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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 2 LB 8/06
Rechtsgebiete: GO SH


Vorschriften:

GO SH § 16 g
Ein Bürgerbegehren ist wegen mangelhafter Begründung unzulässig, wenn diese als Täuschung des Bürgerwillens erscheint und nach den Maßstäben zur Beurteilung einer unzulässigen Wahlbeeinflussung als nicht mehr hinnehmbar anzusehen wäre.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 8/06

verkündet am 20.09.2006

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Kommunalrecht - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 30. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Die Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens. Die Kläger sind Bürger im Stadtgebiet der Beigeladenen und Initiatoren des Bürgerbegehrens.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2005 wandte sich die Bürgerinitiative "Rettet den Steinfelder Redder", vertreten durch den Kläger zu 3), erstmalig an die Beigeladene mit der Bitte, ein in diesem Schreiben ausformuliertes Bürgerbegehren auf seine inhaltliche Zulässigkeit zu überprüfen und informierte mit Schreiben vom gleichen Datum den Beklagten über das beabsichtigte Vorgehen. Als Zielsetzung des beabsichtigten Bürgerbegehrens wurde genannt:

1) Vollständiger Erhalt des Knicks und des Waldes im Gebiet zwischen Steinfelder Redder und der Eisenbahntrasse ... - Bad Segeberg

2) Kein Wohnungsbau in diesem Gebiet.

3) Keine Brücke über die Eisenbahn in diesem Gebiet.

Als Begründung wurde die Forderung aufgestellt, die Bürgerinnen und Bürger der Beigeladenen sollten selbst über die Bebauung des Steinfelder Redders entscheiden. Das Gebiet sei mit seinem Bestand an wertvollen Knicks und Wald schutzwürdig. Es gehe um das Naherholungsgebiet aller Bürger der Beigeladenen. Die Bahntrasse begrenze ideal das bebaute Stadtgebiet gegen die Landschaft; eine Brücke bringe Verkehrslasten in den Bereich Fuchsberg, Hölk, Poggenbreeden, Poggenseer Weg und Königsberger Straße.

Das streitige Gebiet (Baugebiet Nord-Ost) ist identisch mit dem Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 71 der Beigeladenen. Es liegt nördlich der B 75 und östlich der Eisenbahnlinie ...- Bad Segeberg. Es handelt sich um eine ca. 24 ha große Fläche. Diese von der Planungshoheit der Beigeladenen erfasste Fläche hatte die Beigeladene zwischen 1984 und 1986 zu Bauerwartungslandpreisen erworben. Ein seinerzeit aufgestellter Bebauungsplan wurde Ende der 80er Jahre infolge Wechsels der politischen Mehrheiten aufgehoben.

Am 10. November 2004 wurde vom Wirtschafts- und Planungsausschuss der Beigeladenen erneut die Aufstellung eines Bebauungsplanes (B-Plan Nr. 71) für dieses Gebiet (Baugebiet Nord-Ost) beschlossen und am 23. März 2005 amtlich bekannt gemacht. Der maßgebliche Flächennutzungsplan wurde durch Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung vom 24. Januar 2005 geändert. Die erwarteten 11 Millionen Euro Einnahmen aus dem Baugebiet Nord-Ost (Verkaufserlöse der Grundstücke abzüglich Planungs- und Erschließungskosten) stellte die Beigeladene zum Zwecke einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung in ihre mittelfristige Finanzplanung 2004 bis 2006 ein, und zwar Teilerlöse aus einem Verkauf der Grundstücke dieses Gebietes in Höhe von 5 Millionen Euro verteilt auf die Jahre 2006 bis 2008. Jeweils weitere 2 Millionen Euro sollen in die Finanzplanung für 2009 bis 2011 eingestellt werden.

Mit Schreiben an die Beigeladene vom 01. Februar 2005 erwog die Bürgerinitiative einen Austausch der Frage 2) durch die Forderung

"Kein Verkauf städtischen Grundbesitzes in diesem Gebiet".

Die Beigeladene teilte dem Kläger zu 3) mit Schreiben vom 01. Februar 2005 mit, die als Bürgerbegehren formulierten Punkte beträfen die Bauleitplanung und seien im Bebauungsplanverfahren zu behandeln. Ein Bürgerentscheid sei insoweit unzulässig. Ein Austausch der Frage 2) könne daran nichts ändern, da es inhaltlich eine Frage der Bauleitplanung bleibe.

Mit Schreiben vom 04. Februar 2005 wandte sich der Kläger zu 3) als Vertreter der Bürgerinitiative daraufhin an den Beklagten mit der Bitte um Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 08. Februar 2005 die Rechtsauffassung der Beigeladenen. Das Bürgerbegehren mit den darin genannten Forderungen sei gemäß § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, da es sich angesichts seiner ausdrücklichen Zielsetzung gegen die Bauleitplanung der Beigeladenen wende. Ein ausschließlich auf den Nichtverkauf der städtischen Grundstücke gerichtetes Bürgerbegehren sei dagegen grundsätzlich rechtlich möglich.

Am 22. Februar 2005 zeigte der Kläger zu 3) daraufhin gegenüber der Beigeladenen das beabsichtigte Bürgerbegehren mit geänderter Fragestellung an. Zur Finanzierung der bisher angefallenen Planungskosten wurde vorgeschlagen, das für den Brückenbau freigehaltene Grundstück "Am Fuchsberg" zu verkaufen.

Mit Schreiben vom 23. März 2005 berief sich der Kläger zu 3) bezüglich des Kostendeckungsvorschlages darauf, dass es darum gehe, der Beigeladenen Kosten von der Hand zu halten. Die Beigeladene selbst habe für die auf dem "Steinfelder Redder" geplanten Maßnahmen keine Berechnung der Folgekosten, insbesondere auch nicht der Kosten eines Brückenbaus über die Eisenbahnlinie, vorgelegt. In dieser Lage sei erst einmal die Beigeladene gefordert, eine alle Kosten berücksichtigende Berechnung vorzulegen.

Nach weiterem Schriftwechsel der Beteiligten, in dem es u.a. um die Änderung der Fragestellung und den Kostendeckungsvorschlag ging, reichten die Kläger über die Beigeladene am 14. April 2005 beim Beklagten ein Bürgerbegehren mit beigefügten Unterschriften von 2.325 Befürwortern mit folgender Fragestellung ein:

"Soll die Stadt Bad Oldesloe auf den Verkauf ihrer Grundstücke beiderseits des Steinfelder Redders - zwischen Bahntrasse und B 75 - verzichten?"

Dazu wurde folgende Begründung gegeben:

"Wir sind der Auffassung, dass die Stadt auf den Verkauf ihrer Grundstücke am Steinfelder Redder verzichten muss. Der Verkauf der Knick- und Waldlandschaft zu Wohnzwecken würde zur Überlastung von Schulen, Sportstätten und der weiteren Infrastruktur führen. Diese Probleme sind für die Lebensqualität in ... so wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger über die geplanten Maßnahmen am Steinfelder Redder abstimmen sollen. Ein Verzicht auf die Maßnahmen würde der Stadt erhebliche Infrastrukturkosten ersparen.

Zur Finanzierung der bisher angefallenen Planungskosten schlagen wir vor, das für den Brückenbau freigehaltene Grundstück am Fuchsberg zu verkaufen."

Das Bürgerbegehren war unterschrieben von den Klägern zu 1) bis 3) als Vertretungspersonen unter Angabe ihrer Wohnanschrift.

Zum Kostendeckungsvorschlag verwiesen die Kläger in ihrem Anschreiben vom 14. April 2005 darauf, dass ihrer Auffassung nach für den Fall der Wohnbebauung die aufzubringenden Erschließungs- und sonstigen Folgekosten voraussichtlich nicht durch die erzielenden Verkaufserlöse aus den Grundstücksverkäufen abgedeckt würden.

Die Beigeladene teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 25. April 2005 mit, dass sie zur Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ein rechtswissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben habe. Dieses von Prof. Dr. Albert von Mutius am 03. Mai 2005 vorgelegte Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das Bürgerbegehren unzulässig sei, weil die Ausschlusstatbestände der § 16 g Abs. 2 Nr. 3 und 6 GO vorlägen und das Bürgerbegehren ein rechtswidriges Ziel verfolge, da bei Verzicht auf die Veräußerung der Grundstücke der Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung und zur Vorlage eines Haushaltssicherungskonzepts nicht entsprochen werde. Des weiteren teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass von den 2.325 eingetragenen Befürwortern 2.120 Stimmen gültig seien.

Auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 04. Mai 2005 vertraten die Kläger die Auffassung, die Bauleitplanung werde durch die nunmehr gewählte Fragestellung nicht berührt. Ferner liege das Schwergewicht der Begründung nicht darin, die Bauleitplanung untersagen zu wollen, sondern in dem Hinweis auf die Folgen für Infrastruktur und Finanzen der Stadt. An die Formulierung des Bürgerbegehens dürften auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Da sich das Begehren nicht gegen die Bauleitplanungen richte, sei es nicht verfristet.

Mit Bescheid vom 07. Juli 2005 erklärte der Beklagte das Bürgerbegehren für unzulässig. Es greife der Ausschlussgrund des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO. Das tatsächliche Ziel des Bürgerbegehrens, das nach dem objektiven Erklärungsgehalt zu ermitteln sei, sei die Verhinderung der Wohnbebauung gemäß dem Bebauungsplan Nr. 71, auch wenn die im Bürgerbegehren gestellte Frage isoliert betrachtet ausschließlich einen Verzicht auf den Verkauf der entsprechenden städtischen Grundstücke betreffe. Entscheidend sei, dass sich die Begründung des Bürgerbegehrens ihrem Wortlaut und Sinngehalt nach ausschließlich auf die befürchteten Folgen einer entsprechenden Bebauung beziehe. Die Begründung erwecke deshalb bei dem möglichen Unterzeichner den Eindruck, im Falle eines Bürgerentscheides über die Bebauung oder Nichtbebauung abzustimmen und damit die angeführten Folgen verhindern zu können.

Der bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingebrachte Einwand, eine etwaige Bebauung des Geländes hänge nicht notwendigerweise vom Verkauf der Grundstücke ab, sondern könne vielmehr auch von der Stadt selbst - etwa durch die Vergabe von Erbbaurechten - betrieben werden, ändere die Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht. Denn das Bürgerbegehren sei seinem objektiven Sinngehalt nach erkennbar ausschließlich auf eine generelle Verhinderung der Bebauung des "Steinfelder Redders" gerichtet.

Im Übrigen sei das Bürgerbegehren auch verfristet. Mit der Einreichung des Bürgerbegehrens am 14. April 2005 sei die 6-Wochen-Frist nach § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO nicht gewahrt.

Das notwendige Quorum für ein Bürgerbegehren von 10 v.H. der wahlberechtigten Bürger sei erfüllt. Da die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wegen des Ausschlussgrundes des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO und einer Verfristung nach § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO scheitere, könne die Frage der Zulässigkeit des Kostendeckungsvorschlages dahinstehen.

Gegen diesen, den Klägern am 11. Juli 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die am 09. August 2005 erhobene Klage.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. August 2005 ist die Beiladung der Stadt Bad Oldesloe erfolgt.

Die Kläger haben erneut geltend gemacht, das Bürgerbegehren richte sich nicht gegen die Bauleitplanung der Beigeladenen, sondern verfolge nur einen Verzicht des Verkaufs von Grundstücken. In der Begründung werde keineswegs primär auf die Nutzung der Flächen, sondern insbesondere auf die Folgen für die Infrastruktur und Lebensqualität im Stadtgebiet der Beigeladenen verwiesen. Es liege auch kein Ausschlussgrund nach § 16 g Abs. 2 Nr. 3 GO (wie in dem Rechtsgutachten von Prof. Dr. von Mutius angenommen) vor. Gegen eine extensive Auslegung der Ausschlussgründe spreche, dass ansonsten kaum noch Bürgerentscheide denkbar wären, die nicht zumindest mittelbar Konsequenzen für das Haushaltsrecht hätten, was zur Folge hätte, dass dann alle Bürgerentscheide per se unzulässig seien.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 07. Juli 2005 zu verpflichten, das Bürgerbegehren "Soll die Stadt Bad Oldesloe auf den Verkauf ihrer Grundstücke beiderseits des Steinfelder Redders - zwischen Bahntrasse und B 75 - verzichten?" für zulässig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 07. Juli 2005 Bezug genommen.

Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vertiefend ausgeführt, für den Wohnbauentwicklungsbedarf der Beigeladenen stehe nur der "Steinfelder Redder" im Eigentum der Beigeladenen und nur er sei daher einer schnellen Überplanung und Verwirklichung eines Baugebietes zugänglich. Das Gebiet liege verkehrsgünstig und runde das "Weichbild" der Beigeladenen ideal ab, das an dieser Stelle "wie ein Tortenstück" ausgeschnitten sei. Zu Recht habe der Beklagte das Vorliegen des Ausschließungsgrundes des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO bejaht. Die Aufstellung von Bauleitplänen sei eine der Gemeinde bundesrechtlich zugewiesene Aufgabe, die in einem umfassenden Planungs- und Abwägungsprozess alle öffentlichen und privaten Belange sorgfältig zu ermitteln und gerecht gegeneinander abzuwägen habe. Ein solcher komplexer Vorgang könne im Rahmen einer Volksabstimmung nicht geleistet werden. Die Zulassung eines Bürgerbegehrens im Zusammenhang mit der Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen müsse zwangsläufig mit Bundesrecht kollidieren. Dies vermeide das Gesetz durch die Bestimmung des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO. Der beantragte Bürgerentscheid solle aber gerade ein solcher über die Aufstellung von Bauleitplänen sein. Die nunmehr von den Klägern gewählte Fragestellung vermeide nur vordergründig einen Zusammenhang zwischen Bürgerentscheid und laufendem Bauleitverfahren. Bei einem Veräußerungsverbot erweise sich die Planung mit § 1 Abs. 3 BauGB als unvereinbar, da sie nicht mehr vollzugsfähig wäre mit der Folge, dass die Bauleitplanung für dieses Gebiet aufgegeben werden müsse. Da sich das Bürgerbegehren tatsächlich gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes richte, sei auch die 6-Wochen-Frist des § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO deutlich überschritten. Das Bürgerbegehren verstoße auch gegen § 16 g Abs. 2 Nr. 3 GO. Die Kommunalaufsicht habe schon mit Erlass zum Haushalt 2001 darauf hingewiesen, dass die Haushaltskonsolidierungsbemühungen der Beigeladenen nicht ausreichten. 2004 und 2005 sei der Haushalt deswegen sogar nur teilweise genehmigt worden. Die Mehrheitsfraktion im Stadtrat der Beigeladenen verfolge u.a. mit der Verwirklichung des Baugebietes Nord-Ost (Steinfelder Redder) und der erwarteten Erlöse von 11 Millionen Euro (Gesamteinnahmen abzüglich Gesamtausgaben verteilt auf die Jahre 2006 bis 2011) eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung.

Durch Urteil vom 30. März 2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Bürgerbegehren sei gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 6 GO unstatthaft. Das eigentliche Ziel des Begehrens sei, die Bebauung des Gebietes zum Bebauungsplan Nr. 71 zu verhindern. Dies ergebe sich aus dem objektiven Erklärungsgehalt der Fragestellung aus dem Blickwinkel des unterstützenden Bürgers in Verbindung mit der Begründung des Bürgerbegehrens. Entgegen der Auffassung des OVG Schleswig (Urt. v. 19.12.2005, - 2 LB 29/05 -) könne nicht lediglich eine isolierte Betrachtung der Fragestellung des Bürgerbegehrens erfolgen, da eine isolierte Betrachtung keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, welche Bedeutung der Verkauf der streitigen Grundflächen für das Wohl der Allgemeinheit habe. Der objektive Erklärungsgehalt der streitigen Fragestellung lasse das eigentliche Anliegen des Bürgerbegehrens offen, nämlich die Folgen des Eigentumswechsels. Hierauf gebe erst die Begründung eine Antwort. Daraus werde aber deutlich, dass mit der Verhinderung des Grundstücksverkaufs die Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 71 unmöglich gemacht werden solle. Die Verfristung komme, da das Bürgerbegehren nach § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig sei, nicht mehr zum Tragen. Ob dem Bürgerbegehren der Ausschlusstatbestand des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GO entgegenstehe, weil mit dem Grundstücksverkauf finanzwirksame Angelegenheiten der Beigeladenen berührt werden, könne wegen der Einschlägigkeit von Nr. 6 der Vorschrift auf sich beruhen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zugelassene und von den Klägern am 08. Mai 2006 eingelegte Berufung.

Die Kläger führen zur Begründung aus, das Bürgerbegehren beziehe sich allein auf den Verkauf der Fläche, die Gegenstand des Aufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan Nr. 71 sei. Die Statthaftigkeit des Bürgerbegehrens ergebe sich allein aus dem Antrag, nicht aus der Begründung. Diese Sichtweise entspreche auch der vom Oberverwaltungsgericht geäußerten Rechtsauffassung im Urteil v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 -. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Bebauungsplan Nr. 71 in der jetzigen Form nicht mehr vollzugsfähig sei. Es sei ohne weiteres möglich, an den relevanten Flächen Erbbaurechte zu begründen und die Flächen - sodann entsprechend den Vorschriften der Erbbaurechtsverordnung - zu bebauen. Anders als in dem der Entscheidung des Senats vom 19. Dezember 2005 (2 LB 19/05) zugrunde liegenden Sachverhalt sei das Bürgerbegehren nicht wegen der Begründung unzulässig. Antrag und Begründung wichen nicht voneinander ab.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 30. März 2006, Az. 6 A 278/05, zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07. Juli 2005 zu verpflichten, das Bürgerbegehren über die Frage "Soll die Stadt Bad Oldesloe auf den Verkauf ihrer Grundstücke beiderseits des Steinfelder Redders - zwischen Bahntrasse und B 75 - verzichten?" für zulässig zu erklären.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Beide verweisen darauf, es könne dahinstehen, ob die Unzulässigkeit aus § 16 Abs. 2 Nr. 6 GO folge, weil sich das Bürgerbegehren letztlich gegen die Bauleitplanung der Beigeladenen richte (so das angefochtene Urteil), oder ob in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats die in § 16 g Abs. 3 Satz 4 GO geforderte sachbezogene Begründung fehle.

Die Beigeladene führt ergänzend aus, mit der neuen Fragestellung sei lediglich ein Weg gesucht worden, um das bis dahin unzulässige Bürgerbegehren durchführen zu können. Ein "Wechsel der Ziele" sei damit nicht verbunden.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben vorgelegen. Auf sie und die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Die im eigenen Namen handelnden Kläger sind beteiligungsfähig, § 61 Nr. 1 VwGO.

Die Verpflichtungsklage ist nach § 42 Abs. 1, 2. Alternative VwGO die statthafte Klageart, da die Kläger eine für sie positive Entscheidung des Beklagten als Kommunalaufsichtsbehörde nach § 16 g Abs. 5 Satz 1 GO über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens anstreben.

Die Kläger sind als Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens und Adressaten des Bescheides vom 07. Juli 2005 nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.

Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedurfte es nicht, da die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO erfüllt sind. Es wird der Erlass eines Verwaltungsaktes von einer obersten Landesbehörde begehrt, und zwar von dem Beklagten als Kommunalaufsichtsbehörde der Beigeladenen, § 121 Abs. 2 GO.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 07. Juli 2005 ist rechtmäßig.

Gemäß § 16 g Abs. 5 Nr. 1 GO hat der Beklagte über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu entscheiden. Die Kläger haben als Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens einen formwirksamen Antrag nach § 16 g Abs. 3 Satz 1 GO bei der Beigeladenen gestellt. Das Quorum des § 16 g Abs. 4 GO ist erfüllt. Das Bürgerbegehren ist in gültiger Weise von 2.120 Bürgern/Bürgerinnen der Beigeladenen und damit von mindestens 10 % der Bürger bzw. Bürgerinnen unterzeichnet worden (wahlberechtigt zur letzten Gemeindewahl waren 18.445 Personen; das erforderliche Quorum betrug daher 1.845). Dies hat der Beklagte nach § 16 g Abs. 5 Satz 1 GO i.V.m. § 7 Abs. 6 DVO-GO zu Recht festgestellt.

Die Frage betrifft eine wichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde im Sinne des § 16 g Abs. 3 Satz 1 GO. Wenn auch nicht eines der in § 16 g Abs. 1 Satz 2 GO aufgeführten Beispiele erfüllt ist, so ist dennoch der Verzicht auf den Verkauf einer Fläche in dieser Größe, die zur Bebauung ansteht, eine Selbstverwaltungsaufgabe mit erheblicher Bedeutung für die Gemeinde (vgl. zur Abgrenzung der wichtigen Angelegenheit OVG Greifswald, Beschluss v. 24.07.1996, - 1 M 43/96 -, NVwZ 1997, 306, 307); Schliesky, Kommunalschriften Schleswig-Holstein, Bürgerentscheid und Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein, Band 5, 1998, § 16 g Rdnr. 14 ff). Anders als in anderen Bundesländern (vgl. etwa OVG Koblenz, Urteil v. 25.11.1997, - 7 A 12417/96 -, NVwZ 1998, 425) ist der Katalog des § 16 g Abs. 1 Satz 2 GO nicht abschließend (vgl. Schliesky, a.a.O., § 16 g Rdnr. 13), wie durch das Wort "insbesondere" deutlich gemacht wird.

Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 6 GO unstatthaft. Die Regelungen des § 16 g Abs. 2 GO schließen nicht nur Bürgerentscheide zu bestimmten Angelegenheiten aus, sondern sind bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidungserheblich (OVG Schleswig, Urt. v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 -, zitiert in sh.juris.de; Schliesky, a.a.O., § 16 g Rdnr. 144). Das Bürgerbegehren ist nach § 16 g Abs. 3 Satz 1 GO ein Antrag auf einen Bürgerentscheid und muss, um zulässig zu sein, den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, § 7 Abs. 5 Satz 3 DVO-GO. Damit muss es auch mit § 16 g Abs. 2 GO vereinbar sein. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfes zu dieser Vorschrift sollen Aufgaben, bei denen eine bürgerschaftliche Entscheidung nicht möglich oder unzweckmäßig ist oder die Gefahr einer unsachlichen Entscheidung bestehen kann, von vornherein ausgeschlossen werden. Ein Bürgerentscheid findet daher nicht statt über die Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen, § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO. Nach der Begründung zu dem vom Wortlaut her identischen § 16 g Abs. 2 Nr. 5 GO in der am 01. April 1990 in Kraft getretenen, ursprünglichen Fassung (GVOBl. Schl.-H., 1990, S.134) ist ein Bürgerentscheid, soweit es um Bauleitpläne geht, nicht zulässig, da in solchen Fällen vorrangig am Gemeinwohl orientierte Entscheidungen der Gemeindevertretung den Belangen der Gemeinde am ehesten gerecht werden können (Begründung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung v. 28.11.1989, LT-Drs. 12/592, S. 49; vertiefend insoweit Urt. des Senats v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 - ,a.a.O.).

Der Ausschlusstatbestand des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO erfasst aber nicht das hier zur Überprüfung gestellte Bürgerbegehren. Zwar ist nach § 7 Abs. 9 Satz 2 DVO-GO ein Bürgerbegehren auch dann gegen den Beschluss der Gemeindevertretung gerichtet, wenn es den Beschluss nicht ausdrücklich erwähnt, sondern in positiver Formulierung ein anderes Vorhaben anstelle des von der Gemeindevertretung beschlossenen Vorhabens anstrebt. Diese im Zusammenhang mit der Frist des § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO stehende Vorschrift ist auch für die Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob der Tatbestand des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO erfüllt ist, denn die dort genannten Vorgänge erfordern entsprechende Beschlüsse der Gemeindevertretung. Entsprechend richtet sich ein Bürgerbegehren auch dann gegen den Beschluss einer Gemeindevertretung, wenn sich das Bürgerbegehren inhaltlich auf einen Beschluss der Gemeindevertretung bezieht und seiner Zielsetzung nach auf eine Korrektur dieses Beschlusses ausgerichtet ist (Senat in ständiger Rechtsprechung; vgl. Beschluss des Senats v. 17.12.1991, - 2 L 319/91 -, Die Gemeinde 1992, 292 ff; Urt. des Senats v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 -, a.a.O.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.12.2004, - 10 LA 84/04 -; im Anschluss an VG Braunschweig, Urt. v. 27.05.2004, - 1 A 103/04 -).

Maßgebend für die Ermittlung der wahren Zielrichtung ist der objektive Erklärungsgehalt des Bürgerbegehrens, wie er in dessen Formulierung zum Ausdruck gebracht und dem unterstützenden Bürger verständlich wird (OVG Schleswig, Beschl. v. 17.12.1991, - 2 L 319/91 -, a.a.O.; OVG Schleswig, Urt. v. 21.06.1995, - 2 L 256/92 -; Urt. v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 , a.a.O. und - 2 LB 29/05 - auch in sh.juris.de., letzteres unter Verweis auf Hager, Rechtspraktische und rechtspolitische Notizen zum Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, VerwArch 84 (1993), 97, (110); VG Schleswig, Urt. v. 29.04.1993, - 6 A 614/92 -; VG Schleswig, Urt. v. 31.10.1996, - 6 A 172/96 -). Ein Bürgerbegehren, das nach seinem objektiven Erklärungsgehalt letztlich die Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen zum Gegenstand hat, ist folglich so formuliert, dass der durch das Begehren angestrebte Zustand der Bauleitplanung widerspricht. Daher ist z.B. ein Begehren für unstatthaft gehalten worden, das die Erhaltung einer Fläche als Parkanlage und Erholungsfläche für die Bürgerinnen und Bürger anstrebte und damit den Gegenstand "Aufstellung eines Bebauungsplanes" betraf und mit dem angestrebten Zustand (Erhalt der Parkanlage) der Bauleitplanung widersprach (VG Braunschweig, Urt. v. 27.05.2004, a.a.O. und OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.12.2004, a.a.O.).

Anders ist hingegen der Fall zu beurteilen, wenn sich der durch das Bürgerbegehren angestrebte Zustand und ein Bebauungsplan zur Errichtung baulicher Anlagen nicht gegenseitig ausschließen und nur eine tatsächliche Beziehung des Bürgerbegehrens zur Bauleitplanung besteht. In einem solchen Fall ist zwar einzuräumen, dass ein erfolgreiches Bürgerbegehren die weiteren Planungen der Gemeinde im Tatsächlichen beeinflussen kann. Damit wird das Bauleitverfahren aber noch nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens nach § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO. Der Gemeinde bliebe es nämlich unbenommen, die Bauleitplanung unabhängig vom Ausgang des Bürgerbegehrens weiterzuführen.

Maßgebend ist auch in einem solchen Fall der objektive Erklärungsgehalt der Fragestellung und nicht - wie das Verwaltungsgericht annimmt -, das eigentliche Ziel des Bürgerbegehrens, das sich nur in Verbindung mit der Begründung feststellen lasse. Insoweit bleibt der Senat im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung (Urteile vom 19.12.2005, - 2 LB 19/05 und 2 LB 29/05 - , a.a.O.) dabei, dass es in Fällen wie diesem einer Auslegung der Fragestellung unter Heranziehung der Begründung nicht bedarf, um den objektiven Erklärungsgehalt des Bürgerbegehrens zu ermitteln. Maßgebend sind nicht die aus der Sicht der Initiatoren mit ihrer Fragestellung verfolgten Zwecke und Ziele, sondern - wie oben festgestellt - der objektive Erklärungsgehalt der Fragestellung aus dem Blickwinkel des unterstützenden Bürgers. Eine Auslegung der Fragestellung ist erst nötig, wenn der Wortlaut der Fragestellung auslegungsbedürftig wäre. Eine solche Auslegungsbedürftigkeit besteht hier jedoch nicht, weil der Wortlaut eindeutig ist. Der objektive Erklärungsgehalt der Fragestellung ist allein auf den Verzicht der Veräußerung von Grundstücken gerichtet und berührt - für sich betrachtet - die Bauleitplanung der Beigeladenen nicht. Der Bebauungsplan Nr. 71 könnte - rechtlich betrachtet - auch dann umgesetzt werden, wenn die Beigeladene auf die Veräußerung ihrer Grundstücke in diesem Gebiet verzichtet. Dabei kann dahinstehen, ob die Bestellung von Erbbaurechten - wie sie die Kläger selbst in Erwägung zieht - als mit dem (erfolgreichen) Bürgerentscheid gegen den "Verkauf" der Grundstücke unvereinbar anzusehen wäre. Jedenfalls könnte die Beigeladene die Grundstücke selbst bebauen und die Gebäude vermieten. Damit ist das Bürgerbegehren nicht nach § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO unstatthaft.

Für einen ähnlichen Fall, in dem es um den "Verzicht auf Erwerb von Grundstücken" ging, hat der Senat entschieden, dass sich die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens dann aber aus einer mangelhaften Begründung nach § 16 g Abs. 3 Satz 4 GO ergeben kann (Urt. des Senats v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 -, a.a.O.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Dies führt dazu, dass das Bürgerbegehren vorliegend wegen mangelhafter Begründung unzulässig ist. Das in § 16 g Abs. 3 Satz 4 GO normierte Erfordernis einer Begründung ist nicht schon dann erfüllt, wenn überhaupt eine Begründung abgegeben wird. Die vorgeschriebene Begründung soll einerseits die Bürgerschaft zu einer sachlichen und inhaltlichen Auseinandersetzung veranlassen, andererseits der Gemeindevertretung das begehrte Anliegen zweifelsfrei deutlich machen (amtl. Begr. LT-Drs. 12/592, S. 50). Dieser Zweck kann nur erfüllt werden, wenn die Begründung zum einen die für sie tragenden Tatsachen im Wesentlichen richtig wiedergibt und zum anderen das Ziel und die Beweggründe des Bürgerbegehrens deutlich zum Ausdruck kommen (Urt. des Senats v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 -, a.a.O., m.w.N.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Begründung zwar nicht überspannt werden. Ein Bürgerbegehren ist aber dann wegen mangelnder Begründung unzulässig, wenn diese als Täuschung des Bürgerwillens erscheint und nach den Maßstäben zur Beurteilung einer unzulässigen Wahlbeeinflussung als nicht mehr hinnehmbar anzusehen wäre (Schliesky, a.a.O., § 16 g Rdnr. 116 m.w.N.). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die zur Begründung angeführten Argumente zwar die eigentlichen Motive des Begehrens aufführen, aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nichts gemein haben und sie dadurch verfälschen (Urteile des Senats v. 19.12.2005, - 2 LB 19/05 u. 2 LB 29/05 -, a.a.O.). So liegt der Fall hier.

Die zur Begründung des Bürgerbegehrens aufgeführten Argumente zeigen die eigentliche Motivation des Begehrens auf, haben aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage "Soll die Beigeladene auf den Verkauf der Grundstücke verzichten" nichts gemein und verfälschen sie dadurch. Indem in der Begründung des Bürgerbegehrens darauf verwiesen wird, dass der "Verkauf der Knick- und Waldlandschaft zu Wohnzwecken" zur Überlastung von Schulen, Sportstätten und der weiteren Infrastruktur führen und in der Konsequenz die Lebensqualität im Gemeindegebiet der Beigeladenen beeinflussen werde, werden u.a. Abwägungskriterien im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 1, 3 und 9 BauGB genannt, die unabhängig von der Eigentumslage der Grundstücke ausschließlich das Bauleitverfahren betreffen. Der Verkauf der Grundstücke soll daher nicht etwa aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, sondern allein wegen der besonderen Lage der Grundstücke im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 71, dessen Aufstellung am 10. November 2004 (erneut) beschlossen wurde und dessen amtliche Bekanntmachung am 03. März 2005 im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einreichen des Bürgerbegehrens erfolgte. Anders als die Fragestellung ist die Begründung folglich gegen die Bauleitplanung der Beigeladenen gerichtet, da im Falle eines Verzichts auf den Verkauf der Grundstücke der Bebauungsplan Nr. 71 voraussichtlich nicht mehr umgesetzt würde. Wer der gegebenen Begründung folgt, wendet sich somit nicht eigentlich gegen den beabsichtigten späteren Verkauf der gemeindeeigenen Grundstücke, sondern gegen die Bauleitplanung der Beigeladenen, die die Errichtung einer Neubausiedlung zum Ziel hat. Die Begründung des Bürgerbegehrens gibt damit keine Begründung, die mit der Fragestellung zusammenhängt, warum die Beigeladene auf den Verkauf der maßgeblichen Grundstücke verzichten soll. Sie steht somit nicht in erkennbarem Zusammenhang mit der Abstimmungsfrage. Damit hat die Begründung mit der zur Entscheidung gestellten Frage nichts gemein und verfälscht diese dadurch. Der abstimmende Bürger wird durch die mit der Fragestellung nicht übereinstimmenden Begründung bei seiner Willensbildung irregeleitet. Damit ist das zur Abstimmung gestellte Bürgerbegehren nicht nach § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO unstatthaft, aber wegen Verfälschung der Abstimmungsfrage unzulässig.

Hingegen ist das Bürgerbegehren nicht schon verfristet. Da es wegen der mangelhaften Begründung unstatthaft ist, und sich - wie festgestellt - nicht gegen die Bauleitplanung richtet, ist es nicht gegen die Beschlüsse der Beigeladenen zur diesbezüglichen Bauleitplanung gerichtet, so dass die in § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO bestimmte Ausschlussfrist keine Anwendung findet.

Das Bürgerbegehren ist aber auch mangels eines § 16 g Abs. 3 Satz 4 2. HS. GO entsprechenden Kostendeckungsvorschlages unzulässig.

Nach dieser Vorschrift muss das Bürgerbegehren einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Die Forderung eines Finanzierungsvorschlages nach den gesetzlichen Bestimmungen soll den Bürgerinnen und Bürgern die Selbstverantwortung für die finanzielle Deckung der begehrten Maßnahme deutlich machen (amtl. Begr. LT-Drs. 12/592, S. 50). Sinn und Zweck dieses Kostendeckungsvorschlages liegen darin, die Bürger zu einem verantwortungsvollen Gebrauch ihrer Entscheidungsmacht im Hinblick auf den gemeindlichen Haushalt zu veranlassen. Die Pflicht zur Unterbreitung eines Kostendeckungsvorschlages verdeutlicht somit, dass mit der Entscheidungsbefugnis insoweit auch die finanzielle Verantwortung für den gemeindlichen Haushalt von der Gemeindevertretung auf die Bürger übergeht (Schliesky, a.a.O., § 16 g Rdnr. 118). § 7 Abs. 2 DVO-GO ergänzt vor diesem Hintergrund die gesetzliche Regelung dahingehend, dass der Kostendeckungsvorschlag auch die voraussichtlich zu erwartende Kostenhöhe und die eventuellen Folgekosten der verlangten Maßnahme enthalten muss. Das Bürgerbegehren enthält als Kostendeckungsvorschlag, die bisher angefallenen Planungskosten durch den Verkauf des für den Brückenbau freigehaltenen Grundstückes am Fuchsberg zu decken. Dieser Kostenvoranschlag entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen, da es hier nicht darum geht, die Kosten der angefangenen Planung aufzufangen, sondern der Kostendeckungsvorschlag müsste darlegen, wie die Beigeladene die Einnahmeverluste aus den geplanten Verkäufen der Grundstücke auffangen bzw. eventuell zu zahlende Zinsen aufbringen könnte, wenn die fehlenden Einnahmen durch Darlehen ersetzt werden müssten.

Soweit die Kläger in dem Anschreiben vom 14.04.2005 zum Kostendeckungsvorschlag anführen, dass die von der Beigeladenen für den Fall der Wohnbebauung aufzubringenden Erschließungs- und sonstigen Folgekosten von einem voraussichtlichen Veräußerungserlös nicht gedeckt würden und dass der Beigeladenen durch ein erfolgreiches Bürgerbegehren sogar noch Kosten erspart würden, reicht dies ebenfalls nicht aus, um dem Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages Genüge zu tun. Diese Argumente entbehren nicht nur inhaltlich jeder Grundlage. Sie sind auch zeitlich zu spät nachgeschoben worden. Dies folgt aus § 16 g Abs. 3 Satz 4 2. HS. GO und aus § 16 g Abs. 4 GO, wonach das Bürgerbegehren den Kostendeckungsvorschlag enthalten und von mindestens 10. v. H. der Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet sein muss. Diese Vorschriften sind dahingehend zu verstehen, dass das Bürgerbegehren einschließlich des Kostendeckungsvorschlages von den Bürgerinnen und Bürgern zu unterzeichnen sind. Dafür spricht auch der bereits genannte Sinn und Zweck dieser Vorschrift, nach dem sich die Bürger bei Unterzeichnung des Begehrens über die finanziellen Auswirkungen ihres Begehrens im klaren sein sollen. Nur derjenige kann verantwortungsvoll entscheiden, der über die finanziellen Auswirkungen der Maßnahme informiert ist (Beschluss des Senats vom 17.12.1991, - 2 L 319/91-, a.a.O.). Sofern den Initiatoren eines Bürgerbegehrens die dafür erforderlichen Kenntnisse fehlen, haben sie ggf. zuvor bei der Gemeinde entsprechende Informationen darüber einzuholen (vgl. Schliesky, a.a.O., § 16 g Rdnr. 120).

Es ist fraglich, ob das Bürgerbegehren auch wegen des Ausschlussgrundes des § 16 g Abs. 2 Nr. 3 GO unstatthaft ist. Diese Vorschrift nimmt bestimmte finanzwirksame Angelegenheiten von der Bürgerentscheidsfähigkeit aus, und zwar ausdrücklich die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, ferner die kommunalen Abgaben sowie die privatrechtlichen Entgelte. Sinn und Zweck dieses Ausschlussgrundes liegen nach der Gesetzesbegründung darin, dass die Verantwortung für die Gemeindefinanzen bei der Gemeindevertretung verbleiben soll (amtl. Begr. LT-Drs. 12/592, S. 49). Hieraus und aus der Tatsache, dass trotz enumerativer Aufzählung "bei näherem Hinsehen" auffalle, dass alle gemeindlichen Einnahmemöglichkeiten erfasst seien, wird gefolgert, dass alle finanziellen Angelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgenommen seien. Allerdings sei für die Erfüllung dieses Ausschlusstatbestandes nicht ausreichend, dass der Abstimmungsgegenstand auch finanzielle Auswirkungen habe (Schliesky, a.a.O. § 16 , Rdnr. 51). Gegen diese Auffassung spricht, wie Schliesky selbst anmerkt, dass dann wesentliche Anwendungsfelder des Bürgerentscheides ausgenommen wären. Dies lässt Bedenken gegen eine derartig weite Auslegung dieser Vorschrift aufkommen, zumal die Vorschrift des § 16 g Abs. 3 Satz 4 2. HS. GO mit dem Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages, der den Bürgern die Verantwortung für den Gemeindehaushalt deutlich machen soll, die sie mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens übernehmen, darauf schließen lässt, dass ein Bürgerbegehren sehr wohl finanzwirksame Haushaltsangelegenheiten betreffen kann. Angesichts der bereits festgestellten Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens kann der Senat hier aber die Frage, ob und ggfs. wann auch der Ausschlussgrund des § 16 g Abs. 2 Nr. 3 GO greift, offen lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene sich durch die Stellung eines eigenen Sachantrages am Prozessrisiko beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht bestehen.

Ende der Entscheidung

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