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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.06.2003
Aktenzeichen: 14 A 329/01
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 3
Steuerpflichtiger Inhaber einer Zweitwohnung ist im Falle eines dinglich gesicherten Nießbrauchrechts in der Regel nicht der Eigentümer der Wohnung, sondern allein der Nießbrauchsberechtigte.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 14 A 329/01

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Zweitwohnungssteuer

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 14. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 26. Juni 2003 durch die Richterin am Verwaltungsgericht Nordmann als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid vom 05.07.2001 wird in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2001 aufgehoben, soweit darin insgesamt mehr als 986, 20 DM gefordert werden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Anforderung einer Zweitwohnungssteuer. Er ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks " ... " im Gebiet der beklagten Gemeinde, an welchem er seinem Vater, dem Prozessbevollmächtigten, ein lebenslanges, im Grundbuch eingetragenes Nießbrauchsrecht eingeräumt hat. Hiervon wurde die Beklagte im September 1998 schriftlich unterrichtet. Sowohl der Kläger als auch sein Vater sind mit einer Nebenwohnung im Gemeindegebiet gemeldet.

Mit Bescheid vom 29.06.2000 setzt die Beklagte gegenüber dem Kläger (" ... ") eine Zweitwohnungssteuer für das Veranlagungsjahr 2000 in Höhe von 1.207,24 DM fest, wogegen der Prozessbevollmächtigte des vorliegenden Verfahrens sowohl im eigenen Namen (unter Hinweis auf sein Nießbrauchsrecht) als auch für den Kläger Widerspruch einlegte. Am 11.04.2001 erhob der Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen Untätigkeitsklage (14 A 85/01), woraufhin die Beklagte den Widerspruch des Prozessbevollmächtigten (an " ... "), den dieser als Zustellungsbevollmächtigter des Klägers eingelegt habe, mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2001 als unbegründet zurückwies. In Anbetracht der Gesamtumstände wies das Gericht darauf hin, dass damit (auch) über den eigenen Widerspruch des Prozessbevollmächtigten entschieden worden ist und dass dessen Klage nunmehr als unbegründet betrachtet werden muss, weil er ausdrücklich nicht Adressat des Ausgangsbescheides war und der Widerspruch insoweit auch schon als unzulässig hätte zurückgewiesen werden können. Der Prozessbevollmächtigte nahm daraufhin sein Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom 22.06.2001 eingestellt.

Mit weiterem Bescheid vom 05.07.2001 setzt die Beklagte gegenüber dem Kläger (" ... ") erneut eine Zweitwohnungssteuer für das Veranlagungsjahr 2000 in Höhe von 1.207,24 DM fest und forderte darüber hinaus eine Vorausleistung auf die für 2001 zu erhebende Zweitwohnungssteuer in Höhe von ebenfalls 1.207,24 DM. Dagegen ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 12.07.2001 unter Bezugnahme auf seinen Vortrag aus den Vorjahren Widerspruch erheben und darauf verweisen, dass sich der zugrunde gelegte Mietwert im Vergleich zum Erhebungsjahr 1983 von 2719,- DM auf 12.072,36 DM gesteigert habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, wie die Beklagte zu einer solchen Steigerung komme.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2001 als unbegründet zurück; das Schreiben war an den Prozessbevollmächtigten (" ... ") als Bevollmächtigten des Klägers gerichtet.

Dagegen hat der Kläger am 27.09.2001 Klage erhoben. Er macht ergänzend geltend, dass richtiger Adressat sein Vater als Nießbraucher sei. Umfang und Bedeutung des Nießbrauchsrechts seien der Beklagten ausreichend bekannt. Die Steuersteigerung der letzten 20 Jahre könne im Übrigen nur als Wucher bezeichnet werden; der Kläger sei lediglich bereit, eine Verdoppelung der 1983 gezahlten Summe (493,10 DM) zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

den Vorauszahlungs- und Festsetzungsbescheid vom 05.07.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2001 aufzuheben, soweit mehr als 986, 20 DM gefordert werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid und weist ergänzend darauf hin, dass die Wohnung sowohl vom Kläger als auch vom prozessbevollmächtigten Vater genutzt werde.

Die Kammer hat die Rechtsstreitigkeit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Zweitwohnungssteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde ... vom 31.03.2000 (ZwStS) in der Fassung der I. Nachtragssatzung vom 21.07.2000 i.V.m. § 3 KAG. Die Satzung ist zum 01.01.2000 in Kraft getreten. Steuergegenstand ist gemäß § 2 Abs. 1 ZwStS das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet, wobei Steuerpflichtiger derjenige ist, der diese Wohnung innehat, § 3 Abs. 1 ZwStS. Haben mehrere Personen gemeinschaftlich eine Zweitwohnung inne, so sind sie Gesamtschuldner der Zweitwohnungssteuer (§ 3 Abs. 2 ZwStS). Der Steuermaßstab ist in § 4 ZwStS festgelegt.

Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandssteuer im Sinne des Artikel 105 Abs. 2a GG. Sie erfasst den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfes hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung und besteuert die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Inhabers der Zweitwohnung, wobei es auf die Dauer des Innehabens generell nicht ankommt und auch der vorübergehende Gebrauch der Wohnung einen steuerpflichtigen Aufwand darstellen kann, wenn er der persönlichen Lebensführung dient. Der Zweitwohnungsinhaber betreibt einen besteuerbaren Aufwand, wenn er in seiner Person oder in der eines Angehörigen die Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung nutzt bzw. sie für diese Zwecke vorhält, so dass er sich zumindest die Möglichkeit der Eigennutzung offen hält (BVerfGE 65, 325; BVerwGE 99, 303 und in NordÖR 1998, 249; BVerwGE 109, 188 m.w.N.).

Die im angefochtenen Bescheid vom 05.07.2001 festgesetzte Zweitwohnungssteuer für das Erhebungsjahr 2000 gegenüber dem Kläger ist schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte insoweit bereits mit Bescheid vom 29.06.2000 eine bestandskräftige Festsetzung in gleicher Höhe vorgenommen hat. Der Kläger hatte gegen den an ihn gerichteten Ausgangsbescheid vom 29.06.2000 zwar noch Widerspruch einlegen lassen, jedoch gegen den Widerspruchsbescheid vom 28.05.2001, der nach Lage der Dinge nicht nur den Widerspruch des prozessbevollmächtigten Vaters, sondern auch den des Klägers als unbegründet zurückwies, keine Klage erhoben, sodass der Bescheid nach Ablauf der Klagefrist - einen Monat nach Zustellung bzw. Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides - in seiner Ausgangsfassung und unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit Bestandskraft erlangte. Bei dieser Sachlage war die Beklagte nicht befugt, für denselben Erhebungszeitraum und dasselbe Objekt nochmals eine Zweitwohnungssteuer festzusetzen und sich dadurch einen weiteren Vollstreckungstitel für dieselbe Forderung zu verschaffen.

Davon abgesehen macht der Kläger hinsichtlich des gesamten Bescheides - also hinsichtlich der Festsetzung für 2000 und der zugleich geltend gemachten Vorauszahlung für 2001 - zutreffend geltend, dass nicht er, sondern sein Vater als Inhaber eines dinglichen Nießbrauchsrechts gemäß §§ 1030 ff BGB steuerpflichtiger Inhaber i.S.d. § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 ZwStS der streitgegenständlichen Zweitwohnung ist und dass er auch nicht als Gesamtschuldner i.S.d. § 3 Abs. 2 ZwStS herangezogen werden kann.

Das Schl.-Holst. OVG führt zur Frage der Inhaberschaft aus: "Inhaber einer Wohnung ist, wer über die Wohnung verfügen kann, insbesondere wer in rechtmäßiger Weise tatsächlich (frei) bestimmen kann, wer in welchen Zeiten die Wohnung nutzen darf (vgl. Beschl. d. Senats v. 22.03.2002 - 2 M 22/02 ). Dieses Recht steht in aller Regel dem Eigentümer oder dem Mieter einer Wohnung zu." (Urteil v. 24.04.2002 - 2 L 101/01 -). Demgemäß ist als "Inhaber" zunächst der Wohnungseigentümer, Erbbauberechtigte oder der sonst dinglich Berechtigte anzusehen; "Inhaber" kann aber auch derjenige sein, der die Wohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung vom Eigentümer usw. gemietet hat und an dessen Stelle den Aufwand treibt (Riehl in: Praxis der Kommunalverwaltung, § 3 KAG Rd. 258).

Wie bereits im gerichtlichen Schreiben vom 11.04.2003 ausgeführt, steht dem prozessbevollmächtigten Vater des Klägers aufgrund des unbestrittenen dinglichen Nießbrauchsrechts nach §§ 868, 1036 BGB das unmittelbare Besitzrecht zu, während dem Kläger als - ebenfalls dinglich berechtigtem - Eigentümer nur der mittelbare Besitz verbleibt. Der Nießbraucher kann die gesamten Nutzungen der Sache ziehen, ist allerdings dem Eigentümer gegenüber auch für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand verantwortlich und hat die auf der Sache ruhenden, regelmäßig wiederkehrenden öffentlichen Lasten, die nicht an die Person gebunden sind, zu tragen, §§ 1030, 1041, 1047 BGB (vgl. Petzold in Münchener Kommentar, § 1047 BGB Rd. 12 ff; OLG Hamm in NJW-RR 1998, 304). Der prozessbevollmächtigte Vater verfügt mithin auch über das für die Inhaberschaft erforderliche uneingeschränkte Nutzungsrecht, da er als unmittelbarer Besitzer rechtmäßigerweise über die Wohnung frei verfügen und somit auch bestimmen kann, wer die Wohnung in welchen Zeiten nutzt.

Für den Kläger als ebenfalls dinglich berechtigtem Eigentümer verbleibt (daneben) keine (Mit-) Inhaberschaft, so dass er von vorneherein der falsche Adressat für eine Zweitwohnungssteuer ist. Wie sich aus der oben zitierten Kommentierung ergibt, betreibt selbst ein nur vertraglich berechtigter Dauermieter an Stelle des Eigentümers den für die Besteuerung maßgeblichen Aufwand für die Wohnung und hat im Rahmen des Mietvertrages darüber das ausschließliche Bestimmungsrecht. Von daher kann auch nicht aus der Tatsache, dass der Wohnungsinhaber (hier der Vater) einem Angehörigen (hier dem Kläger) die Wohnung gelegentlich zu Erholungszwecken überlässt, auf Seiten des Angehörigen auf die Inhaberschaft geschlossen werden, weil die Nutzung einer Zweitwohnung durch Angehörige dem persönlichen Lebensbedarf des tatsächlichen Wohnungsinhabers zuzurechnen ist (vgl. hier § 2 Abs. 2 ZwStS und Schl.-Holst. OVG a.a.O.). So gesehen belegen auch gelegentliche Aufenthalte des Klägers in der streitgegenständlichen Wohnung und die Anmeldung als Nebenwohnung nicht seine Inhaberschaft i.S.d. Zweitwohnungssteuerrechts.

Nach alledem ist der Klage stattzugeben und der Bescheid aufzuheben, soweit er angefochten ist. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Höhe der Steuer kommt es daher nicht mehr an. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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