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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 28.11.2001
Aktenzeichen: 9 A 125/01
Rechtsgebiete: AuslG
Vorschriften:
AuslG § 19 Abs. 1 Nr. 1 n.F. (seit 01.06.2000) |
Ob § 19 AuslG n.F. auch in den Fällen Anwendung findet, wo die eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor dem 01.06.2000 beendet worden ist, bleibt offen.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Az.: 9 A 125/01
In der Verwaltungsrechtssache
Streitgegenstand: Aufenthaltserlaubnis
hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 9. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2001 durch die Richterin am Verwaltungsgericht als Einzelrichterin für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Den Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzte Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kostengläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger mit iranischer Staatsangehörigkeit begehrt eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis. Er reiste im Dezember 1993 in das Bundesgebiet ein, wo er zunächst einen Asylantrag stellte, der durch Bescheid vom 14.12.1994 als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war. Mit Urteil vom 06.04.1995, Az. 9 A 15/95 wurde die Klage als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
Der Kläger schloss am 01.06.1995 die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen und stellte am selben Tag einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis, wobei diesem Antrag durch Aufenthaltserlaubnis vom 31.08.1995 entsprochen wurde. Diese wurde bis zum 30.08.1996 befristet und auf einen entsprechenden Antrag bis zum 07.10.1998 verlängert. Der Kläger stellte am 06.10.1998 einen Verlängerungsantrag. Zu dem Zeitpunkt hatte die Beklagte durch Übersendung eines Strafbefehls gegen den Kläger erfahren, dass dessen Ehefrau von diesem getrennt lebe. Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin an und teilte mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag abzulehnen, weil eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe. Durch Bescheid vom 02.03.1999 lehnte sie die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mangels ehelicher Lebensgemeinschaft ab. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden. Die Beklagte stellte eine Grenzübertrittsbescheinigung, befristet bis zum 30.06.1999, aus.
Der Kläger stellte am 30.06.1999 einen Asylfolgeantrag, welcher vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt und die dagegen gerichtete Klage durch Urteil vom 28.11.2001 abgewiesen worden ist, 9 A 1057/99.
Der Kläger stellte am 27.07.2000 einen Antrag auf eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis wegen der zweijährigen Ehe mit der deutschen Ehefrau, mit der er in familiärer Lebensgemeinschaft gewohnt habe, von der er zwischenzeitlich geschieden ist. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 18.08.2000 diesen Antrag mit der Begründung ab, er sei ohne Visum eingereist, gegen ihn habe ein Strafverfahren stattgefunden und im übrigen sperre das laufende Asylverfahren gemäß § 11 Abs. 1 AuslG eine Aufenthaltserlaubnis. Darüber hinaus läge eine Ermessensentscheidung vor. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 25.08.2000 wurde damit begründet, dass die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens vorlägen, weil sich durch die Änderung des § 19 AuslG die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Klägers verändert habe. Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau habe mindestens eine zweijährige eheliche Lebensgemeinschaft bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2001 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezug auf eine Entscheidung des VG Schleswig vom 31.10.2000, 3 B 127/00 zurück.
Der Kläger hat am 02.04.2001, einem Montag, Klage erhoben. Er macht geltend, dass entgegen der von der Beklagten zitierten Entscheidung des VG Schleswig für die Änderung des § 19 AuslG nicht entscheidend sei, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung am 01.06.2000 bestanden haben müsse. Der Kläger hält es für unerheblich, wann die eheliche Lebensgemeinschaft beendet worden ist, solange sie mindestens zwei Jahre gelebt worden sei. Bei der Änderung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG n.F. werde auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Sachverhalt Bezug genommen (Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft, die zwangsläufig vor dem Zeitpunkt der Verlängerung der Aufenthaltsverlängerung liegen müsse). Dagegen sei maßgeblicher Zeitpunkt der der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Es wäre sonst willkürlich, die Vorschrift nur auf jene Ausländer anzuwenden, deren eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor dem 01.06.2000 aufgelöst worden seien, deren Aufenthalt aber noch nicht beendet sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.08.2000 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides.
Der Rechtsstreit ist der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angegriffene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 19 AuslG.
Das ein solcher Anspruch nach der bis zum 31.05.2000 geltenden Fassung des § 19 Abs. 1 AuslG nicht bestanden hat, weil der Kläger nicht die erforderliche Dauer von vier Jahren mit seiner deutschen Ehefrau zusammen gelebt hat, ist bereits durch bestandskräftigen Bescheid vom 02.03.1999 entschieden worden.
Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach der ab dem 01.06.2000 geltenden Fassung. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AuslG i.d.F. vom 20.05.2000 (Bundesgesetzblatt I Seite 742, in Kraft getreten zum 01.06.2000) i.V.m. § 118 a LVwG wird eine Aufenthaltserlaubnis im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, von dem in § 17 Abs. 1 AuslG bezeichneten Aufenthaltszweck unabhängiges Aufenthaltsrecht verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Ob die Änderung des § 19 AuslG n.F. nur denjenigen ausländischen Ehepartnern zu Gute kommt, deren eheliche Lebensgemeinschaft erst nach dem 01.06.2000 beendet worden ist; so die Beklagte unter Bezug auf den Beschluss des VG Schleswig, 3 B 127/00 vom 31.10.2000; so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.03.2001, InfAuslR 2001, 281, Hessischer VGH, InfAuslR 2000, 497, ist umstritten. Eine andere Auffassung wendet § 19 AuslG n.F. auch auf die Fälle an, wo die eheliche Lebensgemeinschaft schon vor dem 1.6.2000 beendet worden ist, vgl. Urteil des VG Schleswig vom 17.07.2001, 14 A 291/99, OVG Brandenburg, Beschluss vom 13.09.2001, AUAS 2001, 230; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2000, InfAuslR t 2001, 131, Bayrischer VGH, Beschluss vom 13.12.2000, InfAuslR 2001, 274. Hierauf kommt es aber dann nicht an, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor dem 01.06.2000 beendet worden ist und über einen Anspruch auf ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht bereits vor diesem Termin bestandskräftig entschieden worden ist, vgl. OVG Münster, Beschluss vom 04.05.2001, NVwZ Beilage 2001, Seite 83 und VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.07.2000, NVwZ Beilage 2000, 120, denn auch nach der weit auslegenden Auffassung setzt die Anwendung des § 19 AuslG n.F. ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren voraus. Über einen Anspruch auf einer Aufenthaltserlaubnis ist aber bei dem Kläger bereits bestandskräftig mit Bescheid vom 02.03.1999 nach der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Gesetzesfassung entschieden worden. Aus der Formulierung der Gesetzesänderung "Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft" kann aber nur geschlossen werden, dass die Neufassung des § 19 AuslG nur auf die Verfahren Anwendung findet, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung (01.06.2000) noch nicht bestandskräftig abgeschlossen waren. Wenn der Gesetzgeber die Änderung des § 19 AuslG zu Gunsten aller ausländischer Ehepartner vorgesehen hätte, also aller, die in der Vergangenheit einmal zwei Jahre mit einem deutschen Ehepartner zusammen gelebt haben, hätte er dieses eindeutig regeln müssen. Da eine echte Rückwirkung im Gesetz nicht vorgesehen ist, scheidet auch ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Rahmen eines Wiederaufgreifensverfahrens aus.
Da der angegriffene Bescheid in rechtlich einwandfreier Weise einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verneint und insoweit auch kein Ermessensfehler zu erkennen ist, führt auch der Hilfsantrag zu keinem Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Sie ist gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Ende der Entscheidung
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