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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.03.2005
Aktenzeichen: 4 LB 26/04
Rechtsgebiete: IFG SH


Vorschriften:

IFG SH § 11
IFG SH § 13
IFG SH § 4
IFG SH § 5
IFG SH § 9
1. Informationen sind bei einer Behörde vorhanden, wenn sie bei ihr vorliegen, auf eine rechtliche Verfügungsbefugnis kommt es nicht entscheidend an.

2. Auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann sich eine Behörde nicht berufen, geschützt sind insoweit nur Private.

3. Das Bekanntwerden von Informationen, die von Behörden eines anderen Bundeslandes übermittelt worden sind, schädigt die Beziehungen des Landes Schleswig-Holstein zu jenem Bundesland dann, wenn dieses sich bewusst gegen einen allgemeinen Informationsanspruch entschieden hat und der Weitergabe der Informationen nicht zustimmt.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 4 LB 26/04

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Datenschutzrecht

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 30. März 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 28. Juli 2004 (Az.: 9 A 440/03) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Strafgefangener in der JVA A-Stadt im Land Baden-Württemberg. Er begehrt die Einsichtnahme in die sog. REFA-Studie.

Die vom beigeladenen Land erstellte Studie beinhaltet eine Liste mit den in einem Haftraum üblichen Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen und misst jedem einzelnen Gegenstand einen ermittelten zeitlichen Kontrollaufwand zu. Sie wurde dem beklagten Ministerium zur Vorbereitung einer Beratung anlässlich der 95. Tagung des Strafvollzugsausschusses der Länder im April 2002 in Bad Kreuznach übersandt. Die Ländervertreter einigten sich auf eine Vertraulichkeit der Beratungen und der diesen zugrunde liegenden Informationen.

Unter dem 08.07.2003 beantragte der Kläger beim Beklagten die Einsichtnahme in das REFA-Gutachten. Der Beklagte wandte sich zunächst an den Beigeladenen, um dessen Stellungnahme einzuholen. Auf Nachfrage des Klägers vom 01.11.2003 erneuerte der Beklagte sein Ersuchen.

Der Beigeladene erhob telefonisch Bedenken gegen eine vollständige und teilweise Einsichtnahme, da hierdurch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 15.12.2003 den Antrag des Klägers gemäß § 11 Abs. 1 IFG SH ohne Rechtsbehelfsbelehrung ab. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 25.02.2004, zugestellt am 01.03.2004, zurück. Zur Begründung führte er aus, dass das streitbefangene Gutachten beim Beklagten nicht vorhanden sei, da es ihm an der Verfügungsbefugnis infolge der fehlenden Zustimmung des Beigeladenen zur Veröffentlichung ermangele. Ferner seien die Ausschlussgründe nach §§ 9 Nr. 1 sowie 11 Abs. 1 IFG SH erfüllt.

Der Kläger hat am 03.12.2003 zunächst Untätigkeitsklage vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht erhoben. Diese hat er mit Schriftsatz vom 17.12.2003 in eine Verpflichtungsklage geändert und mit Schriftsatz vom 01.03.2004 den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25.02.2004 in das Verfahren einbezogen.

Der Kläger hat vorgetragen, dass seinem Anspruch auf Einsichtnahme in das REFA-Gutachten die fehlende Zustimmung des Beigeladenen nicht entgegenstehe. Dieser habe nicht umgehend nach Antragstellung einer Offenlegung widersprochen, sein Einverständnis könne daher unterstellt werden. Der Kläger hat weiter gerügt, dass die Zustimmungsversagung durch den Beigeladenen lediglich in einem handschriftlichen Vermerk des Beklagten aktenkundig gemacht worden sei. Das Gutachten sei beim Beklagten auch im Sinne des § 4 IFG SH vorhanden, da es sich in dessen Akten befinde. Der Kläger hat weiter geltend gemacht, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis nach § 11 IFG SH nicht vorliege, da der Beigeladene das Gutachten mehreren Strafgefangenen in Rheinland-Pfalz zugänglich gemacht habe. Auch der Wortlaut von § 11 IFG SH spreche dagegen, dass die Norm sich auf die Justizverwaltung erstrecke. Der Beklagte hätte zudem eigenständig prüfen müssen, ob ein Geschäftsgeheimnis des Beigeladenen vorlegen habe. Bejahendenfalls hätte er jedoch zumindest die nach § 11 IFG SH erforderliche Interessenabwägung vornehmen müssen. Jedenfalls müsse ihm Einsicht in die nicht geheimhaltungsbedürftigen Teile des Gutachtens gewährt werden.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2003 und vom 25.02.2004 zu verpflichten, ihm Zugang zu dem REFA-Gutachten zu gewähren, hilfsweise seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass die streitbefangene Studie bei ihm nicht vorhanden sei. Ihm obliege nicht die rechtliche Verfügungsbefugnis über das Gutachten, da der Beigeladene einer auch nur teilweisen Bekanntgabe nicht zustimme. Überdies sei der Anspruch des Klägers sowohl nach § 9 I als auch gemäß § 11 Abs. 1 IFG SH ausgeschlossen. Da der Beigeladene seine Zustimmung zur Bekanntgabe des Gutachtens an den Kläger ausdrücklich versagt habe, drohe zum einen eine Schädigung der Beziehungen des Beklagten zum Beigeladenen. Zum anderen überwiege zudem im Rahmen der Abwägung nach § 11 IFG SH das Geheimhaltungsinteresse, zumal der Kläger in Baden-Württemberg inhaftiert sei, wo das REFA-Gutachten keine Anwendung finde. Es treffe auch nicht zu, dass Strafgefangenen das Gutachten zugänglich gemacht worden sei. Es seien lediglich Informationen, die gerade nicht die als geheim einzustufenden Erwägungen betroffen hätten, mitgeteilt worden. Eine Einsichtnahme in Teile des streitgegenständlichen Gutachtens komme nicht in Betracht, da der Beklagte nicht beurteilen könne, welche Passagen des Gutachtens als geheim einzustufen seien. Er sei auch nicht verpflichtet, dies aufzuklären.

Das Verwaltungsgericht hat am 5. Mai 2004 sowie 7. Mai 2004 bei dem im Rahmen des Berufungsverfahrens erstmals beigeladenen Land Rheinland-Pfalz ermittelt, dass dieses der Weitergabe der REFA-Studie nicht zustimme und in einer Freigabe eine Belastung der Beziehungen zum Beklagten sehen würde. Das Gutachten sei in einer vertraulichen Atmosphäre diskutiert worden, um Gelegenheit zum Gedankenaustausch zu erhalten. Eine Weitergabe des Inhalts dieser internen Arbeitsbesprechungen erschwere die Zusammenarbeit der Bundesländer, da die Wahrung der Vertraulichkeit nicht sichergestellt werden könne. Der Beigeladene müsse dann prüfen, ob die Unterlagen als Verschlusssache gekennzeichnet werden müssten.

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. Juli 2004, zugestellt am 03.08.2004, abgewiesen. Es hat seine Entscheidung zur Abweisung des Hauptantrages im wesentlichen damit begründet, dass sich aus § 4 IFG SH kein Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in die REFA-Studie ergäbe, da das REFA-Gutachten bei dem Beklagten nicht "vorhanden" im Sinne der Norm sei. Dies sei der Fall, da dem Beklagten die rechtliche Verfügungsbefugnis über sie fehle. Verfügungsbefugt sei allein das Justizministerium des Beigeladenen, welches einer Offenlegung nicht zustimme. Das Ministerium des Beigeladenen habe die Studie erarbeitet und anderen Landesjustizministerien vorgestellt, um darüber innerhalb des Arbeitskreises vertraulich zu diskutieren. Zwar sei die REFA-Studie nicht als Verschlusssache gekennzeichnet worden, gleichwohl könne sich der Beklagte nicht über die vereinbarte Vertraulichkeit hinwegsetzen.

Selbst wenn das Gutachten als vorhandene Information gemäß § 4 IFG SH gewertet werden könne, stünde einem Informationsanspruch des Klägers § 9 Nr. 1 IFG SH entgegen, da eine Weitergabe der Informationen entgegen der Vertraulichkeitsvereinbarung die Beziehungen zwischen den Ländern Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz belasten würde. Im sicherheitsrelevanten Bereich des Strafvollzuges müsse ein vertraulicher Informationsaustausch gewährleistet sein. Die Offenlegung interner Informationen aus Arbeitsbesprechungen und den dort diskutierten Modellen und Studien würde den Informationsfluss von Bundesländern ohne Informationsfreiheitsgesetz in Bundesländer mit einem ebensolchen Gesetz behindern, da mit einer Weitergabe der Information gerechnet werden müsse. Das Land Schleswig-Holstein werde dann von Informationen anderer Bundesländer abgeschnitten.

Soweit die Studie bereits Strafgefangenen aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften in Rechtsstreitigkeiten, in denen es sich um die Ausstattung der Hafträume gehandelt habe, zum Teil zugänglich gemacht worden sein sollte, hat das Verwaltungsgericht hierin keinen Wegfall der Geheimhaltungsbedürftigkeit erkennen können, da eine vollständige Offenlegung der Studie an Unbeteiligte bislang nicht erfolgt sei. Das Gericht hat schließlich auch den hilfsweise gestellten Bescheidungsantrag mit der Begründung abgewiesen, dass § 9 IFG SH dem Beklagten keinen Ermessenspielraum einräume.

Auf den Antrag des Klägers vom 20.08.2004 hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 16.09.2004 zugelassen, da den Fragen, ob die streitbefangene REFA-Studie bei dem Beklagten i.S.d. § 4 IFG SH "vorhanden" sei und Ausschlussgründe für einen Informationsanspruch des Klägers nach §§ 9, 11 IFG SH bestünden, grundsätzliche Bedeutung zukomme.

Ergänzend zu seinem Vorbringen in der ersten Instanz macht der Kläger geltend, dass die begehrte Studie i.S.d. § 4 IFG SH bei dem Beklagten vorhanden sei, da sie sich dauerhaft in den Verwaltungsakten und damit im Besitz des Beklagten befänden. Auf eine Verfügungsbefugnis komme es hingegen nicht an. Dies folge zum einen aus dem Wortlaut und dem Gesetzeszweck (§§ 1, 2 Nr. 1 IFG SH). Zum anderen schaffe § 11 gerade einen Abwägungstatbestand für geheimhaltungsbedürftige Informationen. Dieses Tatbestandes hätte es nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber geheime Informationen bereits als nicht vorhanden gemäß § 4 IFG SH habe einstufen wollen. Eine Beschränkung des Beklagten hinsichtlich der Offenbarung der REFA-Richtlinien vermöge nichts am grundsätzlichen Vorhandensein i.S.d. § 4 IFG SH zu ändern. Dies sei lediglich prinzipiell geeignet, einen Ausschlussgrund begründen.

Ein Ausschlussgrund nach § 9 Nr. 1 IFG SH sei im vorliegenden Einzelfall jedoch nicht gegeben. Eine eher fernliegende Belastung der Beziehungen zum Beigeladenen habe der Beklagte nicht dargetan und nachgewiesen. Hierfür sei zumindest eine nachvollziehbare konkrete Gefahr darzulegen. Aus der Verweigerung der Freigabe durch den Beigeladenen könne der Schluss auf einen Schadenseintritt nicht gezogen werden. Der Ausschlusstatbestand der Schädigung der Beziehungen zu einem anderen Bundesland müsse auch restriktiv ausgelegt werden, um den freien Zugang zu Informationen zu gewährleisten, der mit dem Gesetz bezweckt werde.

Soweit Fragen des Strafvollzuges sicherheitsrelevante Bereiche beträfen, stünde allein der Ausschlussgrund des § 9 Nr. 1 letzte Alternative IFG SH (innere Sicherheit) zur Verfügung, auf den sich der Beklagte jedoch nicht berufen habe.

Schließlich verhalte sich der Beigeladene rechtsmissbräuchlich, wenn er Teile des Gutachtens in Verfahren vor den Strafvollstreckungskammern einführe und den dortigen Strafgefangenen zugänglich mache. Dies sei u.a. im Verfahren vor dem OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.12.2000, Az.: 1 Ws 605/00 (Vollz), ZfStrVO 2001, 308 erfolgt. Unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 GG müsse die Studie, zumindest jedoch ihre bereits veröffentlichten Teile, auch dem Kläger zugänglich gemacht werden. Die öffentlich in Gerichtsverfahren eingeführten und damit für nicht sicherheitsrelevant erachteten Teile der Studie könnten im übrigen nicht die Beziehungen zwischen den Bundesländern nach § 9 I IFG SH schädigen und auch kein Geschäftsgeheimnis nach § 11 IFG SH darstellen.

Es sei auch zu berücksichtigen, dass auf europäischer Ebene durch die VO (EG) Nr. 1049/2001 ein viel weiter gehender Zugang zu Informationen bestehe.

Hilfsweise macht der Kläger geltend, dass das REFA-Gutachten nicht in seiner Gesamtheit, sondern vielmehr lediglich in einzelnen Passagen als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden könne. Dann gebiete es jedoch § 14 IFG SH, dem Kläger die nicht geheimhaltungsbedürftigen Teile des Gutachtens zugänglich zu machen.

Höchst hilfsweise trägt der Kläger weiter vor, dass selbst wenn die REFA-Studie bei weiter Auslegung ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis nach § 11 Abs. 1 IFG SH darstelle, ein Zugangsanspruch in Betracht komme, wenn das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Allein die ablehnende Haltung des Beigeladenen enthebe den Beklagten nicht von einer Abwägungsentscheidung, die dieser versäumt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 28.07.2004 (Az.: 9 A 440/03) aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2003 und vom 25.02.2004 zu verpflichten, ihm Zugang zu dem REFA-Gutachten zu gewähren,

hilfsweise,

ihm in Teilen hierzu Zugang zu gewähren,

weiter hilfsweise,

seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen trägt der Beklagte vor, dass das streitgegenständliche Gutachten nicht als vorhanden im Sinne des § 4 IFG SH angesehen werden könne. Auf die physische Existenz allein könne nicht abgestellt werden. Dies folge aus § 5 Abs. 2 IFG SH, nach dem auch vorübergehend beigezogene Informationen, die zwar körperlich vorlägen, nicht "vorhanden" im Sinne des IFG SH seien. Erforderlich sei vielmehr darüber hinaus die rechtliche Verfügungsbefugnis, die bei dem Beigeladenen liege. Die Übersendung des Gutachtens an den Beklagten sei ausschließlich zur Vorbereitung einer vertraulichen Beratung der 95. Tagung des Strafvollzugsausschusses der Länder im April 2002 in Bad Kreuznach erfolgt. Die Vertraulichkeit basiere auf einer Einigung der Ländervertreter und folge aus der Natur des Beratungsgegenstandes.

Jedenfalls sei ein Anspruch des Klägers nach § 9 Nr. 1 IFG SH ausgeschlossen, da eine Freigabe die Beziehungen des Beklagten zum Beigeladenen schädigen würde. Das Erfordernis eines mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintretenden Schadens (LT-Drs. 14/2374, S. 16), folge daraus, dass der Beigeladene auf die schriftlichen Anfragen vom 24.03.2003 und 24.11.2003 sowie im Telefonat vom 08.12.2003 ausdrücklich die Zustimmung versagt habe, das Gutachten dem Kläger zugänglich zu machen. Zudem sei der länderübergreifende Informationsaustausch gefährdet, wenn Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetz befürchten müssten, dass ihre Informationen der Öffentlichkeit bekannt werden würden.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Er macht geltend, dass in dem vom Kläger angeführten Verfahren des OLG Zweibrücken das REFA-Gutachten nicht vorgelegt, sondern vielmehr die generelle Verfahrensweise bei der Durchführung einer Haftraumkontrolle nach REFA sowie die Ermittlung des Zeitaufwandes für die in dem Verfahren konkret in Frage stehende Haftraumkontrolle dargelegt worden sei.

II.

Der Senat hält einstimmig die Berufung für nicht begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Er entscheidet daher durch Beschluss (§ 130 a Abs. 1 VwGO).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, da die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet ist. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht Anspruch auf Einsichtnahme in die REFA-Studie zur Haftraumkontrolle nicht zu.

Gemäß § 4 IFG SH hat jede natürliche Person Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen Informationen. Der Anspruch besteht auch für Personen, die - wie der Kläger - ihren Wohnsitz außerhalb des Landes Schleswig-Holsteins haben, denn § 4 IFG SH schränkt dem Wortlaut nach ("jeder") den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht auf Bürger Schleswig-Holsteins ein.

Ein Anspruch besteht auf Zugang zu den beim Beklagten "vorhandenen" Informationen. Die REFA-Richtlinien zur Haftraumkontrolle sind bei dem Beklagten vorhandene Informationen im Sinne des § 4 IFG SH. Die Norm verlangt insoweit lediglich eine auf Dauer angelegte tatsächliche Verfügungsbefugnis über die Information.

Bereits die Verwendung des Begriffes "vorhanden" lässt darauf schließen, dass die Norm auf die tatsächliche, durch bestimmte Medien (Schrift, Bild Ton oder Daten) verkörperte Existenz der Information bei der Behörde abstellt und dabei bereits den reinen Besitz im Sinne eines Innehabens der Information genügen lässt. Hinweise auf ein darüber hinausgehendes Erfordernis einer wie auch immer gearteten rechtlichen Verfügungsbefugnis lassen sich aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht gewinnen.

Auch der gesetzgeberische Wille deutet nicht auf das zusätzliche Erfordernis einer rechtlichen Verfügungsbefugnis. Mit der Formulierung des § 4 IFG SH sollte lediglich klargestellt werden, dass die Behörde mit der Freigabe der Information nur ihr Vorhandensein bestätigt, nicht aber zugleich auch die inhaltliche Richtigkeit (LT-Drs. 14/2374, S. 13).

Dass der Informationsanspruch in § 4 IFG SH auf vorhandene Informationen beschränkt ist, soll zudem zeigen, dass die Behörde dem Sinn und Zweck der Regelung nach nicht verpflichtet ist, Informationen erst noch zu beschaffen. So besteht kein Anspruch, wenn die Behörde nicht im Besitz der Information ist. Die Behörde muss lediglich ermitteln, ob die Information bei ihr vorliegt (Ermittlungspflicht), eine Datenbeschaffungs- oder Erhebungspflicht besteht hingegen nicht. Es geht allein darum, "ihren bestehenden Informationsschrank zu öffnen" (Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 2 Erl. 1; Partsch/Schurig, DÖV 2003, 482, 485; Stollmann, NWVBl. 2002, 216, 217 - zum IFG NW; Röger, UIG, § 4 Rn. 11; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 4 UIG Rn. 9, § 1 UIG Rn. 8, § 1 UIG Rn. 5 - zur inhaltsgleichen Regelung des § 4 UIG). Dies alles zeigt, dass § 4 IFG SH ein tatsächliches Vorhandensein der Information ausreichen lässt.

Dieses Ergebnis wird auch durch die systematische Auslegung gestützt. Gemäß § 5 Abs. 2 IFG SH besteht kein Anspruch auf Einsichtnahme vorübergehend beigezogener Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht endgültiger Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen. Dies zeigt, dass Akten und Informationen lediglich dann als nicht vorhanden i.S.d. § 4 IFG SH zu bewerten sind, wenn sie sich nur vorübergehend im Besitz der Behörde befinden.

Soweit dennoch vereinzelt auf eine rechtliche Verfügungsgewalt über die bei der Behörde vorliegenden Informationen abgestellt wird, erfolgt dies lediglich zur Begründung, dass mit einem vorübergehenden Verlust der tatsächlichen Verfügungsgewalt durch kurzzeitige Abgabe der Information an eine andere Behörde nicht zugleich auch ein Verlust der rechtlichen Verfügungsbefugnis einhergeht (vgl. Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 4 Erl. 4; Stollmann, NWVBl. 2002, 216, 217; OVG NW, 15. August 2003, Az: 21 B 1375/03, NVwZ-RR 2004, 169). Die tatsächliche Verfügungsgewalt liegt dann bei der die Information vorübergehend annehmenden Behörde. Die rechtliche Verfügungsgewalt verbleibt gleichwohl bei der abgebenden Behörde, zu der die Information wieder zurückkehrt. Geht die Information jedoch dauerhaft und endgültig in den Bestand der übernehmenden Behörde über, folgt ihr gleichsam auch die Inhaberschaft der rechtlichen Verfügungsbefugnis.

Dem so verstandenen Begriff der rechtlichen Verfügungsbefugnis liegt demnach eine andere Bedeutung als die vom Beklagten vertretene Bedeutung zugrunde. Der Beklagte verneint seine rechtliche Verfügungsbefugnis, da der Beigeladene seine Zustimmung zur Einsichtnahme des Klägers in das Gutachten versagt habe. Der in Rechtsprechung und Literatur verwandte Terminus "rechtliche Verfügungsbefugnis" in dem soeben dargelegten Sinn fügt jedoch der tatsächlichen Verfügungsgewalt lediglich ein dauerhaftes Element hinzu.

Dass es im Rahmen der Beurteilung des Vorhandenseins der Information auf eine Zustimmung eines weiteren Informationsinhabers zur Freigabe nicht ankommen kann, zeigt auch § 13 IFG SH. Dieser normiert ein Zustimmungserfordernis vielmehr erst auf der Ebene der Ausschlussgründe. Es hätte der Ausnahmetatbestände der §§ 11 - 13 IFG SH nicht bedurft, wenn eine Information bereits in den Fällen als nicht vorhanden anzusehen wäre, in denen die Zustimmung des Betroffenen versagt wird.

Der Beklagte hat eine dauerhafte tatsächliche Verfügungsbefugnis über die REFA-Studie inne. Es bestehen hier keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene dem Beklagten die REFA-Studie nur vorübergehend überlassen hat. Dies wird auch von den Parteien nicht behauptet. Die REFA-Studie wurde dem Beklagten vielmehr zur Vorbereitung einer Beratung anlässlich der 95. Tagung des Strafvollzugsausschusses der Länder im April 2002 in Bad Kreuznach zum dauerhaften Verbleib übersandt.

Obwohl die REFA-Richtlinien zur Haftraumkontrolle demnach beim Beklagten gemäß § 4 IFG SH vorhanden sind, ist gleichwohl ein Anspruch des Klägers auf Zugang zum REFA-Gutachten nach §§ 9 ff. IFG SH ausgeschlossen.

Der Auskunftsanspruch des Klägers entfällt dabei nicht bereits nach § 11 IFG SH. Der Anwendungsbereich der Norm ist nicht eröffnet. Sie bezweckt die Wahrung privater Belange und beansprucht ausschließlich für privatrechtliches Handeln Geltung (Friedersen/Lindemann, IFG SH, Vorb. zu §§ 9 - 14, § 11 Erl. 1; vgl auch die Aufzählung der einzelnen Schutzgüter bei Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 30 Rn. 13). Ein privatrechtliches Handeln des Beklagten im Rahmen des Umgangs mit der REFA-Studie liegt nicht vor. Dieser hat von ihr im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit, namentlich zum Zwecke der Vorbereitung der Tagung des Strafvollzugsausschusses, Kenntnis erlangt.

Der Anspruch des Klägers ist jedoch nach § 9 Nr. 1 3. Var. IFG SH ausgeschlossen. Danach entfällt ein Auskunftsanspruch zwingend, soweit und solange das Bekanntwerden der Information die Beziehungen des Landes Schleswig-Holstein zu einem anderen Bundesland schädigen würde. Zweck der Regelung ist es, den Informationsfluss zwischen Schleswig-Holstein und den übrigen Ländern nicht durch den Erlass eines Landesinformationsgesetzes zu beeinträchtigen (LT-Drs. 14/2374, S. 16). Die Regelung des § 9 Nr. 1 3. Var. IFG SH dient dem Schutz der länderübergreifenden Interessen und damit letztlich auch dem Wohl der beiden jeweils betroffenen Bundesländer selbst.

Ob die Norm es erfordert, dass eine Freigabe der Information nach den Umständen des Einzelfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden führen würde (LT-Drs. 14/2374, S. 16) oder es bereits ausreicht, dass das Bekanntwerden der Informationen zu einer Belastung der Beziehungen des Landes Schleswig-Holsteins zu einem anderem Bundesland führen würde (Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 9 Erl. 2.2), bedarf hier keiner Entscheidung. Nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, denen sich der erkennende Senat anschließt (§ 130 b VwGO), ist hinreichend dargetan, dass eine Freigabe der REFA-Studie die Beziehungen zum Beigeladenen schädigen würde. Zwar ist für den Ausnahmetatbestand des § 9 Nr. 1 IFG SH die Einholung einer Einwilligung - anders als in § 13 IFG SH - nicht zwingend vorgeschrieben, die Versagung der Zustimmung ist gleichwohl ein wesentlicher Anhaltspunkt für eine drohende Schädigung der Beziehungen zu einem anderen Bundesland. So verhält es sich hier.

Der Beigeladene hat seine Zustimmung zur vollständigen und teilweisen Einsichtnahme des Klägers in die REFA-Studie verweigert. Zudem sieht er sich selbst durch eine Weitergabe in der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Beklagten belastet. Das Gutachten wurde dem Beklagten ausschließlich zum Zwecke der Vorbereitung der Beratung im Rahmen einer Tagung des Strafvollzugsausschusses der Länder übersandt. Die Ländervertreter einigten sich auf eine Vertraulichkeit der Beratungen. Hierfür lag auch ein objektiver Grund vor. Die Vertraulichkeit sollte die Möglichkeit eines freien Gedankenaustausches schaffen und eine Entscheidungsfindung erleichtern. Es handelte sich um eine rein interne Arbeitsbesprechung. Zudem würde eine länderübergreifende Zusammenarbeit im sicherheitsrelevanten Bereich des Strafvollzuges - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - wesentlich erschwert, wenn die Beratungsgegenstände nicht öffentlicher Arbeitskreise jedermann zugänglich gemacht werden würden. Eine Freigabe der REFA-Studie durch den Beklagten würde sich sowohl über den ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen des Beigeladenen als auch über die zwischen den Ländervertretern vereinbarte Vertraulichkeit hinwegsetzen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass nach Auffassung des Senats die gesetzgeberische Entscheidung eines Bundeslandes gegen einen allgemeinen Informationsanspruch nicht - jedenfalls nicht ohne eine Schädigung der Länderbeziehungen - dadurch unterlaufen werden kann, dass Behörden eines anderen Bundeslandes (wie hier der Beklagte), dessen Gesetzgeber sich für einen allgemeinen Informationsanspruch der Bürger entschieden hat, auf entsprechenden Antrag Zugang zu Informationen jenes Bundeslandes verschafft. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - auch im konkreten Einzelfall die Zustimmung ausdrücklich verweigert wird. Wenn in einer derartigen Konstellation sich der Beklagte über den generell und speziell entgegenstehenden Willen des Beigeladenen hinwegsetzen wollte, wäre eine Schädigung der Beziehungen der beteiligten Bundesländer untereinander nicht von der Hand zu weisen, sondern vielmehr naheliegend.

Die sonach begründete konkrete Gefahr einer Schädigung der Beziehungen zum Beigeladenen entfällt auch nicht vor dem Hintergrund der vom Kläger behaupteten Veröffentlichung der REFA-Studie durch den Beigeladenen im Rahmen von einzelnen gerichtlichen Verfahren. Zwar enthält § 9 Nr. 1 IFG SH eine zeitliche ("solange") Grenze, nach der der Ausschlussgrund nicht mehr Platz greift, wenn die begehrte Information von dem anderen Bundesland bereits selbst in den Medien veröffentlicht wurde (Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 9 Erl. 1, Erl. 2.2). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

Durch eine Weitergabe der REFA-Studie im Rahmen einzelner Gerichtsverfahren, in welchem Bundesland auch immer, verlässt der Beigeladene noch nicht den Boden der selbstgewählten Vertraulichkeit und verdeutlicht keineswegs, dass er sich des Schutzes des § 9 Nr. 1 IFG SH begeben will. Die Einführung der REFA-Richtlinien im Rahmen von Verfahren vor Gerichten erfolgt vielmehr vor dem Hintergrund, dass die allgemeinen Informationsgesetze Auskunftsansprüche gegenüber Organen der Rechtspflege ausnehmen (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 2 IFG SH, § 2 Abs. 2 1 IFG NW, § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UIG) und eine Weitergabe der REFA-Studie durch Gerichte an Verfahrensunbeteiligte aus diesen Gründen nicht zu befürchten steht. Des Schutzes von § 9 Nr. 1 IFG SH begäbe sich der Beigeladene vielmehr erst, wenn er die REFA-Studie nicht lediglich einzelnen Beteiligten in einem konkreten Gerichtsverfahren, sondern vielmehr der allgemeinen Öffentlichkeit im Sinne eines unbeschränkten Personenkreises zugänglich macht. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte.

Dem Kläger steht ein Einsichtnahmeanspruch auch nicht vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG zu. Jeder Träger öffentlicher Gewalt hat den Gleichheitsgrundsatz nur innerhalb seines eigenen Zuständigkeitsbereichs zu beachten (Sachs, GG, Art. 3 Rn. 81). Dies folgt bereits aus der bundesstaatlichen Kompetenzaufteilung. Der Beklagte hat dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung getragen, indem er die REFA-Studie im Geltungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes in Schleswig-Holstein nicht zur Einsichtnahme freigegeben hat.

Dem Kläger steht ferner der hilfsweise verfolgte Anspruch auf Einsichtnahme in Teile der REFA-Studie nicht zu. Dieser ist nach § 14 IFG SH lediglich für Informationen gegeben, die den Ausschlussgründen der §§ 9 bis 12 IFG SH nicht unterliegen. Vorliegend ist jedoch die gesamte REFA-Studie vom Ausschlussgrund des § 9 Nr. 1 3. Var. IFG SH erfasst. Auch eine teilweise Weitergabe der Studie droht die Beziehungen zum Beigeladenen zu schädigen, da dieser seine Zustimmung zur Einsichtnahme in die Richtlinie in ihrer Gesamtheit versagt hat. Sie schließt zugleich aus, dass einzelne Passagen der Studie zur Einsichtnahme freigegeben werden können. Auch insoweit würde sich nach den oben entwickelten Grundsätzen nichts anders daraus ergeben, dass der Beigeladene möglicherweise Teile der REFA-Richtlinien in Gerichtsverfahren eingeführt hat, da die einzelnen Abschnitte der Studie hierdurch nicht der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

Dem Kläger steht im übrigen auch kein Anspruch auf Neubescheidung zu (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Der Ausschlussgrund des § 9 Nr. 1 IFG SH schließt einen Auskunftsanspruch zwingend aus und lässt keinen Raum für eine Ermessensentscheidung des Beklagten.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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