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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.12.2002
Aktenzeichen: 9 A 1042/00
Rechtsgebiete: AsylVfG


Vorschriften:

AsylVfG § 72
AsylVfG § 73
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 9 A 1042/00

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Widerruf einer Asylanerkennung

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 9. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2002 am 09. Dezember 2002 durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Der Kläger mit iranischer Staatsangehörigkeit ist anerkannter Asylberechtigter. Er wehrt sich gegen den Widerruf seiner Asylberechtigung.

Der Kläger reiste im Dezember 1990 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Antrag auf politisches Asyls. Zur Begründung gab er an, dass er die Volksfedain im Iran unterstützt habe. So habe er als Lkw-Fahrer Lebensmitteltransporte nach Kurdistan gefahren. Bei der Rückkehr von so einer Fahrt am 01.12.1990 habe er festgestellt, dass seine Freunde verhaftet worden seien. Auch er sei plötzlich von Pasdaran umringt worden. Er hatte Flugblätter dabei und habe fliehen wollen, sei aber festgenommen und in das Gefängnis von Ghassr gebracht worden. Er sei verhört und gefoltert worden. Nach der Einlieferung in ein Krankenhaus sei ihm von dort ohne Paß die Flucht gelungen. Nachdem die Beklagte den Asylantrag mit Bescheid vom 30.05.1991 abgelehnt hatte, verpflichtete das VG Schleswig mit Urteil vom 25.02.1992, AZ 5 A 141/91, die Beklagten dazu, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils erkannte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 08.05.1992 als Asylberechtigten an.

Das Bundeskriminalamt (BKA) stellte im Rahmen der Bekämpfung internationaler Rauschgiftkriminalität fest, dass der Kläger mit einem deutschen Reiseausweis am 24.07.1996 aus Teheran nach Zypern und von dort weiter nach Frankfurt geflogen war. Es stellte weiter fest, dass der Kläger mit einem iranischen Reisepass ... am 02.08.1995 aus Teheran nach Zypern geflogen war, von wo er am nächsten Tag nach Hamburg weiterflog.

Das Ausländeramt regte gegenüber der Beklagten am 21.09.1999 eine Prüfung an, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter weiterhin Es verwies auf die entsprechende Information des BKAs und auf eine Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht Flensburg vom 17.08.1998, Az: 49 Ls 55/98 wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln.

Nachdem der Kläger angehört wurde, widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2000 die Anerkennung als Asylberechtigter vom 08.05.1992 und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Die Beklagte verwies darauf, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran dort keiner politischen Verfolgung mehr ausgesetzt wäre. Dies zeige bereits sein wiederholter Aufenthalt im Iran. Seine Tätigkeit für die Volksmujaheddin habe nicht zur Durchführung eines Verfahrens geführt. Ein verfahrensrechtliches Wiederaufgreifen sei nach neun Jahren unwahrscheinlich, zumal seine Tatbeteiligung von untergeordneter Bedeutung gewesen sei.

Der Kläger hat am 02. August 2000 Klage erhoben. Zunächst hat er geltend gemacht, sich nicht im Iran aufgehalten zu haben. Später hat er zugegeben, dass die von dem BKA festgestellten Reisen in den Iran stattgefunden hätten. Er sei 1995 und 1996 dort gewesen. Es habe vorher sprachliche Missverständnisse gegeben, die dazu geführt hätten, dass die Reisen bestritten worden seien. Er sei 1995 in den Iran gereist, weil sein Vater schwer krank im Krankenhaus gelegen habe. Er habe dafür seinen iranischen Pass aus dem Jahre 1991 genutzt, den jemand für ihn verwahrt hatte. Es wäre für ihn zu gefährlich gewesen, mit seinem Flüchtlingspass nach Teheran zu reisen. Sein Bruder habe Flughafenmitarbeiter in Teheran bestochen, damit er gefahrlos einreisen könne. 1996 sei sein Vater gestorben, und zu den Trauerfeierlichkeiten sei er erneut in den Iran gereist. Er habe dort, wie beim ersten Besuch, Bestechungsgelder gezahlt. Er sei zwei Monate im Iran geblieben. Sein iranischer Reisepass sei 1988 ausgestellt und 1990 erneuert worden. 1992 sei der Pass endgültig ungültig geworden. Ohne Bestechungsgelder wäre die Einreise in den Iran mit seinem abgelaufenen iranischen Pass nicht möglich gewesen.

In Deutschland nehme er an Aktivitäten der Volksmujaheddin teil. So habe er an einer Demonstration am 10.06.1993 in Bonn teilgenommen. Er engagiere sich nun nicht mehr für die Fedayin, sondern für die Volksmudjaheddin

Im Übrigen drohe ihm bei einer Rückkehr in den Iran die Todesstrafe wegen des Handelns mit Drogen und ein weiteres Verfahren wegen seiner Flucht aus dem Krankenhaus, wo er die Wache niedergeschlagen und dessen Pistole an sich genommen habe. Strafschärfend würde im Iran berücksichtigt werden, dass er ein politischer Häftling gewesen sei.

Sein Vater sei zwei Wochen nach seiner - des Klägers - Abreise im August 1995 für acht Monate inhaftiert worden. Diesem sei der Vorwurf gemacht worden, dass sein Sohn bei ihm gewesen sei und er dieses den Behörden nicht gemeldet habe. Dabei sei der Kläger als Feind der islamischen Revolution bezeichnet worden. Der Kläger vermutet, dass er bei den iranischen Behörden denunziert worden sei. Zwei Monate nach der Entlassung aus der Haft sei sein herzkranker Vater verstorben. Der Kläger habe sich äußerlich verändert und sei von Personen außerhalb der Familie nicht als Sohn erkannt worden, als er bei den Trauerfeierlichkeiten anwesend gewesen sei.

Vor etwa drei Jahren sei sein Bruder ... inhaftiert worden. Dieser sei auch nach ihm befragt worden und sei seit Ende Februar 2001 verschwunden.

Der Kläger legt seine Heiratsurkunde vom 28.05.1999 mit Übersetzung vor, wonach er in Teheran die iranische Staatsangehörige ... geheiratet hat.

Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Sein Angaben sind protokolliert worden. Hierauf wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12.07.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zum Beweis für die Tatsache, dass der Vater des Klägers bei dessen Eheschließung am 28.05.1999 nicht als Trauzeuge anwesend war, seinen Bruder ... als Zeugen benannt. Die Aussagen des Zeugen sind protokolliert worden. Hierauf wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin gemäß § 76 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage gegen den Widerruf der Asylanerkennung ist mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn selbst wenn der Bescheid gemäß § 73 AsylVfG rechtswidrig wäre und aufgehoben werden müsste, wäre dieses für den Kläger nicht vorteilhaft, weil es nicht mehr auf den angefochtenen Widerruf ankommt, denn die Asylanerkennung ist bereits gemäß § 72 AsylVfG von Gesetzes wegen erloschen.

Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erlöschen die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, wenn der Ausländer sich freiwillig durch Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses oder durch sonstige Handlungen erneut dem Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, unterstellt. Wann der Kläger seinen iranischen Reisepass ..., der vom BKA benannt worden ist, und mit dem der Kläger in den Iran gereist ist, ausgestellt oder erneuert bekommen ist, kann nicht ermittelt werden, weil der Kläger den Pass im Verfahren nicht vorgelegt hat. Ob er dieses nicht wolltet oder nicht konnte, weil er diesen nach eigenen Angaben einem Bekannten in der Türkei zur Verwahrung übergeben haben will, ist unerheblich, denn der Kläger hat sich zumindest durch "sonstige Handlungen" unter den Schutz seines Heimatstaates Iran gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 89, 231, 235) setzt der Tatbestand des § 15 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG a.F.(heute § 72 AsylVfG n.F.) von Seiten des Asylberechtigten die Annahme eines Vorteils durch seinen Heimatstaat voraus, insbesondere in Form der Passerlangung oder Verlängerung. Daraus, dass das Gesetz beispielhaft den Tatbestand der Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses als Spezialfall der Verhaltensweisen nennt, mit denen sich der Anerkannte dem Schutz des Heimatstaates unterstellt, folgt, dass die Handlungen von ähnlichem Gewicht sein müssen, wie die im Gesetz ausdrücklich benannten Verhaltensweisen. Die Verlängerung oder Annahme eines gültigen Passes führt allerdings dann nicht zu dem Erlöschen der Asylanerkennung, wenn die Annahme oder Verlängerung für Amtshandlungen von Behörden der Bundesrepublik Deutschland notwendig werden oder wenn der Ausländer seinen Pass nur verlängert, um in Erfüllung einer sittlichen Pflicht kurzfristig in das Verfolgerland zurückzukehren, z. B. für die Hilfe seiner Verwandten und Freunde bei deren Flucht. Nach Auffassung des VG Gießen, InfAuslR 2001, 243, zieht die Reise eines Asylberechtigten in seinen Heimatstaat ein Unterschutzstellen im Sinne des § 72 Abs. 1 Nr. 1 AuslG und damit Erlöschen der Asylberechtigung kraft Gesetzes nach sich, wenn der Ausländer unter Benutzung seines nationalen Passes in seinen Heimatstaat einreist. In jenem Fall nutzt er den Vorteil, den ihm der Besitz der Staatsangehörigkeit seines Heimatstaates gewährt, für die Einreise aus, zumal er bei Benutzung des Nationalpasses keiner Visumspflicht unterliegt. Anders verhält es sich, wenn der Betroffene in den Heimatstaat unter Benutzung eines anderen Reiseausweises zurückkehrt, also bei der Einreise und auch während seines Aufenthaltes keinen Schutz der Staatsmacht des Heimatlandes in Anspruch nimmt, der ihm aufgrund der Staatsangehörigkeit zusteht.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben mit seinem iranischen Reisepass in den Iran eingereist und hat sich damit unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt. Dabei sieht das Gericht es als entscheidend an, dass der Kläger nicht über die "grüne Grenze" unter Umgehung offizieller Grenzkontrollen in sein Heimatland eingereist ist, sondern zumindest bei der selbst zugegebenen zweiten Einreise im Jahre 1996 über den Flughafen in Teheran eingereist ist, der nach den Auskünften des Auswärtigen Amtes an das VG Münster vom 08.11.1999, an das VG Leipzig vom 08.02.2000 und an das VG Trier vom 26.01.2001 streng überwacht wird und dort durch häufige Mitarbeiterwechsel ein konklusives Zusammenwirken der Bediensteten erschwert wird Die Passkontrolle wird auf dem Flughafen Teheran computergestützt und teilweise wird der Pass im Anschluss an die Paßkontrolle von einem Mitglied des Geheimdienstes erneut kontrolliert.. Die Angabe des Klägers, sein iranischer Pass sei abgelaufen gewesen, und nur mit Bestechungsgeldern sei ihm die Einreise in den Iran gelungen, ist unglaubhaft, denn obwohl im Iran durch Bestechungen viele Amtshandlungen beeinflusst werden können, ist nicht erkennbar, dass der Bruder des Klägers im Vorwege durch Bestechungsgelder die Schwierigkeiten aus dem Wege räumen könnte, um dem Kläger die Einreise über den streng bewachten Flughafen zu ermöglichen. Eine vorherige Bestechung hätte die genaue Kenntnis bei der Buchung des Fluges vorausgesetzt, an welchem Tag welche Bedienstete zu welcher Zeit Dienst leisten würden und hätte eine enge Verbindung zu diesen Personen vorausgesetzt, um ein gefahrloses Passieren der Grenze zu ermöglichen. Der pauschale Hinweis des Klägers, sein Bruder habe Bestechungsgelder gezahlt, ist zu unsubstantiiert und daher unglaubhaft, um die offizielle Einreise über den Flughafen in Teheran glaubhaft machen zu lassen. Es bestehen auch Zweifel an der angeblichen Ungültigkeit des iranischen Passes, weil nicht erkennbar ist, wieso Zypern den Kläger aus dem Iran kommend ohne gültigen Reisepass hätte einreisen lassen sollen.

Schließlich kann das Gericht auch nicht erkennen, dass der zweimalige Aufenthalt des Klägers im Iran einer sittlichen Pflicht entsprochen hätte, hier den Besuch des kranken Vaters und der Teilnahme an dessen Trauerfeierlichkeiten, die eine Freiwilligkeit im Sinne von § 72 AsylVfG ausschließen würde. Das Gericht glaubt dem Kläger nicht, dass sein Vater im Jahre 1996 verstorben ist, weil dieser am 28.05.1999 an dessen Hochzeit in Teheran teilgenommen hat. Der Kläger hat seine Original-Heiratsurkunde, ausgestellt vom Eheschließungsnotariat ... in Teheran, vorgelegt, wonach er die iranische Staatsangehörige ... in Teheran geheiratet hat. Da an den Stellen des Dokumentes, wo der Ehemann unterschreiben müsste, statt dessen sein Vertreter erwähnt wird, der durch eine Vollmacht des Klägers, bestätigt vom iranischen Konsulat in Hamburg, bevollmächtigt worden ist, geht das Gericht ebenso wie die Beklagte davon aus, dass es sich insoweit um eine Ferntrauung in Teheran gehandelt hat, bei der der Kläger nicht anwesend war. Aus der Heiratsurkunde ergibt sich aber auch, dass der Vater des Klägers bei der Trauung am 28.05.1999 zugegen war. So wird der Vater ... unter ... der Trauzeugen (S. 4 der Übersetzung der Urkunde), Ausweis ..., Pensionär, mit Unterschrift aufgeführt. Dieser Trauzeuge ist der Vater des Klägers, da in dessen Geburtsurkunde als Vater ebenfalls Herr ... (Blatt 146 der Beiakte C) aufgeführt worden ist. Wenn aber die Heiratsurkunde echt ist, wovon auch das Gericht ausgeht, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht erkennbar, welchen Sinn es machen soll, den angeblich toten Vater als Trauzeugen in die Urkunde aufzunehmen. Der Erklärungsversuch, man habe den toten Vater erwähnen wollen, weil dieser die Trauung gebilligt hätte, ist nicht nachvollziehbar. Auch die Erklärung, man habe noch eine Trauzeugen gebraucht und deshalb den Namen des Vaters eingesetzt, ist nicht glaubhaft. Schließlich ist die Aussage des Zeugen ..., der Vater sei bei der Hochzeit nicht anwesend gewesen, nicht glaubwürdig, da der Zeuge als Bruder des Klägers zu diesem eine enge Beziehung hat und der Zeuge daher ein Interesse hat, dem Kläger mit seinen Angaben zu helfen. Die Frage, wann der Kläger zu welchem Zweck im Iran war, ist die Streitfrage im Prozess gewesen, auf die sich der Kläger und sein Bruder vorbereiten konnte.

Wenn aber der Vater des Klägers im Jahre 1999 an der Hochzeit seines Sohnes teilnehmen konnte, kann der Kläger nicht im Jahre 1996 zu dessen Trauerfeier in den Iran geflogen sein, so dass diese Reise andere Gründe hatte, die im Verwaltungsverfahren nicht zur Sprache gekommen sind. Es ist aber davon auszugehen, dass sich der Kläger freiwillig für zwei Monate im Iran aufgehalten hatte, und er sich damit freiwillig ohne Erfüllung einer sittlichen Pflicht unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt hat, so dass die Asylanerkennung erloschen ist und damit die Klage gegen den Widerruf der Asylanerkennung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist.

Aber selbst, wenn die Asylanerkennung nicht bereits erloschen ist, kann die Klage keinen Erfolg haben. Sie wäre dann zwar zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid wäre dann rechtmäßig und würde den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 VwGO.

Der Kläger ist als Asylberechtigter anerkannt worden, weil er sich wegen seiner früheren Aktivitäten in einer latenten Gefährdungslage befunden hatte und durch die Asylantragstellung aus der Sicht der iranischen Behörden endgültig den Beweis für seine abweichende politische Gesinnung erbracht hatte und diesem bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung gedroht hätte. Dabei ist Bezug genommen worden auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 02.11.1988, 03.11.1989 und vom 12.02.1990, aus denen hervorgeht, dass bereits das bloße Verteilen von Flugblättern und Informationsmaterial mit Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Nach den neuesten Erkenntnissen wird im Gegensatz zu 1992 jetzt auch die private oder öffentliche Äußerung von Unzufriedenheit oder Kritik an der Regierung nicht mit staatlichen Zwangsmaßnahmen reagiert, solange die Werte des schiitischen Islam nicht in Frage gestellt werden. Eine nach außen wirksam aktive Betätigung, die erkennbar den Sturz des Regimes propagiert, wird dagegen weiterhin mit strafrechtlichen Maßnahmen verfolgt. Auch die Mitgliedschaft in offiziell verbotenen Organisationen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen. Dazu zählt auch die Fedayin-e-Khalq, mit der der Kläger vor seiner Ausreise zusammengearbeitet hatte. Für Mitglieder von Organisationen, die bewaffnet gegen den Staat kämpfen, besteht ein hohes Risiko der Strafverfolgung. Insbesondere die Mitglieder der Volksmujaheddin haben Strafen auch wegen bloßer Mitgliedschaft bei den Volksmujaheddin zu vergewärtigen. Dabei wird jedoch berücksichtigt, welchen Rang das Mitglied bei den Volksmujaheddin bekleidet. Bei politischen Gruppen, die unterhalb der Schwelle des bewaffneten Kampfes das Regime in Frage stellen, hat sich die Situation in den letzten Jahren entspannt, vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Iran vom 15.07.2002.

Nach Auskunft von amnesty international an das VG Münster vom 06.07.1999 muss ein Iraner im Falle einer Rückkehr mit Sanktionen rechnen, wenn den iranischen Behörden die Mitgliedschaft eines Iraners in den Volksfedain bekannt wird. Wenn eine erste Inhaftierung im Iran zurückliege, komme es für die Beurteilung der Gefährdung im Falle einer Rückkehr vor allem darauf an, ob die iranischen Behörden Anhaltspunkte für die Fortsetzung der politischen Aktivitäten haben. Für den Fall, dass die Behörden aufgrund ihnen bekannt gewordener Informationen von der Fortführung der politischen Aktivitäten einer Person im Exil ausgehen, drohen dieser Person im Falle einer Rückkehr staatliche Zwangsmaßnahmen etwa in Form von Inhaftierung und harter Bestrafung. Der Kläger hatte bei seiner Anhörung im Asylverfahren nach seiner Einreise nicht von bewaffneten Aktionen der Volksfedain berichtet, an denen er oder seine Organisation irgendwie beteiligt gewesen wären. Sein Tatbeitrag zur Unterstützung der Oppositionellen durch den Transport von Lebensmitteln nach Kurdistan ist nach den aktuellen Erkenntnissen nicht dazu geeignet, eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Iran zu befürchten. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Aktivitäten zwölf Jahre zurückliegen und der Kläger bisher nach eigenen Angaben in der Bundesrepublik nur an Demonstrationen und anderen Aktivitäten der Volksmujaheddin teilgenommen hat, ohne diese allerdings im Einzelnen zu belegen. Er hat lediglich durch ein Foto glaubhaft gemacht, dass er unter anderem am 19.06.1993 an einer Kundgebung der Volksmujaheddin in Bonn als Ordner teilgenommen hat, wo der Kläger auf einem Foto am Bücherstand der Volksmujaheddin zu erkennen ist. Die bloße Teilnahme an Demonstrationen ist nicht geeignet, den Kläger wegen exilpolitischer Betätigung zu identifizieren, so dass nicht erkennbar ist, dass die iranischen Behörden weiterhin davon ausgehen, der Kläger sei weiterhin ein Gegner des Regimes und habe sich im Exil exilpolitisch betätigt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch nicht erkennbar, dass ihm wegen seiner Flucht aus dem Krankenhaus im Jahre 1990 politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Während der Kläger am 17.01.1991 gegenüber der Beklagten noch davon berichtet hatte, er habe bei der Flucht aus dem Krankenhaus einen Pasdar niedergeschlagen, seine Waffe an sich genommen und sei anschließend geflohen, hat er vor Gericht in der mündlichen Verhandlung am 25.02.1992 ausgesagt, der Pasdar sei beim Lesen einer Zeitung eingeschlafen, dann habe er diesem einen Fußtritt gegeben und ihn mit dem Stuhl geschlagen. Anders schildert der Kläger jetzt seine Flucht, wo er wieder davon berichtet, der Pasdar sei bei der Wache eingeschlafen, er habe diesen dann entwaffnet und sei geflohen. Eine drohende Strafverfolgung wegen einer Körperverletzung gegenüber dem Pasdar, die dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran drohen könnte, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Soweit der Kläger die Flucht aus dem Krankenhaus hinsichtlich der Frage, ob er den Pasdar körperlich angegriffen hat oder nicht, unterschiedlich schildert, geht das Gericht davon aus, dass die vom Kläger jetzt geschilderte Flucht als glaubhaft angesehen wird, denn es erscheint nicht plausibel, dass er bei seiner Flucht aus dem Krankenhaus seinen schlafenden Bewacher grundlos attackiert, wenn dadurch seine Flucht erschwert werden würde. Wenn aber der Kläger den Pasdar nicht angegriffen hat und er diesem die Waffe weder mit Gewalt entwendet hat, noch diese gegen seiner Bewacher gerichtet hat, ist nicht erkennbar, dass ihm bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit deswegen ein Strafverfahren droht.

Schließlich hat der Kläger keine Gründe geltend gemacht, dass er sich auf zwingende, auf frühere Verfolgung beruhende Gründe berufen kann, die ihn dazu berechtigen, die Rückkehr in seinen Heimatstaat abzulehnen.

Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG begehrt, ist die Klage insoweit zulässig, aber nicht begründet. Insbesondere liegt kein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 2 AuslG vor. Danach darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, wenn dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Todesstrafe besteht. Zwar kann im Iran auch für Rauschgiftschmuggel die Todesstrafe verhängt werden, und es wäre im Iran auch grundsätzlich zulässig, für eine im Ausland begangene strafbare Handlung im Iran belangt zu werden, wenn dieses den iranischen Behörden zur Kenntnis gelangt ist. Der Kläger hat weder glaubhaft gemacht, dass über den Strafprozess in deutschen Medien berichtet worden ist, noch dass darüber in der iranischen Presse Hinweise zu finden waren. Die unsubstantiierte Äußerung des Klägers, im Flensburger Tageblatt und im Nordschaumagazin auf NDR 3 sei darüber berichtet worden, wobei er die Berichte nicht selbst gesehen habe, sondern nur darüber gehört habe, ist zu unsubstantiiert. Das Gericht hat keine Erkenntnisse, inwieweit über die Presse darüber berichtet worden ist, zumal nicht erkennbar ist, dass dieser Prozess ein starkes Medieninteresse verursacht hat. Denn anderenfalls wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger über entsprechende Kopien der Zeitungsartikel verfügt hätte. Wenn aber bereits die deutsche Presse über den Prozess berichtet hat, ist nicht erkennbar, dass der Iran hierüber Informationen erhalten hat.

Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes, Lagebericht Iran vom 15.07.2002, erscheint eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der erneuten strafrechtlichen Verfolgung bei Kenntnis der iranischen Behörden nach bisheriger Erfahrung allenfalls bei Fällen gegeben, die aus iranischer Sicht von besonderer Bedeutung sind, nämlich

- in Fällen, in denen ein iranischer Staatsangehöriger Opfer einer Straftat ist und er selbst oder seine Familie diese im Iran zur Anzeige bringt,

- in Fällen, in denen die Tat selbst oder jedenfalls ein Teil derselben im Iran begangen wurde, so z. B. Nutzung des Iran als Transitland für Drogenschmuggel, oder

- bei schwer wiegenden Fällen, die in der deutschen Öffentlichkeit besonderes Aufsehen erregt haben und daher aus iranischer Sicht auch das Bild des Irans im Ausland beschädigt haben.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da der Kläger nach dem strafrechtlichen Urteil des Amtsgerichts Flensburg nur mit einem weiteren Iraner, der gesondert verfolgt worden ist, das Opium erworben hat und nur selbst und mit dem weiteren Täter zusammen konsumieren wollte. Damit hatte er nur einen iranischen Mittäter, so dass es keine iranischen Opfer dieser Straftat gegeben hat, die diesen Fall jetzt im Iran zur Anzeige hätten bringen können. Diese Tat ist auch nicht im Iran begangen worden, und es ist jedenfalls auch nicht in der deutschen Öffentlichkeit über diesen Fall gesprochen worden, so dass auch nicht erkennbar ist, dass die iranischen Behörden diesen Fall erneut im Iran aufrollen, zumal ihnen über die Tat von den deutschen Behörden keine Erkenntnisse übermittelt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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