixe Stichtagsakzessorität erkennen. Die Einwendungsregelung des § 5 Abs. 2 RVG sei nur in dem (verfahrensrechtlichen) Sinn geregelt, dass ein Rückfallverfahren eingeleitet worden sein müsse. Der geltend gemachte Bundesverwaltungsbedarf sei auf eine aktuelle Entscheidungssituation in diesem Verfahren bezogen. Auch die historische Interpretation ergebe keine Hinweise für ein Stichtagsprinzip. Nach der amtlichen Begründung zum Reichsvermögensgesetz habe die Entscheidung über die Voraussetzungen eines Dauerbedarfs der Praxis überlassen bleiben sollen. Der systematische Kontext zeige ebenfalls nichts Abweichendes. Die Vorschrift behalte auch ihren Sinn ohne fixe Stichtagsregelung; Abs. 1 Satz 3 spreche sogar gegen eine solche, indem er deutlich mache, dass zwischen In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes und der Geltendmachung des Restitutionsanspruchs ein längerer Zeitraum liegen könne.

Schließlich habe die Fristvorschrift ihren Niederschlag in § 5 Abs. 1 RVG gefunden, der den Regelfall der Rückübertragung regele. § 5 Abs. 2 RVG betreffe nur den Ausnahmefall. Auch § 5 Abs. 2 Satz 2 RVG fordere nicht ein Stichtagsprinzip. Zwar enthalte diese Vorschrift eine solche Komponente, jedoch mit völlig anderem Regelungsbezug. Sie diene nämlich dazu, die Bundesverwaltung nicht durch das In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes zu überraschen. Auch § 5 Abs. 3 RVG stehe dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen; insbesondere handele es sich nicht um ein Einwendungsrecht im rechtstechnischen Sinne, eine rechtsbegründende Funktion für die Eigentumslage komme ihr nicht zu. Der Stichtagsbezug des vorübergehenden Bundesverwaltungsbedarfs auf den 01.08.1961 habe lediglich den Zweck eines Bestandsschutzes. Dies werde letztlich auch durch die verfassungskonforme Auslegung des Reichsvermögensgesetzes bestätigt, wonach eine Stichtagsregelung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Reichsvermögensgesetzes nicht gewollt sei. Art. 134 Abs. 3 GG ziele auf eine Rückübertragung von Finanzvermögen auf den ehemaligen Rechtsinhaber. Demgegenüber wolle das Grundgesetz den Bund nicht berechtigen, neues Finanzvermögen zu seinen Gunsten zu requirieren. Mit diesem Zweck sei eine Deutung des Rückfallvermögensrechtes unvereinbar, wonach die Geltendmachung eines Bundesverwaltungsbedarfes zu einem bestimmten Zeitpunkt schon zu einer endgültigen Eigentumsposition des Bundes führe. Eine Rückübertragung solle nach Art. 134 Abs. 3 GG immer dann erfolgen, wenn und soweit der Bund den Vermögensgegenstand nicht mehr benötige. Daher könne ein Rückfallanspruch auch noch lange nach In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes geltend gemacht werden, wenn der Bund Vermögenswerte nicht mehr für eigene Verwaltungsaufgaben benötige. Bei der Ausschlussfrist des § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 RVG handele es sich um eine hemmbare Präklusionsfrist, was sich aus der Formulierung des Satzes 3 ergebe, wonach der Fristbeginn auch von einer Kenntnis des Berechtigten abhängig sei. Es liege ein von Anfang an suspensiv bedingtes Recht vor, wobei auch andere Umstände als die Unkenntnis eine anfängliche Hemmung der Frist begründen könnten. Dementsprechend liege eine Hemmung des Beginns der Frist des § 5 Abs. 1 Satz 2, 3 RVG vor, wenn auf Seiten des Bundes ein Hindernis für die Übertragung des betreffenden Rückfallvermögens bestehe, das dem Anspruchsberechtigten die Durchsetzung des Rückfallrechts unmöglich mache. Erst der konkret abzusehende Wegfall des Bundesverwaltungsbedarfs bewirke eine Zäsur, sodass sich dann die Frage nach einem kommunalen Restitutionsanspruch erneut stelle. Dies sei in ihrem Falle zu berücksichtigen.

Nachdem die Beklagte in Abstimmung mit der Klägerin die von dieser in dem von ihr eingereichten Lageplan kenntlich gemachten Grundstücke mit Kaufvertrag vom 30.12.1998 an den Marine-Golf-Club Sylt e.V., Westerland, zu einem Durchschnittsquadratmeterpreis von 8,50 DM zu einem Preis von 1.229.491,00 DM veräußert hat und zwischenzeitlich auch die Eigentumsumschreibung erfolgt ist, beantragt die Klägerin nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 1.229.491,00 DM nebst 5 % Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz seit Antragszustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass sich aus dem der Klage beigefügten, vom Stadtbauamt gefertigten Lageplan die Identität der früheren Grundstücke, die Gegenstand des Kaufvertrages vom 17.04.1937 gewesen seien, mit den streitgegenständlichen Grundstücken nicht belegen lasse. Zur Bestimmung des Streitgegenstandes müsse die Klägerin die jeweiligen Bestätigungen der Katasterverwaltung vorlegen, aus denen sich die Grundstücksentwicklung lückenlos nachvollziehen lasse und die nur so eine Identitätsbestimmung zuließen. Infolge dessen müsse sie die Identität bestreiten.

Die Klage sei des Weiteren unzulässig, weil der nunmehr von der Klägerin gestellte Antrag ein ganz anderes Ziel zum Gegenstand habe als sie ursprünglich mit der Klage verfolgt habe. In eine Klagänderung könne sie nicht einwilligen.

Die Klage sei aber auf jeden Fall unbegründet. Es liege keine unmittelbare oder durch einen Dritten erfolgte unentgeltliche Zurverfügungstellung der Grundstücke durch die Klägerin im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 RVG vor. Die Klägerin habe die Grundstücke weder aus ihrem Grundstücksvermögen übertragen noch den Verkauf an das Deutsche Reich finanziert. Sie habe vielmehr die Grundstücke von Dritten mit Mitteln des Deutschen Reiches, die nicht nur darlehensweise gegeben worden seien, angekauft und auf das Reich übereignet. Sie sei dabei aus Tarnungsgründen treuhänderisch als Käuferin für das Deutsche Reich aufgetreten, wie sich aus einem Schreiben der Fliegerhorstkommandantur Westerland vom 26.11.1943 ergebe und sei daher nicht mit dem Willen zum Erwerb auf eigene Rechnung tätig geworden, sondern von vornherein für Rechnung des Deutschen Reiches.

Unabhängig davon sei ein Rückfallrecht der Klägerin weder 1961 bei In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes noch 1994 infolge der Freigabe der Grundstücke durch die Bundeswehr entstanden bzw. "wieder aufgelebt". Dies ergebe sich aus einer an Systematik und Wortlaut des Reichsvermögensgesetzes i.V.m. Art. 134 GG orientierten Auslegung. Die Systematik des Art. 134 GG verdeutliche, dass das frühere Reichsvermögen, das grundsätzlich Bundesvermögen geworden sei, auf die jeweiligen Aufgabenträger der Verwaltungsaufgaben verteilt werden solle, um ihre Ausstattung mit dem zugehörigen Vermögen sicher zu stellen. Das nicht einem Aufgabenträger zustehende Reichsvermögen, also reines Finanzvermögen, solle nach Art. 134 Abs. 3 GG, mit dem § 5 RVG korrespondiere, an die Körperschaft zurückfallen, die die Vermögenswerte dem Deutschen Reich unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Der Grundgesetzgeber habe sich damit auch für ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Gunsten des Bundesvermögens entschieden. Der relevante Zeitpunkt für die Verteilung des Reichsvermögens sei der des In-Kraft-Tretens des Reichsvermögensgesetzes, was sich aus den §§ 2 und 5 RVG und aus dem Zweck des Reichsvermögensgesetzes, der Schaffung einer endgültigen Auseinandersetzung über die Verteilung des Reichsvermögens, ergebe. Einer ausdrücklichen Stichtagsregelung habe es nicht bedurft. Für eine zeitlich "gestaffelte" Verteilung des Vermögens gäben weder Art. 134 GG noch das Reichsvermögensgesetz etwas her. Auch die amtliche Begründung des Reichsvermögensgesetz-Entwurfs spreche aufgrund des Ziels einer zügigen Abwicklung für die genannte Stichtagsregelung. Die Klägerin habe aber bereits 1962 ihr vermeintliches Rückfallrecht geltend gemacht, der Bund dieses unter Berufung auf dauernden Bundesbedarf zurückgewiesen, so dass das Rückfallrecht nicht habe entstehen können. Dass der rechtzeitig geltend gemachte Bundesbedarf die Entstehung des Rückfallrechtes ausschließe, ergebe der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG. Davon sei auch der Gesetzgeber ausgegangen. Bei der Beurteilung des dauerhaften Bundesbedarfs sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Bund diese Beurteilung vornehme; die Bedarfsbestimmung könne nicht im nachhinein erfolgen, da dann der Bund den Bedarf nachträglich in einen solchen auf Dauer ändern könne. Auch die 3-Jahres-Frist des § 5 Abs. 2 Satz 2 RVG spreche gegen eine ex-post-Betrachtung. Eine solche sei überdies dem deutschen Recht im Zusammenhang mit dem Begriff "vorübergehend" fremd, wie z.B. § 95 BGB zeige. Selbst bei einer ex-post-Betrachtung könne jedoch eine Nutzung über mehr als dreißig Jahre nicht mehr als vorübergehend angesehen werden. Im Ergebnis führe eine solche Betrachtungsweise dazu, dass ein Rückfallrecht auch noch nach Jahrhunderten geltend gemacht werden könne.

Der Vorbehalt der Klägerin, den diese in ihrem Schreiben vom 20.06.1963 gegenüber dem Landesfinanzminister zum Ausdruck gebracht habe, sei nicht geeignet, die gesetzliche Regelung des § 5 RVG abzuändern. Ihr - der Beklagten - Eigentumserwerb beruhe auf Art. 134 Abs. 1 GG, das Rückfallrecht der Klägerin sei nicht entstanden und könne schon nach den gesetzlichen Vorschriften nicht wieder aufleben. Dies sei auch nicht in den Willen des Rückfallberechtigten gestellt, zumal dieser ihr - der Beklagten - überhaupt nicht bekannt gewesen sei. Selbst bei einem Fürmöglichhalten des Wiederauflebens eines Rückfallanspruches habe die Klägerin jedoch die Jahresfrist des § 5 Abs. 1 Satz 2 RVG, gerechnet ab Kenntnis von der Freigabe durch die Bundeswehr, versäumt. Die Klägerin sei bereits mit Schreiben vom 17.12.1993 unterrichtet worden, habe jedoch erst mit Schreiben vom 30.03.1995 den Anspruch geltend gemacht.

Den Ausführungen der Klägerin zur Hemmung der Ausschlussfrist des § 5 Abs. 1 Satz 2 RVG könne nicht gefolgt werden. Bei Ausschlussfristen komme eine Hemmung nicht in Betracht. Jedenfalls aber setze eine solche voraus, dass der Geltendmachung eines Anspruchs nur ein vorübergehendes Hindernis entgegenstehe. Eine lang andauernde Hemmung der Verjährung sei mit Sinn und Zweck dieses Rechtsinstituts nicht vereinbar. Was ein vorübergehendes Hindernis sei, ergebe sich aus § 203 Abs. 1 BGB, der von "innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist" spreche.

Durch Beschluss vom 03.08.2001 hat die Kammer dem Berichterstatter den Rechtsstreit als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Umstellung der ursprünglich auf Rückübereignung gerichteten Klage auf Zahlung konnte im Wege einer Klagänderung erfolgen. Trotz fehlender Einwilligung der Beklagten ist die Änderung der Klage zulässig, weil das Gericht dies für sachdienlich hält. Denn der Streitstoff bleibt im Wesentlichen der Gleiche, durch die Änderung wird die endgültige Beilegung des Streites gefördert und eine Verzögerung des Verfahrens ist nicht erkennbar. Zwar hat die Klägerin erst mit Schriftsatz vom 16.11.2001 ihre Klage auf Zahlung umgestellt, die Beklagte war jedoch zuvor darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass im Falle der Veräußerung von der Klägerin, nicht zuletzt um die Abweisung des ursprünglichen Klageantrages als unzulässig abzuwenden, die Klage auf Zahlung umgestellt würde. Insofern ist eine Einschränkung der Verteidigung der Beklagten nicht gegeben.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hätte keinen Anspruch auf Rückübertragung und demzufolge hat sie auch keinen Anspruch auf Auskehrung des Verkaufserlöses

1. Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtungen ist § 5 RVG, der seine Rechtsgrundlage in Art. 134 Abs. 4 GG findet. Diese Vorschrift bestimmt in ihrem Abs. 1 Satz 1, dass Vermögensrechte des Deutschen Reiches im Sinne des § 1 RVG, die ein Land oder eine Gemeinde oder für Rechnung dieser Rechtsträger ein Dritter dem Deutschen Reich aufgrund eines Gesetzes, Verwaltungsaktes oder Rechtsgeschäfts unentgeltlich zur Verfügung gestellt haben und auf welche die Voraussetzungen der §§ 2 bis 4 RVG nicht zutreffen, dem Rechtsträger zustehen, von dem oder für dessen Rechnung sie zur Verfügung gestellt worden sind. Nach Satz 2 kann der Anspruch auf Übertragung nur innerhalb eines Jahres nach In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes geltend gemacht werden, es sei denn, der Rückfallberechtigte erlangt erst nach In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes von seinem Rückfallrecht Kenntnis, Satz 3. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt Abs. 1 nicht für Vermögensrechte an Gegenständen, welche der Bund überwiegend und nicht nur vorübergehend unmittelbar für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt und für welche der Bund seinen Bedarf geltend macht. Der Bund kann sich auf seinen Bedarf nur innerhalb eines Jahres nach Geltendmachung des Rückfallrechtes, mindestens aber bis zum Ablauf von drei Jahren nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes, berufen. Abs. 3 sieht eine Verpflichtung des Rückfallberechtigten zur unentgeltlichen Überlassung zur Nutzung an den Bund vor, sofern dieser einen nach Abs. 1 einem Land oder einer Gemeinde zustehenden Vermögensgegenstand nach den bei In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes bestehenden Verhältnissen vorübergehend überwiegend für eine eigene Verwaltungsaufgabe benötigt.

Es kann offen bleiben, ob es sich bei den von der Klägerin als streitgegenständlich bezeichneten Grundstücken um diejenigen handelt, die Gegenstand des Kaufvertrages vom 17.04.1937 waren oder ob eine solche Identität nicht herzustellen ist. Selbst wenn man insoweit dem Vortrag der Klägerin folgte und weiter davon ausginge, dass es sich bei den dann streitgegenständlichen Grundstücken um Vermögensrechte im Sinne des § 1 RVG handele, ein Vorrang der §§ 2 bis 4 RVG nicht bestehe und die Klägerin schließlich auch ihren vermeintlichen Rückübertragungsanspruch innerhalb eines Jahres nach In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes am 01.08.1961, nämlich am 03.01.1962, rechtzeitig geltend gemacht hat, liegen die materiellen Voraussetzungen für eine Rückübertragung nicht vor.

Zunächst bestehen bereits erhebliche Zweifel an der in § 5 Abs. 1 Satz 1 RVG und Art. 134 Abs. 3 GG tatbestandlich vorausgesetzten Unentgeltlichkeit der Zurverfügungstellung der Grundstücke an das Deutsche Reich. Denn wenn es sich bei den streitgegenständlichen Grundstücken um Flächen handelt, die von dem Vertrag vom 17.04.1937 erfasst waren, so deutet das Schreiben der Fliegerhorstkommandantur Westerland vom 26.11.1943 (Bl. 84 der Gerichtsakte) darauf hin, dass diese Grundstücke derzeit von der Klägerin - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - nur treuhänderisch, mit Mitteln des Deutschen Reiches erworben wurden. In dem genannten Schreiben wird unter "Bezug" ausdrücklich auf den Kaufvertrag vom 17.04.1937 verwiesen und dazu ausgeführt, dass es sich um Grundstücke handele, die für die Anlegung des ursprünglichen Flugplatzes erworben wurden, wobei der Erwerb aus Tarnungsgründen zunächst durch die Klägerin erfolgte. Weiter heißt es, dass diese (die Klägerin) "vom Reich über die DVS.Liste die Mittel zum Ankauf erhalten habe. Die Stadt Westerland habe den Ankauf mit diesen Mitteln getätigt (...).".

Der treuhänderische Erwerb bewirkte für das Reich jedoch keinen unentgeltlichen Erwerb, da er dann gerade für Rechnung des Reiches, nicht aber, wie § 5 Abs. 1 Satz 1 RVG voraussetzt, für Rechnung der Stadt Westerland erfolgte. Auch das von der Klägerin herangezogene Schreiben des Reichsministers der Luftfahrt vom 01.09.1934 kann nach Auffassung des Gerichts bezüglich der von dem Vertrag vom 17.04.1937 betroffenen und damit streitgegenständlichen Grundstücke zu keinem anderen Ergebnis, also der Annahme der Unentgeltlichkeit, führen. Zwar handelt es sich bei den in diesem Schreiben in Bezug genommenen Flächen (wohl) tatsächlich um ursprünglich der Stadt gehörige Flächen, nämlich den Bäderflugplatz "Am Friesenhain", sodass für diese Flächen von einem unentgeltlichen Zurverfügungstellen an das Deutsche Reich auszugehen wäre. Diese Flächen sind aber - wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat - nicht von dem Vertrag vom 17.04.1937 erfasst. Diese Einschätzung wird dadurch gestützt, dass der ehemals städtische Flugplatz "Am Friesenhain" schon im Jahre 1934 vom Deutschen Reich übernommen wurde (vgl. Harald Vogt "Die Festung Sylt", S. 75, Bl. 87 der Gerichtsakte). Damit korrespondiert das Schreiben vom 01.09.1934. Dieses Gelände wurde später durch das Deutsche Reich erweitert, eben u.a. durch den Vertrag vom 17.04.1937, der dann aber die Flächen des Flugplatzes nicht erfassen kann. Schließlich ist auch bei lebensnaher Betrachtungsweise nicht davon auszugehen, dass in dem Schreiben der Fliegerkommandantur Westerland vom 26.11.1943 - wider besseren Wissens - behauptet wird, die im Vertrag vom 17.04.1937 genannten Flächen seien mit Mitteln des Reiches erworben worden.

Da der treuhänderische Erwerb nicht im Sinne einer Gegenleistung des Deutschen Reiches stattfand, sondern allein mit dessen Mitteln, kommt es auf die Einwendung der Klägerin, für die Unentgeltlichkeit seien allgemeine Vorteile aus der Errichtung einer Garnison unerheblich und selbst geringfügige unmittelbare Gegenleistungen des Deutschen Reiches stünden nicht entgegen, nicht an.

Letztlich kann auch die Frage der Unentgeltlichkeit der Übertragung dahinstehen. Denn der Bund hat die fraglichen Grundstücke im maßgeblichen Zeitpunkt überwiegend und nicht nur vorübergehend unmittelbar für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt und diesen Bedarf auch rechtzeitig geltend gemacht. Damit ist das Rückfallrecht ausgeschlossen.

Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für diesen Ausschluss nach § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG gegeben sind, ist die Sachlage im Zeitpunkt der Bedarfsanmeldung durch den Bund zugrunde zu legen (Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 18.05.2000 - 3 C 8.00 und 3 C 39.99 -; vgl. auch Hessischer VGH, Urteil vom 26.10.1999 - 11 UE 661/99 -). Das Reichsvermögensgesetz sieht für die Geltendmachung des Rückfallanspruchs sowie auch für die des Bundesverwaltungsbedarfs enge Fristen vor. Die in § 5 Abs. 2 Satz 2 RVG gewählte Gegenwartsform bestätigt, dass der dann gemeldete Bedarf in dem Zeitpunkt vorliegen muss, in dem der Bund sich darauf beruft. Diese Auslegung wird durch § 5 Abs. 2 Satz 3 RVG bestätigt, wonach der geltend gemachte Bedarf sich auf eine Nutzung beziehen musste, die entweder im Zeitpunkt der Geltendmachung schon ausgeübt wurde oder deren Notwendigkeit so konkret absehbar war, dass sie innerhalb von zwei Jahren nach Anmeldung umgesetzt werden konnte (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.). Auch in § 5 Abs. 3 RVG wird verdeutlicht, dass die Verhältnisse in zeitlicher Nähe zum Erlass des Reichsvermögensgesetzes entscheidend sind, da er auf diesen Zeitpunkt konkret abstellt (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.).

Auch aus Art. 134 GG ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Auslegung im Sinne der Klägerin, wonach stets auf den Zeitpunkt des konkreten Rückfallverfahrens abzustellen ist, also eine ex-post-Betrachtung vorzunehmen wäre. Eine solche Auslegung würde im Ergebnis zu einer dauerhaft ungewissen Eigentumszuordnung führen, was aber dem Ziel des Reichsvermögensgesetzes, wonach eine kurzfristige und abschließende Eigentumszuordnung beabsichtigt ist, diametral widerspricht (so auch Hessischer VGH, a.a.O.). Auch Art. 134 Abs. 4 GG kann nicht die Absicht des Gesetzgebers entnommen werden, einen auf Dauer offenen Rückfallanspruch zu statuieren für den Fall, dass der Bundesbedarf irgendwann entfallen würde (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.). Wie die Beklagte richtig darlegt, spricht schon der Wortlaut des Art. 134 Abs. 3 GG gegen ein solches Verständnis. Danach wird das fragliche Vermögen wiederum Vermögen des ursprünglichen Berechtigten, "soweit" der Bund es nicht für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt. Dies deutet auf einen funktionalen Bezug hin. Hätte der Gesetzgeber ein zeitliches Moment für entscheidend gehalten, so hätte sich die Verwendung der Formulierung "solange" aufgedrängt (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.). Dies ist aber gerade nicht geschehen.

Auch der Zweck des Art. 134 GG steht einer Auslegung, wie sie die Klägerin vornimmt, entgegen. Bei Art. 134 GG handelt es sich um eine Vorschrift der "Übergangs- und Schlussbestimmungen" des Grundgesetzes. Sie sollte die sachgerechte Verteilung des früheren Reichsvermögens auf Bund, Länder und Gemeinden nach dem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in Deutschland sicher stellen (Mußgnug/Hufeld, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 11, Art. 134 Rn. 54 ff.) und hatte zum Ziel die Neuordnung des öffentlichen Vermögens, um eine Grundlage für die zukünftige Entwicklung des Staates zu schaffen. Dieser Zielsetzung entspricht aber eine Regelung, die auf endgültige Zuordnung der zur Verfügung stehenden Vermögensgegenstände an diejenigen gerichtet ist, die sie zur Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben benötigen (Bundesverwaltungsgericht und Hessischer VGH, a.a.O.; Mußgnug/Hufeld, a.a.O., Rn. 92). Für eine - von der Beklagten vorgenommene - exante Betrachtung, bezogen auf den Zeitpunkt der Bedarfsanmeldung durch den Bund, spricht des Weiteren, dass andernfalls tatsächlich dem Bund die Möglichkeit verbliebe, die Zweckbestimmung von nur vorübergehend auf dauerhaft zu ändern und somit die Gegebenheiten stets an seine Bedürfnisse anzupassen. Auch der Hinweis der Beklagten auf § 95 BGB, der den Begriff "vorübergehend" ebenfalls mit einer exanten Betrachtung bezogen auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verbindung koppelt und für den anerkannt ist, dass eine nachträgliche Zweckänderung die Eigenschaft als Bestandteil weder begründen noch aufheben kann, spricht für die hier vorgenommene Auslegung.

Dass nicht der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Reichsvermögensgesetzes selbst maßgeblich sein sollte, ergibt sich (mittelbar) aus § 5 Abs. 3 RVG. Dieser stellt ausdrücklich auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Reichsvermögensgesetzes ab. Aus dem Fehlen der entsprechenden Regelung in § 5 Abs. 2 RVG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber diesen Zeitpunkt gerade nicht als maßgeblich ansehen, sondern einen flexibleren zeitlichen Maßstab vorgeben wollte (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.).

Zu dem hiernach maßgeblichen Zeitpunkt der Geltendmachung des Bundesbedarfs durch den Bund zu einem aus den Akten nicht näher ersichtlichen Termin, der aber auf jeden Fall in der Zeit zwischen dem 03.01.1962 und 22.05.1963 lag, benötigte der Bund die streitigen Liegenschaften vollständig und unmittelbar für eigene Verwaltungsaufgaben. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Gelände von der Bundeswehr - bereits seit 1961 - genutzt. Die Landesverteidigung durch die Bundeswehr gehört zur Verwaltungsaufgabe des Bundes. Das Gebiet der Landesverteidigung ist in den Kompetenznormen für die Gesetzgebung des Bundes in Art. 73 Nr. 1 GG ausdrücklich benannt und gemeinsam mit den auswärtigen Angelegenheiten ausschließlich dem Bund zugewiesen. In dem Grundgesetzabschnitt über die Bundesverwaltung wird darüber hinaus festgelegt, dass der Bund Streitkräfte zur Verteidigung aufstellt (Art. 87 a GG) und dass die Bundeswehrverwaltung und bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt wird, Art. 87 b GG.

An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn man für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG auf den in § 5 Abs. 3 RVG genannten Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Reichsvermögensgesetzes abstellen würde, mithin auf den 01.08.1961. Zwar ist nicht ganz eindeutig, ob zu diesem Zeitpunkt schon die Bundeswehr das Gelände übernommen hatte oder es noch den britischen Streitkräften zu deren Nutzung überlassen war. Fest dürfte lediglich stehen, dass die britische Luftwaffe das Gelände bis 1961 nutzte, ein genauer Zeitpunkt ist jedoch nicht bekannt (vgl. Harald Vogt "Die Festung Sylt", a.a.O.). Ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, dass die Bundeswehr 1961 nach Abzug der Briten die Grundstücke übernahm und am 01.08.1961 aufgrund der zu der Zeit noch gegebenen Überlassung an die britischen Streitkräfte zu deren Nutzung ein unmittelbar eigener Bundesverwaltungsbedarf noch nicht gegeben gewesen sei, kann dahingestellt bleiben. Denn auch in diesem Fall ist ein unmittelbar eigener Bundesverwaltungsbedarf zu bejahen. Hinsichtlich der Bundeswehr ergibt sich dies aus den o.g. Ausführungen, bezüglich der Überlassung des Geländes an die britischen Streitkräfte als NATO-Verbündete ist dies zwar nicht ausdrücklich als eigene Verwaltungsaufgabe des Bundes im Grundgesetz bezeichnet; die Überlassung von Kasernengelände an die verbündeten Streitkräfte dient aber der Landesverteidigung und stellt damit eine Verwaltungsaufgabe des Bundes dar (so auch Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.). Dies wird auch dadurch deutlich, dass dem Bund in Art. 24 Abs. 2 GG das Recht eingeräumt wird, sich zur Wahrung des Friedens in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einzuordnen einschließlich des dazu notwendigen Verzichts auf eigene Hoheitsrechte. Die Landesverteidigung ist hiernach eine eigene Verwaltungsaufgabe des Bundes unabhängig davon, ob der Bund sie durch eigene oder durch Überlassung der hierzu erforderlichen sachlichen Mittel an die auf dem Boden der Bundesrepublik agierenden Streitkräfte der Verbündeten erfüllt (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.).

Der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG steht auch nicht ein nur vorübergehender Bundesbedarf entgegen. Maßgeblich ist bei dieser Beurteilung - wie dargelegt - der Zeitpunkt der Bedarfsanmeldung durch den Bund. Zu jenem Zeitpunkt stellte sich der Bedarf als nicht nur vorübergehend dar. "Vorübergehend" bedeutet ein Geschehen, das nur eine kurze Zeit dauert, dessen baldiges Ende also absehbar ist (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.). Der Begriff "vorübergehend" ist weitgehend bedeutungsgleich mit dem Ausdruck "kurzfristig". Diese Bedeutung wird in § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG zusätzlich durch die Hinzufügung des Wortes "nur" hervorgehoben. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 5 RVG sowie des Art. 134 Abs. 3 GG. Vom Grundsatz her verfolgen die Absätze 2 und 3 des Art. 134 GG eine Zusammenführung von Verwaltungszuständigkeit und Rechtsinhaberschaft, wobei die ungestörte Aufgabenwahrnehmung grundsätzlich eine endgültige und vollständige Rechtszuweisung nötig macht. Art. 134 GG sieht daher selbst die bloße Zuweisung eines Nutzungsrechts an den Aufgabenträger nicht vor, was jedoch die Befugnis des Gesetzgebers nach Art. 134 Abs. 4 GG nicht ausschließt, für Ausnahmefälle eine solche Regelung zu schaffen. Das Erfordernis eines Ausnahmefalls kann jedoch nur gewahrt werden, wenn als ein nur vorübergehender Bedarf im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 RVG ein zeitlich von vornherein überschaubarer Bedarf angesehen wird (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.). In diesem Sinne war der vom Bund geltend gemachte Bedarf nicht nur vorübergehend. Das Ende des Bedarfs war nicht absehbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Reichsvermögensgesetzes abstellte. Entweder nutzte die Bundeswehr zu diesem Zeitpunkt das Gelände schon, dann ergibt sich schon deshalb keine Abweichung. Andernfalls nutzten die britischen Streitkräfte das Gelände, was ebenfalls Landesverteidigung darstellte, also Bundesverwaltungsaufgabe war. Auch wenn der Wechsel der Nutzung zu einer solchen durch die Bundeswehr derzeit schon absehbar war - wovon auszugehen ist, wenn am 01.08.1961 die britischen Streitkräfte noch nicht abgezogen waren, im selben Jahr die Bundeswehr aber noch ablöste -, ist nicht von vorübergehendem Bedarf auszugehen, da beide Nutzungen solche zu Zwecken der Landesverteidigung darstellten, also schon aus diesem Grunde als Einheit zu betrachten sind und waren.

Im Übrigen ist das Gelände tatsächlich auch über Jahrzehnte von der Bundeswehr genutzt worden, was als nicht mehr nur vorübergehend angesehen werden kann.

Der Bund hat seinen Bedarf auch rechtzeitig geltend gemacht. Ob diese Voraussetzung vorliegt, richtet sich nach § 5 Abs. 2 Satz 2 RVG. Danach kann der Bund sich nur innerhalb eines Jahres nach Geltendmachung eines Rückfallrechts, mindestens aber bis zum Ablauf von drei Jahren nach In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes, auf seinen Bedarf berufen. Die Klägerin hat am 03.01.1962 ihr Rückfallbegehren geltend gemacht. Zwar ist nicht ersichtlich - wie bereits erwähnt - der genaue Zeitpunkt der Bedarfsanmeldung durch den Bund; insoweit kann nur ein Zeitraum zwischen dem 03.01.1962 und dem 22.05.1963 festgestellt werden. Letzteres Datum ergibt sich aus einem Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Westerland vom 22.03.1963 an die Stadtvertreter zur Einberufung einer Sitzung, in dem auf die Bedarfsanmeldung durch den Bund hingewiesen wird. Wenn insoweit der Bund die engere Jahresfrist, also die bis zum 03.01.1963 laufende, nicht gewahrt haben sollte, kommt ihm jedenfalls die 3-Jahres-Frist des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz RVG zugute. Diese Regelung stellt den Hauptanwendungsfall für die Anmeldung des Bundesbedarfs in Zeitnähe zum In-Kraft-Treten des Reichsvermögensgesetzes dar, sofern auch der Rückfallberechtigte Kenntnis von einem (vermeintlichen) Anspruch auf Rückübertragung hatte und diesen auch angemeldet hatte. Die Jahresfrist erlangt dem gegenüber überwiegend Bedeutung für die Fälle der späteren Kenntniserlangung des Rückfallberechtigten von seinem Anspruch, was hier jedoch nicht der Fall ist. Innerhalb der 3-Jahres-Frist hat der Bund seinen Anspruch angemeldet.

2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einem Vorbehalt der "Anerkennung des Anspruchs des Bundes auf weitere unentgeltliche Nutzung für die Dauer des Bundesbedarfs" durch die Klägerin mit Schreiben vom 20.06.1963. Es fehlt bereits an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte von diesem Vorbehalt Kenntnis hatte. Die Kenntnis des Finanzministers des Landes Schleswig-Holstein dürfte sie sich nicht zurechnen lassen müssen. Entscheidend ist, dass dieser Vorbehalt nicht zu einer Abänderung der gesetzlichen Regelungen führen kann. Selbst wenn man der Beklagten die Kenntnis des Landesfinanzministers zurechnen wollte, kann ein - notwendiges - Einverständnis der Beklagten mit diesem Vorbehalt nicht daraus hergeleitet werden. Die Beklagte hat keine Zustimmung zu dem Vorbehalt der Klägerin gegeben. Allenfalls eine tatsächlich getroffene Vereinbarung im Sinne einer Einigung könnte zu einem Rückübertragungsanspruch der Klägerin unabhängig von den gesetzlichen Regelungen führen. Eine solche liegt jedoch mangels Zustimmung der Beklagten gerade nicht vor. Ein Schweigen - und auf ein solches kann die Klägerin allenfalls abstellen, da eine zustimmende Antwort auch des Landesfinanzministers nicht ersichtlich ist - reicht jedenfalls dazu nicht aus. Schweigen kommt grundsätzlich keine rechtsgeschäftliche Bedeutung zu. Ein Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Klägerin in dem in ihrem Schreiben vom 20.06.1963 formulierten Vorbehalt bereits von einem unzutreffenden Verständnis des Begriffes "vorübergehend" ausgegangen ist, indem sie meinte, dass nach dem derzeit zwar nicht abzusehendem Wegfall des Bundesbedarfs sie irgendwann einmal die Fläche zurückerhielte. Eine solche unzutreffende rechtliche Beurteilung durch die Klägerin kann jedoch einen Anspruch nicht begründen.

Da die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Rückübertragungsanspruches nicht vorlagen bzw. die Klägerin damit ausgeschlossen ist und sie demzufolge auch nicht die Auskehrung des aus der Veräußerung der Grundstücke resultierenden Erlöses verlangen kann, brauchte auf die Frage der Fristenhemmung nicht mehr eingegangen zu werden. Ein späterer Fortfall des Bundesbedarfs an der Eigentumszuordnung an den Bund kann daran nichts mehr ändern. Ein Wiederaufleben des Rückfallrechts kommt nicht in Betracht.

Schließlich verfängt auch der Hinweis der Klägerin auf ihre besondere Situation als Ferieninsel (vgl. den Schriftsatz vom 16.11.2001) nicht, insbesondere vermag dies nicht zu einer für sie günstigeren rechtlichen Beurteilung führen. Zum einen ist der diesbezügliche Vortrag unsubstantiiert geblieben, die "besondere Situation der Ferieninsel Sylt" wird nicht näher dargelegt. Zum anderen kann dieser Umstand - wie sich aus obigen Ausführungen ergibt - auch nicht dazu führen, dass der Bundesverwaltungsbedarf nur vorübergehender Natur war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; sie ist gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.



Ende der Entscheidung

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