Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.10.2004
Aktenzeichen: 3 LB 120/03
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 LB 120/03

verkündet am 29.10.2004

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Beförderung

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2004 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 18. August 2003 geändert.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Oberfinanzdirektion Kiel vom 14. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 rechtswidrig war.

Die Beklagten tragen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der bei dem Beklagten zu 2) beschäftigte Kläger wurde mit Wirkung vom 01. Dezember 1998 zum Steueroberinspektor ernannt (Besoldungsgruppe A 10 BBesO). In seiner zum 01. März 2001 erstellten Regelbeurteilung hatte der Kläger in der Leistungsbeurteilung einen Zahlenwert von 130 Punkten erreicht.

Mit Bescheid vom 14. Oktober 2002 lehnte die - am 01. September 2003 aufgelöste - Oberfinanzdirektion Kiel den Antrag des Klägers ab, ihn mit Wirkung vom 01. Dezember 2002 zum Steueramtmann (Besoldungsgruppe A 11 BbesO) zu befördern. Dieser Bescheid war darauf gestützt, dass der Kläger die Beförderungsvoraussetzung "Mindestabstandsfrist" zwischen der Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 10 BBesO und der Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 11 BBesO erst zum 01. Februar 2003 erfüllen werde.

Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 19. November 2002 - 11 B 53/02 - den Antrag des Klägers ab, es der Oberfinanzdirektion Kiel im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, 22 namentlich benannte Beamtinnen und Beamte in ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO zu befördern, ohne gleichzeitig auch ihn, den Kläger, in ein derartiges Amt zu befördern. Das sich hieran anschließende Beschwerdeverfahren - 3 M 68/02 - stellte der erkennende Senat mit Beschluss vom 02. Dezember 2002 ein, nachdem die Oberfinanzdirektion Kiel mit Schriftsatz vom 27. November 2002 erklärt hatte, dass der Kläger im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren unter Einweisung in eine freigehaltene Planstelle in das von ihm angestrebte Beförderungsamt befördert werde.

Der gegen den Ablehnungsbescheid vom 14. Oktober 2002 gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2003 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 11. März 2003 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und beantragt,

die seinerzeitige Beklagte (Oberfinanzdirektion Kiel) unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 zu verpflichten, ihn unter Einweisung in die freigehaltene Planstelle auf ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO zu befördern und das allgemeine Dienstalter auf den 01. Dezember 2002 festzusetzen,

hilfsweise,

die seinerzeitige Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 zu verpflichten, über seine Bewerbung um eine Stelle der Besoldungsgruppe A 11 BBesO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die seinerzeitige Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 18. August 2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Sie sei im Hauptantrag unzulässig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beförderung. Hinsichtlich des Begehrens auf Festsetzung des allgemeinen Dienstalters fehle es an einem Rechtsschutzinteresse. Im Hilfsantrag sei die Klage zwar zulässig, aber nicht begründet. Die seinerzeitige Beklagte habe - so das Verwaltungsgericht sinngemäß weiter - die angefochtenen Bescheide zu Recht darauf gestützt, dass der Kläger die Beförderungsvoraussetzung "Mindestabstandsfrist" am 01. Dezember 2002 noch nicht erfüllt gehabt habe. Die von der seinerzeitigen Beklagten zugrunde gelegte Frist sei mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zu 1) die in Ziffer 4.1 der Leistungs- und Beförderungsgrundsätze vom 24. September 1997 (Amtsbl. S. 450) - zuletzt geändert am 31. Oktober 2002 (Amtsbl. S. 722) - geregelten Beförderungsabstandsfristen durch Erlass vom 28. August 2001 - VI 1321 - P 1440 - 086 - (einheitlich um zwei Jahre) verlängert habe. In den Leistungs- und Beförderungsgrundsätzen (a.a.O.) habe die Landesregierung in zulässiger Weise eine generalisierende Interpretation der einzelnen Merkmale des Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen. Diese Grundsätze stellten norminterpretierende, ermessensbindende Verwaltungsvorschriften dar, die keinen Rechtsnormcharakter besäßen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen dieses dem Kläger am 03. September 2003 zugestellte Urteil zugelassen.

Der Kläger hat am 26. September 2003 Berufung eingelegt und macht zur Begründung sinngemäß geltend, die Oberfinanzdirektion Kiel sei in ihrem Bescheid vom 14. Oktober 2002 fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er die Beförderungsvoraussetzung "Mindestabstandsfrist" am 01. Dezember 2002 nicht erfüllt gehabt habe.

Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2004 hat der Kläger die zunächst gegen die Oberfinanzdirektion Kiel und sodann gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage erweitert und nunmehr auch gegen den Beklagten zu 2) gerichtet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 18. August 2003 zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid der Oberfinanzdirektion Kiel vom 14. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 10. Februar 2003 rechtswidrig war.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Klageerweiterung nicht für sachdienlich. Im Übrigen verteidigen die Beklagten das erstinstanzliche Urteil. Schließlich weist der Beklagte zu 1) darauf hin, dass die für den Beförderungsstichtag 01. Dezember 2002 ausgewählten Beamtinnen und Beamten ausnahmslos zum Beförderungsstichtag befördert worden seien. Sollte der Kläger im Hauptsacheverfahren obsiegen, würde er nach Eintritt der Rechtskraft unverzüglich befördert werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - diese haben dem Senat vorgelegen - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig.

Die Einbeziehung des Beklagten zu 2) in das Verfahren ist sachdienlich und stellt daher eine zulässige Klageänderung dar (vgl. § 91 Abs. 1 VwGO). Denn nach Auflösung der Oberfinanzdirektion Kiel steht die Beförderungsbefugnis insoweit nunmehr den Finanzämtern zu.

Richtige Klageart ist die in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geregelte Fortsetzungsfeststellungsklage. Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass ein Verwaltungsakt, der sich erledigt hat, rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Vorschrift ist nicht nur dann anwendbar, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt hat, sondern (entsprechend) auch dann, wenn die Erledigung bereits vor Klageerhebung eingetreten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rn. 99). Die angefochtenen Bescheide haben sich vor Klageerhebung erledigt. Diese Bescheide betrafen allein den auf den Beförderungsstichtag 01. Dezember 2002 bezogenen Beförderungsantrag des Klägers. Die Erledigung ist eingetreten, weil die Beförderung einer Beamtin oder eines Beamten gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 LBG einer Ernennung bedarf und nach § 13 Abs. 3 Satz 3 LBG eine Ernennung zu einem zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig und insoweit unwirksam ist (und die für den Beförderungsstichtag 01. Dezember 2002 ausgewählten Beamtinnen und Beamten ausnahmslos zu diesem Tag befördert worden sind). Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung. Denn die Oberfinanzdirektion Kiel und der Beklagte zu 1) haben erklärt, den Kläger im Falle eines rechtskräftigen Obsiegens im Hauptsacheverfahren zu befördern.

Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid der Oberfinanzdirektion Kiel vom 14. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 10. Februar 2002 war rechtswidrig.

Entgegen der in den genannten Bescheiden vertretenen Ansicht hatte der Kläger die Beförderungsvoraussetzung "Mindestabstandsfrist" am Beförderungsstichtag 01. Dezember 2002 erfüllt. Nach Ziffer 4.1 der Leistungs- und Beförderungsgrundsätze (aaO) beträgt die Mindestfrist zwischen der Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 10 BBesO und der Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 11 BBesO zwei Jahre. Diese Mindestfrist ist mit Zustimmung der Staatskanzlei und der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften durch Erlass des Beklagten zu 1) vom 28. August 2001 - VI 1321 - P 1440 - 086 - um zwei Jahre verlängert worden. Es kann auf sich beruhen, wie die sich hieraus ergebende Mindestfrist von insgesamt vier Jahren rechtlich zu beurteilen ist. Denn der am 01. Dezember 1998 zum Steueroberinspektor beförderte Kläger hatte diese Frist am Beförderungsstichtag 01. Dezember 2002 erfüllt.

Die beiden weiteren von der Oberfinanzdirektion Kiel in die Berechnung der Frist einbezogenen Monate sind nicht Teil einer (unabdingbaren) Mindestfrist (insoweit fehlt es nicht zuletzt an der nach Ziffer 4.2 der Leistungs- und Beförderungsgrundsätze, a.a.O., erforderlichen Zustimmung der Staatskanzlei sowie dem Benehmen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften). Vielmehr sind diese beiden Monate in den Beförderungsrichtlinien des Beklagten zu 1) für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer Leistungsbeurteilung von 130 Punkten grundsätzlich als weitere Wartefrist vorgesehen (vgl. Erlass vom 17. Juni 1998 - VI 122 - P 1440 A - 081 -). Dadurch, dass die Oberfinanzdirektion Kiel auch im vorliegenden Zusammenhang von einer (unabdingbaren) Mindestfrist ausgegangen ist, hat sie sich (rechtlich) daran gehindert, die Möglichkeit einer einzelfallbedingten Abweichung von dem letztgenannten Grundsatz überhaupt in Betracht zu ziehen. Ob eine etwaige Neubescheidung unter diesem Aspekt letztlich zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hätte, ist im Rahmen dieses Berufungsverfahrens nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Ende der Entscheidung

Zurück