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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 07.04.2003
Aktenzeichen: 4 A 191/99
Rechtsgebiete: KAG, GG


Vorschriften:

KAG § 3 Abs. 1
GG Art 105 Abs. 2 a
GG Art 3 Abs. 1
GG Art 12 Abs. 1
Die Erhebung der Spielautomatensteuer nach dem pauschalen Stückzahlmaßstab verstößt angesichts der hier festgestellten erheblichen Einnahmeunterschiede gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 4 A 191/99

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Vergnügungssteuer

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 4. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht R., die Richterin am Verwaltungsgericht P., die Richterin am Verwaltungsgericht K., sowie die ehrenamtlichen Richter N. und L. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Steueranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 1997 und der Widerspruchsbescheid vom 14.08.1997 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt in Kiel Spielhallen und hat im Wege der Selbsterklärung Spielautomatensteuer-Anmeldungen für Januar bis Juni 1997 in Höhe von 154.080,00 DM abgegeben. Die Beklagte hat die jeweils eingelegten Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 14.8.1997 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage, mit der die Klägerin geltend macht, die Vergnügungssteuersteuer sei als "Gerätesteuer" verfassungsrechtlich unzulässig, der Maßstab verstoße gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und der Steuersatz sei erdrosselnd.

Im Einzelnen wendet sie ein:

Als örtliche Aufwandsteuer iSv Art. 105 Abs. 2 a GG müsse die Vergnügungssteuer an den konkreten Vergnügungsaufwand des Spielers anknüpfen. Die Erhebung der Steuer bei den Aufstellern der Automaten sei daher systemwidrig. Die von der Rechtsprechung akzeptierte Fiktion der "kalkulatorischen Abwälzbarkeit" der Steuer auf den Spieler lasse sich angesichts der Beschränkungen durch die Spielverordnung (SpielV) nicht mehr aufrechterhalten.

Der Stückzahlmaßstab verstoße gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, sei nicht mehr sachgerecht und daher verfassungswidrig.

Das BVerfG habe in den 60er Jahren den Pauschalmaßstab gebilligt (BVerfGE 14, 76/93), weil der tatsächliche Aufwand, der "zweifellos der sachgerechteste Maßstab sei", sich "nicht oder kaum zuverlässig erfassen" lasse. Die Verhältnisse hätten sich jedoch inzwischen geändert. Die Hersteller von Geldspielautomaten hätten sich 1989 - um einer Regelung des Gesetzgebers zuvorzukommen - verpflichtet, seit dem 1.1.1997 nur noch mit manipulationssicheren Zählwerken ausgestattete Geldspielgeräte auf den Markt zu bringen. Seit 1994 würden die mit dieser Software erstellten Daten der Bemessung der Umsatzsteuer zugrunde gelegt. Es gäbe daher keine überzeugenden Gründe mehr, die Steuer aus Praktikabilitätsgesichtspunkten pauschal zu erheben. Der Aufsteller müsse seine Geräte (für die Umsatzsteuervoranmeldungen) ohnehin monatlich ablesen, es entstehe auch kein gegenüber der Umsatzsteuer erhöhter Kontrollaufwand der Verwaltung. Es sei nicht mehr zu rechtfertigen, dass für ein Geldspielgerät in einer gut florierenden Spielhalle dieselbe Steuer zu zahlen sei wie für ein gleiches Gerät in abgelegener Lage mit geringerem Umsatz.

In seiner Entscheidung vom 22.12.1999 (11 CN 1.99 - NVwZ 2000, 936) habe das BVerwG ausgeführt, dass zwischen dem Maßstab und den konkreten Einspielergebnissen zumindest eine lockere Beziehung bestehen müsse, diese sei bei (den seinerzeit festgestellten) Einspielergebnissen zwischen 2000 und 2500 DM im Monat noch gegeben gewesen. Die Einspieldifferenzen lägen jetzt jedoch erheblich über 25 %. Auch das BVerfG habe darauf hingewiesen, dass die derzeitigen Möglichkeiten, das von den Spielern im Einzelfall aufgewandte Entgelt zu erfassen, zu einer Überprüfung des herkömmlichen Maßstabs führen müsse (B. v. 3.5.2001 - 1 BvR 624/00 -).

Gemäß dem Auflagenbeschluss der Kammer vom 8.12.2000 habe sie - die Klägerin - daher umfangreiches Zahlenmaterial zusammengetragen, aus dem sich ergäbe, dass die monatlichen Einnahmeunterschiede um mehrere 100 % schwankten. Für den Vergleich komme es auf die Unterschiede konkreter Einspielergebnisse an, nicht jedoch auf fiktive Durchschnittswerte, da die Beklagte für jeden einzelnen Aufstellplatz pauschal Vergnügungssteuer nehme.

Die Steuer wirke erdrosselnd, da ein durchschnittlicher Betrieb angesichts der Höhe der Automatensteuer nicht in der Lage sei, eine angemessene Eigenkapitalverzinsung und einen (angemessenen) Unternehmerlohn zu erwirtschaften. Das ergebe sich aus den vorgelegten Gutachten der BDO Deutsche Warentreuhand AG Kiel über die wirtschaftliche Situation des Automatenaufstellgewerbes in Kiel auf der Grundlage einer Auswertung der Wirtschaftsdaten aus den Jahren 1997 bis 2000. Aus den vorgelegten Zahlen gehe hervor, dass der Gewinn durch die Vergnügungssteuer aufgezehrt werde. Ein für das Jahr 2000 in ihrem (der Klägerin) Auftrag durch die Unternehmensberatung Kizina vorgenommener Betriebsvergleich für das Land Schleswig-Holstein mit einer Sonderauswertung für das Gebiet der Beklagten habe ergeben, dass im Durchschnitt der Gewinn durch die Steuer mehr als abgeschöpft worden sei und Verluste entstanden seien. Ohne Berücksichtigung der Vergnügungssteuer hätte ein angemessener Unternehmerlohn und eine Eigenkapitalverzinsung erreicht werden können.

Das FG Münster (Urteil vom 26.10.2001 - 5 K 4280/00 U -) habe in Übereinstimmung mit dem EuGH festgestellt, dass die Erhebung von Umsatzsteuer auf Geldspielgeräte rechtswidrig sei, weil auf sonstiges Glücksspiel (z. B. in Spielbanken) keine Umsatzsteuer erhoben werde. Dies gelte auch für die Vergnügungssteuer. Das staatliche Glücksspiel (in Spielbanken) sei von der Vergnügungssteuer freigestellt. Dies widerspräche der Pflicht zur steuerlichen Neutralität.

Die Klägerin beantragt,

die Vergnügungssteueranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.8.1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend: Der Stückzahlmaßstab sei weiterhin aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt. Die Steuer sei schon immer pauschal erhoben worden. Dieser bewährte Grundsatz müsse nicht aufgegeben werden. Der vom BVerwG geforderte lockere Bezug zwischen dem Maßstab und dem Aufwand des Spielers sei angesichts der kalkulatorischen Abwälzbarkeit gegeben.

Die von der Klägerin geltend gemachten Einnahmeunterschiede seien nicht entscheidungserheblich, weil diese sich über einen längeren Zeitraum ausgleichen würden. Insofern sei es ausreichend, dass die Steuersätze nach Aufstellungsorten differenziert seien. Damit werde der unterschiedlichen Ertragssituation in Gaststätten und Spielhallen ausreichend Rechnung getragen. Wie das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 4.12.2001 (6 A 11301/99) überzeugend dargelegt habe, müsse aus den Einspielergebnissen aller Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit ein Jahresmittelwert gebildet werden. Abweichungen einzelner Ergebnisse von bis zu 50% seien im Hinblick auf die Praktikabilität und den Lenkungszweck verfassungsrechtlich unbedenklich.

Statistikausdrucke könnten mit entsprechender Software manipuliert werden. Es bestehe auch keine Rechtspflicht, eine Zählsoftware zu installieren. Die Einhaltung der 1989 abgeschlossenen "Selbstverpflichtenden Vereinbarung der Hersteller von Unterhaltungsautomaten mit Geldgewinnen und der Verbände der Unterhaltungsautomatenwirtschaft über den Einbau von manipulationssicheren Zählwerken" werde nicht amtlich überwacht. Außerdem seien europäische Aufsteller nicht an die Selbstverpflichtung der deutschen Automatenindustrie gebunden. Bei der Einführung eines an den Einspielergebnissen orientierten Maßstabs entstünde für sie allein durch die Erfassung der erheblich größeren Datenmenge und zusätzlich durch Kontrollen, die angesichts der Manipulationsgefahr notwendig seien, ein unzumutbar hoher Kontrollaufwand, den sie anders als Finanzbehörden mangels geschulten Personals nicht leisten könne. Gegen die Abkehr vom bisherigen Maßstab spreche auch, dass Geräte ohne Gewinnmöglichkeit weiterhin pauschal zu besteuern seien. Eine Orientierung des Maßstabs am Umsatz habe außerdem nicht den gewünschten Lenkungseffekt.

Die von der Klägerin vorgelegten Zahlen seien lediglich Parteivortrag, der einer Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden könne. Insofern sei ein gerichtlich veranlasstes Sachverständigengutachten erforderlich. Außerdem sei das Material unvollständig, nicht repräsentativ und nicht geeignet, die behaupteten Einspieldifferenzen zu belegen. Die vorgelegten Untersuchungen seien auch methodisch falsch.

Aus der von der Klägerin vorgelegten Umsatzentwicklung ergäbe sich , dass die Umsätze ausreichten, um die streitbefangene Steuer aufzubringen, eine erdrosselnde Wirkung somit nicht gegeben sei.

Mit Beschluss vom 8.12.2000 hat die Kammer der Klägerin aufgegeben, monatliche Einspielergebnisse von Geldspielgeräten vorzulegen und zwar (in überprüfbarer Form) von verschiedenen Aufstellern aus dem Gebiet der Beklagten und aus anderen Städten und Gemeinden, für einen repräsentativen Zeitraum (mind. ein Jahr), gegliedert nach Automatentyp und Aufstellungsort. Die Klägerin hat - als K 5 bis K 47 bezeichnete - Zusammenstellungen von Einspielergebnissen, Jahresumsätzen, Umsatzstatistiken, und anderem Zahlenmaterial vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Untersuchungen Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Satzung ist rechtswidrig und damit nichtig. Sie ist daher keine taugliche Rechtsgrundlage für die streitigen Steuerfestsetzungen. Die Steueranmeldungen und der sie bestätigende Widerspruchsbescheid sind daher aufzuheben.

Rechtsgrundlage der Steuerfestsetzung ist die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten v. 24.4.1989 in der Fassung der 6. Nachtragssatzung vom 23.12.1994. Danach ist Steuergegenstand "das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten (Automaten) in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne von § 33 i der Gewerbeordnung, in Gaststätten, Kantinen, Wettannahmestellen, Vereins- und ähnlichen Räumen sowie in sonstigen der Öffentlichkeit zugänglichen Räumen im Gebiet der Landeshauptstadt Kiel". Steuerschuldner ist derjenige, der Automaten aufstellt (Aufsteller, § 3 Abs. 1), die Steuerschuld entsteht mit der Aufstellung des Automaten (§ 2). Die Steuer betrug 1997 je angefangenen Kalendermonat für jeden Automaten für das Halten in Spielhallen

mit Gewinnmöglichkeit 600,00 DM, ohne Gewinnmöglichkeit 200,00 DM, an den übrigen Aufstellungsorten

mit Gewinnmöglichkeit 150,00 DM, ohne Gewinnmöglichkeit 70,00 DM, an allen Orten für Gewaltspielgeräte 600,00 DM.

Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für diese Satzung sind § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 KAG und Art. 105 Abs. 2 a GG. Formelle Mängel sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.

Die Satzung ist allerdings inhaltlich rechtswidrig und damit nichtig, weil der Stückzahlmaßstab den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt (2.). Im Übrigen bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Satzung gegen § 3 Abs. 1 KAG, Art. 105 Abs. 2 a GG verstößt (1.) und (3.) mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist (Erdrosselung). 1) An der finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Steuer bestehen erhebliche Zweifel.

Da die Gemeinden nur zur Erhebung "örtlicher Aufwandsteuern" berechtigt sind (§ 3 Abs. 1, 2 KAG, Art. 105 Abs. 2 a GG), somit nur den von den Spielern betriebenen Aufwand (die Verwendung des Einkommens) besteuern dürfen, die Steuer jedoch bei dem Aufsteller der Automaten erhoben wird, ist die kalkulatorische Abwälzbarkeit eine kompetenzrechtliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit. Diese ist in der Rechtsprechung bislang bejaht worden (BVerfG, Teilurteil vom 10.5.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76, 96; B. v. 1.4.1971 - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8, 20; zuletzt im B. v. 3.5.2001 - 1 BvR 624/00 - zur erhöhten Besteuerung von Gewaltspielautomaten; nach den Feststellungen der Fachgerichte sei die Steuer der Stadt Göttingen im streitigen Zeitraum abwälzbar gewesen; B. v. 1.3.1997 - 2 BvR 1599/89 u.a.: Es gehöre zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer, dass sie steuertechnisch beim Geräteaufsteller erhoben und sodann auf den Konsumenten als Steuerträger überwälzt werde).

Nach dieser Rechtsprechung ist es nicht erforderlich, dass der Unternehmer den Steuerbetrag von dem Spieler wie einen durchlaufenden Posten ersetzt erhält, vielmehr ist es ausreichend, dass der Unternehmer die Steuer in seine Kalkulation einbeziehen und auch dann die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens durch geeignete Maßnahmen - Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - wahren kann. Diese Voraussetzung sei zumindest solange gegeben, wie der Spielereinsatz generell - die Verhältnisse eines einzelnen Aufstellers sind nicht maßgeblich (FG Hamburg, U. v. 19.5.1998 - VII 164/95 -) - nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt, sondern in der Regel auch noch Gewinn abwirft (BVerfG, B.v. 1.4.1971 - aaO -; OVG Schleswig, U. v. 13.2.1992 - 2 L 107/91 - Die Gemeinde 1992, 256). Ausgeschlossen sei eine solche Überwälzbarkeit allerdings dann, wenn sich der Steuerbetrag zusammen mit den sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Geräte nicht mehr aus dem Spielereinsatz decken lässt und daher die Veranstalter zur Zahlung der Steuer ihre Gewinne aus anderen rentablen Betriebssparten verwenden müssen (sogenannte schräge Überwälzung; BVerfG, aaO, S. 22). Die Beschränkungen der SpielV und des Baurechts stehen nach dieser Rechtsprechung einer generellen Abwälzbarkeit nicht entgegen. Die Steuer muss danach nicht an die "Leistungsfähigkeit der Spieler" oder den Umsatz geknüpft werden, eine nach der Stückzahl bemessene Pauschalierung wird aus Praktikabilitätsgründen für zulässig gehalten (BVerwG, B. v. 22.3.1994 - 8 NB 3.93 - KStZ 1994, 234).

Hieran wird kritisiert, es handele sich um eine Fiktion. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass in der SpielV der maximale Einsatz und Gewinn, die Gewinnquote, Zahl der Sonderspiele, die Wahrscheinlichkeit eines spielentscheidenden Ereignisses u.ä. festgelegt seien (§ 13) und außerdem zahlenmäßige Beschränkungen der Aufstellung bestünden, so dass ein Aufsteller auf Veränderungen des Spielverhaltens nicht direkt (für die Spieler spürbar) reagieren könne. Eine Erhöhung der Steuer führte für ihn somit zu erhöhten Kosten und, wenn die Einnahmen nicht entsprechend erhöht werden, zu einer Schmälerung des Gewinns, ohne dass der Spieler betroffen sei. Auch eine Senkung der Kosten schlage sich nur in der Bilanz und nicht beim Spieler nieder (Tiedemann, KStZ 1989, 105). Der Charakter der Aufwandsteuer erfordere es jedoch (eigentlich), dass Veränderungen im Spielerverhalten bzw. der Steuer die den Spieler treffende Steuerlast beeinflussen. Daraus wird der Schluss gezogen, dass die Funktion der Abwälzbarkeit, die Steuer letztlich von demjenigen tragen zu lassen, der sich vergnügt, mit der Rechtsfigur der "kalkulatorischen" Abwälzbarkeit aufgegeben werde (z. B. Kronisch, NVwZ 1990, 322; Tiedemann aaO; Rose, Glorius-Rose, DB 1894: "Leerformel"). Ob die Schlussfolgerung, es handele sich letztlich um eine Gerätesteuer, für die den Gemeinden die Kompetenz fehle (Sipp-Mercier KStZ 1993, 227, 230), berechtigt ist (zweifelnd auch Hess VGH, B.v. 19.7.1993 - 5 N 1359/ 92 - GewArch 1993, 407) kann jedoch offen bleiben. Denn aufgrund der - nicht durch veränderte Tatsachen entfallenen - Bindungswirkung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen (§ 31 Abs. 1 BVerfGG: diese erstreckt sich auch auf die tragenden Entscheidungsgründe; Rennert, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 31 Rn 71 ff) ist davon auszugehen, dass eine (im beschriebenen Sinne) "kalkulatorisch abwälzbare" Steuer den genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Erhebung der Steuer (nicht bei dem Spieler sondern) bei dem Aufsteller der Automaten entspricht.

Es bestehen allerdings erhebliche Zweifel, ob die nach der genannten Rechtsprechung erforderliche kalkulatorische Abwälzbarkeit sich hier (für das Jahr 1997 im Gebiet der Beklagten) feststellen lässt.

Danach ist maßgeblich, ob die Vergnügungssteuer im streitigen Zeitraum generell aus den Einnahmen erwirtschaftet werden konnte. Das ist der Fall, wenn die Kieler Aufsteller 1997 im Durchschnitt kostendeckend arbeiten konnten. Abzustellen ist nicht auf die Klägerin, sondern - da es um die Rechtmäßigkeit der Satzung geht - auf die allgemeine Situation der Automatenbranche in dem betroffenen Zeitraum. Maßgeblich ist somit die durchschnittliche Gewinn-/Verlustsituation in Kiel. Diese lässt sich z. B. aus einer repräsentativen Stichprobe ermitteln.

Nach den Darlegungen der Klägerin und den hierzu getroffenen Feststellungen konnten die Automatenaufsteller 1997 (und später) angesichts der Höhe der Steuersätze nicht mehr kostendeckend wirtschaften.

Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen lässt sich hierzu entnehmen, dass die Vergnügungssteuer 1997 bis 2000 den in Kiel tätigen Automatenunternehmen nahezu den gesamten Gewinn aus der operativen (Kern-)Geschäftstätigkeit abgeschöpft hat und angemessene Geschäftsführergehälter sowie Renditen nicht zu erwirtschaften waren. Nach den beiden gutachtlichen Stellungnahmen der BDO zur wirtschaftlichen Situation im Automaten-Aufstellungsgewerbe in Kiel vom 14.9. und 21.11.2001 (K 23 und K 24) betrug die Vergnügungssteuer 1997 96,2 % und 1998 94,5 % des Ergebnisses vor Vergnügungssteuer. Nach Abzug der Vergnügungssteuer und vor Steuern vom Einkommen und Ertrag betrug der Gewinn eines Unternehmens durchschnittlich nur noch 573,00 DM im Jahr 1997 und 4.647,00 DM im Jahr 1998; 1999 ergab sich ein Verlust von 42.315,00 DM (K 23 S. 13). Bei dieser Berechnung wurden beim Personalaufwand Gehälter für geschäftsführende Gesellschafter nicht berücksichtigt (K 24 S. 3: Gezahlt wurden durchschnittlich 27 TDM pro Spielhalle). Eine Deckung angemessener Geschäftsführergehälter ist danach nicht möglich. Maßstab ist normalerweise das Gehalt eines leitenden Angestellten, das für diese Tätigkeit gezahlt wird (Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 17. Auflage, S. 1235; die BDO, K 23 S. 14, teilt mit, dass nach Erhebungen des Bundesverbandes Automatenunternehmen e.V. der kalkulatorische Unternehmerlohn bei 10 bis 20 Mitarbeitern bei 80.000 DM zuzüglich 20 % Sozialabgaben liege; demnach liegen die hier gezahlten Beträge bei durchschnittlich 3 Spielhallen pro Unternehmen im Bundesdurchschnitt). Auch eine - betriebswirtschaftlich notwendige - angemessene Verzinsung des eingesetzten (betriebsnotwendigen) Kapitals (Wöhe, aaO S. 1232) lässt sich danach offensichtlich nicht erwirtschaften. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Kizina in ihren Untersuchungen zur Situation der Münzspielbranche in S-H, Betriebsvergleich 2000 (K 31), und zur Einnahmesituation der Münzspielbranche in S-H, Blitzumfrage (K 37): Danach betrugen in Kiel im Jahr 2000 die Kosten vor Steuern 84,91 %, die Gewerbesteuer 0,09 % und die Vergnügungssteuer 18,66 %. Die befragten Unternehmen erwirtschafteten somit einen Verlust von durchschnittlich 3,67 %. Die Blitzumfrage habe ergeben, dass die Situation sich noch verschärft habe. Von 2000 bis 2002 seien die Erlöse aus Geldspielautomaten um ca. 18 % zurückgegangen, der Anteil der Vergnügungssteuer an den Nettoumsätzen von 14,07 auf 16,79 % gestiegen. Diese Erhebung bestätigt angesichts des festgestellten Umsatzrückgangs seit 1997 die Feststellungen der BDO.

Danach spricht viel dafür, dass die Gewinnsituation, die Voraussetzung für die "kalkulatorische Abwälzung" ist, 1997 für die Aufsteller von Geldspielgeräten nicht gegeben war. Sowohl kalkulatorische Eigenkapitalzinsen als auch der kalkulatorische Unternehmerlohn gehören (bei Einzelfirmen und Personengesellschaften) in die Betriebsabrechnung (Wöhe, aaO, S. 1235), mit der ein Gewinn/Verlust errechnet wird. Eine "kalkulatorische Abwälzung" in oben beschriebenem Sinn ist nämlich nur möglich, wenn durch den Spieleinsatz sowohl die Steuer als auch die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgeräts gedeckt werden. Daher ist es nicht ausreichend, dass zwar die Steuer, nicht aber ein angemessener Unternehmerlohn und eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet werden kann.

Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten Unternehmensdaten. Diese sind sowohl von der BDO als auch von Kizina aufgrund einer Fragebogenaktion bei den beteiligten Unternehmen erhoben worden. Die Daten sind angesichts der Anzahl der beteiligten Unternehmen und der erfassten Spielhallen (1997 und 1998: jew. 38; 1999: 26 und 2000: 31, K 23 S. 3) repräsentativ. Die Verfasser der Untersuchungen haben das von ihnen ermittelte Material lediglich aufbereitet. Anhaltspunkte dafür, dass hier "geschönte" Zahlen vorgelegt wurden, sind nicht ersichtlich. Die Daten sind plausibel und geben - entgegen dem Vorbringen der Beklagten - keinen Anlass zu substantiierten Zweifeln. Zwar ist der Kammer aus der Vielzahl der bislang anhängig gewesenen Verfahren bekannt, dass es möglich ist, "nicht erforderliche" (unangemessen hohe) Kosten in der Position "Sonstige Kosten" zu "verstecken". Schließlich handelt es sich bei den von den beteiligten Unternehmen gemachten Angaben um Daten aus der betrieblichen Buchhaltung, die unter anderem der Prüfung durch das Finanzamt unterliegen und damit leicht zu kontrollieren sind. Für einen kaufmännisch denkenden Unternehmer wäre es angesichts der schwerwiegenden Konsequenzen unverantwortlich, falsche Daten zu liefern.

Diese Fragen können jedoch offen bleiben, weil der Stückzahlmaßstab rechtswidrig ist.

2) Dieser verletzt den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil angesichts der hier festgestellten erheblichen Einspielunterschiede die mit dem Stückzahlmaßstab verbundenen Ungerechtigkeiten nicht mehr durch die Gesichtspunkte der Praktikabilität zu rechtfertigen sind.

Der Umstand, dass die Steuer traditionsgemäß aus erhebungstechnischen Gründen von dem Aufsteller erhoben wird, ändert nichts daran, dass sie an die Verwendung des Einkommens für das Spielvergnügen anknüpfen muss. Für eine Gerätesteuer fehlt den Gemeinden die Zuständigkeit. Die Steuer ist also grundsätzlich an dem "Vergnügungsaufwand je Gerät, der durch die Zahl und den Wert der eingeworfenen Münzen ausgedrückt wird", auszurichten. "Der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand ist zweifellos der sachgerechteste Maßstab für eine Vergnügungssteuer" (BVerfG, Teilurteil vom 10.5.1962 aaO S. 93). In Weiterführung dieser Grundsätze hat das BVerwG ausgeführt:

"Bereits die Gleichbehandlung aller Geräte durch die Besteuerung nach dem Stückzahlprinzip verlässt diese von der Rechtsnatur der Spielapparatesteuer vorgegebene Betrachtung. Die darin liegende Typisierung und Pauschalierung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus Praktikabilitätserwägungen hinzunehmen, solange davon ausgegangen werden kann, dass die unterschiedlichen Einspielergebnisse der Geräte letztlich für die Steuererhebung unerheblich sind, weil sie sich innerhalb eines Unternehmens ausgleichen und die verschiedenen Unternehmen sich insoweit nicht wesentlich voneinander unterscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971, a.a.O., S. 26). Trifft diese Annahme aber - insbesondere wegen der im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als Massenerscheinung nicht bekannten Spielhallen - nicht mehr zu, unterscheiden sich also die durch die Typisierung und Pauschalierung "zusammengefassten" Sachverhalte erheblich, können Gründe der Verwaltungsvereinfachung nicht mehr als Rechtfertigung für eine Gleichbehandlung herangezogen werden (BVerfG, Urteil vom 20. Dezember 1966 - 1 BvR 320/57 u.a. - BVerfGE 21, 12 <27 f.> und Beschluss vom 26. April 1978 - 1 BvL 29/76 - BVerfGE 48, 227 <239>). Die Typisierung darf nicht gleichmachend weitergreifen, als es aus Praktikabilitätsgründen gerechtfertigt ist." (BVerwG, B. 25.1.1995 - 8 N 2.93 - DÖV 1995, 466/467).

Nach diesen Grundsätzen ist es erforderlich, den "typenbedingten" erheblichen Einnahmeunterschieden von Spielgeräten in Gaststätten einerseits und Spielhallen andererseits durch unterschiedliche Steuersätze Rechnung zu tragen (BVerwG aaO). Dem steht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 1.3.1997 (2 BvR 1599/89 u.a.) nach dem Aufstellungsort und der Automatenart (mit und ohne Gewinnmöglichkeit) differenzierte Steuersätze für "zumindest zulässig" gehalten hat. Seinerzeit ist der Pauschalmaßstab nicht mit den jetzt angeführten Gesichtspunkten problematisiert worden, so dass das Gericht keinen Anlass sah, hierauf einzugehen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 3.5.2001 (1 BvR 624/00 DVBl 2001, 1135) eine fachgerichtliche Auseinandersetzung mit dieser Frage angemahnt.

Diesen Anforderungen (Einnahmeunterschiede in Gaststätten und Spielhallen zu berücksichtigen) ist die Beklagte durch insoweit differenzierte Steuersätze gerecht geworden.

Darüber hinaus ist es jedoch erforderlich, den festgestellten erheblichen Einnahmeunterschieden auch innerhalb des Marktsegments der Spielhallenaufstellung durch noch weiter differenzierende, den Aufwand der Spieler noch besser abbildende (wirklichkeitsnähere) Maßstäbe zu entsprechen. Praktikabilitätserwägungen können ein Festhalten am bisherigen Pauschalmaßstab nicht mehr rechtfertigen.

Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Rechtlicher Ausgangspunkt ist die Frage, ob es auch innerhalb der Marktsegmente der Automatenaufstellung in Spielhallen einerseits und Gaststätten andererseits "erhebliche typenbedingte" Einnahmeunterschiede (BVerwG, U. v. 25.1.1995 aaO) gibt. Das ist der Fall, wenn ein "lockerer Bezug zwischen dem Stückzahlmaßstab und dem Vergnügungsaufwand" nicht mehr besteht (BVerwG, U. v. 22.12.1999 - 11 CN 1.99 - DÖV 2000, 550 u.a.). Wann dieser "lockere Bezug" nicht mehr besteht, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. In der genannten Entscheidung hat das BVerwG (U. v. 22.12.1999 aaO) ausgeführt, dass dieser Bezug bei einer Schwankung der Einspielergebnisse bei Geräten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen zwischen 2000,00 DM und 2500,00 DM noch gegeben sei. Offen ist somit die Beurteilung höherer Einspieldifferenzen. Hierfür lässt sich keine starre Grenze festlegen (OVG Koblenz, U. v. 4.12.2001 - 6 A 11301/99.OVG - 50 %), vielmehr kommt es auf eine Abwägung der durch eine Pauschalierung ausgelösten Ungleichbehandlung gegen den dadurch gewonnenen Praktikabilitätsvorteil an. Je größer die Einspielunterschiede sind, desto größer muss das Gewicht des Praktikabilitätsgewinns sein. Allerdings geht die Kammer davon aus, dass jedenfalls über 50 % liegende Einnahmeunterschiede so erheblich sind, dass sie nicht mehr gerechtfertigt werden können.

Für die Feststellung der somit relevanten Einspieldifferenzen ist von den monatlichen Einspielergebnissen auszugehen. Die Beklagte stellt in ihrer Satzung auf eine monatliche Fälligkeit ab, so dass einem Wirklichkeitsmaßstab Monatszahlen zugrunde zu legen wären. Der Wirklichkeitsmaßstab ist deshalb Ausgangspunkt der Überlegungen, weil dieser der gerechteste Maßstab wäre (BVerfG, Teilurteil vom 10.5.1962 aaO S. 93) und alle davon abweichenden - pauschalierenden und typisierenden - Maßstäbe durch besondere Umstände - hier Praktikabilitätserwägungen - gerechtfertigt werden müssen, damit sie dem hier zu prüfenden Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) entsprechen. Maßgeblich sind die über einen längeren Zeitraum (ca. ein Jahr) gewonnenen Durchschnittswerte für einen Stellplatz (und nicht Mittelwerte aus den monatlichen Einspielergebnissen sämtlicher Geräte eines Aufstellers, vgl. OVG Koblenz aaO), weil die Steuer je Gerät (und nicht je Aufsteller) erhoben wird. Weiterhin sind die niedrigsten mit den höchsten Werten zu vergleichen, wobei der niedrige Wert Ausgangsbasis des Vergleichs ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 22.4.1998 - 2 K 3/95 - Einspielergebnisse zwischen 2000,00 DM und 2500,00 DM ergeben Unterschiede bis zu 25 %, ebenso OVG Koblenz, aaO). Bei den zu vergleichenden Einspielergebnissen muss es sich um eine repräsentative Stichprobe handeln, damit die Schlussfolgerungen auf die Grundgesamtheit übertragen werden können.

Nach diesen Grundsätzen ergeben sich aus den von der Klägerin übermittelten Zahlen im erheblichen Bereich, nämlich weit über 50 %, liegende Einspieldifferenzen. Erfasst wurde die durchschnittliche monatliche Nettokasse, also der auf den Zeitraum der Erfassung bezogene Durchschnitt der gezählten Kasse abzüglich Röhrenauffüllungen und Umsatzsteuer:

Im Einzelnen ergeben sich für das Gebiet der Beklagten folgende Werte:

* Erhebung des Automatenverbandes Schleswig-Holstein für 1997 (K 5): Einspielergebnisse zwischen 1228,29 DM - 5136,82 DM monatlich (418 %)

* Kizina, Vergleich der Einspielergebnisse in Kieler Spielstätten v. 16.11.2002 und Nacherhebung (Schriftsatz v. 20.1.2003).

* 1997 (K 32 und 45) Niedrigste - höchste durchschnittliche monatliche Nettokasse je Gerät: 1283,99 DM - 5792,61 DM (= 451 %), Gesamtdurchschnitt aller Geräte: 3537,50 DM, Abweichungen des höchsten und niedrigsten Ergebnisses vom Durchschnitt: 64 %

* 1998 (K 33 und 46) Niedrigste - höchste durchschnittliche monatliche Nettokasse je Gerät: 1170,26 DM - 5659,29 DM (= 483 %), Gesamtdurchschnitt aller Geräte: 3414,50 DM, Abweichungen des höchsten und niedrigsten Ergebnisses vom Durchschnitt: 66 %

* 1999 (K 35) Niedrigste - höchste durchschnittliche monatliche Nettokasse je Gerät: 894,11 DM - 4333,81 DM (= 484 %),Gesamtdurchschnitt aller Geräte: 2613,50 DM, Abweichungen des höchsten und niedrigsten Ergebnisses vom Durchschnitt: 66 %

* 2000 (K 36)- Niedrigste - höchste durchschnittliche monatliche Nettokasse je Gerät. 1199,71 DM - 4921,06 DM (= 410 %), Gesamtdurchschnitt aller Geräte: 3060,00 DM, Abweichungen der höchsten und niedrigsten Ergebnisses vom Durchschnitt: 61 %

Diese Daten werden bestätigt durch die Erhebungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Deutsche Warentreuhand Aktiengesellschaft (Aufstellung vom 3.4.2003 und Stellungnahme vom 21.11.2001; K 23 Seite 8: Geldspielgeräte in Spielhallen, niedrigste und höchste durchschnittliche Kasseninhalte):

* 1997: 34040 DM - 49869,76 DM (= 46 %) * 1998: 27241,57 DM - 55827,60 DM (= 204 %) * 1999: 31793,10 DM - 50858,15 DM (= 60 %) * 2000: 32413,78 DM - 46653,30 DM (= 44 %)

Hierbei handelt es sich um Durchschnittswerte einzelner Unternehmen, aus denen die

- zwangsläufig höheren - Einspielunterschiede der einzelnen Stellplätze nicht hervorgehen. Sie lassen allerdings den Rückschluss zu, dass diese über 50 % und damit in dem rechtlich erheblichen Bereich liegen.

Der Vergleich der Einspielergebnisse desselben Gerätetyps (Jumbo Jumbo), der 1997 in Kiel an 7 verschiedenen Standorten (von 4 verschiedenen Aufstellern) betrieben wurde (K 12), bestätigt den obigen Befund: durchschnittliche monatliche Nettokasse zwischen 1647,94 DM und 5136,82 DM.

Diese Daten bilden entgegen der Auffassung der Beklagten eine hinreichend tragfähige Entscheidungsgrundlage. Die Beklagte hat sie zwar mit Nichtwissen bestritten und gefordert, dass insofern noch eine gerichtliche Sachverhaltsfeststellung erfolgen müsse. Dieser Einwand ist jedoch nicht begründet. Die von der Klägerin insoweit über den Automaten-Verband Schleswig-Holstein e.V. (ASH) veranlassten Datenzusammenstellungen beruhen auf Fragebogenaktionen, somit Angaben der jeweiligen Automatenaufsteller. Der Einwand der Beklagten, dass es sich um ungeprüfte Daten handele, ist zutreffend. Gerichtlich bestellte Sachverständige, die diese Daten erhoben hätten oder jetzt erheben müssten, hätten jedoch kein anderes Material zur Verfügung (gehabt). Den Zusammenstellungen sind (auszugsweise) Kopien der Zählwerksausdrucke (von denen die - für das Finanzamt aufzubewahrenden - Originale komplett zur Verfügung gestellt werden können, GA Bl. 547) beigefügt, aus denen sich die mitgeteilten Daten nachvollziehen lassen (z. B. K 5). Zwei der an den Untersuchungen beteiligten Firmen sind vom Finanzamt (unbeanstandet) geprüft worden. Zwar trifft es zu, dass Auslesestreifen manipuliert werden können. Die Herstellung und Vorlage derartig verfälschter Aufzeichnungen im Rechtsverkehr ist strafbar und erfordert eine erhebliche kriminelle Energie. Diese kann - da entsprechende Anhaltspunkte nicht vorliegen - weder der Klägerin noch den an den Untersuchungen beteiligten Unternehmen unterstellt werden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Zahlen aus den Buchhaltungsunterlagen der betroffenen Unternehmen stammen, die wiederum Grundlage der Steuerfestsetzung durch das Finanzamt sind und Gegenstand einer Betriebsprüfung sein können. Den Finanzämtern wiederum sind die Manipulationsmöglichkeiten bekannt, zumal ein Finanzamt die seinerzeit hierfür entwickelte Software entdeckt und bekannt gemacht hat (Der Spiegel, 20.4.1998; Zentrale Fahndungsnachrichten 1/97, GA Bl. 474), so dass jedes Unternehmen mit entsprechenden Kontrollen und bei Unregelmäßigkeiten mit harten Sanktionen (z. B. Schätzung gem. § 162 AO) rechnen muss.

Es besteht auch kein Anlass für die Annahme, dass die betroffenen Unternehmen nur die für sie günstigen Daten übermittelt haben. Angesichts der Vielzahl der Angaben (die von der Kammer angefordert wurden, damit ein repräsentatives Bild entsteht), die die ganze Bandbreite zwischen den Extremwerten abdecken, wäre eine solche Vermutung auch nicht plausibel.

Die Angaben sind auch repräsentativ. Nach einer Erhebung von Trümper (zitiert nach BDO K 24 S. 3) sind in Kiel 1997 66 und 1998 53 Spielhallen betrieben worden. Die Beklagte gibt an, dass 1997 55 und 2000 59 Spielhallen existierten (GA Bl. 579, 676).

Die Untersuchung der BDO (K 24) deckt 1997 46 (70 % bzw 84 %) und1998 47 (89 %) der Spielhallen ab, die Erhebung von Kizina für Kiel erfasst aus 1997: 26 Spielhallen (85 Geräte, 617,5 Monate), aus 1998 24 Spielhallen (68 Geräte, 622 Monate). Diese Stichproben sind hinreichend repräsentativ und erlauben angesichts ihrer absoluten Größe, der Anzahl der erfassten Geräte und des Zeitraums, über den die Untersuchungen sich erstrecken, die Schlussfolgerung auf typische, die wirtschaftliche Situation aller Automatenaufsteller kennzeichnende Einnahmeunterschiede.

Diese Ergebnisse werden bestätigt durch Erhebungen in anderen Gemeinden

(Flensburg 1997 - K 14 - Durchschnittliche monatliche Nettokasse zwischen 942,30 DM und 3682,22 DM; Flensburg 2000 - K 15 und K 19 - zwischen 889,19 DM und 5668,45 DM; Netto-Jahresumsätze von 5 Spielhallen zwischen 108.226,29 DM und 535.274,91 DM; Preetz, durchschnittliche monatliche Bruttoumsätze 1997 zwischen 3995,30 DM und 5851,63 DM, 2000 zwischen 2379,78 DM und 4003,96 DM - K 21 -; Kappeln 2000 - K 22 - durchschnittliche monatliche Nettokasse zwischen 1138,98 DM und 3680,38 DM)

Angesichts der somit hier im Jahresmittel rechtlich erheblich, nämlich jedenfalls mehr als 50 %, teilweise mehr als 400 %, voneinander abweichenden monatlichen Einspielergebnisse ist die Frage zu beantworten, ob der pauschale Maßstab durch Praktikabilitätsgesichtspunkte noch zu rechtfertigen ist.

Die Antwort hängt davon ab, wie die gegen eine Abkehr vom bekannten und bewährten Pauschalmaßstab angeführten Argumente zu gewichten sind. Bei der hier vorzunehmenden Abwägung kommt es einerseits auf das Ausmaß (und Gewicht) der durch den Pauschalmaßstab ausgelösten Ungerechtigkeiten und andererseits auf das Gewicht der Nachteile eines an den Einspielergebnissen orientierten anderen Maßstabs an. Nach diesen Grundsätzen lässt sich ein Überwiegen der Praktikabilitätsargumente nicht feststellen.

Der Umstand, dass auch ein umsatzorientierter Maßstab den Aufwand eines Spielers nur indirekt erfassen kann und daher auch pauschaliert (BVerwG - 11 CN 1.99 - aaO: und damit unverändert die herkömmliche Pauschalierung rechtfertige), ist kein Argument gegen einen wirklichkeitsnäheren Maßstab, da es hier um eine Abwägung geht, also um eine Gewichtung der gegensätzlichen Momente. Entscheidend ist hier die Frage, ob einem etwas weniger pauschalen Maßstab zwingende Gesichtspunkte der Praktikabilität entgegenstehen. Das ist jedoch nicht der Fall.

Der Umstand, dass die Selbstverpflichtungserklärung der Automatenindustrie über den Einbau "manipulationssicherer Zählwerke" nur freiwillig ist, steht der Berücksichtigung von Einspielergebnissen solange nicht entgegen, wie deren Erfassung und Dokumentation möglich ist und tatsächlich auch praktiziert wird. Das ist der Fall. Gegenwärtig sind alle Geräte mit einer elektronischen Kasse ausgerüstet. Es ist nicht ersichtlich, dass die künftige technische Entwicklung zu einem Wegfall der Erfassungssoftware führen wird. Diese liegt schon im Interesse der Aufsteller, jederzeit mit dem Ziel einer Kostenoptimierung über die relevanten Auslastungsdaten verfügen zu können und (gemäß dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5.7.1994 - BStBl. 1994 Teil I, S. 465) mit den über die Auslesegeräte dokumentierten Umsätzen dem Finanzamt die für die Umsatzsteuerbemessung erforderlichen Daten liefern zu können (damit nicht geschätzt wird).

Daher hat sich auch der früher erhobene Einwand, Unterhaltungsgeräte seien noch nicht flächendeckend mit der Erfassungssoftware ausgestattet, relativiert. Die Beklagte hat insoweit unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie e.V. (10.12.1999, Bl. 482) geltend gemacht, Unterhaltungsgeräte ohne Gewinnmöglichkeit seien zum Teil mit Zählwerken ausgerüstet, zum Teil für den Einbau derartiger Teile vorgerüstet. Einige Geräte hätten keine derartigen elektronischen Zählwerke. Die am Markt befindlichen Auslesegeräte für die Erstellung sogenannter Kassenstreifen seien in der Regel nicht für Unterhaltungsgeräte geeignet. Eine einheitliche Besteuerung beider Gerätetypen sei daher nicht möglich. Wie der in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des Automaten-Verbandes Schleswig-Holstein mitteilte, sind seit mehreren Jahren auch die Unterhaltungsgeräte mit derselben Erfassungssoftware wie Geldspielgeräte ausgerüstet, zumal diese Geräte von denselben Unternehmen produziert werden (die ein eigenes Interesse daran haben, Kennzahlen über die Auslastung der Geräte zu gewinnen). Die übrigen Geräte (Billard und Fußballkicker) verfügen über mechanische oder elektromechanische Zählwerke.

Im Übrigen ist die Kasse schon für die Umsatzsteuer zu erfassen, so dass das Fehlen einer elektronischen Zähleinrichtung einem umsatzorientierten Maßstab nicht entgegenstünde. Hinzu kommt, dass die Beklagte nicht gezwungen wäre, neben einem umsatzorientierten Maßstab für Geldspielgeräte weiterhin für andere Geräte den Stückzahlmaßstab beizubehalten. Es ist denkbar, dass auch für Unterhaltungsgeräte auf Umsatzkriterien abgestellt werden kann und auch insofern ein praktikables Verfahren der Erfassung, Dokumentation und Kontrolle (der von der jeweiligen Steuergläubigerin festzulegenden Kriterien) entwickelt wird, so dass eine einheitliche Besteuerung möglich ist. Innerhalb des durch die Verfassung und durch andere Rechtsvorschriften vorgegebenen Rahmens können die Gemeinden die steuerlichen Anforderungen nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten gestalten. Allerdings bedarf auch insofern jede Abweichung vom vorrangigen Wirklichkeitsmaßstab der Rechtfertigung (zum Beispiel durch Argumente der Praktikabilität). Die Argumentationslast und (bei offen bleibenden Tatsachenfragen) Beweislast obliegt insofern der jeweiligen Gemeinde. Es reicht also nicht aus, den übermäßigen Verwaltungsaufwand und die Überforderung des bisherigen Systems bei einer Berücksichtigung von Daten der Auslesestreifen darzulegen. Die Beklagte müsste darlegen und beweisen, dass eine Weiterentwicklung des bisherigen Systems und ein nicht mit übermäßigem Verwaltungsaufwand verbundenes Verfahren unmöglich wäre. Dies ist jedoch nicht ersichtlich.

Für den Einwand, die Geltungsdauer der freiwilligen selbstbeschränkenden Vereinbarung der Automatenindustrie sei offen und für Wettbewerber aus dem europäischen Binnenmarkt nicht verbindlich, gilt dasselbe. Ausländische Hersteller dürfen Geräte nur aufstellen, wenn diese durch die PTBA (hinsichtlich der Bauart) zugelassen sind. Außerdem gilt auch hier, dass für die Bemessung der Umsatzsteuer der Kasseninhalt durch ein Zählwerk zu ermitteln ist, wenn eine Schätzung vermieden werden soll.

Der Einwand, dass die von den Aufstellern übermittelten Umsatzdaten schwer zu kontrollieren sind, trifft zwar zu, steht der Abkehr vom Stückzahlmaßstab jedoch nicht zwingend entgegen. Insoweit beruft die Beklagte sich auf das BVerfG, wonach das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip bedarf (BVerfGE 84, 239/273). Das BVerfG hat hierzu ausgeführt, dass die Steuerehrlichkeit dann, wenn die Festsetzung von der Erklärung der Schuldner abhängt, durch hinreichende die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abgestützt werden muss. Diese Anforderungen an ein Erhebungssystem lassen sich bei einer Abkehr vom Pauschalmaßstab erfüllen. Die tatsächlichen Unsicherheiten bei der Erfassung steuerrelevanter Unternehmensdaten sind nämlich ein im Steuerrecht bekanntes Phänomen, sie betreffen insbesondere auch die Umsatzsteuer und führen dort nicht zu unüberwindbaren Schwierigkeiten. Das Steuerrecht enthält für diesen Bereich (der Unternehmensbesteuerung) - anders als für die vom BVerfG erörterten privaten Zinseinkünfte - hinreichende Möglichkeiten der Erfassung und Kontrolle, so dass hier ein struktureller Erhebungsmangel nicht festgestellt werden kann (OVG SL - 2 K 3/95 -). Dies wird auch vom BVerwG (11 CN 1.99) nicht festgestellt. Dort heißt es zwar, dass die zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen notwendigen Kontrollen der Zählwerke oder -ausdrucke die kommunalen Verwaltungen mangels geschulten Personals "weitgehend überfordern" würden. Diese Einschätzung wird jedoch der Fähigkeit und Bereitschaft der Verwaltung, sich veränderten Anforderungen anzupassen und die neuen technischen Möglichkeiten zu nutzen, nicht gerecht. Zwar kann (anders als bei anderen Unternehmensdaten) die Stückzahl durch einfache Nachschau festgestellt werden, ohne dass hierfür spezielle Kenntnisse erforderlich sind. Da die Umsatzsteuer aber schon seit langem aufgrund der Einspielergebnisse festgesetzt wird, können die Gemeinden die Erfahrungen der Finanzbehörden auf diesem Gebiet nutzen. Außerdem sind die Finanzbehörden gemäß § 31 Abs. 1 AO verpflichtet, solche Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen (Hess VGH, B. v. 19.7.1993 - 5 N 1359/92 -).

Auch Gemeindemitarbeiter können Kontrollen durchführen, indem sie bei der Auslesung der Geräte anwesend sind und anhand der erstellten Ausdrucke, die auch auf vergangene Auslesungen erstreckt werden können, die Angaben des Aufstellers überprüfen. Die oben erwähnte Manipulationssoftware betrifft ausgelesene Daten, ermöglicht jedoch nicht die Herstellung manipulierter Daten bei der Auslesung.

Die großen Datenmengen, die bei einer umsatzbezogenen Bemessung der Steuer anfallen können, stellen in Zeiten der elektronischen Datenverarbeitung kein unüberwindliches Problem dar. Das von der Beklagten vorgestellte Szenario (GA Bl. 464 ff) überzeugt nicht. Es mag zutreffen, dass ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entsteht, wenn die bisherige Verwaltungspraxis unverändert weitergeführt wird. Diese Variante ist jedoch nicht zwingend. Es ist möglich, auch ein anderes Steuersystem praktikabel zu gestalten. Insofern obliegt es der Beklagten, sich veränderten tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten anzupassen. Zum Beispiel kann es - wie auch jetzt - dem Aufsteller auferlegt werden, die Daten in der (monatlichen ?) Erklärung nachvollziehbar und kontrollierbar aufzubereiten. Im Übrigen dürfte es nur eine Frage der entsprechenden Software und der Zeit sein, bis der elektronische Datentransfer auch hier praktiziert werden kann.

Auch der weitere Einwand, dass ein am Umsatz orientierter Maßstab den Lenkungszielen widerspräche (vgl. z. B. VG Hannover, U. v. 13.2.2002 - 1 A 3772/00 -), steht nicht entscheidend entgegen. Kein Unternehmer wird Geräte an unattraktiven Standorten aufstellen oder unattraktive Geräte betreiben nur um Vergnügungssteuer zu sparen. Zwar trifft es zu, dass eine pauschal bemessene Steuer den Kostendruck für den Aufsteller stärker verschärft als eine variabel bemessene Steuer und einen Zwang zur Senkung anderer Kosten oder zu einer Erhöhung der Einnahmen eher begründet. Der eigentliche Adressat der Steuer, der Spieler, bemerkt davon jedoch nichts, allenfalls in Form eines verbesserten Angebots, weil der Unternehmer versuchen muss, den Umsatz zu steigern. Das bisherige System motiviert den einzelnen Unternehmer also eher zu einer Umsatzausweitung, wirkt also dem eigentlichen Lenkungsziel entgegen.

Eine Lenkungswirkung tritt (auf den Markt der Spielautomaten bezogen) erst dann ein, wenn einige Aufsteller aufgrund des Kostendrucks den Betrieb einstellen. In dem Verdrängungswettbewerb begünstigt die pauschale Steuer somit die großen Aufsteller , die die Kosten eher auffangen und durch "schräge Abwälzung" ausgleichen können. Diese haben auch kein Interesse an einer Änderung des Steuermaßstabs. Eine auf den Umsatz bezogene Steuer hätte eine etwas andere Lenkungswirkung, wäre aber weiterhin geeignet, das Lenkungsziel, den Betrieb von Spielautomaten unattraktiv zu machen, zu erreichen.

Im Übrigen wäre das Argument des geringeren Lenkungseffekts gegenüber einer an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Maßstabs orientierten Argumentation nachrangig. Eine Gemeinde ist im Rahmen des ihr eröffneten Gestaltungsspielraums berechtigt, Lenkungsziele zu verfolgen (soweit sie damit nicht höherrangigem Recht widerspricht), diese Lenkungserwägungen dürfen jedoch nicht die Grenzen dieses Spielraums verschieben.

Ähnliches gilt für die Frage, ob ein am Umsatz orientierter Maßstab gegen europäisches Recht verstößt. Selbst wenn das der Fall wäre, könnte damit ein nach nationalem Recht unzulässiges System nicht geheilt werden. Dieser Fall ist hier jedoch nicht gegeben. In der bisherigen Rechtsprechung ist geklärt, dass die pauschal erhobene Steuer nicht gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388 EWG i.d.F. der Richtlinie 91/680 EWG v. 16.12.1991 (ABl. EG Nr. L 376 Nr. 1) verstößt (BVerwG, U. v. 22.12.1999 - 11 CN 1.99 - aaO und - 11 CN 3.99 -, DVBl. 2000, 913; BVerfG, B. v. 1.3.1997 aaO).

Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Auslegung der Richtlinie durch den EuGH, wonach eine Mehrwertsteuer durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:

* Allgemeine Geltung der Steuer, * Festsetzung der Höhe proportional zum Preis, * Erhebung auf jeder Produktions- und Betriebsstufe, * Bezug auf den auf der jeweiligen Stufe erzielten Mehrwert, so dass die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (vgl. z. B. EuGH, U. v. 8.6.1999 - C-338/97 u.a. - EuZW 1999, 692 - Pelzl u.a. -).

Diese Merkmale müssen kumulativ vorliegen, was bei der Vergnügungssteuer nicht der Fall ist (BVerwG, U. v. 22.12.1999 - 11 CN 3.99 - aaO) und auch bei einer an einem anderen Maßstab orientierten Steuer nicht der Fall sein wird. Der Umstand allein, dass die Steuer "proportional zum Preis" festgesetzt wird, wäre unschädlich. Die Spielautomatensteuer gilt nämlich unabhängig vom Maßstab nicht allgemein, sondern wird nur auf bestimmte Dienstleistungen angewandt. Eine solche nicht die Gesamtheit der wirtschaftlichen Vorgänge in einem Mitgliedsstaat erfassende Steuer fällt nicht unter den Anwendungsbereich von Art. 33 der Richtlinie 77/388 EWG (EuGH, U. v. 17.9.1997 - Rs. C 347/95 - UCAL, Slg. 1997, 4923, 4935 Tz. 36; Rs. C 130/96 - Solisnor-Estaleiros-Navais S.A., Slg. 1997, 5065, 5071 Tz 17). Eine nur auf bestimmte Spiele beschränkte örtliche Abgabe ist nicht geeignet, das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu beeinträchtigen. Auslegungszweifel, die eine Vorlage (gem. Art 234 EGV) erfordern würden, bestehen somit nicht.

3) Nach alledem sind weitere Einwände nicht entscheidungserheblich. Die Kammer weist jedoch vorsorglich darauf hin, dass sich aus den vorgelegten Zahlen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Steuer angesichts der Höhe der Steuersätze und der wirtschaftlichen Situation der Automatenaufsteller in Kiel erdrosselnd wirkt.

Prüfungsmaßstab ist insofern neben der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

Der Freiheit der Berufswahl wird durch die den Automatenaufstellern auferlegte Zahllast allerdings nicht betroffen. Eine Steuernorm regelt die Berufswahl nicht unmittelbar, kann aber dann die Wirkung einer - die Berufswahlfreiheit beeinträchtigenden - Zulassungsregelung haben, wenn "die Steuer ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach es in aller Regel unmöglich macht, den angestrebten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen" (BVerfG, B. v. 3.5.2001 aaO). Diese Voraussetzungen sind hier trotz der oben (im Zusammenhang mit der kalkulatorischen Abwälzbarkeit) beschriebenen schwierigen wirtschaftlichen Situation der Automatenbranche nicht gegeben, was sich schon aus der Zahl der seit langem in Kiel tätigen Automatenunternehmen und der relativ hohen Spielhallendichte ergibt.

Die Vergnügungssteuer stellt allerdings eine mittelbare Regelung der Berufsausübung dar. Diese ist im Grundsatz zulässig, da sie durch gewichtige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt werden kann (BVerfG, B. v. 1.3.1997 aaO), wird aber dann verfassungsrechtlich bedenklich, wenn sie "die gewerberechtlich zugelassene Aufstellung von Gewinnspielgeräten in aller Regel wirtschaftlich unmöglich machen und durch diese "erdrosselnde" Wirkung dem steuerlichen Hauptzweck der Einnahmeerzeilung geradezu zuwiderlaufen würde". Dann wäre zugleich ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Übermaßverbot gegeben (BVerfG, B.v. 1.4.1971, BVerfGE 31, 9, 23).

Diese Voraussetzungen waren nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer nicht feststellbar, zumal es insoweit nicht auf die Verhältnisse eines einzelnen Steuerpflichtigen ankommt. Vielmehr ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Steuersatzes allein die Auswirkung der (generell abstrakten) Regelung auf das Satzungsgebiet maßgeblich. Abzustellen ist somit auf die Gesamtheit der durch die Regelung betroffenen Aufsteller bzw auf einen repräsentativen Ausschnitt.

Der BFH hat die "erdrosselnde" Wirkung durch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte konkretisiert und (für das Spielgerätesteuergesetz von Hamburg, das ebenfalls für Geldspielgeräte in Spielhallen einen Steuersatz von 600 DM im Monat vorsieht) ausgeführt, dass die Spielgerätesteuer einen verfassungswidrigen Verbotscharakter dann habe, wenn aufgrund dieser Steuer in Hamburg das Aufstellen von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen für einen durchschnittlichen Betreiber in aller Regel unwirtschaftlich ist, d.h. keine angemessene Kapitalverzinsung und keinen Unternehmerlohn mehr abwirft. Abzustellen sei dabei auf einen in Hinblick auf Betriebsgröße, Anzahl und Art der aufgestellten Geräte, Kostenstruktur und Besucherfrequenz durchschnittlichen Betreib in Hamburg (U. v. 6.12.2000 - II R 86/98 - HFR 2001, 608). Nach diesen Grundsätzen, denen die Kammer folgt, weil der unbestimmte Rechtsbegriff der "Erdrosselung" durch diese Präzisierung klarere Konturen gewinnt und die Rechtsanwendung damit besser nachvollziehbar und voraussehbar wird, bestehen Anhaltspunkte dafür, dass sich nunmehr - anders als für die in der Vergangenheit streitig gewesenen Zeiträume - für die Automatenunternehmen in Kiel eine "Erdrosselung" feststellen lässt. Das wäre der Fall, wenn im hier streitigen Zeitraum für einen durchschnittlichen Betrieb eine angemessene Kapitalverzinsung und ein angemessener Unternehmerlohn nicht zu erwirtschaften war.

Hierfür sprechen die (schon oben im Zusammenhang mit der "kalkulatorischen Abwälzung" erörterten) gutachtlichen Stellungnahmen der BDO zur wirtschaftlichen Situation im Automaten-Aufstellungsgewerbe in Kiel (vom 14.9. und 21.11.2001, K 23 und 24), wonach die Vergnügungssteuer nahezu den gesamten Gewinn aus der (Kern-)Geschäftstätigkeit abgeschöpft hat und weiter abschöpft. Diese Aussage ist deswegen relevant, weil bei der Erhebung der Personalkosten gezahlte Geschäftsführergehälter eliminiert worden sind. Die Vergnügungssteuer in % des Vor-Steuer-Gewinns betrug 1997: 99,8 %, 1998: 98,3 % und 1999: 119,4 %. Der durchschnittliche Gewinn der beteiligten Unternehmen vor Abzug der Vergnügungssteuer betrug 1997 274.000,00 DM (1998 276.000,00 DM und 1999 218.000,00 DM). Nach Abzug der Vergnügungssteuer und vor Steuern vom Einkommen und Ertrag betrug der Gewinn 1997 durchschnittlich nur noch 573,00 DM (1998 4647,00 DM, 1999 Verlust von 42.315,00 DM). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Kizina in ihren (ebenfalls oben genannten) Untersuchungen (zur Situation der Münzspielbranche in Schleswig-Holstein, Betriebsvergleich 2000, Sonderauswertung Kiel, vom 27.9.2002 - K 31 -, und zur Einnahmesituation der Münzspielbranche in Schleswig-Holstein, Blitzumfrage, vom 13.11.2002 - K 37 -). Diese betreffen zwar nach 1997 liegende Zeiträume, bestätigen jedoch die für 1997 erhobenen Zahlen. Aus den oben genannten Gründen sind die Zahlen angesichts der Anzahl der beteiligten Unternehmen und der erfassten Spielhallen repräsentativ und kennzeichnen die wirtschaftliche Situation eines durchschnittlichen Automatenunternehmens.

Die Satzung ist somit rechtswidrig und damit nichtig. Daher fehlt eine Rechtgrundlage für die angefochtenen Steueranmeldungen. Diese (und der Widerspruchsbescheid) sind antragsgemäß aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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