Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 05.01.2005
Aktenzeichen: 2 LB 58/04
Rechtsgebiete: BGB, KiTaG SH, SGB I


Vorschriften:

BGB § 291
KiTaG SH § 25 Abs. 2
SGB I § 45
1. Kostenausgleichsansprüche nach § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. sind ohne Antragstellung (Verlangen) entstanden; sie können auch nach dem 01. August 1999 geltend gemacht und durchgesetzt werden.

2. Ansprüche dieser Art verjähren in entsprechender Anwendung von § 45 SGB I.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 58/04

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Kostenausgleich gem. § 25 KitaG - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts ohne mündliche Verhandlung am 05. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 15. Kammer - vom 01. März 2004 geändert.

Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 28. August 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2003 verpflichtet, dem Kläger einen Kostenausgleich in Höhe von 2.338,98 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 03. März 2003 zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 3/10 und der Beklagte 7/10.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Kostenschuldner wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Zahlung eines Kostenausgleichs gemäß § 25 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen (Kindertagesstättengesetz - KiTaG -) vom 12. Dezember 1991 (GVOBl. S. 651).

Der Kläger betreibt einen Kindergarten in der Gemeinde ... und nimmt dort auch Kinder aus benachbarten Gemeinden auf. Am 21. November 2001 beantragte er bei der amtsangehörigen Gemeinde ... Kostenausgleich für zwei Kinder aus dieser Gemeinde für die Zeit vom 01. August bis zum 31. Dezember 1996 und für die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 2 x 924,65 DM bzw. 2 x 2.287,32 DM, mithin insgesamt 6.423,94 DM (= 3.284,51 Euro). Dabei wurde ausgeführt, dass der Berechnung der Betrag zugrunde gelegt sei, den die Gemeinde als Betriebskostenzuschuss gewährt habe.

Für die Gemeinde lehnte der Beklagte den Antrag mit Schreiben vom 06.Dezember 2001 ab und führte zur Begründung aus, dass die Gemeinde für den genannten Zeitraum eine Kostenübernahmeerklärung nicht erteilt habe. In diesen Jahren dürfte es möglich gewesen sein, für die beiden Kinder innerhalb des Gemeindegebietes einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen. Nachdem der Kläger die erhobene Forderung mehrfach wiederholt hatte, lehnte der Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 28. August 2002 ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass auf Grund der besonderen Konzeption des vom Kläger betriebenen Kindergartens nach § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. ein angemessener Kostenausgleich zu gewähren gewesen sei. Auf Grund des Inkrafttretens der Neuregelung des Kindertagesstättengesetzes zum 01. August 1999 fehle es aber nunmehr an einer Rechtsgrundlage. Im Übrigen seien zumindest die geltend gemachten Ansprüche aus dem Jahre 1996 bei der Anwendung des alten Rechts bereits verjährt. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2003 - dem Kläger zugestellt am 31. Januar 2003 - unter Wiederholung der Gründe des Ausgangsbescheides zurück.

Der Kläger hat am 03. März 2003 Klage erhoben und wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Sache hat der Kläger vorgetragen, dass die Voraussetzungen für einen Kostenausgleich gemäß § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. in der geforderten Höhe entstanden seien. Die Kinder seien außerhalb des Gemeindegebietes betreut worden, weil innerhalb der Wohngemeinde ein Kindergartenplatz mit der gewünschten pädagogischen Ausrichtung nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Anspruch sei nicht verjährt und könne weiterhin geltend gemacht werden.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28. August 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2003 zu verpflichten, dem Kläger einen Kostenausgleich in Höhe von 3.284,51 Euro (6.423,94 DM) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2001 zu gewähren,

2. dem Kläger zu gestatten, zulässige oder erforderliche Sicherheiten auch durch Bankbürgschaften der Sparkasse Nordfriesland zu erbringen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und zusätzlich ausgeführt, dass Ansprüche nach § 25 KiTaG a.F. nicht mehr geltend gemacht werden könnten, da die Rechtsgrundlage nicht mehr existiere und eine Übergangsvorschrift nicht vorhanden sei.

Durch Urteil vom 01. März 2004 hat das Verwaltungsgericht dem Kläger wegen Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Klage als unbegründet abgewiesen. Eine Kostenerstattung gemäß § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. könne der Kläger von dem Beklagten nicht beanspruchen, da die gesetzliche Regelung eines Kostenausgleichs für die Betreuung "auswärtiger" Kinder durch das Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 15. Juli 1999 grundlegend dahingehend geändert worden sei, dass der Kostenausgleich für die hier in Rede stehende Problematik ab dem 01. August 1999 nur noch im Verhältnis zwischen der Standortgemeinde und der Wohnortgemeinde stattfinde. Mangels einer Übergangsvorschrift für die hier in Rede stehende Problematik sei die Neuregelung des Kostenausgleichs im Rahmen des neu geschaffenen § 25 a KiTaG ab dem 01. August 1999 anzuwenden mit der Folge, dass Kostenausgleichsansprüche von Kindergartenträgern ab diesem Zeitpunkt für die Zukunft und auch für vor der Rechtsänderung liegende Zeiträume grundsätzlich nicht mehr in Betracht kämen. Eine Ausnahme gelte allerdings für die Fälle, in denen zum Zeitpunkt der Rechtsänderung ein Kostenausgleichsverfahren nach Maßgabe des bisherigen Rechts anhängig gewesen sei, denn es bestehe keine Veranlassung zu der Annahme, dass vor der Rechtsänderung bereits abgewickelte und noch in der Abwicklung befindliche Ausgleichsfragen durch die Gesetzesänderung berührt werden sollten. Ausgleichsansprüche, die vor der Rechtsänderung entstanden seien, seien zu Gunsten der ehemals Berechtigten nach Maßgabe der bis zum 31. Juli 1999 geltenden Vorschrift zuzusprechen. In diesem Sinne "entstanden" seien Ausgleichsansprüche nur dann, wenn vor der Rechtsänderung ein "Verlangen" auf Kostenausgleich an die Wohnortgemeinde herangetragen worden sei. Auf die Frage, ob es sich bei dem Tatbestandsmerkmal "Verlangen" um eine materielle Anspruchsvoraussetzung oder nur um eine formelle Voraussetzung handele, komme es dabei nicht an, so dass auch offen bleiben könne, ob ein "Verlangen" im Sinne der Vorschrift mit einem "Antrag" gleichgesetzt werden könne. Entscheidend sei, dass eine Abrechnung nach altem Recht angesichts der gesetzlichen Reform der Kindergartenfinanzierung nur dann in Betracht komme, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsänderung ein entsprechendes Ausgleichsverfahren bereits anhängig gewesen sei, so dass zum Zeitpunkt der Rechtsänderung noch offene Kostenerstattungsforderungen vorlägen. Auch in anderen Bereichen des Sozialrechts gebe es Regelungen, die bei einer Änderung der Lage Rechtswirkungen davon abhängig machten, ob vor der Veränderung ein Verfahren anhängig war. Es sei z.B. zu verweisen auf die Regelung des § 59 SGB I. Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Kostenausgleichsregelung des § 25 Abs. 2 KiTaG ohne jede Übergangsregelung umstrukturiert habe, spreche dafür, dass alle zuvor nicht durch ein Verlangen geltend gemachten Ausgleichsansprüche entfallen sollten.

Gegen die ihm am 16. März 2004 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 16. April 2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Durch Beschluss vom 29. Juni 2004 hat der Senat diesem Antrag entsprochen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass der Anspruch auf Kostenausgleich entstanden und durchsetzbar sei. In der Zeit vom 01. August 1996 bis zum 31. Dezember 1997 hätten die beiden im Antrag bezeichneten Kinder mit Wohnsitz im Gebiet der in Anspruch genommenen Gemeinde die in ... betriebene Kindertageseinrichtung besucht, weil es in der Wohngemeinde ein ausreichendes, den Anforderungen des Gesetzes entsprechendes Angebot nicht gegeben habe. Er, der Kläger, erfülle die subjektiven Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch, denn er sei vom Kreis Nordfriesland als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt. Der Antrag sei auch der Höhe nach begründet. Der angeforderte Ausgleichsbetrag entspreche dem seitens der Standortgemeinde an den Kindergartenträger pro Kindergartenplatz gewährten Betrag.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Anspruchsvoraussetzungen für einen Kostenausgleich für einen Zeitraum vor dem 01. August 1999 nicht mit dem Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetz vom 15. Juli 1999 geändert worden. Der Landesgesetzgeber habe nicht entschieden, dass es für die weitere Möglichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem alten Recht darauf ankäme, ob ein Verwaltungsverfahren über entsprechende Ansprüche eingeleitet gewesen sei. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Kostenausgleichsregelung ohne jede Übergangsregelung umstrukturiert habe, spreche nicht dafür, dass der Gesetzgeber beabsichtigt habe, alle vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 15. Juli 1999 nicht durch ein Verlangen geltend gemachten Ansprüche entfallen zu lassen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Ausgleichsansprüche des Klägers noch nicht einmal "entstanden" sein sollten, nur weil sie bis zur Gesetzesänderung noch nicht geltend gemacht worden seien. Fristen für die Geltendmachung eines Anspruchs hätten die seinerzeit geltenden Bestimmungen nicht enthalten, so dass ein Anspruch auch nicht wegen Nichteinhaltung der Frist habe erlöschen können.

Entscheidungserheblich sei ausschließlich die Frage, ob der Anspruch verjährt sei. Da diesbezüglich im Kindertagesstättengesetz keine Regelung enthalten sei, sei die allgemeine Verjährungsfrist des BGB von seinerzeit 30 Jahren maßgebend, so dass eine Verjährung nicht eingetreten sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 15. Kammer - vom 01. März 2004 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28. August 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2003 zu verpflichten, ihm einen Kostenausgleich in Höhe von 3.284,51 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2001 zu gewähren.

Der Beklagte stellt keinen Antrag, verteidigt aber die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die Beteiligten haben auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben vorgelegen; auf sie und die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist teilweise begründet. Die Ablehnung des Kostenausgleichs für das Jahr 1997 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten; insoweit ist die beantragte Verpflichtung auszusprechen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als zulässig angesehen. Die Verpflichtungsklage ist hier die zulässige Klageart. Nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts besteht im Rahmen der Leistungsverwaltung ein Wahlrecht der Behörde, ob sie über ein Zahlungsbegehren durch Verwaltungsakt entscheidet oder schlicht hoheitlich handelt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Zahlungsanspruch - wie hier - von einem privaten Träger einer Kindertagesstätte erhoben wird und somit ein subordinationsrechtliches Verhältnis besteht (Urt. d. Senats v. 15.12.1999 - 2 L 253/98 -, Die Gemeinde 2000, 200 = NordÖR 2000, 208).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der vom Kläger geltend gemachte Ausgleichsanspruch insgesamt entstanden. Dass zunächst alle Voraussetzungen für einen auf § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. gestützten Anspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gegeben waren, ist unbestritten und bedarf keiner weiteren Begründung. Zu den Auswirkungen der Änderung des Kindertagesstättengesetzes hat der Senat im Urteil vom 15. Dezember 1999 (a.a.O.) Folgendes ausgeführt:

"Rechtsgrundlage für den Kostenausgleichsanspruch ist § 25 Abs. 2 KiTaG in der bis Ende Juli 1999 geltenden Fassung. Zwar ist der Kostenausgleich durch das Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 15. Juli 1999 (GVOBl. S. 166) mit Wirkung vom 01. August 1999 neu geregelt worden und seither der Kostenausgleich gemäß § 25 a KiTaG n.F. zwischen der Wohn- und der Standortgemeinde vorzunehmen, doch bleibt diese Rechtsänderung für das Begehren des Klägers ohne Einfluss. Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts sind die Rechtsvorschriften, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagebegehrens Geltung beimessen, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine Feststellungsklage, eine Leistungsklage, eine Anfechtungsklage oder eine Verpflichtungsklage handelt (BVerwGE 97, 79, 81 f.). Aus dem Verfahrensrecht folgt, dass einer Verpflichtungsklage nur dann stattgegeben werden darf, wenn der Kläger zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die mit der Klage begehrte Verpflichtung hat. Ob ein solcher Anspruch besteht, ergibt sich aus dem materiellen Recht. Die materiell-rechtliche Prüfung, ob bei einer Verpflichtungsklage ein den Klageantrag deckender Anspruch besteht, hat zwar bei der Rechtslage im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung anzusetzen. Ist jedoch während des Verfahrens eine Rechtsänderung zu Ungunsten des Klägers eingetreten, kommt es darauf an, ob die Neufassung des Gesetzes einen durch das alte Recht etwa begründeten Anspruch des Klägers beseitigt oder unberührt gelassen hat (BVerwGE 84, 157, 160 f.). Wenn das Gesetz für das Entstehen eines Anspruchs an einen bestimmten Zeitpunkt knüpft, zu dem die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssen, und nicht erkennbar ist, dass bei rechtswidriger Nichterfüllung ein solcher Anspruch wegen einer späteren Veränderung der Sach- und Rechtslage untergehen soll, ist auch für die erst später ergehende gerichtliche Entscheidung die Rechtslage zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgeblich. Das kommt insbesondere bei Streitigkeiten über geldliche Zuwendungen in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., § 113 Rdnr. 220 ff. m.w.N.). So liegt es auch hier.

Das Änderungsgesetz vom 15. Juli 1999 enthält eine Übergangsregelung nur im Hinblick auf die Förderungsvoraussetzungen der Kindertageseinrichtungen. Die Bestimmung war im Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drucks. 14/2093) noch nicht enthalten, sondern ist erst aufgrund einer Empfehlung des Sozialausschusses (LT-Drucks. 14/2236) eingefügt worden. Dadurch soll den Einrichtungsträgern ein "federnder Übergang" ermöglicht werden (Otto, Novellierung des Kindertagesstättengesetzes, Die Gemeinde 1999, 202, 205). Eine entsprechende Regelung wäre auch im Hinblick auf den Kostenausgleich und die weiteren Finanzierungsregelungen denkbar gewesen. Aus dem Fehlen derartiger Bestimmungen kann aber nicht geschlossen werden, dass in der Vergangenheit begründete Ausgleichstatbestände nach neuem Recht abzuwickeln sind. Vielmehr sind Ausgleichsansprüche, die vor der Rechtsänderung entstanden sind, zugunsten der ehemals Berechtigten nach Maßgabe der bis zum 31. Juli 1999 geltenden Vorschriften zuzusprechen. Auf die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Betreuung eines Kindes in einer Kindertageseinrichtung außerhalb der Wohngemeinde über den Zeitpunkt der Rechtsänderung hinaus andauert, kommt es hier nicht an."

An dieser Auffassung, die auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist festzuhalten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind Ausgleichsansprüche in diesem Sinne aber nicht nur dann "entstanden", wenn vor der Rechtsänderung ein "Verlangen" auf Kostenausgleich an die Wohnortgemeinde herangetragen worden ist. Das nach § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. erforderliche Verlangen ist nicht Tatbestandsmerkmal für die Entstehung des Anspruchs, sondern bedeutet lediglich, dass die Wohnortgemeinde den Kostenausgleich nicht von Amts wegen vorzunehmen hat, nur weil ihr die anspruchsbegründenden Umstände bekannt sind. Daher besteht hier kein Unterschied zu dem oben genannten Verfahren - 2 L 253/98 -, in dem der Anspruch bereits vor Eintritt der Rechtsänderung geltend gemacht worden war. Tatsächlich stellt auch das Verwaltungsgericht nicht auf das Entstehen des Anspruchs ab, sondern meint - wie der Hinweis auf § 59 SGB I zeigt -, dass der zunächst gegebene Anspruch auf Grund des Fehlens eines "Verlangens" mit Eintritt der Rechtsänderung erloschen sei. Wie ausgeführt fehlt es jedoch an jeglichen Anhaltspunkten, dass diese Rechtsfolge mit der Gesetzesänderung verbunden sein sollte.

Gleichwohl erweist sich die Abweisung der Klage im Hinblick auf den Kostenausgleich für 1996 im Ergebnis als richtig, weil der Anspruch des Klägers insoweit verjährt ist und der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, die Leistung zu verweigern. Der Anspruch ist daher nicht mehr durchsetzbar.

Das den Anspruch begründende Kindertagesstättengesetz enthält keine Regelungen zur Verjährung. Auch § 45 SGB I ist auf den in Rede stehenden Kostenausgleichsanspruch nicht unmittelbar anwendbar. Nach dieser Vorschrift verjähren Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Sozialleistungen sind in § 11 SGB I definiert als die in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Zwar handelt es sich bei der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen um Sozialleistungen im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB I, denn es geht dabei um Vorteile, die nach den Vorschriften des SGB zur Verwirklichung sozialer Rechte dem Einzelnen zugute kommen sollen. Sozialleistungen in diesem Sinne sind jedoch nicht jene Leistungen, die zwischen verschiedenen Leistungsträgern oder auf Grund besonderer Rechtsverhältnisse sonstigen Personen erbracht werden (vgl. Giese in Giese/Krahmer, SGB I, § 11 Rn. 2; Rüfner in Wannagat, SGB I § 11 Rn. 4 m.w.N.).

Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung über die Verjährung des in Rede stehenden Anspruchs bedeutet aber nicht, dass dieser gegen den Willen des Schuldners zeitlich unbegrenzt durchgesetzt werden könnte. So ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts § 45 SGB I als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips der 4-jährigen Verjährung im Sozialrecht anzusehen und daher auf Ansprüche, die keine Sozialleistungen darstellen, entsprechend anzuwenden (BSG, Urt. v. 17.06.1999 - B 3 KR 6/99 R -, FEVS 51, 259). Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in einer früheren Entscheidung die Annahme abgelehnt, dass aus § 45 Abs. 1 SGB I - und vergleichbaren weiteren Vorschriften - für das Sozialrecht auf eine allgemeine 4-jährige Verjährungsfrist geschlossen werden könne. In dem seinerzeit zu entscheidenden Fall hat es für den Aufwendungsersatzanspruch nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BSHG in entsprechender Anwendung von § 195 BGB in der bis Ende 2001 geltenden Fassung eine 30-jährige Verjährung angenommen (BVerwG, Urt. v. 27.11.1986 - 5 C 74.85 -, E 75, 173 = FEVS 36, 270). Das steht jedenfalls im Einklang mit der durchgehend vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Auffassung, dass die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Verjährung (§§ 194 ff BGB) im öffentlichen Recht jedenfalls für vermögensrechtliche Ansprüche entsprechend anzuwenden seien, soweit nicht eine abweichende gesetzliche Regelung vorgeht. Welche Verjährungsfrist im Einzelfall maßgeblich ist, hänge davon ab, ob der geltend gemachte Anspruch den in §§ 195 bis 197 BGB a.F. bezeichneten Ansprüchen gleicht oder ähnelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1967 - VI C 98.65 -, BVerwGE 28, 336; Urt. v. 12.03.1987 - 2 C 10.83 -, ZBR 1987, 339).

Bei Anwendung der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Vorschriften des Bundesrechts liegt es nahe, hier nicht die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. zugrundezulegen, sondern § 196 Abs. 1 Nr. 11 BGB a.F. entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift verjähren die Ansprüche der öffentlichen Anstalten, welche dem Unterrichte, der Erziehung, Verpflegung oder Heilung dienen, sowie der Inhaber von Privatanstalten solcher Art für die Gewährung von Unterricht, Verpflegung oder Heilung und für die damit zusammenhängenden Aufwendungen in zwei Jahren. Der Kläger betreibt eine Einrichtung dieser Art. Wenn es auch nicht um die vertraglich vereinbarte Vergütung für die gewährten Leistungen geht, so ist die Interessenlage hinsichtlich des Kostenausgleichsanspruchs dennoch vergleichbar. Die Zuschüsse der Gemeinden dienen ebenso wie die von den Nutzern der Kindertageseinrichtungen zu erbringende Entgelte der Abdeckung der Betriebskosten (§ 25 Abs. 1 KiTaG a.F.). Die Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren würde dem Interesse an einer beschleunigten Abwicklung solcher Rechtsbeziehungen nicht gerecht (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 18.07.1990 - 10 S 763/89 -, NJW 1991, 2985 bezüglich der Kosten der Unterbringung und Behandlung in einem Landeskrankenhaus). Gerade bei laufenden öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften steht hinter der Zweckbestimmung der Verjährungsregelungen noch ausgeprägter als im Privatrecht auch das allgemeine Interesse. Es würde sich möglicherweise als ernsthafte Behinderung einer Gemeinde bei der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben auswirken, wenn ihr Gläubiger nicht eindeutig klarstellte, dass er laufend zu erfüllende (und bei dieser Erfüllungsart für den Schuldner tragbare) Forderungen geltend machen wolle, und wenn er stattdessen unbesorgt sogar umstrittene Forderungen über Jahre bis zu einer dann alsbald in einer Summe zu begleichenden und deshalb besonders belastenden Gesamtforderung anwachsen lassen könnte (BVerwG, Urt. v. 15.12.1967, a.a.O., S. 339). Wenn sich die Forderung hier auch auf einen überschaubaren Zeitraum erstreckt, so liegt doch auf der Hand, dass die Annahme einer 30-jährigen Verjährungsfrist für die zum Kostenausgleich verpflichteten Gemeinden zu unzuträglichen Ergebnissen führen würde.

Der entsprechenden Anwendung des § 196 Abs. 1 Nr. 11 BGB a.F. könnte jedoch entgegen, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers allein privatrechtliche Ansprüche der genannten Anstalten der kurzen Verjährungsfrist von zwei Jahren unterstellt werden sollten (vgl. dazu Dilcher in Staudinger, BGB, 12. Aufl., § 196 Rn. 63 m.w.N.). Unter Hinweis auf die "Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich" wird die Auffassung vertreten, dass die kurzen Verjährungsfristen des § 196 Abs. 1 BGB a.F. auf öffentlich-rechtliche Ansprüche nur dann anwendbar seien, wenn die maßgeblichen Sachverhalte in allen wesentlichen Punkten vergleichbar sind (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 03.03.1989 - Bf IV 22/89 -, Juris m.w.N.; siehe auch BVerwG, Urt. v. 15.12.1967, a.a.O.). Ob dem zu folgen ist und danach entsprechend den Regelungen des § 196 Abs. 1 BGB a.F. eine 2-jährige Verjährungsfrist anzunehmen wäre, kann jedoch offen bleiben, weil hier auf Grund der Sachnähe des in Rede stehenden Anspruchs zu Sozialleistungen die Bestimmungen des SGB I zur Verjährung entsprechend anzuwenden sind. Wenn auch nicht die Gemeinden, sondern die Kreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe Gewährleistungsträger für ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertageseinrichtungen nach § 24 SGB VIII sind und daher Sozialleistungen i.S.v. § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB I zu erbringen haben, so sind die Gemeinden dennoch landesrechtlich in das Leistungsgefüge eingebunden. Gemäß § 8 KiTaG a.F. tragen die Gemeinden in eigener Verantwortung dafür Sorge, dass im Bedarfsplan vorgesehene Kindertagesstätten geschaffen und betrieben werden. Nach § 25 Abs. 1 KiTaG a.F. haben sie Zuschüsse zu den Betriebskosten zu erbringen; unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 KiTaG a.F. erstreckt sich diese Verpflichtung auch auf Kindertageseinrichtungen in anderen Gemeinden. Es erscheint sachgerecht, die Verjährung daraus sich ergebender Ansprüche nach den Bestimmungen des SGB I zu beurteilen. Das gilt nicht nur für die Frist des § 45 Abs. 1 SGB I, sondern auch für die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung durch schriftlichen Antrag entsprechend § 45 Abs. 3 SGB I.

Danach genügte der schriftliche Antrag des Klägers vom 21. November 2001, um hinsichtlich des Kostenausgleichs für 1997 die Verjährung entsprechend der seinerzeit geltenden Fassung des § 45 Abs. 3 SGB I zu unterbrechen. Entsprechend den Regelungen des § 70 SGB I i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1, 2 EGBGB war die Verjährung vom 01. Januar 2002 an gehemmt. Für den Kostenausgleich 1996 gilt das nicht, weil bei schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs bereits Verjährung eingetreten war. Wie ausgeführt, entsteht der Anspruch unabhängig von einem "Verlangen" während des Vorliegens der Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 KiTaG a.F., so dass der Anspruch auf Kostenausgleich für 1996 mit Ablauf des Jahres 2000 verjährt war.

Auch im öffentlichen Recht führt die Verjährung - soweit nicht besonders gesetzlich geregelt - grundsätzlich nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern begründet entsprechend § 222 BGB a.F. bzw. § 214 Abs. 1 BGB n.F. nur eine Einrede (vgl. Dörr, Die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche im öffentlichen Recht, DÖV 1984, 12, 16 m.w.N.). Das ergibt sich hier schon aus der Verweisung des § 45 Abs. 2 SGB I auf Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches u.a. hinsichtlich der Wirkung der Verjährung. Der Eintritt der Verjährung führt daher zu einem Leistungsverweigerungsrecht und ist nur dann zu berücksichtigen, wenn der Schuldner sich auf dieses Recht beruft. Davon hat der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die beantragte Verpflichtung kann daher nur im Hinblick auf den Kostenausgleich für 1997 ausgesprochen werden.

Der Ausgleichsanspruch des Klägers ist gemäß § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit Rechtshängigkeit mit 4 v. H. für das Jahr zu verzinsen. Nach ständiger Rechtsprechung ist § 291 Satz 1 BGB im öffentlichen Recht entsprechend anwendbar, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung enthält (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.1998 - 2 C 28.97 -, NJW 1998, 3368; Urt. d. Senats v. 12.09.2001 - 2 L 46/01 - m.w.N.). § 291 BGB begründet einen selbständigen Anspruch, dessen Höhe sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. ergibt. Die mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) vorgenommene Änderung des § 288 Abs. 1 BGB findet nach den Überleitungsvorschriften auf vor dem 01. Mai 2000 fällig gewordene Forderungen keine Anwendung (Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB). Es fehlt daher an Rechtsgrundlagen für den vom Kläger geltend gemachten höheren Zinsanspruch.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück