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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 01.11.2002
Aktenzeichen: 9 C 29/02
Rechtsgebiete: VwGO, GG, Zulassungszahlenverordnung vom 16. Mai 2002 SH


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Zulassungszahlenverordnung vom 16. Mai 2002 SH § 1 Nr. 1 a) aa)
Kein Anspruch des Antragstellers/der Antragstellerin auf Zulassung zum Studiengang zur Psychologie als Semesteranfänger an der CAU Kiel außerhalb der Zulassungszahlenverordnung für das Wintersemester 2002/03 auf 75 festgelegten Studienplätze
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 9 C 29/02 u.a.

wegen

Zulassung zum Studium der Psychologie, Wintersemester 2002/2003, § 123 VwGO

Das Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht - 9. Kammer - hat am 1. November 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin bzw. des Antragstellers abgelehnt.

Der Streitwert beträgt 4.000,-- €.

Gründe:

Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller begehrt, durch einstweilige Anordnung bei der Antragsgegnerin vorläufig ab Wintersemester 2002/2003 zum Studium der Psychologie im 1. Fachsemester zugelassen zu werden bzw. an einem vom Gericht anzuordnenden Losverfahren über die Vergabe zusätzlicher Studienplätze beteiligt zu werden.

Der Antrag erweist sich jedenfalls als unbegründet. Der Antragsgegnerin stehen keine zusätzlichen Studienplätze zur Verfügung. In der Landesverordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studiengänge an den Hochschulen des Landes Schleswig-Holstein (Zulassungszahlenverordnung für das Wintersemester 2002/2003 vom 16.05.2002, NBl. MBWFK Schl.-H. 2002, S. 318 ff.) ist die Zulassungszahl für den Studiengang Psychologie bei der Antragsgegnerin auf 75 festgesetzt worden. Die dieser Festsetzung zugrundeliegende Berechnung der Aufnahmekapazität durch die Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden. Die Zulassungszahl ergibt sich aus einem dem überreichten Datenformularerhebungsblatt zu entnehmenden Berechnungsergebnis von 65, welches durch einen Schwundausgleich auf 72 korrigiert worden ist, wobei die Antragsgegnerin durch freiwillige Übernahme einer Überlast zur festgesetzten Zulassungszahl von 75 gelangt ist.

Die Berechnung der Zulassungszahl erfolgt nach der Kapazitätsverordnung vom 25.11.1993 - KapVO - (NBl. MWFK/MFBWS Schl.-H. 1993, S. 457 in der Fassung der weiteren Änderungsverordnungen, zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.4.2002, NBl. MBWFK Schl.-H. 2002, S. 229).

1. Lehrangebot:

Für die Berechnung des Lehrangebots sind alle Stellen des wissenschaftlichen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO). Gemäß dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Datenerhebungsformularsatz ergeben sich nach dem Berechnungsstichtag 09.01.2002 für den Berechnungszeitraum Wintersemester 2002/2003, Sommersemester 2003 insoweit folgende Ergebnisse:

1.1 Unbereinigtes Lehrangebot:

Stellengruppe/verfügbare Planstellen/Deputat/Stelle/Deputat/SWS/Vermind. SWS/Deputat ./. Vermind. Prof.C 4/5/8/40/--/40 Prof.C 3/2/8/16/--/16 Oberass. C 2./1/7/ 7/--/ 7 Wiss.Ass.C 1/10/4/40/--/40 Akad. Rat/Rätin/4/4/8/28/2/26 Wiss. Ang./2/0/2/2/--/ 2 Zusammen:/24/X/133/2/131

Gegenüber dem Vorjahr (vgl. Beschluß der Kammer vom 24. 10. 2001, 9 C 11/01 u.a.) haben sich nach Mitteilung der Antragsgegnerin folgende Veränderungen ergeben:

"Im Zuge des Stellentausches wurde eine C2-Stelle für einen Oberassistenten nach dessen Ausscheiden abgezogen, gleichzeitig wurde dem Institut eine C1-Stelle zugeordnet. Mit diesem Rotationsprinzip von C2-Oberassistentenstellen, die den Einrichtungen nicht auf Dauer zugewiesen sind, gewährleistet die Antragsgegnerin - wie gerichtsbekannt - im Rahmen des verfügbaren Stellenkontingents die Förderung des habilitierten wissenschaftlichen Nachwuchses. Dieses setzt stets einen Stellentausch C1 gegen C2 voraus mit der Maßgabe, dass nach dem Ausscheiden des/der begünstigten Oberassistenten/Oberassistentin ein entsprechender Stellenrücktausch stattfindet. Die hieraus resultierenden Kapazitätsschwankungen in beide Richtungen sind eine zwangsläufige kapazitätsrechtliche Folge."

Hierdurch hat sich das verfügbare Lehrdeputat aus Stellen um 3 SWS vermindert und zwar von 136 SWS auf 133 SWS.

Die Zahl der Lehrauftragsstunden hat sich um 7,5 SWS von 14,5 SWS auf 22 SWS pro Semester erhöht.

Bei der erforderlichen, jedoch auch ausreichenden summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erscheinen die Schilderungen der Antragsgegnerin glaubhaft.

Die Stellenbewertung, die die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der einzelnen Lehrverpflichtungen der verfügbaren Stellen angegeben hat, entspricht den Bestimmungen der Landesverordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO) vom 6. 10. 1995 (GVOBl. Schl.-H. 1995, 328 ff.). Insbesondere ist auch die zugrundegelegte Regellehrverpflichtung für Oberassistenten/innen mit 7 SWS je Stelle nicht zu beanstanden. Nach § 5 Abs. 1 Ziffer 2 LVVO ist für Oberassistenten/innen ein Regellehrverpflichtungsrahmen von 6 bis 8 LVS vorgesehen. Die Ansetzung des Wertes von 7 LVS als Mittelwert über die Gesamtlaufzeit der Oberassistentendauer begegnet danach keinen rechtlichen Bedenken.

Die Antragsgegnerin hat auch - wie bereits in den Vorjahren - zu Recht die Stelle des einen wissenschaftlichen Angestellten deputatsmäßig nicht berücksichtigt, weil diese reine Funktionsstelle für eine Betreuung der EDV-Anlage besteht, welche von einem Diplom-Physiker wahrgenommen wird. Änderungen gegenüber dieser bereits im Vorjahresbeschluß für rechtmäßig erachteten Verfahrensweise (Beschluß vom 24.10.2001, 9 C 11/01 u. a.) sind in tatsächlicher Hinsicht nicht ersichtlich.

Die Antragsgegnerin hat weiterhin - wie ebenfalls bereits in den Vorjahren - einer der Stellen "Akad. Rat/Rätin" ein Lehrdeputat von lediglich 4 SWS zugeordnet. Die Kammer ist in den Vorjahren aufgrund einer telefonischen Mitteilung der Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass es sich um eine von einem Diplom-Psychologen wahrgenommene Stelle zur Betreuung des Hard- und Software-Systems handele und dass der Stelleninhaber 4 unbezahlte Lehrstunden leiste, die bei den Lehrauftragsstunden berücksichtigt würden. In einem etwaigen Hauptsacheverfahren wird zu klären sein, ob dieser Stelle - entsprechend dem Stellensollprinzip nach § 8 KapVO - ein Lehrdeputat von 8 SWS zuzuordnen ist - unter Fortfall der vier angesetzten Lehrauftragsstunden -. Im jetzigen Verfahren ist (wie im Vorjahr) nach summarischer Prüfung von dem angerechneten Lehrdeputat von 4 SWS auszugehen.

Den drei anderen Stellen für "Akad. Rat/Rätin" ist mit 8 SWS kein zu niedriges Lehrdeputat zugeordnet worden.

Für die Stelle eines Akademischen Rates hat die Antragsgegnerin - ebenfalls wie im Vorjahr - eine Deputatsverminderung um 2 SWS für Studienfachberatung geltend gemacht. Diese Deputatsverminderung hat die Kammer bereits im Vorjahresbeschluß als materiell gerechtfertigt angesehen. Gesichtspunkte, die jetzt zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Reduzierung entspricht § 8 Abs. 1 Ziffer 4 LVVO.

Die Umrechnung der wissenschaftlichen Dienstleistungen nach § 9 Abs. 7 KapVO und der Lehrauftragsstunden nach § 10 KapVO in Deputatsstunden ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat entsprechend den genannten Bestimmungen aus den dem Berechnungsstichtag vorausgegangenen zwei Semestern 22 SWS Lehrauftragsstunden nach § 10 KapVO zugrundegelegt, so daß sich hieraus eine Erhöhung des unbereinigten Lehrangebotes um insgesamt 22 SWS auf 153,00 (Vorjahr: 148,50) SWS ergibt. Wissenschaftliche Dienstleistungen, § 9 Abs. 7 KapVO, wurden in den vorangegangenen zwei Semestern nicht angeboten.

Aus den gesamten Darlegungen der verfügbaren Stellen und des hieraus resultierenden verfügbaren unbereinigten Lehrangebotes hat die Antragsgegnerin ein Lehrangebot von 153,00 SWS errechnet, so daß sich eine Erhöhung zum Vorjahr um + 4,5 SWS ergibt.

1.2 Bereinigtes Lehrangebot:

Das unbereinigte Lehrangebot wird reduziert um den Dienstleistungsbedarf für nicht zugeordnete Studiengänge. Diesen Dienstleistungsbedarf hat die Antragsgegnerin - wie im Vorjahr - mit 6 SWS für den Studiengang Lehramt an Gymnasien angegeben.

Veränderungen gegenüber dem Vorjahr haben sich nach den Angaben der Antragsgegnerin dadurch ergeben, dass die Zahl der Nachfrage für das Nebenfach Psychologie der tatsächlichen Zulassungszahl von 100 angepasst worden sei. Der Dienstleistungsbedarf wird mit 24,0 SWS angegeben (im Vorjahr mit 19,2 SWS). Bei der aktuellen Berechnung sei - wie im Vorjahr - ein Schwundausgleichsfaktor von 1,25 angesetzt worden. Insgesamt habe sich im Vergleich zur Vorjahresberechnung der Dienstleistungsbedarf für das Nebenfach Psychologie um 4,8 SWS erhöht.

Diese Darlegungen der Antragsgegnerin erscheinen ebenfalls glaubhaft. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage kann die Kammer insoweit bei der Berechnung des Dienstleistungsbedarfes, der sich per Saldo gegenüber dem Vorjahr um 4,8 SWS erhöht hat, keine Rechtsfehler erkennen. Sie geht somit davon aus, daß der Dienstleistungsbedarf mit insgesamt 30,0 SWS (Vorjahr: 25,2) zutreffend angesetzt worden ist und damit ein bereinigtes Lehrangebot von 153,00 - 30 = 123 (Vorjahr: 123,3) zugrundezulegen ist. Diese Zahl gibt den Semesterwert wieder.

2. Lehrnachfrage:

Gemäß I. 7. lfd. Nr. 53 der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 KapVO beträgt der Curricularnormwert (CNW) für den Studiengang Psychologie 4,0. Die Antragsgegnerin ist - wie im Vorjahr - bei ihrer Berechnung im vorliegenden Zeitraum von einem Eigenanteil (CNW-Anteil für die eigene Lehreinheit) von 3,813 ausgegangen. Der Fremdanteil ist mit insgesamt 0,187 angesetzt worden. Diese Angaben sind glaubhaft.

Bei der Division des bereinigten Lehrangebotes durch den CNW-Eigenanteil ergibt sich nach dem 2. Abschnitt der KapVO eine Zulassungszahl von 64,5161 (Vorjahr 64,67). Das beruht auf folgender Berechnung: Bereinigtes Lehrangebot: (123 x 2 =) 246: Eigenanteil CNW 3,813 = 64,5161.

3. Überprüfung des Berechnungsergebnisses:

Nach den §§ 14 Abs. 1 und 3 Nr. 3 sowie 16 KapVO ist das Berechnungsergebnis anhand des Einflussfaktors Schwundquote zu überprüfen; die Zahl der Studienanfänger ist zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studentinnen und Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote).

Die Antragsgegnerin hat für den Studiengang Psychologie (Hauptfach) eine Schwundquote von 0,898 und einen Schwundausgleichsfaktor von 1,114 errechnet.

Sie hat diese Werte - wie bereits unbeanstandet in den Vorjahren - in Anwendung des "Hamburger Modells" ermittelt ("Zulassung und Kapazitäten II" der Pressestelle der Universität Hamburg, April 1975, S. 20-22; mitgeteilt von der Antragsgegnerin an das OVG Lüneburg) und ist zu einer Schwundstudienzeit von 7,18 gelangt. Diese hat sie sodann durch die Studiendauer von 8 Semestern dividiert, woraus sich die Schwundquote von 0,898 ergibt. Der Schwundausgleichsfaktor, 1,114, ist das Ergebnis der Division von 1 geteilt durch 0,898.

Die um den Schwundausgleich korrigierte Zulassungszahl entsteht durch Multiplikation der nach dem 2. Abschnitt der KapVO errechneten Zulassungszahl mit dem Schwundausgleichsfaktor. Es ergibt sich ein Wert von 71,8709 (64,5161 x 1,114 = 71,8709), der somit die festgesetzte Zulassungszahl von 75 nicht übersteigt. Die Antragsgegnerin hat zu dieser so errechneten Zulassungszahl einen freiwilligen Aufschlag von 3 Plätzen hinzugerechnet und die Festsetzung von 75 Plätzen vorgeschlagen. Damit ist nicht glaubhaft gemacht, dass ein zusätzlicher Studienplatz vorliegt, der über die bereits vergebenen hinaus zur Verfügung stünde und dem Antragsbegehren der Antragstellerin bzw. des Antragstellers entsprechend vergeben werden könnte.

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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