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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.09.2007
Aktenzeichen: 2 LB 21/07
Rechtsgebiete: KAG SH
Vorschriften:
KAG SH § 8 |
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Az.: 2 LB 21/07
verkündet am 26.09.2007
In der Verwaltungsrechtssache
Streitgegenstand: Ausbaubeiträge
hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag. Er ist Eigentümer des Grundstückes S. in der Gemeinde Sü., Ortsteil T. (Flurstück 50 der Flur 5, Gemarkung ...). Das Grundstück ist 3.213 m² groß.
Die Straße S. verläuft etwa halbkreisförmig östlich der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straße H.. Die Straße S. wurde 1956/1957 mit einer wassergebundenen Decke versehen. Sie war eine Sackgasse und endete von Süden kommend vor dem Grundstück des Klägers in einem Wendehammer. 1962 wurde die Fahrbahn mit Kiesgeröll, Heißsandschicht und bituminöser Tragdeckschicht ausgestattet und nach Norden bis zum H. verlängert. Im August 1963 wurden Straßenlampen installiert, im September 1963 eine Straßenentwässerung über Rohrleitungen fertig gestellt. Im Juli 1964 war die Fahrbahn vom bisherigen Wendehammer bis zum H. fertig gestellt.
1966/1967 wurden die Anlieger der Straße S. zu Erschließungsbeiträgen herangezogen.
In den Jahren 2001/2002 wurde die nunmehr abgerechnete Ausbaumaßnahme durchgeführt. Es wurden eine 5,5 m breite Fahrbahn mit Verbundsteinpflaster auf Frostschutzunterbau, ein befahrbarer Seitenstreifen und eine neue Regenwasserleitung für die Straßenentwässerung hergestellt; die Straße erhielt sechs neue Beleuchtungskörper.
Die Bauarbeiten wurden am 04. April 2002 abgenommen, die letzte Unternehmerrechnung ging am 08. August 2002 ein.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2003 wurde der Kläger zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 7.928,10 Euro herangezogen. Dabei wurde in Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 ABS bis zu einer Grundstückstiefe von 50 m eine anrechenbare Fläche von 2.010 m2, darüber hinausgehend eine anrechenbare Fläche von 1203 m² x 0,05 = 60 m² und damit insgesamt eine anrechenbare Fläche von 2.070 m² zugrunde gelegt. Hiergegen legte der Kläger am 10. September 2003 Widerspruch ein. Die Tiefenbegrenzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 ABS müsse parallel zur Straßenfront gerechnet werden, es dürfe nicht willkürlich ein Punkt der Straßenfront herausgegriffen werden.
Dieser Widerspruch wurde mit Bescheid vom 20. Oktober 2003 zurückgewiesen. Die der Beitragsveranlagung zugrunde liegende Berechnung der Grundstücksfläche sei zutreffend nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 b) ABS zu berechnen. Danach werde der Abstand bei Grundstücken, die mit der Straße, dem Weg oder dem Platz nur durch eine Zuwegung verbunden seien, vom Ende der Zuwegung an gemessen. Die vor dem klägerischen Grundstück liegende Ausbuchtung der Straße stelle eine solche Zuwegung dar.
Der Kläger hat am 18. November 2003 Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte die Tiefenbegrenzungsregelung der Ausbaubeitragssatzung unrichtig angewandt habe. Die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 b) ABS sei nicht anwendbar, da die Ausbuchtung der Straße keine Zuwegung im Sinne der Satzung sei. Die Ausbuchtung gehöre zur Straße. Die Tiefenbegrenzungslinie sei daher nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 a) ABS vorzunehmen, es sei somit eine Messung von der Straße vorzunehmen. Damit ergebe sich eine geringere Beitragsfläche als 2.070 m².
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 27. Juni 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2003 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 a) ABS sei nur anwendbar, wenn die Grundstücksgrenze parallel zur Straße verlaufe. Das klägerische Grundstück sei demgegenüber nur über eine kurze Zuwegung zu erreichen, so dass die Tiefenbegrenzung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 b) ABS zu ermitteln sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. Juli 2006 abgewiesen. Die der Berechnung zugrunde gelegte Beitragsfläche von 2.070 m² sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Bei der Ausbuchtung der Straße vor dem klägerischen Grundstück handele es sich nicht um eine Zuwegung, sondern um einen Teil der Straßenfläche. Die Berechnung des entsprechenden Abstandes gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 a) ABS "von der Straßengrenze aus" sei durch Bildung einer Verbindungslinie zwischen den Schnittpunkten der nördlichen und südlichen Grenze des klägerischen Grundstücks mit einer 50 m Kreislinie, geschlagen um den nordöstlichsten Berührungspunkt des klägerischen Grundstücks mit der Straße S. (Ausbuchtung), vorzunehmen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 31. August 2006 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.298,37 Euro stattgegeben hat. Die lediglich eingeschränkte Berufungszulassung ist mit der Begründung erfolgt, dass selbst nach der für den Kläger günstigsten Berechnungsvariante sich ein Beitrag in Höhe von 6.629,73 Euro ergebe.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die angefochtenen Beitragsbescheide den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verletzten. Obwohl sich die Nutzbarkeit seines Grundstücks nicht von den anderen Grundstücken in der Straße S. unterscheide und sein Grundstück lediglich mit einer Breite von 8 m an die Straße angrenze, solle er einen viel höheren Ausbaubeitrag als die übrigen Anlieger zahlen. Der durchschnittliche Beitrag betrage 4.229,43 Euro je Anlieger. Maßgeblicher Bezugspunkt für die 50 m-Tiefenbegrenzungsregelung könne nur ein solcher sein, der der Nutzbarkeit des Grundstücks hinreichend gerecht werde. Ein interessengerechtes Ergebnis ergebe sich allenfalls, wenn die Tiefenbegrenzungslinie parallel zu einem hypothetischen Straßenverlauf gezogen werde bzw. indem um den südwestlichsten Punkt des klägerischen Grundstücks ein Kreisbogen von 50 m geschlagen werde. Nur auf diese Weise gelange man zu einem Ergebnis, das die geringe Nutzbarkeit der Hinterlandflächen des klägerischen Grundstücks ausreichend berücksichtige.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2003 insoweit aufzuheben, als der Kläger zu einem über die Höhe von 6.629,73 Euro hinausgehenden Ausbaubeitrag herangezogen wird.
Der Beklagte verteidigt das Ergebnis des angefochtenen Urteils.
Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist auch im zugelassenen Umfang nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Beitragsbescheide verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die 2001/2002 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen nach dem Satzungsrecht der Gemeinde Sü. und der damals geltenden Fassung des § 8 Abs. 1 KAG als "nochmalige Herstellung" beitragsfähige Maßnahmen waren. Der Senat nimmt deshalb gemäß § 130 b Satz 2 VwGO auf die entsprechenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug.
Das Verwaltungsgericht hat richtig erkannt, dass die Ende März 2002 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung) vom 26. März 2002 (im Folgenden: ABS) anzuwenden ist. Da die Baumaßnahme am 04. April 2002 abgenommen wurde und die letzte Unternehmerrechnung am 08. August 2002 beim Beklagten einging, ist die Beitragspflicht gemäß § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG nach dem Inkrafttreten dieser Satzung entstanden unbeschadet der Frage, auf welches Ereignis es dabei ankommt (vgl. Thiem/Böttcher, KAG, § 8 Rdnr. 240 ff. m.w.N.; s. a . Senatsurt. v. 13.10.1999 - 2 L 116/97 -, Die Gemeinde 2000, 43 = SchlHA 2000, 43).
Die angefochtenen Bescheide sind auch hinsichtlich der Höhe des geforderten Ausbaubeitrages nicht zu beanstanden. Bei der Berechnung der zugrunde zu legenden Grundstücksfläche hat der Beklagte jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers gehandelt.
Die Ermittlung des Beitrags beruht auf der Regelung des § 6 ABS. Danach wird der Beitragsanteil nach der gewichteten Grundstücksfläche auf die das Abrechnungsgebiet bildenden Grundstücke verteilt. Diese Bestimmung ist im Grundsatz nicht zu beanstanden.
Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 KAG, nach der die Beiträge auf der Grundlage fester Verteilungsmaßstäbe nach den Vorteilen zu bemessen sind, die Grundstückseigentümern, zur Nutzung von Grundstücken dinglich Berechtigten und Gewerbetreibenden durch die Herstellung sowie den Ausbau und Umbau von notwendigen öffentlichen Einrichtungen erwachsen, enthält keine ausdrückliche Normierung konkreter Maßstäbe für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes unter den Beitragsschuldnern. Es obliegt vielmehr dem örtlichen Satzungsgeber, gerechte und praktikable Verteilungsmaßstäbe auszuwählen und in einer Beitragssatzung im Einzelnen zu regeln. Der vom Ortsgesetzgeber gewählte Verteilungsmaßstab muss geeignet sein, den umlagefähigen Aufwand in einer dem Grundsatz der Vorteilsgerechtigkeit genügenden Weise zu verteilen. Dieser - mit gleichem Inhalt sowohl aus dem Landesrecht als auch dem Bundesrecht (Gleichbehandlungsprinzip) herzuleitende - Grundsatz verlangt allerdings keine Gerechtigkeit im Einzelfall, sondern lediglich eine Typengerechtigkeit, d.h. ein Abstellen auf Regelfälle eines Sachverhalts und deren gleichartige Behandlung als so genannte typische Fälle (vgl. Senatsurt. v. 11.02.1998 - 2 L 79/96 -, NordÖR 1998, 268 m.w.N.). Für die Gestaltung eines Verteilungsmaßstabes ist an ein Merkmal anzuknüpfen, von dem - nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten - angenommen werden darf, es sei von besonderem Aussagewert für den Umfang des durch die ausgebaute Anlage (die Straße) gebotenen Vorteils (Senatsurt. v. 21.12.1993 - 2 L 185/93 -). Der Umfang der Steigerung des Gebrauchs- und/oder Verkehrswertes hängt von der Größe und der Nutzbarkeit des jeweiligen Grundstücks ab (Senatsurt. v. 11.02.1998, a.a.O.). Daher kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beitrag für vergleichbar genutzte Nachbargrundstücke sei erheblich geringer, denn diese Grundstücke haben entsprechend geringere Flächen.
Der Beitragsmaßstab des § 6 ABS differenziert auch zutreffend nach der Art der Nutzbarkeit der bevorteilten Grundstücke. Danach wird die Grundstücksfläche, die baulich, gewerblich, industriell oder vergleichbar nutzbar ist, mit dem Vervielfältiger 1,0 berücksichtigt, für sonstig nutzbare Flächen ist - von bestimmten Sonderfällen abgesehen - ein Vervielfältiger von 0,05 vorgesehen. Gegen diese Abstufung der Vorteile bestehen keine Bedenken (vgl. Senatsbeschl. v. 02.07.2002 - 2 M 38/02 -, NordÖR 2002, 520). Es liegt auf der Hand, dass der Gebrauchswert eines Baugrundstücks und dessen Bebaubarkeit in einem engen Verhältnis zueinander stehen und der Gebrauchswert mit der Bebaubarkeit wächst. Eine Außenbereichsfläche, die grundsätzlich kein Bauland ist, erfährt einen geringeren Vorteil, ist aber bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ebenfalls bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen (Senatsurt. v. 11.02.1998, a.a.O.). Diese Unterschiede sind auch auf einem Grundstück zu beachten.
Auch im Straßenbaubeitragsrecht gilt der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff. Dies bedeutet aber nicht, dass die gesamte Grundstücksfläche beitragsrechtlich einheitlich zu behandeln ist. Beschränken sich die Vorteilswirkungen einer Ausbaumaßnahme eindeutig auf eine oder mehrere Teilflächen eines (Buch-) Grundstücks, so nehmen ausnahmsweise nur diese Teilflächen des Grundstücks an der Aufwandsverteilung teil (Senatsurt. v. 11.02.1998 - 2 L 136/96 -, Die Gemeinde 1998, 220). Wird ein Grundstück auf Teilflächen unterschiedlich genutzt oder ist es unterschiedlich nutzbar, so sind die Teilflächen unterschiedlich zu gewichten. Das findet seinen Ausdruck z.B. in der Tiefenbegrenzung, die darauf abstellt, dass nur die Fläche bis zu dieser Grenze Bauland und die Fläche dahinter als Nicht-Bauland im geringeren Maße bevorteilt ist. Mit einer solchen Satzungsbestimmung soll im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität ausgeschlossen werden, in jedem Einzelfall prüfen zu müssen, bis zu welcher Tiefe ein Grundstück Baulandqualität besitzt (Senatsurt. v. 26. 05 1999 - 2 K 23/97 -, Die Gemeinde 1999, 185, zum Anschlussbeitragsrecht).
Da die Tiefenbegrenzungsregelung sachlich an die Abgrenzung zwischen bebaubarem und höher bevorteiltem Vorderland und nicht baulich nutzbarem und damit geringer bevorteiltem Hinterland anknüpft und somit zugleich auch die für die bauliche Nutzung des Grundstücks maßgebliche Erschließungssituation berücksichtigt, kann sich die Tiefenbegrenzungslinie nur auf den Abstand zur Anbaustraße beziehen (Klausing in: Driehaus, KAG, § 8 Rdnr. 1030a m.w.N.), und zwar in einem lotrecht gemessenen gleichen Abstand von der Grenze, die das Grundstück von der Straße trennt (Thiem/Böttcher, a.a.O., Rdnr. 594). Eine dementsprechende Regelung enthält § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 lit. a) ABS. Sie führt hier aber zu keiner Begrenzung der als Bauland bevorteilten Fläche, weil der Abstand von 50 m lotrecht von der Straße S. aus gemessen hinter der nördlichen Grundstücksgrenze verläuft. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist die sich aus dem früheren Wendehammer ergebende Ausbuchtung Teil der Straße, das daran angrenzende Grundstück des Klägers mithin auch durch die abgerechnete Maßnahme bevorteilt. Aufgrund dieser örtlichen Besonderheiten liegt das Grundstück nur mit seiner südlichen Grenze an der Straße. Daher ergäbe sich auch nichts Anderes, wenn die Ausbuchtung - wie der Beklagte meint - als Zuwegung i.S.v. lit. b) der Tiefenbegrenzungsregelung verstanden werden könnte, denn auch dann wäre der Abstand lotrecht von dieser Zuwegung aus zu messen, d. h., es ginge um die Festlegung der Tiefe nach Norden hin gesehen. Es kann also eine Grenze nach lit. a) oder b) ermittelt werden, so dass auch die Regelung in lit. c), wonach ersatzweise der Abstand mit Hilfe eines Kreisbogens um den Mittelpunkt des Platzes (wohl ggf. auch der Straße oder des Weges) gebildet werden soll, nicht anwendbar ist. Daher kann offen bleiben, ob diese Bestimmung mit den o. g. Grundsätzen vereinbar - und wirksam - ist oder nicht vielmehr zu einer - systemwidrigen - Verschiebung der Grenzziehung zum Nachteil der übrigen Beitragspflichtigen führt.
Aufgrund der Lage des veranlagten Grundstücks zur ausgebauten Straße ist die Abgrenzung zwischen Bauland und geringer bevorteilter Fläche nicht im Hinblick auf die Grundstückstiefe vorzunehmen, sondern hinsichtlich der seitlichen Ausdehnung des Grundstücks in ostwärtige Richtung. Dafür enthält die Satzung keine pauschalierende Regelung. § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 7 ABS ist darauf auch nicht analog anwendbar. Eine abstraktgenerelle Festlegung einer "Seitenbegrenzungslinie" scheidet aus, denn anders als bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung in der Satzung gibt es für eine ortsübliche Breite der baulichen Nutzung der so betroffenen Grundstücke keine sachlichen Anhaltspunkte (Klausing, a.a.O., Rdnr. 1031b m.w.N.). Daher kann die Abgrenzung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht dadurch vorgenommen werden, indem eine 50 m Kreislinie um den nordöstlichen Berührungspunkt des Grundstücks mit der Straße (Ausbuchtung) geschlagen wird. Vielmehr ist die Grenze zwischen Bauland und Außenbereich in anderer, den konkreten Gegebenheiten des Falles angemessenen Weise vorzunehmen.
Soweit die Straße S. in Nord-Süd-Richtung verläuft, also etwa bis zur erwähnten Ausbuchtung hin, wird die ostwärtige Begrenzung des Baulandes durch die Tiefenbegrenzungslinie auf den Grundstücken, die den "S." südlich des klägerischen Grundstücks säumen, gezogen. Für die seitliche Begrenzung des Baulandes auf dem Grundstück des Klägers bietet es sich an, diese Linie zu verlängern, und zwar derart, dass sie von dem Punkt, in dem diese Linie auf die südliche Grenze des klägerischen Grundstücks trifft, lotrecht weitergeführt wird. Dies führt dazu, dass auf dem Grundstück des Klägers die Grenze zum Außenbereich zur östlichen Grundstücksgrenze hin gegenüber der vom Beklagten vorgenommenen Abgrenzung leicht verschoben wird. Dies hat weiter zur Folge, dass die mit dem Faktor 1,0 zu gewichtende Grundstücksteilfläche vergrößert und die mit dem Faktor 0,05 zu gewichtende Teilfläche verringert wird. Auf das Grundstück des Klägers entfällt danach ein höherer Beitrag als der geforderte Betrag von 7.928,10 Euro.
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch dann nicht, wenn die Abgrenzung der als Bauland bevorteilten Fläche nach den Festsetzungen der Satzung der Gemeinde Sü. über die im Zusammenhang bebauten Ortsteile vom 10. März 1982 in der Fassung der Änderungs- und Ergänzungssatzungen vom 31. Oktober 1994 und vom 25. September 2003 vorzunehmen wäre.
Durch die Festsetzungen dieser Satzungen wird der bauplanungsrechtliche Innenbereich vom Außenbereich abgegrenzt, d.h. die dort bezeichneten Flächen werden dem Regime des § 34 BauGB unterstellt, die im Geltungsbereich dieser Satzung gelegenen Grundstücke haben - damit - keine andere Baulandqualität, als es für Grundstücke im sonstigen Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB der Fall ist (Senatsurt. v. 30.09.1998 - 2 L 254/94 -, Nor-dÖR 1999, 315). Mit der Satzung hat die Gemeinde von ihrer Befugnis nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 3 BauGB Gebrauch gemacht, die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festzulegen. Damit hat die Gemeinde mit Bindungswirkung gegenüber öffentlichen Planungsträgern und sonstigen Stellen, insbesondere der Baugenehmigungsbehörde, festgelegt, wo in dem vom Geltungsbereich der Satzung erfassten Teil ihres Gebietes die Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteiles i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB verläuft und der Außenbereich beginnt. An diese normative Grenzziehung ist sie auch selbst bei anderen Entscheidungen gebunden.
Legt man die Festsetzungen dieser Abrundungsatzungen zugrunde, so wären die an den S. angrenzenden Grundstücke jeweils mit ihren Gesamtflächen als Flächen mit Baulandqualität in die Abrechnungsfläche einzubeziehen. Dies hätte zwar zur Folge, dass der Beitragssatz sänke, aber auch, dass die auf das Grundstück des Klägers entfallende Beitragsschuld stiege, weil dieses Grundstück im Vergleich mit den anderen Grundstücken eine überproportional große Fläche hat. Dies hätte dann zur weiteren Folge, dass die den Kläger treffende Beitragsforderung mit der Forderung nach 7.928,10 Euro noch nicht ausgeschöpft ist.
Allerdings könnte die Wirksamkeit der "Abrundungssatzungen" fraglich sein, weil es rechtlich bedenklich ist, die Grenzen des Innenbereichs in einer auf § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB gestützten Satzung derartig weiträumig festzusetzen (vgl. Hofherr in: Berliner Kommentar BauGB, § 34 Rdnr. 75 ff). Diese Frage kann jedoch offen bleiben, weil der Erfolg der Berufung davon - wie ausgeführt - nicht abhängt.
Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, der Beklagte hätte den auf den Kläger fallenden Beitrag angesichts des besonderen Zuschnitts des klägerischen Grundstücks aus Billigkeitsgründen herabsetzen müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass solche Überlegungen im Rahmen der Anfechtung von Beitragsfestsetzung und Leistungsgebot nicht zu berücksichtigen sind.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe hierfür i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.298,37 Euro festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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