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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.07.2008
Aktenzeichen: 2 LB 56/07
Rechtsgebiete: BauNVO, KAG SH


Vorschriften:

BauNVO § 11
KAG SH § 8
1. Die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags wegen tatsächlicher gewerblicher Nutzung eines doppelt erschlossenen Grundstücks ist ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht auch im Straßenausbaubeitragsrecht ausnahmsweise dann unzulässig, wenn der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende Straße abgewickelt wird und ohne Veränderung der für die Gemeinde eindeutig erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück auch nicht abgewickelt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.1.1998 - 8 C 12.96 - u. Beschl. v. 4.2.2000 - 11 B 39.99).

2. Die Erhebung eines gebietsbezogenen Artzuschlags scheidet aus, wenn sich der Gebietscharakter in einem nicht überplanten Innenbereich auf Grund der (weit) ausdifferenzierten Nutzungen keinem bestimmten Gebietstyp nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der BauNVO zuordnen lässt (hier: Bundeswehrgelände).


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 56/07

verkündet am 23. Juli 2008

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Ausbaubeiträge - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 9. Kammer - vom 25. Oktober 2006 geändert.

Der angefochtene Bescheid vom 05. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 wird aufgehoben, soweit die Klägerin zu einem Ausbaubeitrag von mehr als 27.082,20 Euro herangezogen wird.

Die Kosten des Verfahrens hat insoweit die Beklagte zu tragen.

Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Ausbaubeiträgen.

Im Zeitraum zwischen September 1996 und September 1998 führte die Beklagte zahlreiche Baumaßnahmen in der Schleusenstraße im Bereich zwischen der Uferstraße und der Prinz-Heinrich-Straße durch. So erhielt der Straßenquerschnitt eine funktionale Neuaufteilung, die Fahrbahn eine geräuschärmere, den heutigen Verkehrsverhältnissen angepasste Befestigungsart und es wurden erstmals Parkflächen und ein Gehweg, der durch Grünflächen von einem neu eingerichteten Radweg getrennt wurde, auf der Ostseite der Schleusenstraße eingerichtet. Zudem wurde die alte Straßenbeleuchtungsanlage demontiert und es wurden neue, die Straße besser ausleuchtende Lampen aufgestellt. Die Schlussabnahme der Baumaßnahmen erfolgte am 23. September 1998. Die Schlussrechnung und die Ingenieurgebührenschlussrechnung datieren aus dem Jahre 1998, der zur Durchführung der Straßenbaumaßnahmen erforderliche Grunderwerb erfolgte im Jahre 2000.

Die Klägerin ist Eigentümerin des an der Schleusenstraße gelegenen Bundeswehrgeländes, das im Norden an den Schleiweg, im Osten an die Herthastraße und im Süden an die Arkonastraße und Prinz-Heinrich-Straße sowie im Westen an die Schleusenstraße in Kiel angrenzt. Dazu gehört das aus den Flurstücken 883/54 und 884/94 bestehende und im Grundbuch Blatt 36514 eingetragene Grundstück, welches im Wesentlichen durch die Bundeswehrfachschule benutzt wird.

Mit Beitragsbescheiden vom 05. November 2002 zog die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Ausbaubeiträgen für ihre in diesem Bundeswehrgelände in der Gemarkung Wik gelegenen verschiedenen Grundstücke heran. So auch für das im Grundbuch Blatt 36514 eingetragene Grundstück mit einer Grundstücksfläche von 10.293 m² und einer tatsächlichen Geschossfläche von 7.117 m² zu einem Beitrag in Höhe von 32.618,42 Euro. Wegen der Berechnung des Beitrages im Einzelnen wird auf den genannten Bescheid gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO verwiesen. Insbesondere wurde ein Artzuschlag berücksichtigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 15. November 2002 Widerspruch. Diesen begründete sie u.a. damit, dass ihr durch die Baumaßnahmen an der Schleusenstraße keine Vorteile i.S.d. § 8 KAG erwachsen seien. Auch die Erhebung des sogenannten Artzuschlags gemäß § 4 Abs. 6 ABS sei rechtswidrig. Mit Schreiben vom 23. Januar 2004 begründete die Klägerin ihren Widerspruch weiter u.a. damit, dass ihre im Wesentlichen betroffenen Hinterliegergrundstücke bei der Aufwandsverteilung im Sinne eines angemessenen Vorteilsausgleichs nicht zu berücksichtigen seien. Weder gebe es eine Zufahrt von den Hinterliegergrundstücken zur Schleusenstraße noch eine Bebauung zwischen den Hinterlieger- und den Anliegergrundstücken, die eine Berücksichtigung rechtfertigen könnten. Auch eine einheitliche Nutzung sei nicht festzustellen, da die Anlieger- und die Hinterliegerflurstücke nach dem Willen der Bundeswehr gerade nicht einheitlich genutzt würden. Von dem 1993 errichteten Wirtschaftsgebäude der Marinetechnikschule auf dem Anliegerflurstück 89/23 sei eine Lieferzufahrt zur Schleusenstraße erstellt worden. Eine einheitliche Nutzung mit den Hinterliegerflurstücken sei weder wirtschaftlich geboten noch beabsichtigt gewesen. Die Truppenküche sei auch nach Auflösung der Marinetechnikschule am 31. Dezember 2002, also unabhängig von diesem weiteren Betrieb und von der übrigen Liegenschaft zwischenzeitlich ausgezäunt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2004, zugestellt am 03. März 2004, wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, dass es sich bei den Straßenbaumaßnahmen in der Schleusenstraße um beitragsfähige Maßnahmen i.S.v. § 8 KAG handele, da sie den Anliegern objektiv zusätzliche Vorteile vermittelten. Bereits in der ursprünglichen Ausbaubeitragssatzung vom 23. März 1994 sei eine hinreichende Grundlage für die entsprechende Beitragserhebung, die Vergabe von Artzuschlägen (§ 4 Abs. 6 c), enthalten gewesen. Die Grundstücke der Klägerin würden im beitragsrechtlichen Sinne gewerblich genutzt bzw. verursachten einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr, so dass Artzuschläge vergeben werden müssten. Selbst wenn aber mit der zweiten Nachtragssatzung von 09. Dezember 1999 erstmals eine satzungsmäßige Grundlage für die Vergabe von Artzuschlägen geschaffen worden wäre, verstoße dies nicht gegen das Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 2 KAG, da die Eigentümer der anliegenden Grundstücke durch die Regelung insgesamt nicht schlechter gestellt würden, sondern sich lediglich der Verteilungsmodus ändere. Bei der Frage, ob die in der Schleusenstraße durchgeführten Baumaßnahmen beitragspflichtig seien, sei nicht auf die subjektiven Empfindungen einzelner Grundstückseigentümer abzustellen, sondern ein objektiver Maßstab anzulegen. Soweit die Klägerin meine, dass ihre Liegenschaft im Regelfall über andere angrenzende Straßen als die Schleusenstraße genutzt würde, sei darauf hinzuweisen, dass die bloße Inanspruchnahmemöglichkeit der Einrichtung ausreiche. Der Artzuschlag verfolge das Ziel, zwischen Wohnnutzung einerseits und den qualifizierten Nutzungsarten andererseits mit dem Ergebnis einer stärkeren Belastung der qualifizierten Nutzungsarten zu unterscheiden, die im Vergleich zur reinen Wohnnutzung eine deutlich intensivere Inanspruchnahme der Einrichtung bewirkten und deshalb auf ihre Ausgestaltung im höheren Maße angewiesen seien. Hierzu zählten neben den gewerblich nutzbaren Grundstücken auch solche mit Büro- und Verwaltungsgebäuden. Auf den Grundstücken der Klägerin finde keine Wohnnutzung statt, vielmehr befänden sich dort Verwaltungsgebäude, Büroflächen, Lagerhallen usw.. Auf den von der Klägerin bestrittenen erhöhten Ziel- und Quellverkehr wiesen bereits die innerhalb der Grundstücke gesondert angelegten Parkflächen hin, die dem erhöhten Parkbedarf Rechnung tragen sollten. Die Grundstücke der Klägerin seien daher denen mit gewerblicher Nutzung gleichzustellen und es sei ein Artzuschlag für diese zu erheben. Für diese Heranziehung sei ausschlaggebend, dass auch die Hinterliegergrundstücke mit den direkt anliegenden Grundstücken im Eigentum ein und derselben Person, nämlich der Klägerin, stünden. Auf eine zusätzliche Erschließung (Zufahrtsmöglichkeit) der anderen, den Grundstückskomplex erschließenden Straßen komme es nicht an, denn die Eigentümerin - die Bundesrepublik Deutschland - habe die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über die direkt anliegenden Grundstücke die Erreichbarkeit der Hinterliegergrundstücke über die Schleusenstraße zu gewährleisten; auch tatsächlich sei eine Zufahrt möglich. Zudem verfüge der Gebäudekomplex bereits über eine eigene innere wegemäßige Erschließung, die über die direkt anliegenden Flurstücke zur Schleusenstraße hin ausgedehnt werden könne, ohne dass dem rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstünden. Auf die anderen, den Grundstückskomplex erschließenden Straßen seien diese Hinterliegergrundstücke zur Erschließung nicht angewiesen. Ob tatsächlich eine Zuwegung zur Schleusenstraße bestehe, sei unerheblich, da die Inanspruchnahmemöglichkeit ausreiche. Dies gelte auch im Interesse der übrigen Beitragspflichtigen des Abrechnungsgebietes, die hier schutzwürdig erwarten könnten, dass der Grundstückskomplex der Klägerin, dem insgesamt durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße ein Sondervorteil geboten werde, in das Abrechnungsgebiet einbezogen werde. Dies gelte jedenfalls für den Zeitraum bis zu einem nicht absehbaren Wechsel des Eigentums an einem der Grundstücke. Die Grundstücke würden auch einheitlich genutzt, da die Buchgrundstücke sich dem Betrachter als ein Grundstück darstellten, insbesondere weil die Grundstücksgrenzen überbaut seien oder die Grundstücke einheitlich gewerblich genutzt würden. Eine im beitragsrechtlichen Sinne gewerbliche Nutzung an diesen Grundstücken stehe außer Zweifel, der gesamte Gebäudekomplex werde von der Bundesrepublik Deutschland als eine zusammengehörige "Einrichtung" genutzt, mit dem allgemeinen Ziel der Sicherung der Bundesrepublik Deutschland. Dass die Marinetechnikschule im Jahre 2002 aufgelöst worden sei, sei unerheblich, da auf dem Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht abzustellen sei.

Die Klägerin hat am Montag, den 05. April 2004 Klage erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft. Sie hat weiter ergänzt, dass ein Zugang der Hinterliegergrundstücke über die Anliegergrundstücke zur Schleusenstraße tatsächlich nicht bestehe und auch einheitliche Nutzung nicht gegeben sei. Es verbiete sich eine pauschale Betrachtungsweise unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Die drei auf dem Gelände befindlichen Einrichtungen dienten unterschiedlichen Zweck- und Zielbestimmungen. Auf den nebeneinander liegenden Flächen befänden sich ein Wirtschaftsgebäude, das ehemalige Gelände der Marinetechnikschule und die Bundeswehrfachschule. Das Gelände der Bundeswehrfachschule sei schon immer seit Bestehen dieser Schule durch einen Zaun vom Gelände der Marinetechnikschule getrennt gewesen. Bei der Bundeswehrfachschule handele es sich um eine Einrichtung der territorialen Wehrverwaltung, während es sich bei der Marinetechnikschule um eine rein militärische Einrichtung gehandelt habe, beide stellten mithin zwei völlig verschiedene Einrichtungen mit unterschiedlichen Ziel- und Zweckbestimmungen dar. In der Bundeswehrfachschule werde ausscheidenden Soldaten im Rahmen des Soldatenversorgungsgesetzes ein höherwertiger allgemeinbildender Abschluss vermittelt. Im Übrigen sei der Begriff "Sondergebiet Bund" lediglich im Sinne des materiellen Bauplanungsrechtes relevant, da sie, die Klägerin, für die in ihrem Ressortvermögen befindlichen Grundstücke die ausschließliche Planungshoheit habe, jedoch handele es sich hierbei nicht um ein Sondergebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung.

Das auf den Grundstücken befindliche geschlossene Straßennetz sei als selbständige Erschließungsanlage zu beurteilen mit der Folge, dass die daran angrenzenden Grundstücke nicht mehr als Hinterliegergrundstücke angesehen werden könnten. Dies müsse auch im Ausbaubeitragsrecht gelten. Schließlich sei auch die Erhebung eines Artzuschlages nicht gerechtfertigt. Maßgeblich für die Erhebung eines Artzuschlages sei nicht die bloße Nutzbarkeit, sondern die tatsächlich vorherrschende Nutzung. Die Erhebung eines Artzuschlages sei für die Hinterliegergrundstücke bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil diese über keine Zufahrt zur Schleusenstraße verfügten, so dass eine intensivere Nutzung damit erkennbar ausgeschlossen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 05. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte auf den angegriffenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides verwiesen und noch einmal hervorgehoben, dass allein maßgeblich sei, dass die Klägerin die Schleusenstraße in Anspruch nehmen könne und nicht, ob sie auch tatsächlich die ausgebaute Straße in Anspruch nehme oder ob sie den Ausbau der Schleusenstraße für sie als vorteilhaft empfinde.

Durch Urteil vom 25. Oktober 2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es in Ergänzung zu den gemäß § 117 Abs. 5 VwGO in Bezug genommenen Gründen des Widerspruchsbescheides ausgeführt, dass die sachliche Beitragspflicht im Jahre 2000 entstanden sei, als die Beklagte die restlichen Grundflächen, die sie nach ihrem Bauprogramm für die Fertigstellung der Maßnahme benötigt habe, erworben habe und diese in ihr Eigentum umgeschrieben worden seien. Hinsichtlich der Beitragspflichtigkeit der Klägerin sei auf die Verhältnisse im Jahre 2000 abzustellen, weil die grundbuchliche Eigentumssituation maßgeblich sei und etwaige, bereits zu diesem Zeitpunkt oder noch davor geschlossene Grundstückskaufverträge beitragsrechtlich irrelevant blieben. Die Hinterliegergrundstücke gehörten zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke, soweit von ihnen aus Zugang zur Einrichtung über ein Anliegergrundstück in rechtlich zulässiger Weise und auf Dauer genommen werden könne. Sei der Eigentümer des Hinterlieger- und des Anliegergrundstücks identisch, stünden der Inanspruchnahme der Einrichtung vom Hinterliegergrundstück aus keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Weiter sei die erforderliche einheitliche Nutzung des Grundstücks gegeben, weil im Gebiet der Klägerin die Grundstücksgrenzen überbaut seien. Der von der Klägerin in den Vordergrund gestellte fehlende Zugang der Hinterliegergrundstücke zur Schleusenstraße sei aus diesen Gründen unerheblich. Dies gelte auch für die nach ihrer Auffassung unterschiedliche Nutzung der einzelnen Flurstücke durch die Marinetechnikschule, die Bundeswehrfachschule und das Wirtschaftsgebäude. Im Übrigen habe die Klägerin selbst zur einheitlichen Nutzung und zur Möglichkeit eines Zugangs vom Anliegergrundstück zu den Hinterliegergrundstücken ausgeführt, dass ihr Gelände über ein Straßennetz verfüge, das die auf dem Gelände befindlichen Grundstücke praktisch in drei Teile aufteile, so dass ein Durchgangsverkehr möglich sei.

Auch die Erhebung eines Artzuschlages sei gerechtfertigt. Es komme nicht auf die tatsächliche Bebauung, sondern auf die zulässige Bebauung an. Nach einem Verteilungsmaßstab, der sich an einer Vorteilsbemessung auszurichten habe, hinge der Vorteil, d.h. die Steigerung des Bau-/Verkehrswertes der Bauflächen und der in vergleichbarer Weise nutzbaren Flächen infolge einer Straßenbaumaßnahme, entscheidend von Maß und Art der zulässigen - nicht der tatsächlichen - Nutzung ab. Vorteil und bauliche Nutzung seien zwar nicht identisch. Es liege jedoch auf der Hand, dass der Gebrauchswert eines Baugrundstückes und dessen Bebaubarkeit in engem Verhältnis zueinander ständen und der Gebrauchswert mit der Bebaubarkeit wachse. Auch für das Straßenausbaubeitragsrecht sei davon auszugehen, dass unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten der Gebrauchswert und damit auch seine Steigerung infolge einer vorteilhaften Straßenbaumaßnahme entsprechend der baulichen Nutzbarkeit zunehme und deshalb eine Verteilungsregelung zu gewährleisten habe, dass die Beitragsbelastung der einzelnen Grundstücke des Abrechnungsgebietes dem Verhältnis ihrer baulichen Nutzbarkeit entspreche. Die zulässige und nicht die tatsächliche Nutzung habe grundsätzlich maßgeblich für die Vorteilsbemessung zu sein, weil gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG Grundstückseigentümer usw. zu den Beiträgen heranzuziehen seien, denen durch die Maßnahme Vorteile erwüchsen und gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG die Beiträge nach diesen den Grundstückseigentümern gebotenen Vorteilen zu bemessen seien.

Gegen dieses ihr am 12. März 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. März 2007 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Zur Begründung hat die Klägerin u.a. vorgetragen, dass insbesondere hinsichtlich der Flurstücke, die zur Bundeswehrfachschule gehörten, eine uneinheitliche Nutzung des Gebiets am deutlichsten werde. Es ergebe sich allein schon eine optische Trennung zu allen anderen Grundstücken. Die Bundeswehrfachschule sei von allen anderen Grundstücken durch einen Zaun getrennt. Sie verfüge über einen eigenen Parkplatz, welcher von der Herthastraße aus zugänglich sei. Die Bundeswehrfachschule sei räumlich von dem anderen Bereich durch eine bauliche Abgrenzung, einen Zaun, getrennt. Die Zufahrt über die Herthastraße liege auf der entgegengesetzten Seite zur Schleusenstraße auf dem Gelände. Durch den Ausbau der Schleusenstraße sei kein Vorteil für die Bundeswehrfachschule entstanden, zumal nicht einmal ein dauerhafter und direkter Zugang gegeben sei. Auch bezüglich des Artzuschlages müsse geprüft werden, inwieweit für jedes einzelne Grundstück eine gewerbliche Nutzung vorliege. Grundsätzlich sei die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlages wegen gewerblicher Nutzung unzulässig, wenn der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende, sondern über eine andere Anbaustraße abgewickelt werde und ohne Veränderung der deutlich erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück auch nur abgewickelt werden könne (so BVerwG, U. v. 23.01.1998 - 8 C 12/96 -, BVerwGE 106, S.147 ). Das Grundstück der Bundeswehrfachschule sei für einen objektiven Dritten deutlich durch einen Zaun und die bauliche Struktur von den anderen Grundstücken und damit auch von der Schleusenstraße und der dort betroffenen Zufahrt getrennt. In diesem Bezug könne kein erhöhter Ziel-und Quellverkehr gegeben sein. Zwar seien die Grundstücksgrenzen überbaut, dies sei jedoch kein Indiz oder ein eindeutiges Zeichen für eine einheitliche Nutzung.

Der Senat hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 die Berufung zugelassen, soweit der angefochtene Beitragsbescheid in Gestalt des Widerspruchbescheides einen Beitrag von 27.082,20 Euro übersteigt. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ausnahmsweise unzulässig sein könne, auch für dieses Grundstück einen grundstücksbezogenen Artzuschlag festzusetzen. Im Übrigen hat der Senat das erstinstanzliche Urteil unbeanstandet gelassen. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass sich sämtliche Grundstücke im Bereich Schleusenstraße/Schleiweg/Hertastraße/Arkonastraße/Prinz-Heinrich-Straße schon auf Grund der diversen, im Einzelnen aufgeführten Überbauungen als einheitliches Grundstück darstellten und deshalb als einheitlich genutzt anzusehen seien.

Im Rahmen der Berufungsbegründung verweist die Klägerin nochmals auf die Abgrenzung der Bundeswehrfachschule von dem übrigen Gelände und darauf, dass der Ziel- und Quellverkehr für die Bundeswehrfachschule nicht über die Schleusenstraße abgewickelt werde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 09. März 2007 zu ändern und den Bescheid der Landeshauptstadt Kiel vom 05. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 aufzuheben, soweit es um einen Beitrag von mehr als 27.082,20 Euro geht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie insbesondere darauf, dass es sich bei dem Artzuschlag um keinen grundstücksbezogenen Artzuschlag, sondern um einen gebietsbezogenen Artzuschlag nach § 4 Abs. 6 lit. a) ABS handele. Bei den veranlagten Flurstücken handele es sich um ein "Sondergebiet Bund". Der gebietsbezogene Artzuschlag werde unabhängig von der tatsächlichen Nutzung erhoben. Unerheblich sei auch, ob es sich um ein überplantes oder ein unbeplantes Gebiet handele. Wenn der gebietsbezogene Artzuschlag aber unabhängig von der tatsächlichen Nutzung erhoben werde, sei es unerheblich, dass das streitgegenständliche Grundstück im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht durch bauliche Anlagen, insbesondere auch durch einen Zaun, vom restlichen zur Schleusenstraße gewandten Grundstück derart abgeteilt gewesen sei, dass der Ziel- und Quellverkehr zur Bundeswehrfachschule ausschließlich über die Herthastraße und nicht über die Schleusenstraße abgewickelt werde.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Dies gilt auch für die Gerichtsakte zum Verfahren - 2 LA 29/07 -. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist zu ändern und die angegriffenen Bescheide sind insoweit aufzuheben, als die Klägerin zu einem Ausbaubeitrag von mehr als 27.082,20 Euro herangezogen wird. Insoweit sind die angegriffenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der angefochtenen Beitragserhebung ist § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für Straßenbaumaßnahmen - Ausbaubeitragssatzung - (ABS) vom 23. März 1994 in der Fassung der Nachtragssatzung vom 25. September 2006 zur zweiten Änderungssatzung vom 09. Dezember 1999 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KAG). Danach ist die Beklagte berechtigt, von der Klägerin Ausbaubeiträge für die in der Schleusenstraße zwischen Uferstraße und Prinz-Heinrich-Straße erfolgte Erneuerung, Verbesserung und Herstellung der Straße, der Parkflächen, eines Gehweges, eines Radweges mit trennenden Grün- und Parkflächen sowie der Straßenbeleuchtung zu erheben, da es sich hierbei um beitragsfähige Ausbaumaßnahmen i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG handelt.

Die Erhebung eines Artzuschlages für das streitgegenständlichen Grundstück erweist sich aber als rechtswidrig. Die Erhebung eines Artzuschlags rechtfertigt sich aus den Grundstückseigentümern auf Grund der besonderen Nutzungsmöglichkeit gebotenen erhöhten Gebrauchsvorteilen, die im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen tatsächlichen Verhältnisse indes nicht gegeben sind.

Rechtsgrundlage für die Erhebung des Artzuschlages ist § 4 Abs. 6 ABS. Danach werden zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung die ermittelten Geschossflächen der einzelnen Grundstücke mit 1,5 vervielfacht (Artzuschlag). Nach § 4 Abs. 6 lit. a) ABS ist so bei Grundstücken in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten sowie Sondergebieten ( es folgt eine Beispielsaufzählung ) zu verfahren. Nach § 4 Abs. 6 lit. b) ABS wird der Artzuschlag bei Grundstücken in anderen Gebieten, soweit sie überwiegend gewerblich genutzt werden, erhoben. Nach dieser Vorschrift sind gewerbliche Nutzungen in diesem Sinne auch vergleichbare Nutzungen (z.B. Post-, Bahn-, Verwaltungs-, Praxis-, Krankenhaus-, Schulgebäude).

Grundsätzlich unterliegen die von der Beklagten in der ABS getroffenen Regelungen keinen Bedenken. Es wird in der Satzung zwischen einem gebietsbezogenen und einem grundstücksbezogenen Artzuschlag unterschieden. Ein gebietsbezogener Artzuschlag bedeutet, dass sämtliche Grundstücke des Abrechnungsgebietes, die einer bestimmten Gebietsart zuzuordnen sind, mit dem Artzuschlag zu belasten sind, während bei Anwendung des grundstücksbezogenen Artzuschlages auf die tatsächlichen Grundstücksverhältnisse abgestellt wird (so Habermann, KAG-Kommentar, in: Praxis der Kommunalverwaltung, § 8 Rdnr. 247). Soweit die Kommunen allgemein regeln, dass Grundstücke in Industrie-, Gewerbe- und Kerngebieten sowie in sonstigen Sondergebieten, in denen nach ihrer Zweckbestimmung und Art eine gewerbliche Nutzung zulässig ist, mit einem gebietsbezogenen Artzuschlag zu belasten sind, sind solche Satzungsregelungen nicht zu beanstanden (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rdnr. 249).

Die Belastung des streitgegenständlichen Grundstückes mit einem gebietsbezogenen Artzuschlag nach § 4 Abs. 6 lit. a) ABS ist aber nicht gerechtfertigt, da das Grundstück nicht in einem von der Satzung vorgesehenen Gebiet liegt.

Bei nicht überplanten Gebieten im Innenbereich, ist entscheidend, ob sich der Gebietstyp entsprechend § 34 Abs. 2 BauGB bestimmen lässt. Denn § 34 Abs. 2 BauGB ist anwendbar, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete entspricht, die in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) bezeichnet sind; dabei muss die sich aus der tatsächlichen Bebauung ergebende Umgebung einem Baugebietstyp entsprechen (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg u.a., BauGB, Söfker zu § 34 Rdnr. 79). Wenn faktisch ein Baugebiet i.S.d. BauNVO vorliegt, ist § 34 Abs. 2 BauGB einschlägig mit der Folge der Anwendbarkeit der BauNVO, wobei die Anwendbarkeit auch Sondergebiete nach § 11 BauNVO umfasst (Ernst/Zinkahn/Bielenberg u.a., BauGB, Söfker zu § 11 BauNVO Rdnr. 99 a)).

Im vorliegenden Fall ist jedoch nach den tatsächlich vorgefundenen Verhältnissen keine Zuordnung zu einem der Gebietstypen der BauNVO möglich. Das herangezogene Grundstück liegt in einem nicht mit einem Bebauungsplan überplanten Gebiet und wird - im Wesentlichen - von der Bundeswehrfachschule genutzt. In dem fraglichen Gebiet fand nach Aktenlage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, dem Zeitpunkt des Grunderwerbs im Jahre 2000 ( vgl. Senatsurteil vom 13.02.2008 - 2 LB 42/07 -, Die Gemeinde 2008, S. 171 ), keine Wohnnutzung statt. Das Grundstück liegt in einem Gebiet, welches insgesamt von der Bundeswehr zu verschiedenen Zwecken genutzt wurde.

Die im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht vorgefundenen Nutzungen sind derart ausdifferenziert, dass sich die Zuordnung zu einem bestimmten Gebietstyp verbietet. Es liegt kein Gewerbegebiet i.S.v. § 8 Abs. 1 BauNVO vor, da keine Gewerbebetriebe vorhanden sind. Es finden sich lediglich nach § 8 Abs. 2 BauNVO zulässige Vorhaben, wie Lagerhäuser, Verwaltungsgebäude und Anlagen für sportliche Zwecke. Die Annahme eines Kerngebietes nach § 7 BauNVO scheitert daran, dass keine zentralen Einrichtungen vorhanden sind. Auch die Annahme eines Mischgebietes nach § 6 BauNVO scheidet aus, da kein "Wohnen" vorhanden ist und deshalb bereits kein Gleichgewicht zwischen Wohnen und Gewerbe vorliegt.

Zwar kommt bei den vorgefundenen Verhältnissen grundsätzlich die Annahme eines Sondergebietes nach § 11 BauNVO in Betracht. Als sonstige Sondergebiete sind nach § 11 Abs. 1 BauNVO solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. Maßgeblich ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung. In sonstigen Sondergebieten sind regelmäßig qualifizierte Nutzungsarten zulässig, so dass ein gebietsbezogener Artzuschlag geboten ist, soweit nach der Zweckbestimmung eine im weiteren Sinne gewerbliche Nutzung zulässig ist (so Habermann, a.a.O., § 8 Rdnr. 248 a. E. unter Bezug auf OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.06.1988 - 9 B 44/88-). Die bisherige Nutzung des Gebietes in Anknüpfung an eine militärische Nutzung macht aber die Zuordnung zu einem im Katalog des Abs. 2 genannten Gebietes unmöglich. Das Gebiet wird durch die Nachwirkungen militärischer Nutzung geprägt. Auch wenn ein Kasernengelände grundsätzlich als Sondergebiet in Betracht kommt (Boeddinghaus, BauNVO, § 11 Rdnr. 7; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rdnr. 6), so finden sich vorliegend derart unterschiedliche Nutzungen, dass sich die Annahme eines Sondergebietes verbietet. Allein die Anwendbarkeit der besonderen Regelungen des § 37 BauGB sagt nichts über die Typisierung eines Gebietes aus. Die Annahme eines Sondergebietes und damit die Heranziehung zu einem Artzuschlag in Bezug auf die im Gebiet befindliche Marinetechnikschule (bis 2002) und die Bundeswehrfachschule ist zwar grundsätzlich möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1996 - 8 C 30/94 -, BVerwGE 101, S. 225 ff.). Indes sind diese Nutzungen für den Gebietscharakter nicht prägend. Es finden sich weiter eine Sporthalle, ein Sportplatz, Unterkunftsgebäude und Wirtschaftsgebäude, die auch der Versorgung anderer Einrichtungen der Marine gedient haben. Auf Grund dieser unterschiedlichen und sehr differenzierten Nutzungen in dem Gebiet wirkt sich die Nutzungsart "Schule" nicht derart aus, dass die Annahme eines so qualifizierten Sondergebietes gerechtfertigt ist.

Als Rechtsgrundlage für den erhobenen Artzuschlag kommt daher nur der grundstücksbezogene Artzuschlag nach § 4 Abs. 6 lit. b) ABS in Betracht. Nach den tatsächlichen Verhältnissen sind die Voraussetzungen für die Heranziehung zu einem Artzuschlag gemäß § 4 Abs. 6 lit. b) ABS aber nicht gegeben. Anders als bei den übrigen Hinterliegergrundstücken dieses Komplexes verläuft quer über das streitgegenständliche Grundstück ein Zaun, der sich auch schon zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht dort befunden hat und die Bundeswehrfachschule nebst Zufahrt und Parkplätzen von dem übrigen Gelände erkennbar abgegrenzt hat. Außerdem besteht eine Zufahrt zur Herthastraße.

In einem solchen Fall der Mehrfacherschließung ist für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einem grundstücksbezogenen Artzuschlag nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht zu berücksichtigen, dass bei einem doppelt erschlossenen Grundstück der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende Erschließungsanlage, sondern ausschließlich über eine andere Anbaustraße erfolgt und der besondere Vorteil der abzurechnenden Erschließungsanlage deswegen gerade nicht besteht. Soweit ein Grundstück in zwei Teile geteilt ist ( z.B. durch einen Zaun und eine Tannenbepflanzung ) und eine Abwicklung des gewerblichen Verkehrs über die abzurechnende Erschließungsanlage für die Gemeinde erkennbar verhindert wird, ist unter diesen Umständen von dem Artzuschlag abzusehen, weil der mit der gewerblichen Tätigkeit typischerweise verbundene Verkehr aus der Sicht der abzurechnenden Straße gänzlich unterbleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.01.1998 - 8 C 12/96 - , BVerwGE 106, S 147ff). Kann danach ausnahmsweise der durch die gewerbliche Nutzung verursachte erhöhte Verkehr in für die Gemeinde erkennbarer Weise tatsächlich nicht über die abzurechnende Straße abgewickelt werden, fehlt es insoweit an einer tatsächlich erhöhten Inanspruchnahme dieser Verkehrsanlage und fehlt es damit an seiner Rechtfertigung, das Grundstück mit Blick auf diese Straße mit einem Artzuschlag zu belasten (so Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 18 Rdnr. 55, anderer Auffassung noch in der 7. Aufl., § 18 Rdnr. 55, im Hinblick auf die Inanspruchnahmemöglichkeit).

Für das schleswig-holsteinische Ausbaubeitragsrecht gilt nichts Anderes. Nach dem schleswig-holsteinischen Ausbaubeitragsrecht ist in Bezug auf einen beitragspflichtigen Vorteil auf die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Einrichtung an die Einrichtung abzustellen. So gilt für die Heranziehung des Grundstückes dem Grunde nach, dass nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 KAG im Straßenbaubeitragsrecht die relevante Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße schon dann besteht, wenn das Grundstück in einer räumlich engen Beziehung zur Verkehrseinrichtung steht (Senatsurt. v. 28.10.1997 -2 L 281/95 -, Die Gemeinde 1998, 98 = DVBl. 1998, 179 = NordÖR 1998, 88). Das KAG verwendet den Begriff der Inanspruchnahme nicht und der Begriff der Inanspruchnahmemöglichkeit dient der Abgrenzung der vorteilhabenden Grundstückseigentümer von den Grundstückseigentümern, denen keine Sondervorteile geboten werden. Ohne qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Einrichtung können dem einzelnen Grundstückseigentümer keine Vorteile aus einer Maßnahme dieser Einrichtung erwachsen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rdnr. 141).

Die Rechtfertigung des Artzuschlages knüpft - wie bereits ausgeführt - an die besondere Nutzbarkeit des Grundstückes im Hinblick die Art der Nutzungsmöglichkeit und den damit verbundenen weiteren Vorteilen durch eine gewerbliche Nutzung an, also der gegenüber einer Wohnnutzung qualifizierten Nutzungsart (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 246, 252).

Wird danach der Vorteilsbezug ausschließlich mit Blick auf die jeweilige Ausbaumaßnahme definiert und ermittelt, so fehlt es hier hinsichtlich des erhobenen Artzuschlages an der tatsächlichen Ausnutzbarkeit des besonderen Vorteils des gewerblich genutzten Grundstücks, da aufgrund der konkreten örtlichen Situation das Grundstück in Bezug auf die für den Artzuschlag maßgebliche Nutzung als Bundeswehrfachschule keinen tatsächlichen Vorteil hinsichtlich seiner gewerblichen Nutzung hat. Für dieses Grundstück ist es nach der Lage im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht tatsächlich ausgeschlossen, dass eine intensivere Nutzung der ausgebauten Straße durch Ziel- und Quellverkehr erfolgt. Da erkennbar ein gewerblich bedingter Ziel- und Quellverkehr zu dieser Straße nicht erfolgt und ohne Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück auch nicht erfolgen kann, entfällt die Rechtfertigung der Belastung eines Grundstückes mit einem Artzuschlag, für eine im Verhältnis zu anderen Nutzungen erhöhte Inanspruchnahme der abgerechneten Straße wegen des Umfangs des von dem Grundstück ausgelösten Ziel- und Quellverkehrs (vgl. Nds. Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 16.06.2006,- 9 LC 27/94 -, juris).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gebotene objektive Betrachtungsweise bei der Bewertung des Vorteils des Grundstückes es grundsätzlich verbietet, Hindernisse, die eine Inanspruchnahme des Vorteils grundstücksbedingt ausschließen, zu berücksichtigen, sofern sie vom Grundstückeigentümer selbst geschaffen worden sind (wie z.B. Zäune, Mauern), da das Entstehen der Beitragspflicht nicht davon abhängig ist, ob sich der Grundstückseigentümer der Zugangsmöglichkeit und damit des Vorteils zur ausgebauten Straße beraubt (siehe Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 182). Dies gilt aber nur für die Heranziehung des Grundstückes dem Grunde nach. Bei der Berücksichtigung des den Artzuschlag rechtfertigenden Sondervorteils sind die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblich. Nur so lässt sich - wie dargelegt - rechtfertigen, dass für eine deutlich intensivere Nutzung ein entsprechender Zuschlag zum Ausbaubeitrag erhoben wird (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 23.01.1998, a.a.O.; Nds. OVG Nds., Urt. v. 16.06.2006, a.a.O.).

Im Ergebnis ist daher der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch in Bezug auf das schleswig-holsteinische Ausbaubeitragsrecht für die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlages zu folgen, so dass in diesem Falle die Erhebung eines Artzuschlages rechtswidrig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.536,22 Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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