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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: 2 LB 75/03
Rechtsgebiete: KHG


Vorschriften:

KHG § 8
a) Bei der Bedarfsanalyse sind Patienten, die erfahrungsgemäß im angrenzenden Bundesland um Versorgung nachsuchen, im Wohnsitzland außer Betracht zu lassen.

b) Im Rahmen der Versorgungsentscheidung sind bereits im Krankenhausplan aufgenommene Einrichtungen und Neubewerber in gleicher Weise zu berücksichtigen.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 75/03

verkündet am 03.11.2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 03. Juni 2002 geändert.

Der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 31. Januar 2001 wird hinsichtlich seiner Teilziffer V.1. aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 1/4, der Beklagte 3/4 der Verfahrenskosten

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Kostenschuldner bleibt nachgelassen, die vorläufige Vollstreckbarkeit durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Aufnahme von 30 vollstationären Planbetten der Fachrichtung Neurologie in den Krankenhausplan Schleswig-Holstein.

Die Klägerin betreibt in ... ein Akutkrankenhaus und eine Rehabilitationsklinik. Mit Schreiben vom 06. November 1998 beantragte sie die Aufnahme von 30 vollstationären Planbetten der Fachrichtung Neurologie in den Krankenhausplan. Es bestehe ein Bedarf für die Einrichtung von Planbetten zur akut neurologischen Regionalversorgung. Lege man die bundesdurchschnittliche Relation von 2,9 neurologischen Planbetten auf 10.000 Einwohner zugrunde, so würden die 230.000 Einwohner des Kreises ... 67 Planbetten und die 300.000 Einwohner des 25-Kilometer-Umkreises 87 Planbetten benötigen. Zwar könne ein Teil der regionalen Bevölkerung durch die weiter entfernt liegenden Klinikabteilungen benachbarter Städte und Kreise versorgt werden, dies ändere im Ergebnis aber nichts an der flächendeckenden Regionalversorgung für das Fach Neurologie im unmittelbaren Umkreis von ... . Schätzungsweise seien daher 30 zusätzliche Planbetten erforderlich.

Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 23. Februar 1999 und bat darum, den Antrag bis zur Vorlage des Gutachtens zur Fortschreibung des Krankenhausplanes zurückzustellen. Es sei beabsichtigt, die Leistungsdaten der Akutneurologien in Schleswig-Holstein im Rahmen des Gutachtens auszuwerten. In der Folgezeit wurde der Antrag der Klägerin auf die Tagesordnung der Sitzung der Beteiligten gemäß § 19 AG-KHG genommen, die am 22. Juni 1999 stattfand. Ausweislich des Ergebnisprotokolls zum TOP 3.3 stellten die Beteiligten eine Entscheidung bei einer Enthaltung bis zur Vorlage des Planungsgutachtens zurück, da dem Antrag der Klägerin strukturverändernde Wirkung zukäme. Die Klägerin wurde hierüber in Kenntnis gesetzt. Eine Bescheidung des Antrages unterblieb zunächst.

Die Klägerin hat am 05. November 1999 Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. Januar 2001 ab. Die Grundlage des aktuellen Krankenhausplanes Schleswig-Holstein und auch die Grundlage für die Antragsablehnung sei der tatsächliche Bedarf, ausgedrückt in Fallzahlen, zur Versorgung in vorhandenen Strukturen. Die vorhandenen Strukturen seinen ausreichend und es würde regional eine Anpassung nach unten vorgenommen. Zudem käme nach fachlich übereinstimmender Meinung für eine Erweiterung oder einen Aufbau von Kapazitäten zur stationären Versorgung im Fachgebiet Neurologie ohnehin vorrangig ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung in Betracht.

Die Klägerin hat die Klage weitergeführt.

Die Klägerin hat vorgetragen: Betrachte man die bundesdurchschnittliche Planbettenrelation der Fachrichtung Neurologie, so sei festzustellen, dass in Schleswig-Holstein ein nicht gedeckter Bettenbedarf in erheblicher Größenordnung zu verzeichnen sei. Gegenüber einer bundesdurchschnittlichen Relation von 2,33 neurologischen Planbetten für 10.000 Einwohner weise Schleswig-Holstein - selbst wenn die benannten Phase-B-Betten abgesetzt würden, gerade einmal eine Relation von 1,85 neurologischen Planbetten für 10.000 Einwohner auf. Von daher sei von einem Bettenfehlbestand in der Größenordnung von 132 Planbetten auszugehen. Bezogen auf den Kreis ... und das engere Einzugsgebiet der Klägerin ergebe sich davon ausgehend ein Bedarf von 82 Planbetten. Soweit sich der Beklagte demgegenüber auf das Gutachten zur Krankenhausplanung Schleswig-Holstein berufe, sei dies nicht angängig. Das Krankenhausplanungsgutachten habe sich mangels Kenntnis überhaupt nicht zu ihrem Antrag geäußert. Im Übrigen sei die Krankenhausplanung wegen willkürlicher Zuordnung der maßgeblichen Versorgungsregionen bzw. Einzugsgebiete krankenhausplanungsrechtlich nicht vertretbar und damit unzulässig. So sei beispielhaft für die Versorgungsregion Süd überhaupt keine akutneurologische Versorgung vorgesehen. Eine solche Krankenhausplanung widerspreche den Aussagen des Krankenhausplanungsgutachtens, wonach im Fachgebiet Neurologie die bedarfsgerechte Versorgung zu 45 % auf Kreisebene und zu 65 % in der Region erfolgen solle. Hier komme hinzu, dass es krankenhausplanungsrechtlich nicht zulässig sei, durch eine Minderversorgung des tatsächlichen Bedarfs unversorgt bleibende Patienten zu zwingen, in andere Länder - hier Hamburg - abzuwandern.

Die Klägerin hat beantragt,

den Feststellungsbescheid des Beklagten vom 31. Januar 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin gemäß ihrem Antrag vom 06. November 1998 mit 30 vollstationären Planbetten der Fachrichtung Neurologie in den Krankenhausplan für das Land Schleswig-Holstein aufzunehmen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 03. Juni 2002 abgewiesen. Der Beklagte könne sich zu Recht auf das Gutachten zur Krankenhausplanung Schleswig-Holstein stützen, wonach kein Bedarf für neue neurologische Planbetten in der Klinik der Klinik der Klägerin festgestellt worden sei. Dem Argument der Klägerin, dass gemessen am Bundesdurchschnitt landesweit ein Zielbedarf von 291 Planbetten vorliege und in der Region ... schätzungsweise 30 zusätzliche Planbetten erforderlich seien, sei der Beklagte zutreffend mit dem Vortrag entgegengetreten, dass diese Bettenmesszahlen einen unzureichenden Anhaltspunkt für den tatsächlichen Bedarf darstellten, da sie die Leistungsfähigkeit der stationären Versorgungsstrukturen nach Verweildaueranalyse und Fallzahlen nicht abbildeten.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 25. September 2003 entsprochen hat.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie habe einen Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein mit 30 Betten der Fachrichtung Neurologie; hierfür bestehe der notwendige Bedarf. Auch für den Fall der Notwendigkeit einer Auswahlentscheidung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG hätte der Beklagte sie aufnehmen müssen, weil sie zur Deckung des Bedarfs der schleswig-holsteinischen Bevölkerung i.S.d. KHG besser geeignet sei als die entsprechenden Hamburger Krankenhäuser.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 03. Juni 2002 zu ändern, den Feststellungsbescheid des Beklagten vom 31. Januar 2001 insoweit aufzuheben, wie darin die Aufnahme der Klägerin mit 30 vollstationären Planbetten Neurologie abgelehnt worden ist und den Beklagten zu verpflichten, die Aufnahme der Klinik der Klägerin gemäß ihrem Antrag vom 06. November 1998 mit 30 vollstationären Planbetten der Fachrichtung Neurologie in den Krankenhausplan für das Land Schleswig-Holstein festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass die Klägerin ihren zusätzlichen Planbettenbedarf Schleswig-Holstein für die Neurologie damit begründe, dass sie den kooperativen Ansatz Schleswig-Holsteins und Hamburgs in der stationären Schwerpunktversorgung für rechtswidrig halte. Die Einigung mit Hamburg schließe ein, einen Teil des stationären neurologischen Versorgungsbedarfs im Hamburger Randgebiet auf Grund einer krankenhausplanerischen Vereinbarung aus dem Jahre 1989 durch Krankenhäuser der Hansestadt Hamburg im Rahmen ihrer Metropol-Funktion abzudecken. Diese Kooperation mit Hamburg im Bereich der Schwerpunktversorgung erkläre die in Schleswig-Holstein gegenüber dem Bundesgebiet leicht unter dem Bundesschnitt liegende Bettenmessziffer.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist zulässig und auch zum überwiegenden Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Verpflichtungsklage zum Teil stattgeben müssen, da der Beklagte sich bei der Ablehnung der beantragten Aufnahme in den Krankenhausplan von rechtsfehlerhaften Ermessenserwägungen hat leiten lassen.

Die Anforderungen an die Aufstellung von Krankenhausplänen sind seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 1985 (- 3 C 25.84 -, E 72, 38 = NJW 1986, 796) in der Rechtsprechung und in der Literatur gleichbleibend und stetig definiert. Krankenhauspläne müssen im Wesentlichen folgenden Inhalt haben: eine Krankenhauszielplanung, eine Bedarfsanalyse, eine Krankenhausanalyse und die Versorgungsentscheidung.

Aus § 8 Abs. 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 22.11.1999 ergibt sich, dass der Krankenhausplan eine Festlegung der Ziele enthalten muss, die das Land mit seiner Bedarfsplanung verfolgt und an denen sich bei einer notwendigen Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern die zuständige Landesbehörde zu orientieren hat (Krankenhauszielplanung). Die Bestimmung der Ziele der Krankenhausplanung ist eine Maßnahme mit überwiegend planerischem Charakter, die gerichtlich nur auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetzeszweck des KHG überprüft werden kann (so BVerwG, Urt. v. 25.07.1985 - 3 C 25.84 -, E 72, 38 = NJW 1986, 796 zu § 8 Abs. 1 KHG 1981).

Anders als die Krankenhauszielplanung ist die Bedarfsanalyse kein Planungsinstrument. Sie hat Feststellungen und Schätzungen zum Gegenstand, die ausschließlich auf tatsächlichem Gebiet liegen. Die Bedarfsanalyse ist die Beschreibung des zu versorgenden Bedarfs der Bevölkerung an Krankenhausbetten. Sie erfordert einerseits die Ermittlung des gegenwärtigen zu versorgenden Bedarfs sowie andererseits die Feststellung des zukünftigen Bedarfs an Krankenhausleistungen.

Entgegen den Bedenken der Klägerin war der Beklagte bei den Ermittlungen zur Bedarfsanalyse nicht daran gehindert, auch den jenseits der Landesgrenze in der Freien und Hansestadt Hamburg befindlichen Bettenbestand mit zu berücksichtigen. Hinsichtlich der räumlichen Komponente einer Bedarfsanalyse ist nämlich auf den tatsächlich zu versorgenden und nicht auf einen erwünschten oder durchschnittlichen Bedarf im Einzugsbereich des Krankenhauses abzustellen (BVerwG, Beschl. v. 31.05.2000 - 3 B 53.99 -, Buchholz 451.74 § 6 KHG Nr. 5 unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung <Urt. v. 25.07.1985 - 3 C 25.84 -, E 72, 38 = NJW 1986, 796>). In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall waren zahlreiche Bewohner des Landes Niedersachsen zur Krankenhausbehandlung nach ... abgewandert. Bei der Feststellung des tatsächlichen Versorgungsbedarfs sind in einem solchen Falle die Bewohner eines Bundeslandes, die regelmäßig Krankenhausleistungen eines anderen Bundeslandes in Anspruch nehmen, nicht zu dem im Wohnsitzland zu versorgenden Bedarf zu zählen. Nur wenn das nachgefragte Bundesland bereits Maßnahmen ergriffen hat, die zu einer Rückführung der Patienten führen, müssen diese im Rahmen der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden. Anderenfalls würden leerstehende Betten öffentlich gefördert (BVerwG, Beschl. v. 31.05.2000 - 3 B 53.99 -, a.a.O.). Letzteres ist im hier vorliegenden Sachverhalt aber offenkundig nicht der Fall.

Gegen die Auffassung der Klägerin zur räumlichen Komponente einer Bedarfsanalyse sprechen auch § 3 Abs. 1 Satz 1 AG-KHG und § 6 Abs. 2 KHG. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AG-KHG sind in den Krankenhausplan die für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser aufzunehmen. Daraus folgt aber nicht, dass in jedem Versorgungsgebiet ein Krankenhausangebot in allen Versorgungsstufen vorgehalten werden muss und demgemäß nur die im jeweiligen Versorgungsgebiet vorhandenen Bettenkapazitäten im betroffenen Fachgebiet berücksichtigt werden dürften (so auch HessVGH, Urt. v. 10.09.2002 - 11 UE 3202/98 -, ESVGH 53, 63). Sicherstellung eines Krankenhausangebots in einem Versorgungsgebiet bedeutet nicht, dass das Angebot auch in den Grenzen dieses Versorgungsgebiets vorgehalten werden muss. Dies folgt aus den bundesrechtlichen Vorgaben in § 6 Abs. 2 KHG, wonach die Krankenhausplanung zwischen den beteiligten Ländern abzustimmen ist, soweit ein Krankenhaus auch für die Versorgung der Bevölkerung anderer Länder wesentliche Bedeutung hat. Ist hiernach die Krankenhausplanung länderübergreifend zu gestalten, so muss dies auch jeweils landesintern gelten, jedenfalls bei Krankenhäusern mit überörtlichen Aufgaben und Schwerpunktaufgaben.

Bestand für die beantragte Aufnahme weiterer Betten in den Krankenhausplan hiernach kein Bedarf, so war für den Beklagten die Bearbeitung des gestellten Antrages gleichwohl noch nicht abgeschlossen. Es stellte sich nämlich weiterhin die Frage, durch welche Krankenhäuser der bestehende Bedarf gedeckt werden sollte, und damit die nach einer Krankenhausanalyse und nach einer zu treffenden Auswahlentscheidung.

Dem kann nicht damit entgegnet werden, dass aus Gründen der logischen Nachrangigkeit der Frage, ob die Versorgung durch die auf Hamburger Gebiet vorgehaltenen Krankenhauskapazitäten erfolgen oder ob die Versorgung planerisch schleswig-holsteinischen Krankenhäusern zugewiesen werden sollte, nicht mehr nachzugehen sei. Die Überlegung, dass ein Bedarf bereits durch die vorhandenen Plankrankenhäuser gedeckt und dass bei der Auswahlentscheidung lediglich ein noch ungedeckter Bedarf erheblich sei, ist sachwidrig. Relevant ist nur der tatsächlich vorhandene und zu versorgende Bedarf im Einzugsbereich des Krankenhauses und nicht ein durchschnittlicher oder erwünschter Bedarf (BVerwG, Urt. v. 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 11 = NJW 1987, 2318). Die vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung angenommene Bedeutungslosigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits planaufgenommenen Krankenhäuser hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 04. März 2004 (- 1 BvR 88/00 -, NJW 2004, 1648) erneut bestätigt. Die Berufsfreiheit eines die Aufnahme in den Krankenhausplan begehrenden Krankenhauses werde in verfassungswidriger Weise eingeschränkt, wenn das Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit auf die Frage eines derzeit ungedeckten Bedarfs reduziert werde und keine Prüfung der objektiven Eignung zur Bedarfsdeckung stattfinde.

Das Bundesverwaltungsgericht legt den Begriff der Bedarfsgerechtigkeit als Voraussetzung für die Aufnahme in den Krankenhausplan in ständiger Rechtsprechung dahin aus, dass ein Krankenhaus dann bedarfsgerecht ist, wenn es nach seinen objektiven Gegebenheiten in der Lage ist, einem vorhandenen Bedarf gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 11 = NJW 1987, 2318). Dies ist nicht nur der Fall, wenn die von dem Krankenhaus angebotenen Betten zusätzlich notwendig sind, um den in seinem Einzugsbereich aktuell vorhandenen Bettenbedarf zu decken, sondern auch dann, wenn ein Krankenhaus neben oder an Stelle eines anderen Krankenhauses geeignet wäre, den fiktiv vorhandenen Bedarf zu decken.

Diese Auslegung des Begriffs der Bedarfsgerechtigkeit entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 04.03.2004 - 1 BvR 88/00 -, NJW 2004, 1648). Denn nur in dieser Auslegung haben hinzutretende Krankenhäuser überhaupt eine Chance, in einen Krankenhausplan aufgenommen zu werden, solange sich am Gesamtbedarf nichts ändert. Ansonsten könnte mit dem Hinweis auf die bestehenden Kapazitäten jeder Neuzugang verhindert werden (BVerfG, a.a.O.).

Eine das Krankenhaus der Klägerin mitumfassende Krankenhausanalyse, also eine Beschreibung der tatsächlichen Versorgungsbedingungen, ist offenkundig nicht erstellt worden. Die Ablehnung des gestellten Antrages erfolgte nach den Formulierungen des Bescheides vom 31. Januar 2001, dort S. 4 Abs. 4, in erster Linie deshalb, weil der Beklagte der Ansicht war, der bestehende tatsächliche Bedarf werde durch die bereits im Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäuser gedeckt. Wörtlich heißt es: "Die vorhandenen Strukturen sind ausreichend und es wurde regional eine Anpassung nach unten vorgenommen." Ein solches Abstellen allein auf das Fehlen eines Zusatzbedarfes wird den vom Bundesverwaltungsgericht und vom Bundesverfassungsgericht erarbeiteten verfassungsrechtlichen Grundsätzen jedoch nicht gerecht.

Die zu vermissende Krankenhausanalyse und die Abwägung in der auf der Grundlage der Tatsachenermittlung anzustellende Versorgungsentscheidung wird durch die im Bescheid vom 31. Januar 2001, dort S. 4 Abs. 6, gleichsam hilfsweise angestellte Überlegung nicht ersetzt. Dort wird zwar ausgeführt, dass "nach fachlich übereinstimmender Meinung ... für eine Erweiterung oder einen Aufbau von Kapazitäten zur stationären Versorgung im Fachgebiet Neurologie ohnehin ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung vorrangig in Betracht" komme. Ein eigenes Fachgebiet Neurologie setze "nämlich eine hohe Spezialisierung des Krankenhauses und eine Vernetzung mit den Fachgebieten Innere Medizin, Geriatrie, Orthopädie, Neurochirurgie und Psychiatrie voraus. Diese Vernetzung in räumlicher Einheit (sei) in den ... Kliniken nicht gegeben. Neben der Ermangelung eines tatsächlichen Bedarfes sehe (der Beklagte) daher auch ... (die) inhaltliche Begründung von 30 neurologischen Akutbetten in den ... Kliniken als nicht überzeugend an."

Auch diese Überlegungen sind im Ausgangspunkt von der Auffassung getragen, dass es um die Anerkennung einer Kapazitätserweiterung im Versorgungsgebiet gehe und um die Frage, welcher Einrichtung diese Kapazitätserweiterung zugewiesen werden solle. Die Ausführungen beruhen jedoch auf der unausgesprochenen Grundannahme, dass die bereits im Krankenhausplan enthaltenen Einrichtungen einen Bestandsschutz auf Aufrechterhaltung dieser Aufnahme innehaben und befassen sich deshalb nicht mit der maßgeblichen Frage, auf welche Art und durch welche Einrichtungen der bereits bestehende Bedarf künftig gedeckt werden soll.

Hieraus ergibt sich, dass die ablehnende Entscheidung des Beklagten vom 31. Januar 2001 ermessensfehlerhaft und deshalb rechtswidrig ist. Andererseits ist indes auch nicht festzustellen, dass sich das bei der im Rahmen des § 8 Abs. 2 KHG zu treffenden Versorgungsentscheidung eingeräumte Ermessen derart verdichtet hätte, dass zu Gunsten der Klägerin eine Ermessensreduzierung auf Null stritte. Der Beklagte war deshalb zur Neubescheidung zu verpflichten und die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 77.400,-- Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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