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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.04.2008
Aktenzeichen: 2 LB 46/07
Rechtsgebiete: WoGG


Vorschriften:

WoGG § 10
WoGG § 14
WoGG § 2
WoGG § 7
1. Zuwendungen Dritter, die nur darlehensweise erfolgen, mindern einen Anspruch auf Wohngeld nicht. Das gilt auch im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern.

2. Die Beurteilung der Frage, ob es sich bei laufenden Zuwendungen um ein Darlehen handelt, bedarf bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einer Gesamtwürdigung aller relevanten tatsächlichen Umstände. Ein schriftlicher Vertrag ist dafür keine zwingende Voraussetzung.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Az.: 2 LB 46/07

verkündet am 23.04.2008

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Wohngeldrecht - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht den Richter am Oberverwaltungsgericht die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 02. September 1984 geborene Klägerin begehrt Wohngeld für den Zeitraum von August 2006 bis Juli 2007.

Die Klägerin wohnte zunächst bei ihren Eltern in .... Nachdem sie im Juni 2004 die Prüfung als Kaufmännische Assistentin bestanden hatte, begann sie im August 2004 eine weitere dreijährige Ausbildung zur Kauffrau für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft in .... Sie mietete zum 01. Dezember 2005 im Stadtgebiet der Beklagten eine Wohnung an, für die sie eine Miete von monatlich 285 Euro zahlen muss, und beantragte am 15. Oktober 2005 die Bewilligung von Wohngeld. Ihr wurde mit Bescheid vom 23. November 2005 Wohngeld in Höhe von monatlich 126,-- Euro ab dem 01. Dezember 2005 bis zum 31. Juli 2006 bewilligt.

Die Klägerin stellte am 21. August 2006 einen Folgeantrag ab dem 01. August 2006. Sie gab darin an, sie verfüge über Einkommen aus Ausbildungsvergütung, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Kindergeld. Die Klägerin legte weiter eine Erklärung ihrer Mutter vom 27. August 2006 vor, wonach es dieser nicht mehr möglich sei, der Klägerin das Kindergeld zukommen zu lassen. Auf eine Anfrage der Beklagten hinsichtlich der Plausibilität ihrer Einkünfte, weil sie einen monatlichen Mindestbedarf von 630,-- Euro habe, den sie durch ihre Einnahmen nur zu 80 % decken könne, reagierte die Klägerin, indem sie darauf hinwies, dass sie keine weiteren Einkünfte als die angegebenen habe, sie aber freiwillige Unterstützung durch ihre Eltern durch Sach- und Geldleistungen, letztere allerdings nur darlehensweise, erhielte. Ihre Mutter erhielte das Kindergeld und auch das Wohngeld und zahle von ihrem Konto dann die Miete. Nachdem ihre Eltern sich getrennt hätten, sei von diesen keine weitere finanzielle Unterstützung mehr für sie möglich. Das Schreiben ist auch von den Eltern der Klägerin unterschreiben.

Mit Bescheid vom 09. November 2006 bewilligte die Beklagte Wohngeld in Höhe von monatlich 98,-- Euro für den Zeitraum ab 01. August 2006 bis zum 31. Juli 2007. Bei der Berechnung berücksichtigte die Beklagte die von der Mutter geleisteten Mietzahlungen in Höhe von monatlich 285,-- Euro x 12 = 3.420,-- Euro als Unterhalt und damit als Einkommen.

Die Klägerin legte dagegen am 09. Dezember 2006 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass sie über keine weiteren Einnahmen als ihre Ausbildungsvergütung verfüge. Ihre Eltern erhielten das Kindergeld. Inwieweit dieses zu ihrem Einkommen zähle, könne sie nicht beurteilen. Sie erhalte aber keine Unterstützung in der im Bescheid angenommenen Höhe. Sie legte zur Bestätigung ein Schreiben ihres Vaters vor, worin dieser ausführte, dass die Eltern seinerzeit dem Vermieter gegenüber eine selbstschuldnerische Bürgschaft hätten abgeben müssen. Deshalb sorgten sie für die pünktliche Zahlung der Miete. Sie seien aber finanziell nicht in der Lage, Unterhaltsleistungen in Höhe der Mietzahlungen zu erbringen. Sie leisteten lediglich Hilfe, damit die Klägerin über die Runden komme. Es handele sich um einen Kredit, der an die Mutter zurückzuzahlen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 20. Februar 2007 hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, dass sie von ihren Eltern, ihrem Freund und den Großeltern am Wochenende Hilfe durch Sachunterstützung in Form von Kost und Logis erhielte. Sie werde die von der Mutter verauslagte Miete zurückzahlen. Dieses erfolge zum Teil durch die Wohngeldzahlungen und bei eigener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auch in monatlichen Raten. Sie habe mit der Mutter keinen schriftlichen Darlehensvertrag abgeschlossen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zur Bewilligung von Wohngeld ohne Anrechnung der Mietzahlungen ihrer Eltern zu verpflichten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass die von der Mutter an die Klägerin gezahlte Miete in dieser Höhe als Unterhaltsleistung und damit als Einkommen anzurechnen sei, da es keinen schriftlichen Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und deren Mutter gebe und eine Rückzahlung völlig ungewiss sei.

Durch Urteil vom 16. Mai 2007 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für den Bewilligungszeitraum 01. August 2006 bis 31. Juli 2007 weitere 54,-- Euro monatlich Wohngeld, insgesamt also 152,-- Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Eltern der Klägerin lebten in beengten Verhältnissen. Die Mutter sei für 400,-- Euro geringfügig beschäftigt und lebe - nachdem sie sich von ihrem Ehemann getrennt habe - wieder bei der eigenen Mutter. Die Geschäfte des Vaters als selbständiger Versicherungsmakler liefen zurzeit schlecht. Deshalb sei es überzeugend, dass die Klägerin großen Wert darauf lege, ihren Eltern das zur Verfügung gestellte Geld zurückzuzahlen. Generell gebe es zwar eine Missbrauchsproblematik, wenn im familiären Bereich Zuwendungen flössen; diese Zweifel seien in diesem Fall aber nicht berechtigt. Es gehe auch nicht um ein Darlehen zwischen Familienmitgliedern, sondern um einen gesetzlichen Forderungsübergang aus der Bürgschaft, da die Mutter durch die Mietzahlung eine Forderung gemäß § 774 BGB gegen die Klägerin erwerbe. Das Wohngeld werde immer direkt auf das Konto der Mutter gezahlt. Dadurch werde die Forderung zum Teil getilgt. Zudem stehe das Kindergeld der Mutter rechtlich zu und diese sei nicht verpflichtet, diesen Betrag an die Klägerin abzuführen.

Ausgehend von einer Ausbildungsvergütung in Höhe von 450,-- Euro zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld abzüglich der Werbungskosten sei von einem Jahreseinkommen in Höhe von 4.880,-- Euro auszugehen. Unter Berücksichtigung der Pauschale in Höhe von 20 % gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WoGG ergebe sich ein monatliches Einkommen in Höhe von 325,33 Euro. Bei Berücksichtigung der Höchstmiete von 245,-- Euro ergebe sich aus der Wohngeldtabelle ein Wohngeld in Höhe von monatlich 152,-- Euro.

Die gelegentlichen Sachleistungen der Eltern stellten auch keine nach der Sachbezugsverordnung zu bewertenden Leistungen dar, da diese weder regelmäßig erfolgten noch über das bei Besuchen von Angehörigen Übliche hinausgingen.

Dem Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung vom 20. Juni 2005 ist durch Beschluss des Senats vom 05. Oktober 2007 entsprochen worden.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf ein höheres Wohngeld als bereits bewilligt habe. Die Anforderungen, die bei Darlehensvereinbarungen innerhalb der Familie gestellt würden, dürften nicht strenger sein als die, die bei einem Forderungsübergang durch selbstschuldnerische Bürgschaft entstünden. Beide Situationen seien gleich zu bewerten. In beiden Fällen liege ein privatrechtliches Schuldverhältnis zwischen Familienmitgliedern vor. Es sei dabei unerheblich, ob die Mutter der Klägerin das Geld gebe, damit diese es an den Vermieter weiterleite, oder ob die Mutter das Geld gleich an den Vermieter überweise und damit eine Forderung gegenüber der Klägerin erwerbe. Es sei wahrscheinlich, dass die Mutter auf die Rückzahlung verzichten werde. Unter Fremden würde verbindlich geregelt werden, wann eine Rückzahlung der Schulden erfolgen werde. Dieses müsse auch zwischen Familienmitgliedern gefordert werden und darüber hinaus müsse Gewissheit bestehen, dass die Rückzahlung tatsächlich erfolge. In diesem Fall hänge die Rückzahlung von Bedingungen ab, die ungewiss seien (Ende der Ausbildung der Klägerin, neue Arbeitsstelle nach Ausbildungsende, Höhe der Vergütung). Da es keine Stundungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Mutter gebe, sei die Glaubwürdigkeit der Klägerin durchaus zweifelhaft. Diese habe die Angaben auch nur zögerlich und widersprüchlich gegeben. Es fehle auch eine Überprüfung der Darlegung der Klägerin über die wirtschaftliche Situation ihrer Eltern. Darüber hinaus sei auch zu berücksichtigen, dass das Kindergeld nur der Bedarfsdeckung des Kindes diene. Wenn das Kind nicht mehr im Haushalt lebe, sei dieses dem Kind zuzuwenden. Es sei jedenfalls mindestens die von der Mutter geleistete Mietzahlung abzüglich des Wohngeldes in Höhe von 285 - 98 = 187,-- Euro monatlich als Einkommen zu werten, hilfsweise das Kindergeld als Einkommen bei der Klägerin zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hält die Berufung für unbegründet und legt dar, dass sie nur auf Anraten der Beklagten in ihrem ersten Wohngeldantrag angegeben habe, dass sie das Kindergeld erhielte. Es sei ihr von der Beklagten damals gesagt worden, das Kindergeld sei zwingend als ihr Einkommen zu bewerten, sonst würde sie gar kein Wohngeld bekommen. Sie habe deshalb gegenüber der Beklagten keine falschen Angaben gemacht; jedenfalls nicht wissentlich.

Sie habe zwischenzeitlich ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und seit dem 01. Oktober 2007 arbeite sie in ihrem Beruf fest angestellt. Sie könne ab Januar 2008 ihre Schulden bei ihrer Mutter zurückzahlen. Sie habe Schulden in Höhe von 3.500,-- Euro, die nicht durch Wohngeldzahlungen ausgeglichen worden seien. Sie habe in den Monaten August und September 2007 BAföG bezogen, um das Abitur nachzuholen. Wegen Abbruch des Schulbesuchs und der Arbeitsaufnahme zum 01. Oktober werde sie die Raten ab Januar 2008 zurückzahlen. Die Forderung nach einer schriftlichen Vereinbarung zur Rückzahlung sei illusorisch und völlig lebensfremd.

Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eine Aufstellung der von ihrer Mutter gezahlten Miete abzüglich des bewilligten Wohngeldes vorgelegt. Darin sind die Mietzahlungen von Dezember 2005 bis August 2007 enthalten. Unter Berücksichtigung der Wohngeldzahlungen hat die Klägerin zum August 2007 bei ihrer Mutter Schulden in Höhe von 3.801,-- Euro. Darüber hinaus hat sie eine Quittung vorgelegt, wonach sie ihrer Mutter im Dezember 2007 500,-- Euro und im März 2008 weitere 100 Euro übergeben habe. Sie hat vorgetragen, nach der Ausbildung ca. 1.200,-- Euro netto zu verdienen. Sie habe zunächst ihren Dispo- Kredit getilgt und erwarte zudem für das letzte Jahr eine Steuererstattung in Höhe von ca. 1.000,-- Euro, die sie auch ihrer Mutter zukommen lassen werde.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin für den Bewilligungszeitraum 01. August 2006 bis 31. Juli 2007 zu Recht einen Anspruch auf Wohngeld in Höhe von insgesamt monatlich 152,-- Euro, und damit 54,-- Euro mehr als von der Beklagten bewilligt, zugesprochen.

Der Anspruch der Klägerin auf Wohngeldleistungen beruht auf §§ 1 ff. WoGG. Dem Grunde nach ist dies für den in Rede stehenden Zeitraum zwischen den Beteiligten nicht streitig. Fraglich ist lediglich die Höhe des zu leistenden Betrages. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Bewertung des Umstandes ab, dass die Mutter der Klägerin die geschuldete Miete in Höhe von 285,-- Euro monatlich unmittelbar an den Vermieter zahlte. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei diesen Zahlungen weder um Einkommen der Klägerin im Sinne von §§ 9 ff. WoGG noch um Leistungen Dritter zur Bezahlung der Miete i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 3 WoGG.

Nach § 2 Abs. 1 WoGG wird Wohngeld unter Berücksichtigung des monatlichen Einkommens - dem zwölften Teil des Gesamteinkommens (§ 9 Abs. 2 WoGG) - einerseits und der zu berücksichtigenden monatlichen Miete (§ 7 WoGG) andererseits geleistet. Zum Jahreseinkommen der Klägerin zählt hier gemäß § 10 Abs. 1 WoGG die seinerzeit bezogene Ausbildungsvergütung. In Betracht käme auch die Berücksichtigung der Gewährung von Unterhalt durch die Eltern als Einkommen. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 5.1 WoGG zählen zum Jahreseinkommen auch die nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Empfänger nicht zuzurechnenden Bezüge, die ihm von nicht zum Haushalt rechnenden Personen gewährt werden. Dies ist hier jedoch schon nach § 14 WoGG ausgeschlossen. Danach bleiben bei der Ermittlung des Jahreseinkommens Leistungen Dritter zur Bezahlung der Miete außer Betracht. Die Vorschrift korrespondiert mit der Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 3 WoGG. Danach bleibt die Miete insoweit außer Betracht, als ihr Leistungen Dritter zur Bezahlung der Miete gegenüberstehen. Diese Voraussetzung wäre hier unter der Annahme, dass die Klägerin durch die Mietzahlungen der Mutter endgültig von dieser Schuld befreit werden sollte, gegeben, denn die Klägerin konnte über die Zuwendungen nicht nach eigener Wahl verfügen. Die Auffassung, dass die für die Bezahlung der Miete erbrachten Leistungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten keine Leistungen i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 WoGG sein sollen (so Nr. 7.24 Abs. 4 lit. c) WoGVwV und Stadler/Gutekunst/Forster/Wolf, WoGG, Stand: Mai 2005, § 7 Rdnr. 15), teilt der Senat nicht. Diese einschränkende Auslegung der Vorschrift findet im Wortlaut keine Stütze und ist auch nicht durch den Zweck der Regelung veranlasst. Gerade die im Rahmen der Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht zur Bezahlung der Miete erbrachten Leistungen entlasten den Begünstigten nämlich endgültig von entsprechenden eigenen Aufwendungen zur Begleichung von Mietforderungen (so ausdrücklich BayVGH, Urt. v. 23.11.2004 - 9 B 03.1001 -, Juris Rdnr. 37). Das gilt zwar auch für Leistungen aus öffentlichen Haushalten, die mit dem Wohngeld vergleichbar sind, doch ist insoweit durch § 18 Nr. 1 WoGG ein Anspruch auf Wohngeld ausgeschlossen. Daher ist aus Gründen der Gesetzessystematik eine andere rechtliche Beurteilung vorgegeben und sind jene Mittel nicht unter § 7 Abs. 2 Nr. 3 WoGG zu fassen.

Unbeschadet der Frage, wie Mietzahlungen der Eltern zu Gunsten ihrer Kinder im Allgemeinen wohngeldrechtlich zu behandeln sind, haben sie nur dann anspruchsmindernde Wirkung, wenn es sich um nicht rückzahlbare Zuwendungen handelt, die entweder in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder - darüber hinausgehend - als freiwillige Leistungen in Form von Schenkungen erbracht werden. Damit Leistungen der Eltern als Einkommen i.S.v. § 10 Abs. 2 Nr. 5.1 WoGG i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG gewertet werden können, muss es sich um Bezüge in Geld oder Geldwert handeln, die in gewissen Zeitabständen wiederkehren und die die Leistungsfähigkeit des Empfängers stärken (vgl. Stuhrmann in: Blümich, EStG, 97 Aufl., § 22 Rdnr. 24, 29 m.w.N.). Darlehen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Dies gilt in gleicher Weise bei Anwendung von § 7 Abs. 2 Nr. 3 WoGG. Auch insoweit müssen Leistungen Dritter zur Bezahlung der Miete außer Betracht bleiben, wenn diese auf einer Darlehensvereinbarung beruhen und der Mieter nach § 488 BGB verpflichtet ist, dem Dritten das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten. Ähnliches gilt nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit der Dritte als Bürge mit der Mietzahlung den Vermieter befriedigt, denn damit geht die Forderung des Vermieters gegen den Mieter auf ihn über (so auch BayVGH, a.a.O., Rdnr. 36). Sofern der Bürge damit nicht zugleich einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nachkommt oder dem Mieter die Forderung sogleich - im Wege einer Schenkung - erlässt, sondern der Mieter auf Grund einer Darlehensvereinbarung zur späteren Rückzahlung an den Bürgen verpflichtet ist, stellt die Erfüllung der Mietforderung durch den Bürgen keine Leistung eines Dritten zur Bezahlung der Miete i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 WoGG dar. So liegt es hier.

Die Einstufung der Leistungen von Eltern an ihre Kinder als Darlehen erfordert nicht die Vorlage eines schriftlich verfassten Vertrages (so jedoch Stadler u.a., a.a.O., § 10 Rdnr. 155). Ein Darlehensvertrag i.S.v. § 488 BGB ist grundsätzlich auch in mündlicher Form wirksam. Ein schriftlich geschlossener Vertrag erleichtert zwar bei Streitigkeiten zwischen den Parteien die Beweisführung, im Verhältnis zu Dritten bietet er aber nur einen Anhaltspunkt für die bestehenden Rechtsbeziehungen, weil auch schriftliche Verträge jederzeit einvernehmlich geändert werden können, häufig nicht vollzogen oder nur zum Schein geschlossen werden. Die Beurteilung der Frage, ob der zugewendete Geldbetrag endgültig beim Empfänger verbleiben oder jedenfalls diesem zugute kommen soll, es sich also um eine Schenkung handelt, oder ob dieser zu einer Rückerstattung verpflichtet sein soll, also ein Darlehen vorliegt, ist unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks einerseits und einer Gesamtwürdigung aller relevanten tatsächlichen Umstände andererseits vorzunehmen. Ausgangspunkt der Überlegung muss die Frage sein, ob mit einer Rückzahlung eines für den Lebensunterhalt verwendeten Darlehens entweder überhaupt nicht oder doch nur bei Eintritt eines ungewissen Ereignisses gerechnet werden kann. Ausgehend von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann ein Mieter, der einen aufwändigen Haushalt führt, der seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht entspricht, nicht verlangen, im Rahmen des Wohngeldrechts so behandelt zu werden, als stände ihm - ohne Berücksichtigung der Leistungen Dritter - nur das nachweisbare Einkommen zur Verfügung (BVerwG, Urteil vom 30.11.1972 - VIII C 81.71 -, BVerwGE 41, 220).

Für die Beantwortung der Frage, ob nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit einer Rückzahlung des Darlehens gerechnet werden kann, sind u.a. Gesichtspunkte wie die Dauer einer darlehensweisen Finanzierung eines Teils des Lebensunterhalts, die Höhe des entstehenden Gesamtdarlehens, das Bestehen einer Unterhaltspflicht, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Darlehensgebers, die Prognose, das Darlehen in absehbarer Zeit zurückzuzahlen oder die sichere Erwartung, in nächster Zukunft zu Geld zu kommen, zu berücksichtigen. Die Würdigung dieser Aspekte führt hier zu dem Schluss, dass die Klägerin durch die Zahlungen ihrer Mutter in Höhe von monatlich 285,-- Euro nicht endgültig entlastet worden ist, sondern schon bei Beantragung der umstrittenen Leistung die Prognose gerechtfertigt war, dass die Klägerin verpflichtet ist, ihrer Mutter das Geld zu erstatten und sie dieser Pflicht auch nachkommen wird.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt ihres Auszuges aus der elterlichen Wohnung 21,3 Jahre alt und damit waren die Eltern schon damals gemäß § 1603 Abs. 2 BGB nicht mehr gesteigert unterhaltspflichtig. Darüber hinaus hatte die Klägerin eine erste berufliche Ausbildung als Kaufmännische Assistentin von ihren Eltern finanziert bekommen. Sie hätte sich damit eine eigene wirtschaftliche Existenz aufbauen können. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts glaubhaft vorgetragen, dass es ihren Eltern finanziell schlecht ging, zumal sich diese in der Zwischenzeit getrennt hatten, und es gemeinsamer Familienanstrengung bedurft habe, ihr die Ausbildung zu finanzieren, um ihr eine Berufsperspektive in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu ermöglichen. Ob die Eltern zwischenzeitlich wieder in einem Haushalt leben, wie die Beklagte neu vorgetragen hat, kann dabei dahinstehen, denn es kommt auf die Situation zum Zeitpunkt der Antragstellung im August 2006 an. Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihre Mutter auch von Ersparnissen gelebt habe, von denen sie die Miete habe zahlen können. Bei Annahme der wirtschaftlich schwierigen Verhältnisse der Eltern ist es nachvollziehbar, dass die volljährige Klägerin nach Abschluss der Zweitausbildung in die Pflicht genommen wird, die darlehensweise erhaltenen Gelder an die Mutter zurückzuzahlen. Denn durch die Finanzierungshilfe ist die Klägerin in die Lage versetzt worden, sich auf Kosten der Mutter, die sich finanziell einschränken musste, beruflich weiter zu qualifizieren. Zum Zeitpunkt des Auszuges aus der elterlichen Wohnung hatte die Klägerin bereits ca. die Hälfte ihrer beruflichen Zweitausbildung hinter sich. Angesichts der ersten Ausbildung zur kaufmännischen Assistentin und der Zweitausbildung als Kauffrau für Wohnungswirtschaft ist damit zu rechnen gewesen, dass die Klägerin alsbald nach der Ausbildung eine Anstellung finden wird, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und um alsbald in Raten ihre Schulden bei der Mutter vollständig zurückzahlen zu können.

Es ist dabei auch zu berücksichtigen, dass das Wohngeld - wie schon im vorangegangenen Bewilligungszeitraum - antragsgemäß unmittelbar an die Mutter der Klägerin zu zahlen war, so dass die auf die Mutter infolge Mietzahlungen gemäß § 774 Abs. 1 BGB übergegangenen Forderungen jeweils um diesen Betrag getilgt wurden. Jedenfalls in Höhe der zuvor geleisteten 126,-- Euro monatlich konnten die Klägerin und ihrer Mutter in nachvollziehbarer Weise annehmen, dass es sich für die Mutter nur um einen "durchlaufenden Posten" handelte, den sie nicht ihrer Tochter auf Dauer zuwenden wollte.

Es liegen ferner keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mutter der Klägerin dieser das Kindergeld in Höhe von 154,-- Euro monatlich auf Dauer überlassen wollte. Ob die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 EStG für eine unmittelbare Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin vorlagen, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung. Tatsächlich wurde das Kindergeld entsprechend § 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG an die Mutter gezahlt, die darüber verfügen konnte. Im Hinblick auf einen eigenen Wohngeldanspruch der Mutter handelte es sich dabei um kein Einkommen der Mutter i.S.d. § 10 WoGG (vgl. Nr. 10.21 lit. g) WoGVwV). Bezüglich des Anspruchs der Klägerin wäre die Weitergabe des Kindergeldes aber zu berücksichtigen gewesen, entweder nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 WoGG als Leistung eines Dritten zur Bezahlung der Miete oder nach § 10 Abs. 2 Nr. 5.1 WoGG als Einkommen der Klägerin, wenn es sich dabei nicht um ein Darlehen handelte. Letzteres ist aber nach Überzeugung des Senats anzunehmen.

Hierfür spricht zunächst die schriftliche Erklärung der Mutter vom 27. August 2006, dass es ihr nicht mehr möglich sei, ihrer Tochter das Kindergeld zur Deckung des Mietaufwandes zukommen zu lassen. Da die Mutter dennoch - als Bürgin - weiterhin die Miete zahlte, kann dies nur so verstanden werden, dass die Klägerin zur Erstattung verpflichtet sein sollte. Hinzu kommt - wie bereits ausgeführt - die finanziell angespannte Situation der Eltern der Klägerin, insbesondere der Mutter. Auch angesichts der zu erwartenden Darlehensschuld war von Anfang an eine Umsetzung der vorgetragenen Rückzahlungspflicht nicht von vornherein unwahrscheinlich. Die anzustellende Prognose wird durch das Verhalten der Klägerin nach Abschluss ihrer Ausbildung und Antritt einer Erwerbstätigkeit bestätigt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass sie bereits 600,-- Euro getilgt habe und sie darüber hinaus die erwartete Steuererstattung für das Jahr 2007, die bei ca. 1.000,-- Euro liegen wird, an ihre Mutter zur Tilgung ihrer Schuld auszahlen werde. Der Senat sieht keinen Grund, an diesen Aussagen zu zweifeln, zumal diese Tatsachen nur Indizien dafür darstellen, welche mündlichen Vereinbarungen die Klägerin mit ihrer Mutter zum Zeitpunkt der Antragstellung getroffen hat und wie diese nach Abschluss der Ausbildung umgesetzt werden.

Hinsichtlich der Berechnung des Wohngeldes ist von einem monatlichen Einkommen im 3. Lehrjahr von 450,-- Euro zuzüglich Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld von insgesamt 450,-- Euro = insgesamt 5.850,-- Euro auszugehen. Unter Berücksichtigung der Werbungspauschale gemäß § 9 a EStG in Höhe von 920,-- Euro, die mangels konkreter Nachweise durch die Klägerin anzunehmen ist, ergibt sich ein jährliches Einkommen von 4.930,-- Euro. Hiervon sind gemäß § 12 WoGG 20 % pauschal für Sozialabgaben in Abzug zu bringen, so dass ein jährlich anzurechnendes Einkommen in Höhe von 3.944,-Euro = monatlich 328,67 Euro verbleibt. Unter Zugrundelegung der Wohngeldtabelle für eine alleinstehende Person ergibt sich dann ein Wohngeldanspruch in Höhe von 152,-Euro.

Die Kostenentscheidung foIgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, denn die Voraussetzungen des § 132 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, durch Beschwerde schriftlich angefochten werden. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Im Beschwerdeverfahren muss sich der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 648,-- Euro festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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