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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.01.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 225/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, EGBGB, NV Bühne


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 101 Abs. 2
ArbGG § 102 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 5
NV Bühne § 1 Abs. 3
NV Bühne § 53

Entscheidung wurde am 29.04.2009 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert, Stichworte und Sachgebiete wurden hinzugefügt
Bei den in § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne genannten Bühnentechnikern wird eine Zuordnung zur Berufsgruppe des Bühnenkünstlers unterstellt. Auf die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit kommt es demgemäß nicht an.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 2 Sa 225/08

Verkündet am 30.01.2009

In dem Rechtsstreit

...

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 19.03.2008 - 4 Ca 4262/07 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Revision ist für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren unverändert darüber, ob sich das sie verbindende Arbeitsverhältnis seit dem 01. März 1999 nach den Regelungen des BAT-O bzw. seit dem 01. Oktober 2005 nach denjenigen des TVöD bestimmt. Weiter geht es darum, ob der Klägerin seit dem 01. März 2002 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT-O zu zahlen ist.

Die Klägerin ist seit dem 01. März 1999 in dem ... in ... als Leiterin der Kostümabteilung und Gewandmeisterin der Damenabteilung beschäftigt.

Bei dem Theater handelt es sich um einen Eigenbetrieb des Beklagten.

In § 8 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 17. Mai 2000 ist vereinbart, dass sich das Dienstverhältnis nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25. Mai 1961 und den nach § 4 BTT anzuwendenden Vorschriften des Normalvertrages Solo in den jeweils geltenden Fassungen und den den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen sowie nach den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger für die nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag Beschäftigten vereinbarten Tarifverträgen richten solle. Weiter vereinbarten die Parteien in § 11 des Arbeitsvertrages, dass über alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des ArbGG unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Bühnenschiedsgerichte entscheiden sollen.

Der Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband.

Die Klägerin hat vorgetragen, Mitglied der Gewerkschaft ... zu sein (vom Beklagten in der Berufungsverhandlung in Abrede gestellt). Ihr Arbeitsverhältnis richte sich nach den Regelungen des BAT-O einschließlich aller ergänzenden und ersetzenden Regelungen und ihr stehe Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-O zu.

Nach § 3 c BAT-O fänden die Regelungen des BAT-O lediglich für künstlerisches Theaterpersonal und technisches Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit und Orchestermusiker keine Anwendung.

Als Gewandmeisterin übe sie jedoch eine überwiegend technische bzw. handwerkliche Tätigkeit aus. Dies ergebe sich aus der Stellenbeschreibung, die auch zum Gegenstand des Arbeitsvertrages gemacht worden sei.

Die Klägerin hat nach teilweiser Klagerücknahme beantragt,

1. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Regelungen des BAT-O seit dem 01. März 1999 bzw. seit dem 01. Oktober 2005 die Regelungen des TVöD zur Anwendung kommen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an sie seit dem 01. März 2002 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-O zu zahlen.

Der Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt.

Der Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrages gemäß §§ 8, 11 des Dienstvertrages der Parteien in Verbindung mit § 53 NV Bühne erhoben.

Die Gerichte für Arbeitssachen seien für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zuständig.

Die Bühnenschiedsgerichtsordnung regele das Verfahren über die bürgerliche Rechtsstreitigkeit der Parteien.

Die Klägerin sei den Theaterberufen mit Leitungsfunktion zugeordnet, so dass sich gemäß § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne die Frage einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit nicht stelle. Im Übrigen sei die Klägerin künstlerisch tätig.

Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, dass sie nicht unter die in § 101 Abs. 2 ArbGG bezeichnete Berufsgruppe des Bühnenkünstlers falle, da sie nicht überwiegend künstlerisch, sondern überwiegend technisch bzw. handwerklich tätig werde.

Eine einzelvertragliche Bezugnahme einer tariflichen Schiedsvereinbarung sei jedoch nur bei solchen Arbeitsverhältnissen möglich, für die § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG die tarifvertragliche Vereinbarung einer Schiedsklausel erlaube. Das Arbeitsgerichtsgesetz gehe von der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Schiedsverträgen aus (§ 4 ArbGG). Für andere Berufsgruppen als die der Bühnenkünstler könnten auch die im Arbeitsvertrag bezeichneten Tarifvertragsparteien keine tarifvertragliche Schiedsabrede treffen.

Die Klägerin hat die Ansicht geäußert, dass auf ihr Arbeitsverhältnis bereits der persönliche Geltungsbereich des BTT keine Anwendung gefunden habe, da gemäß § 2 Abs. 2 BTT unter diesen Tarifvertrag Leiter des Kostümwesens und Gewandmeister nur gefallen seien, wenn sie überwiegend künstlerisch tätig und nicht überwiegend eine Verwaltungstätigkeit oder technische Tätigkeit ausübten. Auch sei im Arbeitsvertrag gerade keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 3 BTT vereinbart worden. Da sich bereits die Bezugnahme auf den BTT als unwirksam erwiesen habe, könne sie nunmehr nicht im Hinblick auf den NV Bühne wirksam geworden sein.

Darüber hinaus habe auch die Bayerische Versorgungskammer als Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) dem ... mitgeteilt, dass sie, die Klägerin, administrativ und handwerklich tätig sei und damit in der Versorgungskammer nicht pflichtversichert werde. Pflichtversichert seien dort bei einem Mitglied der Kammer abhängig beschäftigte Bühnenangehörige, die gegen Entgelt eine künstlerische oder überwiegend künstlerische Tätigkeit ausübten. Dazu gehöre sie nicht.

Das von der Klägerin angegangene Arbeitsgericht Bautzen hat die Klage aufgrund der Berufung des Beklagten auf den Schiedsvertrag als unzulässig abgewiesen, weil die Arbeitsgerichtsbarkeit zwischen den Parteien wirksam ausgeschlossen sei.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 01. April 2008 zugestellte Urteil am 25. April 2008 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis 02. Juli 2008 am nämlichen Tage ausgeführt.

Die Klägerin hält an ihrem tatsächlichen und rechtlichen Vorbringen im Ersten Rechtszug fest. Allerdings behauptet sie jetzt, überhaupt nicht künstlerisch tätig zu sein.

Der Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit erweise sich als Überraschungsklausel. Der Vertrag sei ihr - der Klägerin - "aufgedrückt" worden.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 19. März 2008 - 4 Ca 4262/07 -

1. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Regelungen des BAT-O seit dem 01. März 1999 bzw. die Regelungen des TVöD seit dem 01. Oktober 2005 zur Anwendung kommen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an sie, die Klägerin, seit dem 01. März 2002 eine Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe V c BAT-O zu zahlen.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und bezieht sich darauf, dass die Klägerin unabhängig von ihrer tatsächlichen Tätigkeit unter den Geltungsbereich des NV Bühne falle und die Arbeitsgerichtsbarkeit deshalb wirksam ausgeschlossen sei.

In der Berufungsverhandlung haben die Parteien unstreitig gestellt, dass der NV Bühne überwiegend Bühnenkünstler umfasst.

Wegen der Einzelheiten des tatsächlichen Vorbringens beider Parteien und der von ihnen geäußerten Rechtsansichten im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klage ist wegen des Ausschlusses der Arbeitsgerichtsbarkeit aufgrund der prozesshindernden Einrede des Beklagten unzulässig.

Dahinstehen kann deshalb, ob und inwieweit die streitgegenständlichen Anträge an sich überhaupt zulässig wären und ob sie begründet sind.

I.

Wird das Arbeitsgericht wegen einer Rechtsstreitigkeit angerufen, für die die Parteien des Tarifvertrages einen Schiedsvertrag geschlossen haben, so hat das Gericht nach § 102 Abs. 1 ArbGG die Klage als unzulässig abzuweisen, wenn sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag beruft.

Voraussetzung ist nach § 4 ArbGG ein Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit in den Fällen des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ArbGG.

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG betrifft bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Nach § 101 Abs. 2 ArbGG können für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, die Parteien des Tarifvertrages die Arbeitsgerichtsbarkeit im Tarifvertrag durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, dass die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrages überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende, Artisten oder Kapitäne und Besatzungsmitglieder im Sinne der §§ 2 und 3 des Seemannsgesetzes umfasst.

Die Vereinbarung gilt nach § 101 Abs. 2 Satz 2 ArbGG an sich nur für tarifgebundene Personen.

Sie erstreckt sich nach § 101 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 ArbGG allerdings auch auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben.

II. Die genannten Voraussetzungen liegen hier vor.

1. Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 ArbGG zwischen den Arbeitsvertragsparteien sind nach § 53 NV Bühne - einem Tarifvertrag - unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die von den vertragschließenden Parteien jenes Tarifvertrages nach Maßgabe der vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnungen eingesetzten Schiedsgerichte zuständig.

2. Der persönliche Geltungsbereich des genannten Tarifvertrages betrifft überwiegend Bühnenkünstler, was die Parteien in der Berufungsverhandlung ausdrücklich außer Streit gestellt haben.

3. Allerdings besteht bei der Klägerin keine Tarifgebundenheit. Denn sie ist nicht Mitglied einer Partei des NV Bühne (§ 3 Abs. 1 TVG).

4. Dennoch erstreckt sich die Vereinbarung über den Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 101 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 ArbGG auf die Parteien (und mithin auch auf die Klägerin), weil sich deren Verhältnisse aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln (a) und die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben (b).

a) Jedenfalls soweit es um die Anwendbarkeit des § 53 NV Bühne geht, bestimmen sich die Verhältnisse der Klägerin nach jenem Tarifvertrag.

(1) Der Tarifvertrag ist im Ergebnis aufgrund dynamischer Bezugnahmeklausel in § 8 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 17. Mai 2000 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

Denn es ist dort die Rede von den nach § 4 BTT anzuwendenden Vorschriften des Normalvertrages Solo in den jeweils geltenden Fassungen und den den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen sowie von den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverband - Bundesverband Deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnen - Angehöriger für die nach dem Bühnentechniker Tarifvertrag Beschäftigten vereinbarten Tarifverträgen.

Diese Voraussetzungen erfüllt mittlerweile der NV Bühne, der nach Maßgabe der Vorschriften über seinen Geltungsbereich in § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 sowie Unterabs. 2 auch Bühnentechniker erfasst.

(2) Arbeitsvertragliche Klauseln der in Rede stehenden Art, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen bzw. der Sache nach auf das jeweils gültige Tarifrecht verweisen, sind weder an der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB zu messen noch verletzen sie das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Zwar sind die genannten Vorschriften auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Regelung in Art. 229 § 5 EGBGB seit 01. Januar 2003 anwendbar.

Die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB ist aber in der Regel - wie auch hier - deshalb nicht anwendbar, weil sich die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht eindeutig beantworten lässt. Und eine dynamische Verweisung auf das jeweils gültige Tarifrecht ist nicht unklar, weil die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind (BAG vom 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - vollständig dokumentiert derzeit erst in Juris).

(3) Die Klägerin unterfällt dem Geltungsbereich des NV Bühne schon deshalb, weil die Parteien die Anwendbarkeit jenes Tarifvertrages im Ergebnis vereinbart haben.

Ob die Verweisung auf § 4 BTT seinerzeit ins Leere ging oder gar unwirksam war, kann demgemäß dahinstehen.

(4) Die Klägerin unterfällt aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne auch dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages. Denn es handelt sich bei der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Leiterin des Kostümwesens unstreitig um eine Bühnentechnikerin im Sinne der Regelung.

Anders als für die in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne genannten Beschäftigten ist es für Bühnentechniker im Sinne von § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne unerheblich, ob mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.

(5) Soweit in der Rechtsprechung verschiedentlich die Frage nach einer künstlerischen oder sogar überwiegend künstlerischen Tätigkeit eine Rolle gespielt hat, ging es - soweit ersichtlich - nicht um Arbeitnehmergruppen, die per definitionem dem NV Bühne - wie hier die Klägerin - unterfallen.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass § 101 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 ArbGG nur verlangt, dass sich die Verhältnisse der Parteien "aus anderen" Gründen nach dem Tarifvertrag regeln.

Maßgebend ist also (so zutreffend Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 27. September 2007 - 14 Sa 943/07 - vollständig dokumentiert in Juris, Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 AZR 942/07), ob der Beschäftigte bei unterstellter Tarifbindung dem Tarifvertrag unterfiele. Auf die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit kommt es demgemäß nicht an.

Diese Auffassung deckt sich mit dem Gesetzeswortlaut in § 101 Abs. 2 ArbGG:

Wenn dort von Tarifverträgen die Rede ist, deren Geltungsbereich überwiegend Bühnenkünstler umfasst, impliziert dies, dass die Tarifverträge auch nicht künstlerisch tätig werdende Berufsgruppen umfassen können und umfassen dürfen.

Insbesondere wiederholt sich das Merkmal der künstlerischen Betätigung in § 101 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 ArbGG nicht.

Daraus ist zu folgern, dass maßgebend nur der überwiegend Künstler umfassende Geltungsbereich des Tarifvertrages ist, nicht aber, dass die - wenn auch lediglich aufgrund vertraglicher Bezugnahme in Verbindung mit der Regelung über den Geltungsbereich des Tarifvertrages - unter jenen fallende Person selbst überhaupt künstlerisch tätig ist. Demgemäß hatte dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (vom 30. Oktober 2007 - 3 Sa 1388/07 - ZTR 208, 213) für den Fall von § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne auch die bloße Vereinbarung (überwiegend) künstlerischer Tätigkeit genügt (die dagegen zum Aktenzeichen 4 AZR 987/07 eingelegte Revision wurde nach telefonischer Auskunft der Senatsgeschäftsstelle am 28. Januar 2009 zurückgewiesen).

Deshalb reicht es auch nach herrschender Meinung in der Literatur aus, dass der Tarifvertrag im Sinne von § 101 Abs. 2 ArbGG "überwiegend" Bühnenkünstler betrifft, um Arbeitnehmer, die nicht den genannten Berufsgruppen angehören, ebenfalls Schiedsgerichtsregelungen unterstellen zu können (vgl. Reupke Bühnenschiedsgerichte in der Bewährung 1997, S. 63).

(6) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes stellt insoweit allerdings bislang auf die Frage ab, ob der Arbeitnehmer einer der in § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG erfassten Berufsgruppen zuzuordnen ist (vgl. BAG vom 06. August 1997 - 7 AZR 156/96 - EzA § 101 ArbGG 1979 Nr. 3).

Auch dies wäre jedenfalls für den Fall der Klägerin als Leiterin des Kostümwesens im Lichte des § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne für die dort genannten Bühnentechniker zu bejahen. Bei ihnen bedarf es anders als bei den in Unterabs. 2 Genannten keiner Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit, weil eine Zuordnung zur Berufsgruppe des Bühnenkünstlers gewissermaßen vermutet wird oder durch die Tätigkeit als indiziert gilt ("geborene" künstlerische Bühnentechniker, vgl. Bolwin/Sponer Bühnentarifrecht § 1 Rdnrn. 110 ff.).

Nicht ersichtlich ist, dass die Parteien des NV Bühne insoweit ihre sich aus Art. 9 Abs. 3 GG ergebende Organisationsmacht überschritten hätten. Der Begriff der "Kunst" - auch der Bühnenkunst - ist im deutschen Recht nicht näher definiert. Allein der Streit der Parteien darüber, ob die Klägerin zumindest auch künstlerisch tätig ist zeigt, dass die Einordnung der Tätigkeit als noch unter "Bühnenkunst" oder nicht mehr unter "Bühnenkunst" fallend am besten der Einschätzungsprärogative derjenigen Tarifvertragsparteien nachgelassen werden sollte, die sich mit dem bühnenangehörigen Personal beschäftigen und über die erforderliche Beurteilungskompetenz verfügen.

Gelangen sie (wenn auch pauschal, immerhin aber aufgrund der Berufstypik) zu der Auffassung, dass - und so sind die Vorschriften über den Geltungsbereich des NV Bühne wohl zu verstehen - auch bestimmten Bühnentechnikern prinzipiell ein gewisser Anteil künstlerischer Tätigkeit zugewiesen ist bzw. sie ihm obliegt (für Gewandmeisterin: LAG Köln vom 05. März 2008 - 8 Sa 723/07 - vollständig dokumentiert lediglich in Juris), besteht jedenfalls kein Anlass, sie aus dem Anwendungsbereich - und nur darum geht es hier wie gesagt - des § 53 NV Bühne herauszunehmen.

(7) Außer Streit zwischen den Parteien steht, dass es zwischen ihnen in der Sache um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit geht.

b) Die erforderliche ausdrückliche und schriftliche Abrede ergibt sich aus § 11 des Arbeitsvertrages der Parteien.

(1) Die Vereinbarung ist nicht deshalb unwirksam, weil nach § 3 c BAT-O bzw. nach § 1 Abs. 2 n TVöD die Anwendung jener Tarifverträge u. a. lediglich für technisches Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit ausgeschlossen war bzw. ausgeschlossen ist.

Selbst bei unterstellter Mitgliedschaft der Klägerin in der Gewerkschaft ... steht dies der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der zwischen den Tarifvertragsparteien des NV Bühne vereinbarten Schiedsgerichtsbarkeit nicht entgegen, weil zugunsten der Klägerin geltende anderweitige tarifliche Regelungen nicht konkurrieren (vgl. BAG vom 10. April 1996 - 10 AZR 722/95 - EzA § 4 TVG Nachwirkung Nr. 20; BAG vom 31. Mai 2000 - 7 AZR 909/98 - vollständig dokumentiert lediglich in Juris).

Nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung jedenfalls gehört die Klägerin keiner eine konkurrierende Schiedsgerichtsbarkeit tragenden Gewerkschaft an.

(2) Die - möglicherweise - fehlende Pflichtversicherung der Klägerin in der ... ist ohne erkennbaren Einfluss auf die Wirksamkeit der in Rede stehenden Vereinbarung.

B.

Von einer erwogenen Aussetzungsentscheidung nach § 97 Abs. 5 ArbGG zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Zuständigkeit einer Vereinigung hat die Kammer abgesehen. Denn die satzungsmäßigen Zuständigkeiten der Parteien des NV Bühne auch für Bühnentechniker sind nicht im Streit.

Die Klägerin hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.

Die Revision ist für die Klägerin zugelassen, weil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). In Rede steht die Möglichkeit der Ausschließung der Arbeitsgerichtsbarkeit durch einen überwiegend Bühnenkünstler umfassenden Tarifvertrag auch für Bühnentechniker im Sinne des § 1 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne.

Im Folgenden wird gemäß § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form belehrt.

Ende der Entscheidung

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