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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.06.2004
Aktenzeichen: 2 LB 2/04
Rechtsgebiete: KAG SH


Vorschriften:

KAG SH § 6
Benutzungsgebühren für die Niederschlagswasserleistung können nicht erhoben werden für Grundstücke, die nicht an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind und zu denen auch nicht auf andere Weise Niederschlagswasser eingeleitet wird. Das gilt auch für Grundgebühren.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 2/04

verkündet am 16.06.2004

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Benutzungsgebühren nach § 6 KAG (Niederschlagswassergebühren)

- Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Frau ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 29. November 2002 geändert. Die Bescheide des Beklagten vom 16. Juni 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 1998 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu 1/3, die Kläger zu 2/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich auch mit ihrer Berufung gegen Bescheide des Beklagten, mit denen die Grundgebühr für die Beseitigung des Niederschlagswassers für das Jahr 1998 auf 180,-- DM festgesetzt wurde.

Die Kläger sind Miteigentümer von zwei mit Wohnhäusern bebauten ... und ...) in der dem beklagten Amt angehörigen Gemeinde .... Die Gemeinde betreibt auf Grundlage ihrer Abwasserbeseitigungssatzung selbständige Einrichtungen zur zentralen Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung. Auf der Grundlage ihrer Gebührensatzung erhebt sie hierfür getrennte Gebühren. Für die Beseitigung des Niederschlagswassers wird eine Grund- und eine Zusatzgebühr erhoben. Den Maßstab legt § 3 der Gebührensatzung fest, der wie folgt lautet:

§ 3

Gebührenmaßstab für die Niederschlagswasserbeseitigung (1) Die Grundgebühr für Niederschlagswasser wird nach der überdachten, überbauten und regenundurchlässig befestigten Grundstücksfläche bemessen, wobei je angefangene 100 m² eine Berechnungseinheit bildet. Dabei bleiben Grundstücksflächen, die insgesamt jenseits einer Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 40 m dazu verlaufenden Linie liegen oder die nicht im freien Gefälle an die Grundstücksanschlussleitung angeschlossen werden können, außer Ansatz; dies gilt nicht für Grundstücksflächen, die tatsächlich angeschlossen sind. Bei Grundstücken ohne Bebauung im vorgenannten Bereich wird die überdachte, überbaute und regenundurchlässig befestigte Grundstücksfläche der näheren Umgebung angesetzt.

(2) Die Zusatzgebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung wird nach der überbauten und regenundurchlässig befestigten (z.B. Betondecken, bituminöse Decken, Pflasterungen und Plattenbeläge) Grundstücksfläche bemessen, von der aus Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage gelangt. Je 20 m² sind eine Berechnungseinheit. Flächen werden jeweils auf volle 20 m² aufgerundet.

Der Gebührensatz ergibt sich aus § 4 der Gebührensatzung, der wie folgt lautet:

§ 4 Gebührensatz

(1) Die Grundgebühr beträgt für die Niederschlagswasserbeseitigung 4,00 DM Berechnungseinheit/monatlich

(2) Die Zusatzgebühr beträgt für die Schmutzwasserbeseitigung 4,85 je m³ Schmutzwasser Niederschlagswasserbeseitigung 18,02 DM je 20 m² überdachter, überbauter regenundurchlässig befestigter Grundstücksfläche, die angeschlossen ist (jährlich).

Mit zwei Bescheiden vom 10. Juni 1998 wurden die Kläger für ihre beiden Grundstücke zu Abschlagszahlungen auf Kanalgebühren in Höhe von monatlich 20 DM (jeweils 180 DM) und mit zwei weiteren Bescheiden vom 16. Juni 1998 zu Regenwassergrundgebühren in Höhe von 108,-- DM bzw.72,-- DM herangezogen (Erhebungsbeginn jeweils April 1998). Eine Zusatzgebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung wird von den Klägern nicht erhoben, da sie tatsächlich kein Regenwasser in die gemeindliche Einrichtung einleiten. Die für die Grundeigentümer von der Klägerin am 10. Juli 1998 eingelegten Widersprüche wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 1998 als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 09. November 1998 Klage erhoben

Die Kläger haben ihre Klage damit begründet, dass das Klärwerk untauglich sei und sie ohnehin nicht zur Grundgebühr herangezogen werden dürften, da sie tatsächlich kein Regenwasser in die gemeindliche Leitung einleiteten. Außerdem sei die Kalkulation zu beanstanden, da die Gemeinde nicht sämtliche zu berücksichtigenden Flächen einbezogen habe, so dass die Fehlmenge über 100 % liege.

Die Niederschlagswasser-Grundgebühr verhindere Anreize, Befestigungen zu vermeiden und Niederschlagswasser versickern zu lassen. Es sei unlogisch, von denjenigen, die sich ökologisch richtig verhielten, eine Grundgebühr zu verlangen.

Die Kläger haben beantragt,

die Bescheide vom 10. Juni 1998 und 16. Juni 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 1998 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, dass die Erhebung einer Grundgebühr gerechtfertigt sei, um auch diejenigen Grundeigentümer, die die Möglichkeit hätten, das Regenwasser von ihrem Grundstück in die öffentliche Anlage abzuleiten, auch dann an den Kosten zu beteiligen, wenn sie tatsächlich (noch) nicht angeschlossen seien. Die Gemeinde erbringe auch ihnen gegenüber eine Vorhalteleistung.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 29. November 2002 abgewiesen. Die Erhebung einer Grundgebühr für die Regenwasserbeseitigung sei nicht zu beanstanden. Das für jede Gebührenerhebung erforderliche Tatbestandsmerkmal der "Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung - Niederschlagswasserableitung -" liege hier darin, dass den betroffenen Grundstückseigentümern die von der Gemeinde erbrachten Vorhalteleistungen zugute kämen und die jederzeitige Möglichkeit bestehe, das auf dem Grundstück entsorgte Regenwasser in die gemeindliche Leitung einzuleiten. Wirtschaftlicher und rechtlicher Hintergrund derartiger Investitionen sei der Umstand, dass sich die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden auch auf das von bebauten oder befestigten Grundstücken abfließende Niederschlagswasser erstrecke (§ 30 Abs. 1 i.V.m. § 31 LWG) und das Leitungsnetz auf die maximale Belastung auszurichten sei. Eine derartige Vorhalteleistung käme auch den Grundstückseigentümern zu Gute, die zwar noch nicht einleiteten, dieses aber jederzeit könnten. Die allgemeinen Erwägungen für die Einführung einer Grundgebühr im Bereich des Benutzungsgebührenrechts (leistungsgerechte Zuordnung der Kosten von Vorhalteleistungen) ließen sich auf die Regenwasserableitung von Grundstücken übertragen. Zwar sei es wasserwirtschaftlich erwünscht, unnötige Versiegelungen von Flächen zu vermeiden, so dass es sachgerecht sein könne, diejenigen Grundstückseigentümer, die sich um eine fachgerechte Beseitigung des Niederschlagswassers auf dem eigenen Grundstück bemühten, insoweit von einem Gebührenanspruch zu entlasten. Dieser Gesichtpunkt kollidiere jedoch mit der wasserrechtlichen Pflicht der Gemeinde, das von befestigten Flächen abfließende Niederschlagswasser fachgerecht abzuleiten. Sie sei daher verpflichtet, die entsprechenden Einrichtungen herzurichten und zu unterhalten. Da ein großer Teil der dadurch ausgelösten Kosten benutzungsunabhängig sei, erscheine es nicht als sachwidrig, diejenigen, die die Anlage nicht benutzten, zumindest an den fixen Kosten zu beteiligen, da sie insofern den Vorteil hätten, diese Anlage jederzeit in Anspruch nehmen zu können. Da sie mit Zusatzgebühren nicht belastet würden (werden dürften), wirke sich das ökologisch erwünschte Verhalten zumindest insoweit gebührenmindernd aus. Der Maßstab sei ebenfalls rechtmäßig.

Die Tiefenbegrenzung sei dann nicht zu beanstanden, wenn sie dazu beitrage, diejenigen Grundstücksflächen zu erfassen, auf die sich der Vorteil der vorgehaltenen Regenwasserableitungsmöglichkeit auswirke. Nach den Verhältnissen in der Gemeinde ... sei davon auszugehen, dass hinter einer Linie von 40 m zur Straße liegende Grundstücksteile in Zukunft nicht angeschlossen würden. Daher sei in derartigen Fällen die für die Erhebung der Grundgebühr erforderliche Vorteilslage nicht vorhanden. Insofern gelte das Gleiche wie für Grundstücke, die nach der Satzungsbestimmung nicht in freiem Gefälle an die Grundstückanschlussleitung angeschlossen werden könnten. Da die Satzung außerdem diejenigen Grundstückflächen, die dennoch - auch wenn sie weiter als 40 m von der Straße entfernt lägen - angeschlossen seien, erfasse, sei die Satzungsbestimmung insgesamt sachgerecht.

Auch gegen die Kalkulation des Gebührenansatzes ergäben sich keine durchgreifenden Einwände.

Mit Beschluss vom 09. Januar 2004 - den Klägern zugestellt am 14. Januar 2004 - hat der Senat die Berufung hinsichtlich der Niederschlagswassergebühr zugelassen. Mit ihrer am Montag, dem 16. Februar 2004 eingegangenen Begründung tragen die Kläger Folgendes vor:

Es sei dem Verwaltungsgericht zuzustimmen, dass die Grundgebühr schon durch die Möglichkeit ausgelöst werde, das Niederschlagswasser in die öffentliche Leitung einzuleiten. Damit werde die von der Gemeinde erbrachte Vorhalteleistung von dem Grundeigentümer bezahlt, der jederzeit diese Leistung in Anspruch nehmen, d.h. nutzen könne. Diese Möglichkeit stehe aber auch dem Eigentümer der Grundflächen offen, die hinter der Tiefenbegrenzungslinie lägen. Das gelte insbesondere dann, wenn das Oberflächenwasser der hinter der 40-m-Linie liegenden befestigten und bebauten Flächen im natürlichen Gefälle in die Regenwasserkanalisation liefe. Das treffe für die Gebäudeflächen auf dem Domänengrundstück zu.

Wie in der Vorinstanz dargestellt, sei auch die Höhe der Gebühren in den den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegten Gebührensatzungen falsch berechnet worden. Die Gemeinde habe in 2003 ein Gutachten zur Ermittlung kostendeckender Benutzungsgebühren für 2004 in Auftrag gegeben. Danach würden als Bemessungsgrundlage für die Niederschlagswasserbeseitigung insgesamt 122.816 m² zugrunde gelegt (öffentliche Fläche 106.816 m², private Fläche 16.000 m²). Die Klägerin hingegen habe bei ihren Berechnungen eine Summe von rund 88.000 m² ermittelt. Ferner ergebe sich aus dem Gutachten, dass die bisherigen Gebühren deutlich überhöht gewesen seien.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. November 2002 zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 16. Juni 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung stütze sich in erster Linie auf eine angebliche Fehlbeurteilung des Domänengrundstücks, das im Vergleich mit der üblichen Bebauung in A-Stadt eine Besonderheit darstelle. Dieses Grundstück sei wegen eines Antrages auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang besonders eingehend untersucht worden. Innerhalb der Tiefenbegrenzung läge die Getreidehalle mit 1.128 m² (außerhalb der 40 m mit 357 m²). Diese Halle sei angeschlossen durch offenes Gerinne bzw. natürliches Gefälle. Die Mehrzweckhalle (alt) sei mit 1.200 m² in die Kalkulation eingestellt worden, jedoch schon vor Bau der Niederschlagswasserbeseitigungsanlage zur Hälfte abgebaut und in einer anderen Gemeinde wieder aufgebaut worden. Angeschlossen sei dieses Gebäude im Übrigen nicht. Angeschlossene Flächen außerhalb der Tiefenbegrenzungslinie seien neben dem Teil der Getreidehalle nur das Wohnhaus mit 524 m². Zu Unrecht seien vom Pferdestall, der nicht angeschlossen sei, 171,82 m² in die Kalkulation eingestellt worden, so dass insgesamt zum Nachteil des Domänengeländes 3.377,25 m² statt zulässigerweise 2.609 m² eingestellt worden seien.

Abgesehen von Domäne und Herrenhaus spiele die 40-Meter-Linie keine Rolle. Die Tiefenbegrenzung werde von den Bürgern besonders akzeptiert, weil dies die örtlichen Gegebenheiten sehr gut darstelle.

Das von den Klägern zitierte Gutachten sei hier nicht relevant, weil es sich auf spätere Abrechnungszeiträume beziehe, sich daraus aber auch eine erhebliche Unterdeckung für den hier streitigen Zeitraum ergebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist begründet. Die angefochtenen Gebührenbescheide vom 16. Juni 1998 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger dadurch in ihren Rechten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher zu ändern und die Bescheide sind aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Als Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu Niederschlagswassergrundgebühren kommt § 6 KAG i.V.m. den Bestimmungen der am 01. Oktober 1997 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Abwasserbeseitigung der Gemeinde ... vom 19. September 1995 in der Fassung der ersten Nachtragsatzung vom 19. September 1997 (GS) in Betracht. Die Gemeinde betreibt nach ihrer Abwasserbeseitigungssatzung vom 30. Juni 1995 u.a. eine selbständige (öffentliche) Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung und erhebt gemäß § 21 dieser Satzung nach Maßgabe einer besonderen Satzung für die Benutzung dieser Einrichtung Gebühren. Nach § 1 GS werden für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen Abwassergebühren für die Grundstücke erhoben, die an diese öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen angeschlossen sind oder in diese entwässern. Sie gliedern sich in Grundgebühren und Zusatzgebühren.

Diese Bestimmungen des Satzungsrechts stehen in Übereinstimmung mit den §§ 4 und 6 KAG. Nach § 4 Abs. 1 KAG ist die Benutzungsgebühr die Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung. Ihre Entstehung setzt die tatsächliche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung voraus. Darin unterscheidet sie sich vom Beitrag, der nach § 8 KAG die Gegenleistung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme darstellt. Demnach ist die Erhebung einer Gebühr ohne Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung unzulässig (Urt. d. Senats v. 24.06.1998 - 2 L 22/96 -, NordÖR 1999, 351). Dies gilt gleichermaßen für die Zusatzgebühr wie für die Grundgebühr (§ 6 Abs. 4 KAG). Die Grundgebühr wird für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung erhoben. Sie ist ein Vorteilsentgelt für die konkrete Möglichkeit, die Einrichtung jederzeit und ohne weiteres benutzen zu können. Mit der Grundgebühr soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass durch das Bereitstellen einer Einrichtung und das Vorhalten ihrer Leistungs- und Einsatzbereitschaft Kosten auch dann entstehen, wenn die (vorgehaltenen) Leistungen selbst nicht in Anspruch genommen werden (Urt. d. Senats v. 28.02.2001 - 2 K 13/99 -). Die nur zeitweiligen Benutzer der Einrichtung können mit der Grundgebühr an diesen Fixkosten angemessen beteiligt werden.

Eine tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, die die Erhebung einer Grundgebühr rechtfertigt, liegt bei den sogenannten Hausgebühren jedenfalls dann vor, wenn das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen ist. Bei der Abwasserbeseitigung setzt das regelmäßig die Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Kanalnetz voraus. Dementsprechend wurde nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GS in der ursprünglichen Fassung sowohl für die Schmutzwasserbeseitigung als auch für die Niederschlagswasserbeseitigung eine Grundgebühr für jedes angeschlossene Grundstück erhoben. § 4 GS in der hier anzuwendenden Fassung der 1. Nachtragssatzung regelt nur noch die Gebührenhöhe, ohne den Zusatz, dass dies nur für angeschlossene Grundstücke gilt. Dessen bedarf es auch nicht, denn dass für Grundstücke, die weder an die Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen sind noch in diese (auf andere Weise) entwässern, keine Benutzungsgebühren zu erheben sind, folgt nicht nur aus der beschriebenen Funktion der Benutzungsgebühr, sondern auch aus § 1 Satz 1 GS. In Übereinstimmung damit regelt § 6 Abs. 1 GS die Entstehung der Gebührenpflicht. Diese entsteht danach für die Grundgebühr mit dem 01. des Monats, der auf den Tag des betriebsfertigen Anschlusses des Grundstücks an die zentrale Abwasseranlage folgt. Sofern die Gemeinde mit der Änderung des § 4 GS die Vorstellung verbunden haben sollte, dass eine Grundgebühr - soweit es die Niederschlagswasserbeseitigung betrifft - danach auch für nicht an die Abwasseranlage angeschlossene und nicht in diese entwässernden Grundstücke zu erheben wäre, hat das in der Satzung keinen Niederschlag gefunden. Das wäre - wie ausgeführt - auch nicht zulässig gewesen.

Die Beantwortung der Frage, ob die Kläger zu Recht zu Grundgebühren für ihre Grundstücke herangezogen werden, hängt demnach davon ab, ob die tatsächlichen Verhältnisse den Gebührentatbestand begründen. Das ist nicht der Fall. Die Grundstücke der Kläger sind nicht an die öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung angeschlossen und die Kläger nehmen die Leistungen dieser Einrichtung auch nicht auf andere Weise in Anspruch, etwa indem sie ohne Grundstücksanschluss tatsächlich Regenwasser einleiten. Eine Inanspruchnahme (auch der Vorhalteleistung) erforderte bauliche Maßnahmen auf den Grundstücken, um das Oberflächenwasser der öffentlichen Einrichtung zuführen zu können. Mithin fehlt es an einer Benutzung, für die gemäß § 6 Abs. 1 KAG ein Vorteilsentgelt erhoben werden könnte. Für die angefochtenen Bescheide besteht somit keine Rechtsgrundlage.

Nach alledem kommt es auf die weiter zwischen den Beteiligten strittigen Fragen nicht an. Insbesondere ist nicht entscheidungserheblich, ob der Gebührensatz auf einer zutreffenden Flächenermittlung beruht. Es kann dahinstehen, ob die Maßstabsregelung des § 3 Abs. 1 GS mit höherrangigem Recht, insbesondere dem allgemeinen Gleichheitssatz, vereinbar ist. Die Bemessung der Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab (regenundurchlässig) befestigter Grundstückflächen ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Schulte/Wiesemann in Driehaus, KAG, § 6 RdNr. 388 mit zahlreichen Nachweisen). Dabei wird auch vertreten, dass bei Unterscheidung zwischen Grund- und Zusatzgebühr die Zusatzgebühr nur nach den tatsächlich angeschlossenen Flächen, die Grundgebühr hingegen nach der Summe der befestigten Flächen, von denen Oberflächenwasser abfließen kann, bemessen werden darf (OVG NRW, Urteil vom 25.08.1995 - 9 A 3907/93 -, KStZ 1997, 119). Diese Differenzierung lässt - soweit es die Grundgebühr betrifft - eine Annäherung an die für eine Beitragserhebung geltenden Grundsätze erkennen. So ist auch für sogenannte wiederkehrende Beiträge, die Elemente der Gebühr und des Beitrags enthalten, eine pauschale Bemessung der Gebühr für die Oberflächenentwässerung nach der Grundstücksfläche (BVerwG, Urteil vom 24.09.1987 - 8 C 28.86 -, KStZ 1988, 11) bzw. nach dem Produkt der Grundstückflächen und Abflussbeiwerten (BVerwG, Beschluss vom 19.01.1989 - 8 B 117.88 -, KStZ 1989, 136) als rechtmäßig angesehen worden. Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 19.01.1989, aaO) auch eine Tiefenbegrenzung für Grundstücke in unbeplanten Gebieten als geeignetes Korrektiv angesehen, um eine unverhältnismäßige Beitragsbelastung übergroßer Grundstücke in unbeplanten Gebieten zu vermeiden. Es ist fraglich, ob diese Auffassung auf Benutzungsgebühren übertragbar ist. Da die Entstehung der Gebühr - wie ausgeführt - die Inanspruchnahme der Einrichtung erfordert, liegt es nahe, bei der Gebührenbemessung nur die Grundstücksflächen zu berücksichtigen, von denen Oberflächenwasser eingeleitet wird, sei es über den Grundstückanschluss, sei es auf sonstige Weise. Die Einbeziehung auch der Flächen, von denen unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten eine Einleitung in Betracht kommt, bei denen die tatsächliche Einleitung aber bauliche Veränderungen auf dem Grundstück erfordert, läuft darauf hinaus, die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung auch für die Entstehung der Gebühr genügen zu lassen. Das widerspricht den aufgezeigten Unterschieden zwischen kommunalen Benutzungsgebühren und Beiträgen. Aus den eingangs genannten Gründen bedarf dies jedoch keiner Vertiefung und abschließenden Beantwortung.

Die Kostenentscheidung folgt für das erstinstanzliche Verfahren aus § 155 Abs. 1 VwGO, für das Berufungsverfahren aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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