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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 4 KS 6/07
Rechtsgebiete: AtG


Vorschriften:

AtG § 7 Abs 1 b S 2
AtG § 7 Abs 1 d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Az.: 4 KS 6/07

verkündet am 16. Januar 2008

In der Verwaltungsrechtssache der ...

Streitgegenstand: Atom- und Strahlenschutzrecht

Zustimmung zur Strommengenübertragung nach § 7 Abs. 1 d i.V.m. 1 b S. 2 AtG KKW Mülheim-Kärlich - KKW Brunsbüttel -

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht den Richter am Oberverwaltungsgericht den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erteilung der Zustimmung zu der von ihr beabsichtigten Übertragung von Elektrizitätsmengen vom Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich auf das Kernkraftwert Brunsbüttel.

Die Klägerin ist Betreiberin des Kernkraftwerks Brunsbüttel. Mit dem Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung vom 22. April 2002 (BGBl. I Seite 1351) wurde für den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Brunsbüttel in der Anlage 3 Spalte 2 zum Atomgesetz (AtG) zum Stand 01.01.2000 eine noch erzeugbare Reststrommenge von 47,67 TWh festgelegt. Zum 31. Januar 2007 betrug die Reststrommenge noch 12,944 TWh.

Die auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel noch entfallende Reststrommenge wird voraussichtlich Anfang 2010 erzeugt sein.

Vor diesem Hintergrund stellte die Klägerin mit Schreiben vom 06. März 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Zustimmung gemäß § 7 Abs. 1 d i.V.m. § 7 Abs. 1 b Satz 2 AtG zur Übertragung von 15 TWh aus dem dem Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich in Anlage 3 des Atomgesetzes zugeordneten Stromproduktionskontingent von insgesamt 107,25 TWh auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel.

Zur Begründung führte die Klägerin aus:

Bei der beantragten Übertragung von 15 TWh aus dem Mühlheim-Kärlich-Kontingent auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel handele es sich um eine Übertragung auf ein nicht in der Fußnote der Anlage 3 des Atomgesetzes genanntes Kernkraftwerk. Eine derartige Übertragung sei nach § 7 Abs. 1 d AtG i.V.m. § 7 Abs. 1 b AtG zwar zustimmungspflichtig, aber auch zustimmungsfähig.

Der Weiterbetrieb der Anlage Brunsbüttel über die derzeit absehbare Laufzeit hinaus bis in das Jahr 2011 sei betriebswirtschaftlich bewertet worden und aus unternehmerischer Sicht geboten. Der betriebswirtschaftliche Vorteil einer Stromproduktion im Kernkraftwerk Brunsbüttel resultiere dabei zum einen aus den vergleichsweise geringen Produktionskosten und zum anderen daraus, dass Kernenergie als CCV-freie Stromerzeugung nicht dem Risiko hoher Kosten für Emissionszertifikate unterliege. Zudem ergäben sich erhebliche Kostenvorteile durch Synergieeffekte. Durch die beantragte Übertragung von Stromproduktionsrechten in Höhe von 15 TWh auf die Anlage Brunsbüttel würde deren Laufzeit der des Kernkraftwerks Krümmel angenähert. Auf diese Weise würden die bei der (VENE), deren Tochtergesellschaft die Klägerin sei, bestehenden Synergieeffekte, die sich aus dem parallelen Betrieb der baugleichartigen Anlagen Brunsbüttel und Krümmel ergäben, gesichert.

Die Zustimmungsentscheidung zur Übertragung von Stromproduktionsrechten sei im Übrigen nicht von sicherheitstechnischen Voraussetzungen abhängig. Fragen des sicheren Betriebs eines Atomkraftwerks seien ausschließlich Gegenstand des atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren. Die Übertragungsregelung des § 7 Abs. 1 b Satz 2 AtG stelle demgegenüber keinen eigenen, neuen Sicherheitsmaßstab auf. Angesichts der Grundrechtsrelevanz, die einer Strommengenübertragung zukomme, sei allein der Gesetzgeber befugt gewesen, einen derartigen Sicherheitsmaßstab als Zustimmungsvoraussetzung festzuschreiben. Dass sicherheitstechnische Aspekte und insbesondere auch eine sicherheitstechnische Bilanzierung der betroffenen Anlagen kein rechtlich zugelassenes Entscheidungskriterium darstellten, zeige bereits die Regelung in § 7 Abs. 1 b Satz 3 AtG, wonach Stromproduktionsrechte zustimmungsfrei von einer stillgelegten Anlage auf jede Anlage, unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme, übertragen werden könnten. Darüber hinaus fehle dem Bund die entsprechende Wahrnehmungskompetenz.

Die Übertragung der Reststrommengen liege auch im öffentlichen Interesse. Die beantragte Übertragung von Stromproduktionsrechten sichere den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft den für die Umsetzung eines neuen Energiekonzeptes notwendigen zeitlichen und ökonomischen Handlungsfreiraum, ohne irreversible Fakten zu schaffen. Zudem vermindere der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke die Abhängigkeit vom Import von Primärenergieträgern. Darüber hinaus habe die beantragte Übertragung von Stromproduktionsrechten erhebliche positive Effekte für den Klimaschutz. Die Betriebseinstellung von Brunsbüttel 2009 (nunmehr wegen des zwischenzeitlichen Stillstandes 2010) hätte auch spürbare Auswirkungen auf das Strompreisniveau in Deutschland. Der Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke sei die derzeit preisgünstigste Möglichkeit, Strom im Grundlastbereich zu erzeugen. Die Einstellung des Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks Brunsbüttel bereits im Jahre 2009 (2010) würde sich zudem auf die Versorgungssicherheit im norddeutschen Raum auswirken. Kernkraftwerke seien gehalten, Blindleistung für die Netzstabilität bereit zu halten. Diese Blindleistung könne nur regional bereitgestellt werden. Schließlich habe der Weiterbetrieb des Kernkraftwerkes Brunsbüttel auf Grund der diesem zuzuordnenden Arbeitsplätze und der damit verbundenen Kaufkraft auch erhebliche Bedeutung für die Standortregion.

Die Klägerin hat am 10. Mai 2007 Untätigkeitsklage erhoben.

Mit Bescheid vom 01. August 2007 hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) den Antrag der Klägerin vom 06. März 2007 abgelehnt, weil das Atomgesetz das Ministerium nicht berechtige, einer Übertragung der in Anlage 3 des Atomgesetzes für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich aufgeführten Elektrizitätsmengen auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel oder ein anderes in der Fußnote der Anlage 3 nicht genanntes Kernkraftwerk zuzustimmen.

Die Klägerin ist entgegen der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 01. August 2007 der Auffassung, dass das OVG Schleswig gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO sachlich und gemäß § 52 Abs. 1 VwGO örtlich zuständig ist. Zur Begründung ihrer Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Schreiben vom 06. März 2007. Sie macht zusammenfassend geltend:

Aus der Verweisung des § 7 Abs. 1 d auf Abs. 1 b Satz 1 bis 3 AtG ergebe sich, dass die Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich ebenso wie die Reststrommengen sämtlicher sonstiger Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland sowohl zustimmungsfreien als auch zustimmungspflichtigen Übertragungen zugänglich sei. Allein die Differenzierung zwischen zustimmungsfreien und zustimmungspflichtigen Übertragungen der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich unterscheide sich von den für die übrigen Kernkraftwerke geltenden Regelungen. Während sich die Differenzierungen zwischen zustimmungsfreien und zustimmungspflichtigen Übertragungen für die sonstigen Kernkraftwerke in unmittelbarer Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtG nach dem jeweiligen Alter von übertragener und aufnehmender Anlage richte, ergebe sich für Übertragungen der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich aus der Spezialregelung des § 7 Abs. 1 d AtG i.V.m. der Fußnote in der Anlage 3 zum AtG, dass diese auf die in der Fußnote genannten Anlagen zustimmungsfrei und die übrigen in der Anlage 3 Spalte 1 aufgeführten Anlagen und damit auch auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel mit Zustimmung übertragen werden könnten.

Die Maßgabe in § 7 Abs. 1 d AtG regele allein, dass eine Produktion der auf das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich entfallenden Reststrommenge im Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich selbst ausgeschlossen sei und daher nur nach Übertragung auf andere in Anlage 3 genannte Kernkraftwerke genutzt werden könne.

Die Beklagte gehe fälschlich davon aus, der Ausschluss eines weiteren Betriebs des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich sei bereits durch § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG geregelt. § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG diene ausschließlich der Verhinderung von Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen für neue Kernkraftwerke. Bereits vorhandene Anlagen könnten dagegen weitere Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen erhalten. Demzufolge hätte auch in Ansehung des § 7 Abs. 1 Satz 2 AtG eine neue Errichtungsgenehmigung für das bereits vollständig errichtete und - bis auf die gerichtlich aufgehobene erste Teilerrichtungsgenehmigung - auch vollständig genehmigte Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich erteilt werden können. Zum Zwecke des gesetzlichen Ausschlusses eines weiteren Betriebs im Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich habe es daher der Regelung in § 7 Abs. 1 d AtG bedurft. Ein weitergehender Inhalt komme dieser Vorschrift auch nicht zu. Insbesondere sei ihr eine Beschränkung der Übertragbarkeit der Reststrommenge allein auf die in der Fußnote der Anlage 3 zum AtG genannten Anlagen nicht zu entnehmen. Dem Gesetzgeber wäre eine Beschränkung der Übertragungsmöglichkeiten auf die in der Fußnote der Anlage 3 zum AtG genannten Kernkraftwerke ohne Schwierigkeiten möglich gewesen. Er hätte lediglich statt der gesamten Anlage 3 allein deren Fußnote in Bezug nehmen müssen.

Da unstreitig sei, dass Übertragungen der Strommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf die in der Fußnote der Anlage 3 zum AtG aufgeführten Anlagen zustimmungsfrei seien, ergebe sich im Umkehrschluss, dass Übertragungen auf nicht in der Fußnote genannte Anlagen zustimmungspflichtig seien. Die Auffassung der Beklagten, dass der Gesetzgeber bei zustimmungspflichtigen Übertragungsmöglichkeiten der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf andere als in der Fußnote der Anlage 3 genannten Kernkraftwerke eine entsprechende Regelung in die Fußnote hätte aufnehmen müssen, gehe über die Erfordernisse gesetzgeberischer Vorgaben offensichtlich hinaus. Ebenso wenig, wie in der Fußnote der Anlage 3 ausdrücklich geregelt sei, dass Übertragungen der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf die dort aufgeführten Anlagen zustimmungsfrei seien, habe es einer ausdrücklichen Regelung der zustimmungspflichtigen Übertragungsmöglichkeit auf sonstige Anlagen in der Fußnote der Anlage 3 bedurft. Diese Übertragungsmöglichkeit ergebe sich bereits mit hinreichender Bestimmtheit aus § 7 Abs. 1 d i.V.m. Abs. 1 b Satz 1 und 2 AtG. Bei der Verweisung in § 7 Abs. 1 d AtG auf Abs. 1 b Satz 1 bis 3 handele es sich nicht um eine undifferenzierte Inbezugnahme der Übertragungsmöglichkeit als solcher, sondern um eine bewusst - in Abgrenzung zu anderen in der Entwurfsfassung des § 7 Abs. 1 b AtG, Stand: 15.12.2000, beinhalteten und nicht in Bezug genommenen Regelungen - getroffene Entscheidung des Gesetzgebers. Mangels Ausweisung des Beginns des kommerziellen Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich in Anlage 3, Spalte 3 des AtG, bemesse sich die Differenzierung zwischen zustimmungsfreien und zustimmungspflichtigen Übertragungen nach der in der Fußnote der Anlage 3 enthaltenen Differenzierung.

Auch die historische Auslegung ergebe nichts anderes. Dem Ausstiegsgesetz liege die Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Grunde. In Ziffer II.5, 2. Absatz, Satz 1 der Konsensvereinbarung vom 14. Juni 2000 werde die Möglichkeit eingeräumt, die auf das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich entfallene Reststrommenge gemäß Ziffer II.4 auf andere Kernkraftwerke zu übertragen. In dieser Regelung sei die grundsätzliche Übertragungsmöglichkeit auf sämtliche anderen Kernkraftwerke enthalten. In Satz 1 des 2. Absatzes der Ziffer II.5 der Vereinbarung sei keine Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit auf bestimmte Kernkraftwerke beinhaltet; die Inbezugnahme von Ziffer II.4 der Vereinbarung bestätige die Möglichkeit zustimmungsfreier und zustimmungspflichtiger Übertragungen der Reststrommengen des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich. In Ziffer II.5, 2. Absatz, Satz 2 der Vereinbarung werde das bereits erzielte Einvernehmen hinsichtlich der Übertragungsmöglichkeit der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf die Kernkraftwerke Emsland oder andere neuere Anlagen sowie auf die Blöcke B und C des Kernkraftwerks Grundremmingen und Block B des Kernkraftwerks Biblis festgehalten. Dass insoweit - hinsichtlich dieser Anlagen - in Ziffer II.5, 2. Absatz, Satz 2 der Vereinbarung beinhaltete Einvernehmen mache eine nochmalige Zustimmung bei Reststrommengenübertragungen auf diese Anlagen entbehrlich; das für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich bereits mit der Vereinbarung erzielte Einvernehmen habe insoweit dieselbe Wirkung wie das in Ziffer II.4 der Vereinbarung für die sonstigen Anlagen festgehaltene Einvernehmen der Übertragungsmöglichkeit älterer auf neuere Anlagen. Entsprechend der Übertragung von Reststrommengen neuerer auf ältere Anlagen gemäß II.4 der Vereinbarung bedürfe damit die Übertragung von Reststrommengen des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf andere als die in Ziffer II.5, 2. Absatz, Satz 2 der Vereinbarung explizit genannten "Einvernehmens-Anlagen" einer nicht bereits in der Vereinbarung beinhalteten Zustimmung. Die Möglichkeit einer zustimmungspflichtigen Übertragung der Reststrommengen des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf andere als die Einvernehmensanlagen sei durch Ziffer II.5, 2. Absatz, Satz 1 der Vereinbarung geregelt. Die in der Ziffer II.5, 2. Absatz, Satz 1 der Vereinbarung enthaltene Möglichkeit zustimmungspflichtiger Übertragungen der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf andere als in Satz 2 genannte Anlagen werde durch Satz 2 nicht eingeschränkt. Der Satz 2 beinhalte eine Privilegierung bestimmter Übertragungen, jedoch keine Einschränkung des Satzes 1. Bei den in der amtlichen Begründung (BT-Drucksache 14/6890, Seite 21) angesprochenen Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten der Elektrizitätsmenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich handele es sich um die nicht zustimmungsfreien, sondern zustimmungsbedürftigen Übertragungsmöglichkeiten auf die nicht in der Fußnote der Anlage 3 des AtG genannten Anlagen. Diese einer Zustimmung bedürftigen Übertragungen beinhalteten für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich - in Übereinstimmung mit der Konsensvereinbarung stehende - Beschränkungen. Schließlich wäre ohne die Beschränkung einer zustimmungsfreien Übertragungsmöglichkeit auf die in Ziffer II.5 2. Absatz, Satz 2 der Konsensvereinbarung genannten und ebenso in der Fußnote der Anlage 3 des AtG aufgeführten Anlagen auf Grund der Stilllegung des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich eine zustimmungsfreie Übertragung der Elektrizitätsmengen dieses Kernkraftwerks auf sämtliche anderen Kernkraftwerke gemäß § 7 Abs. 1 b Satz 3 AtG möglich gewesen. Dies sei jedoch in der Konsensvereinbarung und auch in der Atomgesetznovelle anders, nämlich beschränkend, geregelt worden. Weitere Beschränkungen im Sinne eines vollständigen Ausschlusses der Übertragung der Elektrizitätsmenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf andere als die in der Fußnote der Anlage 3 des AtG genannten Anlagen ergäben sich aus der Kosensvereinbarung und damit auch aus der auf die Konsensvereinbarung rekurrierenden amtlichen Begründung nicht.

Mit § 7 Abs. 1 d i.V.m. 1 b AtG hätten die Inhalte der Konsensvereinbarung umgesetzt werden sollen. Diese sehe eine Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit der Reststrommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf die in Ziffer II.5 Absatz 2 Satz 2 der Vereinbarung aufgeführten Kernkraftwerke nicht vor. Jeder andere Inhalt der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 hätte den Interessen der RWE widersprochen. Mit der Konsensvereinbarung habe sich RWE in Ziffer II.5, 1. Absatz zur Rücknahme des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Genehmigungsantrags und zur Rücknahme der anhängigen zivilrechtlichen Schadensersatzklage gegen das Land Rheinland-Pfalz verpflichtet. Weiterhin sei eine Abgeltung sämtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit den Genehmigungsverfahren Mühlheim-Kärlich und damit der Ausschluss weiterer Schadensersatzansprüche auf Grund der Erteilung der rechtswidrigen ersten Teilerrichtungsgenehmigung neu vereinbart worden. Im Gegenzug sei RWE für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich eine Reststrommenge in Höhe von 107,25 TWh, entsprechend 50 % der Produktionsmenge bei einer angesetzten Laufzeit von 32 Jahren, zugesprochen worden. Der in der Konsensvereinbarung angelegten und im Atomgesetz entsprechend umgesetzten Beschränkung der zustimmungsfrei möglichen Übertragungen des Mühlheim-Kärlich-Kontingentes auf nur 6 Anlagen liege bereits eine über die Grundsatzregelung der vollständig zustimmungsfreien Übertragung bei gleichzeitiger Stilllegung der übertragenen Anlage gemäß § 7 Abs. 1 b Satz 3 AtG hinausgehende Beschränkung. Eine weitergehende Einschränkung der Rechte der RWE durch eine Beschränkung der überhaupt nur durch Übertragung nutzbaren Strommenge des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf 6 Anlagen sei nicht gewollt gewesen. Eine weitergehende Beschränkung der RWE durch eine nur begrenzte Übertragbarkeit der auf das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich entfallenden Reststrommenge wäre über die Risikoverteilung offensichtlich hinausgegangen und sei daher nicht vereinbart worden. Die Auffassung der Beklagten, dass die Verweisung in § 7 Abs. 1 d AtG auf die Anlage nur Sinn mache, wenn es sich um eine abschließende Verweisung auf die in der Fußnote genannten Anlagen handele, sei durch nichts begründet. Dass in der Fußnote der Anlage 3 für das Kernkraftwerk Biblis, Block B, eine zustimmungsfrei übertragbare Maximalmenge von 21,45 TWh geregelt sei, sei insoweit irrelevant. Ein auf das Alter des Kernkraftwerks Biblis, Block B, abstellender Interpretationsversuch hinsichtlich der Regelung einer beschränkten, zustimmungsfrei auf Biblis, Block B, übertragbaren Menge des Mühlheim-Kärlich-Kontingents überzeuge von vornherein nicht. Eine Vermutung, dass neuere Kernkraftwerke sicherer seien als ältere, existiere nicht. Dies werde bereits dadurch belegt, dass die Begrifflichkeiten neu und alt relativ seien und auch die zweitälteste Anlage von der ältesten Anlage zustimmungsfreie Übertragungen erführen.

Jedenfalls sei, so die Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, § 7 Abs. 1 d AtG im Hinblick auf Art. 14 und Art. 3 GG verfassungskonform im vorgenannten Sinne auszulegen.

Die Klage sei auch bei grundsätzlicher Übertragbarkeit der Reststrommengen des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf andere als in der Fußnote der Anlage 3 aufgeführten Anlagen nicht schon auf Grund eines Beurteilungs- und Ermessensspielraums der Beklagten abzuweisen. Bei der Zustimmungsentscheidung nach § 7 Abs. 1 b Satz 2 AtG handele es sich um eine Entscheidung im grundrechtsrelevanten Bereich und um eine gebundene Entscheidung. Voraussetzung einer Zustimmungsentscheidung sei die Betriebswirtschaftlichkeit der begehrten Übertragung, die originär von dem Kraftwerksbetreiber zu bewerten sei und sich einer behördlichen Überprüfung entziehe. Öffentliche Interessen stünden der begehrten Übertragung nicht entgegen.

Die Klägerin beantragt,

den ablehnenden Bescheid des BMU vom 01.08.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zustimmung zur Übertragung von 15 TWh des Reststrommengen-Kontingents der Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die von ihr zunächst erhobene Zuständigkeitsrüge mit Schriftsatz vom 07.09.2007 zurückgenommen. Zur Begründung ihres Abweisungsantrags macht die Beklagte im Wesentlichen geltend:

Nach der für die Übertragung von Elektrizitätsmengen des Kernkraftwerks Mühlheim-Kärlich geschaffenen speziellen gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 d dürfe die in Anlage 3, Spalte 2 aufgeführte Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke in diesen produziert werden. Das Wort "nur" verdeutliche, dass der Verweis auf die Anlage 3 abschließend sei. Weiterhin sei davon auszugehen, dass die Verweisung "dort" die in der Fußnote der Anlage 3 zu Mühlheim-Kärlich aufgeführten Kernkraftwerke meine. Zwar nehme § 7 Abs. 1 d die Fußnote zur Anlage 3 nicht ausdrücklich in Bezug. Grammatikalisch beziehe sich das Wort "dort" aber nicht auf die Liste aller Kernkraftwerke der Anlage 3. Der zweite Halbsatz des § 7 Abs. 1 d AtG nehme zunächst die "Anlage 3 Spalte 2" in Bezug. In der Spalte 2 der Anlage 3 selbst seien unmittelbar keine Anlagen, sondern Reststrommengen aufgeführt. Entscheidend sei insoweit die tabellarische Zuordnung der Reststrommenge von 107,25 TWh zu dem in der Spalte 1 der gleichen Zeile genannten Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich. Diese Zuordnung einer Reststrommenge von 107,25 TWh werde aber ergänzt durch die gesetzliche Fußnote zu Anlage 3 des Atomgesetzes, die integraler Bestandteil des Gesetzes sei und uneingeschränkt am Vorrang des Gesetzes teilhabe. Grammatikalisch und systematisch sinnvoll lasse sich die Verweisung in Abs. 1 d auf die "dort aufgeführten Kernkraftwerke" nur als Verweisung auf diejenigen Kernkraftwerke interpretieren, die in der Fußnote der Anlage 3 für Übertragungen der in der Anlage 3 Spalte 2 und der Fußnote der Anlage für das Kernkraftwerk aufgeführten Elektrizitätsmenge von 107,25 TWh aufgeführt seien. Entgegen der klar einschränkenden Formulierung ("Maßgabe", "nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke") enthielte der § 7 Abs. 1 d AtG keine Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten mehr, wenn die abschließende Inbezugnahme der "dort aufgeführten Kernkraftwerke" alle in der Tabelle der Anlage 3 aufgeführten Kernkraftwerke erfassen würde. Denn in der Tabelle der Anlage 3 seien neben dem Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich alle deutschen Kernkraftwerke aufgeführt, die bei Inkrafttreten der Ausstiegsnovelle noch zum Leistungsbetrieb berechtigt gewesen seien. Im Übrigen böte weder der Wortlaut des § 7 Abs. 1 d AtG noch der der Fußnote zu Anlage 3 irgendeinen Hinweis darauf, dass die Aufzählung in der Fußnote einer Differenzierung zwischen zustimmungsfreien und zustimmungsbedürftigen Übertragungen dienen solle. Auch ein systematischer Vergleich mit § 7 Abs. 1 b AtG spreche für die Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Fußnote, die ebenso wie § 7 Abs. 1 b Satz 1 AtG kein Zustimmungserfordernis enthalte, eine abschließende Regelung derjenigen Anlagen enthalten solle, auf die das Mülheim-Kärlich-Kontingent übertragen werden könne; zumal die Übertragungsmenge bezüglich Biblis B auch noch mengenmäßig beschränkt sei. Wenn die Fußnote der Anlage 3 für das Mülheim-Kärlich-Kontingent wirklich nur als Gegenstück zur Regelung der zustimmungsfreien Übertragung von anderen Anlagen in § 7 Abs. 1 b Satz 1 dienen sollte, hätte der Gesetzgeber die Fußnote um eine dem § 7 Abs. 1 b S. 2 AtG entsprechende Parallelregelung ergänzt und weitere Übertragungen mit Zustimmung des BMU ausdrücklich zugelassen.

Keiner der drei von § 7 Abs. 1 d AtG in Bezug genommenen Sätze 1 - 3 des Absatzes 1 b könne Übertragungen des Mühlheim-Kärlich-Kontingents auf andere Anlagen inhaltlich erfassen. Mangels Angabe eines Beginns des kommerziellen Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich in Anlage 3 lasse sich die Übertragung des Mülheim-Kärlich-Kontingents weder unter den Tatbestand des Absatzes 1 b Satz 1 (Übertragung "alt auf neu") noch unter dem Tatbestand des Absatzes 1 b Satz 2 (Übertragung "neu auf alt") subsumieren. Trotz der Stilllegung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich sei auch Satz 3 nicht einschlägig, weil diese Ausnahmevorschrift mit der Formulierung "die Zustimmung nach Satz 2 ist nicht erforderlich, wenn" das Zustimmungserfordernis nur für bestimmte von Satz 2 erfasste Fälle entfallen lasse. Gemeinsam sei den in § 7 Abs. 1 b AtG aufgezählten Vorschriften lediglich die in Bezug genommene Übertragungsmöglichkeit. Im Hinblick darauf, dass die Übertragung in § 7 Abs. 1 d in Verbindung mit der Fußnote zu Anlage 3 AtG abschließend geregelt sei, beziehe sich der Verweis in Abs. 1 d auf die Übertragungsmöglichkeit als gemeinsame Rechtsfolge der genannten Vorschrift und sei somit systematisch als Rechtsfolgeverweisung anzusehen. Dies gelte auch für den ferner in Bezug genommenen § 7 Abs. 1 c Satz 1 Nr. 3 AtG, der nach vorgenommener Übertragung (hier im Sinne von § 7 Abs. 1 d AtG) als Rechtsfolge die Mitteilung der Übertragung verlange.

Dieser Befund werde durch die Entstehungsgeschichte der AtG-Novelle bestätigt. Der Umstand, dass in der Verweisungskette des § 7 Abs. 1 d bei Absatz 1 b ausdrücklich die Sätze 1 - 3 in Bezug genommen würden, obwohl der Absatz 1 b nur aus drei Sätzen bestehe und deshalb eine Bezugnahme auf Abs. 1 b allein ausreichend gewesen wäre, erkläre sich daraus, dass zu einem früheren Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens ein Entwurf des § 7 Abs. 1 b AtG weitere zwei Sätze vorgesehen habe, die das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb beinhalteten und nunmehr durch Ergänzung des Absatzes 1 a Satz 1 ersetzt worden seien.

In der Gesetzesbegründung heiße es, Absatz 1 d setze in Verbindung mit der neuen Anlage 3 zum AtG die Vereinbarung vom 14.06.2000 zu Mülheim-Kärlich, einschließlich der Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten, um. "Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten" könne im Sinne von Absatz 1 d in Verbindung mit Anlage 3 sinnvoll nur so verstanden werden, dass hiermit die Beschränkung der Übertragung im Sinne der Fußnote zu Anlage 3 gemeint sei. Dies lege auch die Konsensvereinbarung nahe. Im Hinblick darauf, dass in Ziffer II.4 bereits zwischen unproblematischen Übertragungen von alt auf neu einerseits und den prüfungspflichtigen Übertragungen von neu auf alt andererseits unterschieden worden sei, könne insbesondere der Absatz 3 der Ziffer II.5 nur dahingehend verstanden werden, dass hier eine abschließende Regelung der Übertragungsmöglichkeiten von Mühlheim-Kärlich getroffen werden sollte. Denn die Vereinbarung regele ausdrücklich die Übertragung "auf das Kernkraftwerk Emsland und andere neuere Anlagen" sowie auf bestimmte namentlich bezeichnete andere, d. h. ältere Anlagen. Bei den älteren Anlagen sei bereits in Ziffer II.5 der Konsensvereinbarung eine Übertragung nur auf bestimmte, aber nicht auf alle Anlagen vorgesehen, an denen die RWE Power AG beteiligt sei. Die Regelung in der Fußnote der Anlage 3 bezeichnete nicht nur ausdrücklich Kernkraftwerke, auf die eine Übertragung, ohne dass eine Zustimmungsbedürftigkeit erwähnt werde, möglich sei. Auch hier sei - wie in der Ziffer II.5 - explizit eine Regelung für "neuere Anlagen sowie" für bestimmte andere, d. h. ältere Anlagen vorgenommen worden, wobei hinsichtlich Biblis B entgegen der sonstigen Kriterien sogar eine mengenmäßige Begrenzung der Übertragungsmöglichkeit fixiert sei. Die strenge Indikativformulierung des Absatzes 3 in Ziffer II.5 ("Es besteht Einvernehmen, dass diese Strommenge auf das KKW Emsland oder... auf das Kernkraftwerk Biblis B übertragen werden") schließe die Interpretation aus, dass RWE zusätzlich noch die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, mit Zustimmung der Monitoring-Gruppe auch noch weitere Strommengenübertragungen auf ältere Anlagen vorzunehmen.

Die Gesetzesmaterialien belegten weiterhin, dass alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten davon ausgegangen seien, dass eine Stromproduktion im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bereits aufgrund der Rücknahme des Genehmigungsantrags durch die REW-Power AG ausgeschlossen sei. Auch für den historischen Gesetzgeber habe der § 7 Abs. 1 d AtG daher nicht die Funktion gehabt, die Erteilung einer Errichtungs- oder Betriebsgenehmigung oder unmittelbar die Stromproduktion im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zu verbieten. Vielmehr habe der Gesetzgeber durch Abs. 1 d in Verbindung mit der neuen Anlage 3 zum Atomgesetz eine die Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Mülheim-Kärlich umsetzende Regelung der Übertragungsmöglichkeit treffen wollen.

Auch der Sinn und Zweck der Regelungen spreche für die Gesetzesauslegung der Beklagten. Die Verweisung in § 7 Abs. 1 d AtG auf die Anlage 3 habe nur Sinn, wenn sie als abschließende Verweisung auf die in der Fußnote namentlich bezeichneten Kernkraftwerke verstanden werde, auf die gemäß der dort getroffenen Regelung die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Elektrizitätsmenge übertragen werden könne. Dies werde u. a. auch durch die strikte TWh-Begrenzung der Übertragungsmöglichkeit auf Biblis B deutlich. Der durch die AtG-Novelle 2002 normierte sogenannte "Atomkonsens" folge dem Leitbild einer Beendigung eines kommerziellen Leistungsbetriebes der Kernkraftwerke nach jeweils in der Regel ca. 32 Jahren einerseits und dem aus sicherheitspolitischen Überlegungen folgenden Primat der Elektrizitätsmengen-Übertragung von alten auf neue Kernkraftwerke andererseits. Der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 1 b AtG liege die Vermutung zugrunde, dass neuere Kernkraftwerke im Zweifel sicherer als ältere seien. Der Vergleich mit den übrigen, in der Fußnote zur Anlage aufgeführten Kernkraftwerke zeige, dass Biblis B den kommerziellen Leistungsbetrieb deutlich früher aufgenommen habe und dementsprechend auch eine geringere Elektrizitätsmenge eingeräumt bekommen habe. Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig gewesen, dass die Verhandlungspartner der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 und der diese Regelung mit Vergleichscharakter umsetzende Gesetzgeber die Übertragungsmöglichkeit von Mülheim-Kärlich auf Biblis B mengenmäßig begrenzt hätten, um das dem Konsens zugrundeliegende Leitbild im oben beschriebenen Sinne in einem Rahmen eines umfassenden Ausgleichs der gegenläufigen Interessen zu berücksichtigen.

Im Vorfeld der gesetzlichen Regelung sei lediglich streitig gewesen, ob die beabsichtigte Restlaufzeitenregelung als eine entschädigungspflichtige Enteignung oder als Element einer Eigentumsinhalts(neu)bestimmung zu betrachten sei. Mühlheim-Kärlich sei ein Sonderfall, der eine abweichende Regelung der Übertragungsmöglichkeiten auch im Hinblick auf Art. 3 GG rechtfertige.

Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Verpflichtungsklage der Klägerin selbst dann abzuweisen wäre, wenn man sich der klägerischen Auffassung anschlösse, dass das Bundesumweltministerium durch § 7 Abs. 1 d i.V.m. Abs. 1 b S. 2 AtG grundsätzlich ermächtigt werde, im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Strommengenübertragungen auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel zuzustimmen. Im Atomrecht gebe es einen allgemein anerkannten Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Exekutive, der auch bei dieser Auslegung des § 7 Abs. 1 b S. 2 AtG zum Tragen kommen müsse. Gesichtspunkte für eine Reduzierung des behördlichen Beurteilungs- und Ermessensspielraums auf Null würden weder vorgetragen noch seien sie im vorliegenden Rechtsstreit ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagte (die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Das Gericht ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits sachlich und örtlich zuständig.

Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die u. a. den Betrieb von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9 a Abs. 3 des AtG betreffen. Die Frage der begehrten Zustimmung zur Übertragung von Elektrizitätsmengen betrifft eine Streitigkeit über die Berechtigung zum Leistungsbetrieb (§ 7 Abs. 1 a S. 1 AtG). Der Leistungsbetrieb ist ein Unterfall des (allgemeinen) Betriebes einer Anlage. Mit der Wirksamkeit der Übertragung von Elektrizitätsmengen verlängert sich die Dauer der Berechtigung zum Leistungsbetrieb der aufnehmenden Anlage. Dass dies im Hinblick auf das Erlöschen der Betriebsberechtigung erst relevant wird, wenn die in Anlage 3 Spalte 2 für die Anlage aufgeführte Elektrizitätsmenge produziert ist, ist insoweit ohne Belang (siehe im Übrigen VGH Baden Württemberg, Beschluss vom 20.08.2007, - 10 S 690/07 - und Hessischer VGH, Beschluss vom 30.08.2007, - 6 A 883/07 -).

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts. Nach § 52 Nr. 1 VwGO ist in Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, nur das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt. Die Übertragung von Elektrizitätsmengen ist kein lediglich abstrakter Vorgang. Sinn und Zweck der Übertragung von Elektrizitätsmengen ist die Produktion dieser Mengen in einer bestimmten Anlage mit der Folge, dass sich die Dauer der Berechtigung zum Leistungsbetrieb sowohl der abgebenden als auch der aufnehmenden Anlage ändert. Die begehrte Zustimmung wird ausschließlich und allein im Hinblick auf eine bestimmte Anlage erteilt. Zwar ist für die Frage der Zustimmungserforderlichkeit (siehe § 7 Abs. 1 b S. 1 und 2 AtG) auch von Bedeutung, von welcher Anlage Elektrizitätsmengen übertragen werden sollen, Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Zustimmung, nach der Zielsetzung der Novelle des AtG vom 22.04.2002 (- BGBl. I S. 1351 -), die gewerbliche Kernenergienutzung geordnet zu beenden (BT-Drs. 14/6890 S. 13), ist jedoch nicht die Reduzierung der Dauer der Berechtigung zum Leistungsbetrieb der abgebenden Anlage, sondern allein die Verlängerung des Leistungsbetriebs der aufnehmenden Anlage problematisch. Deshalb ist für die örtliche Zuständigkeit die Belegenheit der aufnehmenden Anlage maßgeblich (so auch VGH Baden Württemberg, a.a.O. und Hessischer VGH, a.a.O. im Ergebnis).

Die Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung zur Übertragung von Elektrizitätsmengen vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel, weil das Atomgesetz in der Fassung des Gesetzes zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22.04.2002 (so genanntes Ausstiegsgesetz) eine derartige Übertragung nicht zulässt.

Nach § 7 Abs. 1 d AtG gelten für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich Abs. 1 a S. 1, Abs. 1 b S. 1 - 3 und Abs. 1 c S. 1 Nr. 3 AtG mit der Maßgabe, dass die in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführte Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke in diesen produziert werden darf.

Durch die Maßgabe ist die Geltung der in Bezug genommenen Vorschriften modifiziert. Sie können, soweit die Übertragung von Elektrizitätsmengen vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf andere Kernkraftwerke in Rede steht, nur Geltung beanspruchen, soweit die Maßgabe dem nicht entgegensteht.

Die Maßgabe schließt eine Übertragung von Elektrizitätsmengen vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel aus.

Die Auffassung der Klägerin, die Maßgabe regele für sich genommen allein, dass eine Produktion der auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich entfallenden Reststrommenge im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich ausgeschlossen sei und daher nur nach Übertragung auf andere Kernkraftwerke genutzt werden könne, begegnet bereits Zweifeln. Hätte der Gesetzgeber, ungeachtet dessen, dass nach § 7 Abs. 1 S. 2 AtG für die Errichtung und den Betrieb von Kernkraftwerken keine Genehmigungen (mehr) erteilt werden und der Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes eine vollständige nach § 7 Abs. 1 AtG für den Betrieb des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich erforderliche Genehmigung nicht vorlag, vielmehr der Genehmigungsantrag, soweit noch nicht endgültig beschieden, zurückgenommen sowie ein Antrag auf Stilllegung und Erteilung einer ersten Abbruchgenehmigung gestellt war, nur ausschließen wollen, dass die in der Anlage 3 dem Kernkraftwerk gleichwohl zugeordnete Strommenge nicht dort produziert wird, wäre es ausreichend gewesen, dies durch ein Verbot zu regeln. Der gewählten Formulierung ist ein solches Verbot erst im Umkehrschluss zu entnehmen. Positiv regelt die Formulierung die Produktion nur in den dort (in der Anlage 3) aufgeführten Kernkraftwerken nach Übertragung. Dies deutet zumindest darauf hin, dass für den Gesetzgeber die Frage, in welchen Kernkraftwerken die dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zugeordnete Elektrizitätsmenge produziert werden darf, im Vordergrund stand.

Die Anlage 3 soll den Regelungsgehalt des § 7 Abs. 1 a AtG ergänzen. Dies folgt bereits aus ihrer Überschrift. Soweit allerdings für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich, abgesetzt von den übrigen aufgeführten Anlagen, eine Reststrommenge ausgewiesen ist, kann darin nur eine Ergänzung des § 7 Abs. 1 d AtG gesehen werden, weil (spätestens) durch die Maßgabe in § 7 Abs. 1 d AtG eine Produktion dieser Strommenge im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich ausgeschlossen wird und daher die Regelung des § 7 Abs. 1 a S. 1 AtG (Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb mit Produktion der aufgeführten oder übertragenen Elektrizitätsmenge) auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich keine unmittelbare Anwendung finden kann.

Bei isolierter Betrachtung der in der Anlage 3 für Mülheim-Kärlich getroffenen Regelung ergibt sich ohne weiteres, dass eine Übertragung der für dieses Kernkraftwerk aufgeführten Strommenge auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel ausgeschlossen ist. Nach der amtlichen Anmerkung (Fußnote) kann diese Strommenge auf die genannten Kernkraftwerke übertragen werden. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass eine Übertragung auf andere Kernkraftwerke, zu denen auch das Kernkraftwerk Brunsbüttel gehört, nicht möglich ist. Für die Annahme, dass in der Fußnote abschließend geregelt ist, auf welche Anlagen das Mülheim-Kärlich-Kontingent übertragen werden darf, spricht auch die Beschränkung der übertragbaren Elektrizitätsmenge in Höhe von maximal 21,45 TWh auf das Kernkraftwerk Biblis B. Da sich die Frage nach einer vergleichenden Sicherheitsanalyse von abgebendem und aufnehmendem Kernkraftwerk bei Übertragung von Elektrizitätsmengen vom stillgelegten Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich nicht stellt und auch betriebswirtschaftliche Überlegungen in diesem Verhältnis keine Rolle spielen können, macht die Beschränkung nur einen Sinn, wenn damit die Obergrenze der übertragbaren Menge auf das Kernkraftwerk Biblis B festgelegt wird. Hier stand für den Gesetzgeber ersichtlich das von ihm verfolgte Interesse einer alsbaldigen Stilllegung des relativ alten Kernkraftwerkes, das bereits 1977 den Leistungsbetrieb aufgenommen hat, im Vordergrund, dem die Möglichkeit weiterer (zustimmungsbedürftiger) Übertragungen von Elektrizitätsmengen des Mühlheim-Kärlich-Kontingents von Vornherein zuwiderlaufen würde.

Auch wenn man die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in der Anlage 3 getroffene Regelung im Zusammenhang mit der Maßgabe betrachtet, wird dieses Ergebnis bestätigt.

Nach der Maßgabe darf die in Anlage 3 Spalte 2 dem Kernkraftwerk zugeordnete Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die "dort" aufgeführten Kernkraftwerke in "diesen" produziert werden.

Richtig ist, dass der Gesetzgeber auf eine ausdrückliche Bezugnahme auf die in der Anlage 3 Spalte 1 oder die in der Fußnote zu Mülheim-Kärlich aufgeführten Kernkraftwerke verzichtet hat. Dies wäre zur Klarstellung und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten wünschenswert gewesen. Entscheidend für die Wortlautinterpretation ist jedoch, dass die Maßgabe allein das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich betrifft und sich - zunächst - eindeutig allein auf die in der Anlage 3 Satz 2 für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Elektrizitätsmenge bezieht. Sie nimmt mithin nicht allgemein die Anlage 3, sondern die vorletzte Zeile der Anlage in Bezug, in der auch die Fußnote verortet ist, die wiederum - wie die Maßgabe - auf die für Mülheim-Kärlich aufgeführte Reststrommenge in Spalte 2 Bezug nimmt. Wenn es dann weiter in der Maßgabe heißt, dürfen nur nach Übertragung "auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke" in "diesen" produziert werden, können damit nur die in der Fußnote aufgeführten Kernkraftwerke gemeint sein.

Zudem sind sämtliche Kernkraftwerke, die sich in der Bundesrepublik im Leistungsbetrieb befinden, in der Spalte 1 der Anlage 3 aufgeführt. Nur auf die im Leistungsbetrieb noch befindlichen Kernkraftwerke kommt eine Übertragung von Elektrizitätsmengen überhaupt in Betracht. Deshalb wäre es nicht erforderlich gewesen, ausdrücklich auf die dort (in der Anlage 3) aufgeführten Kernkraftwerke Bezug zu nehmen, wenn damit nicht ausschließlich die in der Fußnote genannten gemeint sein sollten. Ausreichend wäre vielmehr die schlichte Regelung gewesen, dass die dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zugeordnete Elektrizitätsmenge nur in "anderen Kernkraftwerken" produziert werden darf, wobei es einer Zustimmung zur Übertragung im Hinblick auf die in der Fußnote genannten Kernkraftwerke nicht bedarf. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber aber gerade nicht getroffen.

Diese Wortlautinterpretation kann nicht im Hinblick auf die Geltungsanordnung der Absätze 1 a Satz 1, 1 b Sätze 1 - 3 und 1 c S. 1 Nr. 3 in § 7 Abs. 1 d AtG durchgreifend in Zweifel gezogen werden.

Zu der vom Wortlaut der Maßgabe in § 7 Abs. 1 b AtG in Verbindung mit der Anlage 3 nicht gedeckten Auffassung, dass in der Fußnote nur die Kernkraftanlagen genannt seien, auf die die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Reststrommenge ohne Zustimmung übertragen werden könne, Übertragungen auf andere Kernkraftwerke aber mit Zustimmung möglich seien, gelangt die Klägerin allein deshalb, weil sie vorab aus der Bezugnahme speziell auf den § 7 Abs. 1 b S. 2 AtG den Schluss zieht, dass auch im Hinblick auf die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich aufgeführte Reststrommenge Übertragungen auf andere Kernkraftwerke einerseits zustimmungsfrei und andererseits zustimmungsbedürftig möglich sein müssen. Dabei wird bereits vom Ansatz her verkannt, dass -wie ausgeführt - die Maßgabe die in Bezug genommenen Vorschriften modifiziert und nicht die Maßgabe durch die Inbezugnahme eine Veränderung erfährt.

Die Bezugnahme auf die Regelungen der Absätze 1 a Satz 1, 1 b Sätze 1 - 3 und 1 c Satz 1 Nr. 3 in § 7 Abs. 1 d AtG kann nur dahingehend verstanden werden, dass das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in das System der Laufzeitbegrenzung in Abhängigkeit von der in der Anlage 3 Spalte 2 aufgeführten oder übertragenen Elektrizitätsmengen als abgebendes Kernkraftwerk eingebunden wird. Dies folgt aus folgenden Überlegungen:

Wie bereits ausgeführt ist eine unmittelbare Anwendung der Regelung des § 7 Abs. 1 a S. 1 AtG auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich - wenn nicht schon wegen Fehlens einer vollständigen nach § 7 Abs. 1 S. 1 AtG erforderlichen Genehmigung gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 AtG - spätestens aufgrund der Maßgabe des § 7 Abs. 1 d AtG ausgeschlossen. § 7 Abs. 1 a S. 1 AtG regelt das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb mit der Produktion der in Anlage Spalte 2 aufgeführten bzw. übertragenen Elektrizitätsmenge. Wenn die für das Kernkraftwerk Mülheim aufgeführte Reststrommenge dort nicht produziert werden darf, stellt sich die Frage des Erlöschens der Berechtigung zum Leistungsbetrieb infolge Produktion der Reststrommenge von vornherein nicht. Sinn macht die Inbezugnahme dieser Regelung des § 7 Abs. 1 a S. 1 AtG nur deshalb, weil es sich hierbei um eine Grundnorm handelt, mit der das System der Laufzeitbegrenzung in das Gesetz eingeführt wird. Für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich ist diese Einordnung in das System nur insoweit relevant, als auch ihm eine Restmenge zugeordnet ist, die allerdings nur in anderen Kernkraftwerken nach Übertragung produziert werden kann und demzufolge für deren Laufzeit von Bedeutung ist.

Entsprechende Erwägungen gelten auch für die Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 b Sätze 1 - 3 AtG.

§ 7 Abs. 1 b Atomgesetz regelt die Übertragung von Strommengen und zwar in Satz 1 die Übertragung von "älteren auf neuere" Kernkraftwerke ohne Zustimmungserfordernis, in Satz 2 die Übertragung von "neueren auf ältere" Kernkraftwerke mit Zustimmung des BMU im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie in Satz 3 die Übertragung von stillgelegten Anlagen auf alle (im Leistungsbetrieb befindlichen) Kernkraftwerke ohne Zustimmungserfordernis.

Aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf die einzelnen Sätze des § 7 Abs. 1 b AtG kann nicht gefolgert werden, dass auch jeder der drei in Bezug genommenen Sätze auf das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich (entsprechende) Anwendung finden soll.

Die Begründung dafür, dass in § 7 Abs. 1 d AtG auf § 7 Abs. 1 b Sätze 1 - 3 AtG und nicht lediglich auf § 7 Abs. 1 b AtG verwiesen wird, obwohl der Absatz nur diese drei Sätze enthält, ist darin zu sehen, dass in einer früheren Entwurfsfassung des Ausstiegsgesetzes § 7 Abs. 1 b fünf Sätze hatte, wobei die Sätze 4 und 5 speziell das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb bei Strommengenübertragung zum Gegenstand hatte, mithin für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich irrelevant waren. Nach Streichung der Sätze 4 und 5 in § 7 Abs. 1 b AtG infolge der Ergänzung "oder die sich aufgrund von Übertragungen nach Abs. 1 b ergebende Elektrizitätsmenge" in § 7 Abs. 1 a S. 1 AtG ist der Verweis auf § 7 Abs. 1 b Sätze 1 - 3 AtG redaktionell nicht verändert worden. Irgendwelche Rückschlüsse lassen sich deshalb aus der ausdrücklichen Benennung auch des § 7 Abs. 1 b S. 2 AtG nicht ziehen. Weiterhin ist zu bedenken, dass die in Bezug genommenen drei Sätze des § 7 Abs. 1 b AtG nicht nebeneinander gelten können. Insoweit bedarf es nicht der Vertiefung, dass im Fall der Übertragung von Strommengen vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich es nicht darauf ankommen kann, ob das aufnehmende Kernkraftwerk "neuer" oder "älter" im Sinne des § 7 Abs. 1 b Sätze 1 und 2 ist, weil in der Anlage 3 für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich kein Zeitpunkt des Beginns des kommerziellen Leistungsbetriebes genannt ist. Auch die Klägerin geht davon aus, dass es nicht auf die Unterscheidung der Übertragung im Sinne von "alt auf neu" und "neu auf alt" ankommt. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass die Maßgabe des § 7 Abs. 1 d AtG die Regelungen des § 7 Abs. 1 b Sätze 1 und 2 AtG dahingehend modifiziert, dass auf die in der Fußnote genannten Anlagen ohne und die anderen Anlagen mit Zustimmung Strommengen übertragen werden können, mithin sowohl Satz 1 als auch Satz 2 (entsprechende) Anwendung finden können. Diese Auffassung blendet aus, dass nach § 7 Abs. 1 d AtG auch § 7 Abs. 1 b S. 3 gelten soll. Satz 3 ist eine Ausnahmeregelung zu Satz 2, nach der eine Zustimmung zur Übertragung von Strommengen dann nicht erforderlich ist, wenn die abgebende Anlage den Leistungsbetrieb dauerhaft einstellt und ein Antrag auf Stilllegung der Anlage gestellt worden ist. Trotz der Geltungsanordnung sowohl des Satzes 2 als auch des Satzes 3 muss daher eine der Regelungen leer laufen, weil sich ihre Anwendungsbereiche ausschließen.

Sachnäher erscheint im Übrigen die entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 b S. 3 AtG, weil der kommerzielle Leistungsbetrieb des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich spätestens mit der Maßgabe in § 7 Abs. 1 d AtG ausgeschlossen wird und zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Ausstiegsgesetzes vom 22.04.2002 der Antrag vom 12.06.2001 zur Stilllegung der Anlage gestellt war. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 3 AtG kommt dem Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebes sowohl der abgebenden als auch der aufnehmenden Anlage keine Bedeutung mehr zu, weil in den Fällen der Stilllegung der abgebenden Anlage auch ohne Zustimmung Strommengen von "neu auf alt" übertragen werden können. Ob die Vorschrift des § 7 Abs. 1 b S. 3 AtG "einschlägig" für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich ist, bedarf keiner Entscheidung, weil sie nach § 7 Abs. 1 d AtG ebenso wie § 7 Abs. 1 b S. 2 AtG "gilt", allerdings nur mit der nachfolgend geregelten Maßgabe. Bezieht man die Maßgabe in Verbindung mit der Anlage 3 auf § 7 Abs. 1 b S. 3 AtG, kann die Fußnote nur in der Weise verstanden werden, dass abweichend von § 7 Abs. 1 b S. 3 AtG nur auf die genannten Anlagen Strommengen vom Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich übertragen werden können, ansonsten ergibt sie keinen Sinn. Jedenfalls stellt sich im Rahmen des § 7 Abs. 1 b S. 3 AtG nicht die Frage nach der Unterscheidung zwischen zustimmungsbedürftigen und zustimmungsfreien Übertragungen.

Nach Auffassung des Senats ist es jedoch verfehlt, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe bei der Geltungsanordnung des § 7 Abs. 1 b Sätze 1 - 3 AtG differenziert auf jeden der drei Sätze Bezug nehmen wollen, ungeachtet der unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen und der damit verbundenen Nichtanwendbarkeit einer der in Bezug genommenen Regelungen schon zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses. Der Sinn der Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 b ist vielmehr allein darin zu sehen, dass diese Vorschrift Übertragungen von Reststrommengen mit der Folge der Laufzeitverlängerung der aufnehmenden Anlage überhaupt erst zulässt und deshalb die Bezugnahme erforderlich war, um auch das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in das System flexibler Laufzeiten als abgebendes Kernkraftwerk einzubeziehen.

Die Auffassung, dass die für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich in der Anlage 3 aufgeführte Reststrommenge nur in den in der Fußnote genannten Kernkraftwerken nach Übertragung produziert werden darf, findet in der Gesetzesbegründung und der Historie ihre Bestätigung.

Die Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1 d AtG lautet: "Absatz 1 d setzt in Verbindung mit der neuen Anlage 3 zum Atomgesetz die Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Mülheim-Kärlich, einschließlich der Beschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten, um" (BT-Drs. 14/6890 S. 21). Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass § 7 Abs. 1 d AtG in Verbindung mit der Anlage 3 die Möglichkeiten der Übertragung im Falle Mülheim-Kärlich einschränkt. Die Auffassung der Klägerin, auf die in der Fußnote genannten Kraftwerke könnten Strommengen ohne Zustimmung, auf andere - nicht genannte - Kernkraftwerke mit Zustimmung übertragen werden, würde im Hinblick auf die Sätze 1 und 2 des § 7 Abs. 1 b AtG, auf die sich die Klägerin maßgeblich in ihrer Argumentation stützt, keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung bedeuten. In der Fußnote werden mit Gundremmingen B und C sowie Biblis B zweifelsfrei zwei Kernkraftwerke genannt, die älter als das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich sind. Mülheim-Kärlich ist vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.09.1988 (- 7 C 3.86 -, BVerwGE 80, 207), mit der die erste Teilerrichtungsgenehmigung aufgehoben wurde, nur kurzfristig für einige Monate in Betrieb gewesen, während nach der Anlage 3 Gundremmingen B und C schon 1984/85 und Biblis B bereits 1977 den kommerziellen Leistungsbetrieb aufgenommen haben. Die Fußnote der Anlage 3 erweitert mithin abweichend von § 7 Abs. 1 b Sätze 1 und 2 AtG eindeutig den Kreis der Kernkraftwerke, auf die Strommengen von Mühlheim-Kärlich ohne Zustimmung übertragen werden können. Wenn daneben die Möglichkeit besteht, auf dort nicht genannte Kernkraftwerke auch Strommengen mit Zustimmung zu übertragen, hätte der Gesetzgeber sein Vorhaben, die Übertragungsmöglichkeiten zu beschränken, verfehlt. Nur wenn die Fußnote die Übertragungsmöglichkeiten abschließend regelt, ist eine Beschränkung - und zwar sowohl im Hinblick auf § 7 Abs. 1 b Sätze 1 und 2 als auch auf Satz 3 AtG - gegeben.

Aus der Historie folgt ebenfalls, dass die Übertragungsmöglichkeiten für Mülheim-Kärlich in der Fußnote der Anlage 3 abschließend geregelt sind.

Nach der sogenannten Konsensvereinbarung vom 14. Juni 2000 zu Mülheim-Kärlich, die nach der Gesetzesbegründung durch die Regelung des § 7 Abs. 1 d AtG umgesetzt wird, erhält RWE gemäß Ziffer II.5, Abs. 2 die Möglichkeit, entsprechend der Vereinbarung 107, 25 TWh gemäß Ziffer II.4 auf andere Kernkraftwerke zu übertragen. Hätte es dabei seinen Bewenden gehabt, würden für die Übertragung der Mülheim-Kärlich zugestandenen Reststrommenge keine Besonderheiten gelten. In Ziffer II.4 Abs. 1 ist die generelle Übertragbarkeit von Strommengen (Produktionsrechte) vereinbart worden. Nach Ziffer II.4 Abs. 2 der Vereinbarung bestand zwischen den Verhandlungspartnern darüber hinaus Einvernehmen hinsichtlich der Übertragungsmodalitäten, die durch die Vorschrift des § 7 Abs. 1 b Atomgesetz im Wesentlichen umgesetzt wurden. Auch wenn in Ziffer II.5 Abs. 2 auf Ziffer II.4 Bezug genommen wird, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Mülheim-Kärlich zugeordnete Strommenge von 107,25 TWh auf alle anderen Kernkraftwerke gegebenenfalls im Einvernehmen zwischen den Verhandlungspartnern im Rahmen der sogenannten Monitoring-Gruppe (so Ziffer II.4 Abs. 2 für die Übertragung von neu auf alt) übertragen werden kann. Dem steht Ziffer II.5 Abs. 3 entgegen. Danach wurde weiterhin Einvernehmen erzielt, dass diese Strommenge (damit kann nur die in Abs. 2 genannte Menge von 107,25 TWh gemeint sein) auf das Kernkraftwerk Emsland oder andere neuere Anlagen sowie auf die Blöcke B und C des KKW Gundremmingen und maximal 20 % auf das KKW Biblis B übertragen werden. Damit ist eindeutig vereinbart, dass die gesamte dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zugeordnete Elektrizitätsmenge auf die genannten Kernkraftwerke übertragen wird. Für die Übertragung auf andere nicht genannte Kernkraftwerke verbleibt keine Elektrizitätsmenge. Es heißt auch - anders als in der Fußnote zur Anlage - nicht "kann" übertragen, sondern "werden" übertragen. Damit ist der Umkehrschluss, können auch auf andere, nicht genannte Kernkraftwerke (im Einvernehmen) übertragen werden, unmöglich. Für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich ist mithin ein abschließendes Einvernehmen erzielt worden, dass durch die Regelung des Absatzes 1 d in Verbindung mit der Anlage 3 1 : 1 umgesetzt wurde.

Weitere Überlegungen im Rahmen einer teleologischen Auslegung führen kaum weiter. Der Normzweck des § 7 Abs. 1 d AtG liegt lediglich darin, die Übertragungsmöglichkeiten der dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich und damit der RWE zugestandenen Reststrommenge zu regeln. In welcher Weise er diese Übertragungsmöglichkeiten geregelt hat, ist gerade streitig. Der Gesetzgeber sieht die Übertragung von Elektrizitätsmengen von "alt auf neu" offensichtlich (siehe § 7 Abs. 1 b Satz 1 AtG) als unproblematisch, die Übertragung von "neu auf alt" dagegen als problematisch an (§ 7 Abs. 1 b Satz 2 AtG). Von daher ergibt es Sinn, die Übertragung der dem Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich vergleichsweise zugestandenen Strommenge auf neue Kernkraftwerke zu beschränken. Gleichwohl lässt die Regelung des § 7 Abs. 1 d AtG - wie ausgeführt - jedenfalls eine Übertragung auch auf die zwei älteren Kernkraftwerke (Gundremmingen B und C und Biblis B) zu. Warum der Gesetzgeber diese Regelung getroffen hat, ist eindeutig. Er wollte die Konsensvereinbarung umsetzen, die schon diese Kraftwerke zweifelsfrei in den Kreis der aufnehmenden Kernkraftwerke einbezogen hat. Damit erschöpft sich der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 d AtG. Fraglich könnte allenfalls sein, ob es - ungeachtet des nach Auffassung des Senats eindeutigen Wortlauts der Ziffer II.5 Abs. 3 der Konsensvereinbarung - nach Sinn und Zweck der Vereinbarung die Möglichkeit der Übertragung von Strommengen von Mülheim-Kärlich auf weitere ältere Kernkraftwerke offen gelassen wurde, mithin noch kein abschließendes Einvernehmen hinsichtlich der Übertragungsmöglichkeiten bestand. Auch dies führt jedoch nicht weiter, weil die Vereinbarung eine Konsensvereinbarung ist, mit der u. a. auch das "Problem" Mühlheim-Kärlich erledigt werden sollte. Die Vereinbarung ist mithin eine Art Vergleich, der den unterschiedlichen Interessen der Verhandlungspartner bei gegenseitigem Nachgeben Rechnung trägt. Insoweit kann nur festgestellt werden, dass ein Interessenausgleich stattgefunden hat, indem RWE eingeräumt wurde, Strommengen auch auf mindestens zwei ältere Anlagen übertragen zu können, an denen RWE mehrheitlich beteiligt ist, während es ansonsten bei dem von der Bundesregierung favorisierten Grundsatz der vorrangigen Übertragung von "alt auf neu" verblieben ist. Selbst wenn einer der Beteiligten vom Inhalt der Konsensvereinbarung bzw. ihrem Sinn und Zweck eine andere Vorstellung gehabt haben sollte, ist dies für die Auslegung des Gesetzes nicht von Bedeutung. Auch wenn es die erklärte Absicht des Gesetzgebers war, die Konsensvereinbarung umzusetzen, tritt die Vereinbarung nicht an die Stelle des Gesetzes. Entscheidend kann daher nur sein, welchen Sinn und Zweck das Gesetz nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (der Gesetzentwurf wurde von den Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht) hat. Insoweit sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Auffassung der Klägerin stützen. Bundeskanzleramt und Wirtschaftsministerium sind ebenso wie das Bundesumweltministerium nicht der Gesetzgeber.

Schließlich ist auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 7 Abs. 1 b AtG im Sinne der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung nicht geboten.

Der Senat teilt die Auffassung der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/6890 Seite 15 ff.), nach der die gesetzlichen Regelungen des Aufstiegsgesetzes eine angemessene und zumutbare Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG) sind. Die Laufzeitbegrenzungen gemäß § 7 Abs. 1 a AtG und die Einschränkungen der Übertragungsmöglichkeiten nach § 7 Abs. 1 b Satz 2 AtG hätten aus verfassungsrechtlicher Sicht sogar weiter gehen können (siehe Roßnagel, Das Beendigungsgesetz als Umsetzung einer Konsensvereinbarung, 11. Atomrechtssympossium, Seite 320 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Eine Vertiefung dieser Frage bedarf es hier nicht, weil auch die Klägerin die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen nicht in Frage stellt, sondern ihre Klage darauf stützt. Auch die in der Anlage 3 für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich aufgeführte "Reststrommenge" steht in dem hier vorliegenden Verfahren nicht in Rede. Die Halbierung der auf der Grundlage einer Regellaufzeit von 32 Jahren berechneten Reststrommenge rechtfertigt sich, weil für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes die erforderlichen Genehmigungen nicht im vollen Umfang vorlagen, die Anträge auf Erteilung der noch ausstehenden Genehmigungen bereits zurückgenommen waren, verbunden mit der Bitte, die noch nicht abgeschlossenen Teilgenehmigungsverfahren endgültig einzustellen, und Anträge auf Stilllegung sowie Abbau der Anlage gestellt waren. Auch aus Sicht der RWE kam mithin eine Produktion von Strommengen in diesem Kernkraftwerk nicht mehr in Betracht. Weiterhin ist auch offen, ob die RWE die noch erforderlichen Genehmigungen bei Fortsetzung der Genehmigungsverfahren ohne weiteres erhalten hätte. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 14. Januar 1998 (11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115) die Revision gegen das Urteil der Vorinstanz nicht lediglich aus prozessualen Gründen zurückgewiesen. Es hat sich vielmehr - weil insoweit keine Aufklärungsrügen erhoben wurden - an die Feststellungen der Vorinstanz zu vorhandenen Ermittlungs- und Bewertungsdefiziten bei der Risikoabschätzung gebunden gesehen und gleichzeitig ausgeführt, es sei jedenfalls - ohne weitere gerichtliche Aufklärung - nicht offensichtlich, dass das Fehlen bestimmter Ermittlungen und/oder Bewertungen die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Auch die RWE sind sich wohl wegen der Lage des Kernkraftwerks und der damit verbundenen Erdbebenrisiken nicht sicher gewesen, dass die noch ausstehenden Genehmigungen rechtswirksam erteilt werden würden. Ansonsten ist es nicht erklärlich, warum sie sich in Anbetracht der bereits getätigten Investitionen bereit erklärt haben, im Gegenzug für die Möglichkeit, die vereinbarte Reststrommenge von 107,25 TWh auf andere Kernkraftwerke übertragen zu dürfen, den Genehmigungsantrag für das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich zurückzuziehen, das heißt auf eine Inbetriebnahme des Kernkraftwerks zu verzichten (siehe II/5 der Konsensvereinbarung).

Vor diesem Hintergrund hat allein die Einschränkung der Übertragungsmöglichkeit der 107,25 TWh auf (nur) 6 von 19 im Leistungsbetrieb befindliche Anlagen nicht die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 7 Abs. 1 d AtG zur Folge. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die wirtschaftliche Ausnutzung der vereinbarten und nach der Anlage 3 des AtG dem Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich zugeordneten Reststrommenge durch die Begrenzung der Übertragungsmöglichkeiten nicht in Frage gestellt ist. Weiterhin gilt auch für die im Leistungsbetrieb befindlichen Kernkraftwerke gemäß § 7 Abs. 1 b Sätze 1 und 2 AtG, dass in der Regel nur auf neuere Anlagen Strommengen übertragen werden können und die Übertragung auf ältere Anlagen der Zustimmung des BMU bedarf, was jedenfalls die Möglichkeit einschließt, dass die Zustimmung im Hinblick auf bestimmte Anlagen versagt wird. Von daher ist die für den "Sonderfall" Mühlheim-Kärlich vorgesehene Übertragung auf neue Kernkraftwerke und auf mindestens zwei ältere (hinzuzurechnen wäre wohl das Kernkraftwerk Brokdorf, das Ende 1986 in den Leistungsbetrieb gegangen ist) keine unverhältnismäßige RWE betreffende Belastung. Aber auch dann, wenn man berücksichtigt, dass im Falle der Stilllegung einer Anlage nach § 7 Abs. 1 b Satz 3 AtG eine Übertragung von Reststrommengen auf ältere Kernkraftwerke ohne Zustimmung möglich ist und eine Anwendung dieser Vorschrift - wie ausgeführt - auf den "Sonderfall" Mühlheim-Kärlich sachgerecht erscheint, gilt nichts anderes, weil aus verfassungsrechtlicher Sicht die Regelung des § 7 Abs. 1 b Satz 3 AtG nicht geboten ist. Hierbei handelt es sich um ein Entgegenkommen des Gesetzgebers, der auch insoweit die Konsensvereinbarung umsetzen wollte (II/4 2. Absatz, letzter Halbsatz der Konsensvereinbarung) ungeachtet der von ihm sonst gesehenen Problematik der Übertragung von "neu auf alt", die bei teilweiser Übertragung von Reststrommengen geringer ist als bei Übertragungen der gesamten Reststrommenge eines stillzulegenden Kernkraftwerks.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob § 7 Abs. 1 d in Verbindung mit der Anlage 3 eine Übertragung von Strommengen vom Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich auch auf nicht in der Fußnote genannten Anlagen zulässt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Rechtsmittelbelehrunq

Gegen dieses Urteil ist die Revision an das Bundesverwaltungsgericht statthaft. Die Revision ist bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des mit der Revision befassten Senats des Bundesverwaltungsgerichts verlängert werden.

Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Im Revisionsverfahren muss sich der Revisionskläger durch einen Rechtsanwalt oder durch einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.



Ende der Entscheidung

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